Hunting Prince Dracula (eBook)
528 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60592-2 (ISBN)
Kerri Maniscalco ist in einem Beinahe-Spukhaus in der Nähe von New York City aufgewachsen, wo auch ihre Faszination für Gruselschauplätze ihren Ursprung nahm. In ihrer Freizeit liest sie alles, was sie in die Finger bekommen kann, kocht mit ihrer Familie und Freunden und trinkt viel zu viel Tee, während sie die subtileren Angelegenheiten des Lebens mit ihren Katzen diskutiert. Sie ist Autorin der Reihen »Kingdom of the Wicked« und »Die grausamen Fälle der Audrey Rose« und startete mit »Throne of the Fallen« eine neue Reihe von Standalones. Ihre Bücher stehen regelmäßig ganz vorn auf der New-York-Times- und der SPIEGEL-Bestsellerliste.
Kerri Maniscalco ist in einem Beinahe-Spukhaus in der Nähe von New York City aufgewachsen, wo auch ihre Faszination für Gruselschauplätze ihren Ursprung nahm. In ihrer Freizeit liest sie alles, was sie in die Finger bekommen kann, kocht mit ihrer Familie und Freunden und trinkt viel zu viel Tee, während sie die subtileren Angelegenheiten des Lebens mit ihren Katzen diskutiert. Sie ist Autorin der »Kingdom of the Wicked«- und »Stalking Jack the Ripper«-Reihen und ihre Bücher stehen regelmäßig ganz vorn auf der New-York-Times- und der SPIEGEL-Bestsellerliste.
1 Geister der Vergangenheit
Orientexpress, Königreich Rumänien
1. Dezember 1888
Knirschend bahnte sich der Zug seinen Weg über die vereisten Schienen, auf die schneegekrönten Gipfel der Karpaten zu, die wie Reißzähne vor uns aufragten. Wir hatten Bukarest hinter uns gelassen, und der Farbton des Gebirges, dem wir uns näherten, ließ mich an verblassende Blutergüsse denken.
Es schneite in dicken, schweren Flocken, und die Berge wirkten kalt wie totes Fleisch. Ein reizender Gedanke an einem so dräuenden Morgen.
Ein Knie stieß gegen die geschnitzte Holzvertäfelung meines privaten Abteils. Schon wieder. Ich schloss die Augen und betete, mein Reisegefährte möge einfach wieder einschlafen. Wenn er mit seinen langen Gliedern so weiterzappelte, würde mein immer dünner werdender Geduldsfaden schon sehr bald reißen. Ich lehnte den Kopf gegen die gepolsterte Stütze meines Sitzes und konzentrierte mich auf den weichen Samt, um mich davon abzuhalten, besagtem Knie einen Stich mit meiner Hutnadel zu versetzen.
Als hätte er meine wachsende Gereiztheit gespürt, regte sich Mr Thomas Cresswell und begann, mit seinem behandschuhten Finger auf das Fensterbrett unseres Abteils zu trommeln. Das genau genommen mein Abteil war.
Thomas hatte sein eigenes, was ihn jedoch nicht davon abhielt, jede Stunde des Tages in meiner Gesellschaft zu verbringen, nur für den Fall, dass ein Serienmörder in den Zug stieg, um ein Massaker anzurichten.
Jedenfalls war das die lächerliche Geschichte, die er unserer Anstandsdame Mrs Harvey auftischte. Sie war eine liebenswürdige silberhaarige Frau, die auf Thomas aufpasste, wenn er sich in seiner Wohnung in der Piccadilly Street aufhielt, und im Augenblick machte sie ihr viertes Schläfchen an diesem Tag. Eine echte Leistung, wenn man bedachte, dass die Sonne gerade erst aufgegangen war.
In Paris war Vater krank geworden, weshalb er sein Vertrauen und meine Tugend sowohl in ihre als auch in Thomas’ Hände gelegt hatte. Was nur allzu deutlich zeigte, wie viel er von Thomas hielt und wie überzeugend, unschuldig und charmant mein Freund sein konnte, wenn die Situation oder die Stimmung danach verlangten. Auf einmal wurden meine Hände in den Handschuhen ganz warm und feucht.
Um diese Anwandlung zu verscheuchen, ließ ich den Blick von Thomas’ dunkelbraunem Haar und seinem akkuraten Cutaway zu seinem abgelegten Zylinder und der rumänischen Zeitung wandern. Mittlerweile hatte ich genug Rumänisch gelernt, um ungefähr zu verstehen, was darin stand. Die Schlagzeile lautete: Ist der unsterbliche Graf zurückgekehrt? In der Nähe von Braşov – genau dem Dorf, zu dem wir unterwegs waren – hatte man eine Leiche mit einem Pflock durchs Herz gefunden, und nun verbreitete sich der abergläubische Gedanke, Vlad Dracula, der vor Jahrhunderten verstorbene Graf, sei noch am Leben. Und auf der Jagd.
Was nichts als Unfug war, um Angst zu schüren und Zeitungen zu verkaufen. So etwas wie ein unsterbliches Wesen gab es nicht. Die wahren Ungeheuer waren Menschen aus Fleisch und Blut, und diese konnten durchaus zu Fall gebracht werden. Letztendlich hatte sogar Jack the Ripper ebenso geblutet wie jeder andere. Obwohl die Zeitungen nach wie vor behaupteten, er würde weiterhin die nebligen Straßen Londons durchstreifen. In einigen stand sogar, er sei nach Amerika gegangen.
Wenn es doch bloß so wäre!
Ein nur allzu vertrauter Stich durchfuhr mich und raubte mir den Atem. Es war jedes Mal dasselbe, wenn ich an den Ripper-Fall dachte und sich die Erinnerungen in mir regten. Wann immer ich in den Spiegel blickte, sah ich dieselben grünen Augen und karmesinroten Lippen wie zuvor. Sowohl das indische Erbe meiner Mutter als auch die englische Adelslinie meines Vaters zeigten sich in meinen Wangenknochen. Rein äußerlich war ich ein lebensprühendes siebzehnjähriges Mädchen. Daran hatte sich nichts geändert.
Und doch war meine Seele schwer verwundet. Es war mir ein Rätsel, wie ich so heil und gelassen wirken konnte, während in mir ein Sturm tobte.
Mein Onkel hatte die Veränderung bemerkt, die Leichtsinnsfehler, die mir in letzter Zeit in seinem forensischen Labor unterlaufen waren. Die Karbolsäure, die ich beim Reinigen der Klingen vergessen hatte. Die Gewebeproben, die ich nicht entnommen hatte. Ein kleiner gezackter Riss, den ich in dem eiskalten Fleisch hinterlassen hatte, was vollkommen im Widerspruch zu meiner üblichen Präzision im Umgang mit den Leichen auf seinem Untersuchungstisch stand. Er hatte nichts dazu gesagt, aber ich wusste, dass er enttäuscht war. Eigentlich sollte mein Herz im Angesicht des Todes hart bleiben.
Vielleicht war ich doch nicht für ein Leben in der Gerichtsmedizin bestimmt.
Tap. Tap-tap-tap. Tap.
Ich biss die Zähne zusammen, während Thomas den Rhythmus der stampfenden Maschinen mitklopfte. Wie Mrs Harvey bei diesem Tumult schlafen konnte, war wirklich unglaublich. Immerhin hatte Thomas mich erfolgreich aus diesem tiefen Brunnen der Emotionen herausgeholt. Gefühle, die zu still und zu dunkel waren. Abgestanden und verdorben wie Sumpfwasser. Rotäugige Kreaturen lauerten in den Tiefen. Ein Bild, das wunderbar zu unserem Zielort passte.
Schon bald würden wir in Bukarest aussteigen und den Rest des Weges zum Schloss per Kutsche hinter uns bringen. Castelul Bran war der Sitz der Akademie für forensische Medizin und Wissenschaft oder des Institutului Naţional de Criminalistică şi Medicină Legală, wie es auf Rumänisch hieß. Mrs Harvey würde eine oder zwei Nächte in Braşov bleiben, ehe sie nach London zurückreiste. Fast sehnte ich mich danach, sie zu begleiten, obwohl ich das vor Thomas niemals zugeben würde.
An der Abteildecke schwang ein Kronleuchter hin und her, und das Klingeln der Kristalle untermalte Thomas’ Klopfen mit einer weiteren Klangschicht. Ich verbannte diese nicht enden wollende Melodie aus meinen Gedanken und betrachtete die im Dampf verschwimmende Welt vor dem Fenster. Vorbeirauschende Bäume. Blattlose, in schimmerndes Weiß gehüllte Zweige, die sich in der mitternachtsblauen Lackierung unseres Luxuszugs spiegelten. Die ersten Wagen fuhren in eine Kurve und schnitten durch die Winterlandschaft.
Ich beugte mich weiter vor und erkannte, dass die Zweige nicht schneebedeckt, sondern eisüberkrustet waren. Das erste Licht der zwischen den Wolken hervorblitzenden Morgensonne fing sich darin und ließ sie orangerot auflodern. Es war so friedlich, dass ich beinahe vergessen konnte … Wölfe! Ich sprang auf, und Thomas zuckte auf seinem Platz zusammen. Mrs Harvey schnarchte so laut, dass es fast nach einem Knurren klang. Ich blinzelte, und schon waren die Wölfe verschwunden. Da war nichts als die im Fahrtwind peitschenden Äste.
Was ich für aufblitzende Reißzähne gehalten hatte, waren nur verschneite Zweige. Ich ließ den angehaltenen Atem entströmen. Die ganze Nacht hindurch hatte ich ein Phantomheulen gehört, und nun sah ich bereits bei Tageslicht Dinge, die nicht da waren.
»Ich … gehe mir ein bisschen die Beine vertreten.«
Thomas hob seine dunklen Brauen. Vermutlich wunderte er sich über meine eklatante Missachtung höflicher Umgangsformen – aber wie ich ihn kannte, war er vermutlich eher beeindruckt. Er beugte sich vor, doch bevor er mir anbieten konnte, mich zu begleiten oder unsere Anstandsdame zu wecken, war ich auch schon bei der Tür und zog sie auf.
»Ich muss kurz allein sein.«
Thomas sah mich einen Augenblick zu lange an, ehe er antwortete. »Versuch, mich nicht zu sehr zu vermissen, Wadsworth«, sagte er und lehnte sich dann wieder zurück. Einen flüchtigen Moment wirkte er enttäuscht. Doch gleich darauf hatte er sich wieder im Griff und setzte eine verspielte Miene auf. Die...
Erscheint lt. Verlag | 2.1.2024 |
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Reihe/Serie | Die grausamen Fälle der Audrey Rose |
Die grausamen Fälle der Audrey Rose | Die grausamen Fälle der Audrey Rose |
Übersetzer | Diana Bürgel |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Anatomie • Audrey Rose • Bram Stoker • Dracula • Forensik • Gerichtsmedizin • Gothic novel • Gräfin Bathory • historischer Krimi • Historischer Thriller • Horror • kingdom of the wicked • Mystery-Thriller • neuerscheinung 2024 • Slow Burn Romance • True Crime • Vampire • Vlad der Pfähler • vlad dracul • Vlad the Impaler |
ISBN-10 | 3-492-60592-3 / 3492605923 |
ISBN-13 | 978-3-492-60592-2 / 9783492605922 |
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