Was die Gezeiten versprechen. Die St.-Peter-Ording-Saga (eBook)
320 Seiten
HarperCollins eBook (Verlag)
978-3-7499-0583-6 (ISBN)
Träume von Ruhm und Freiheit - Das Finale der St.-Peter-Ording-Saga von Bestsellerautorin Tanja Janz!
St. Peter-Ording, 1997: Caro hat große Pläne nach dem Abitur, sie möchte Schauspielerin werden. Erst recht seit am Strand eine beliebte TV-Serie gedreht wird und in St. Peter-Ording ein Hauch von Hollywood in der Luft liegt. In den Ferien hilft sie ihrer Mutter im Strandcafé und fährt immer wieder zu Castings nach Hamburg. Als Caro bei einem Vorsprechen dem attraktiven Nachwuchsschauspieler Nick begegnet und er sie fragt, ob sie mit ihm zu einem Casting nach L.A. reisen will, scheint Caros große Chance gekommen. Ihr Freund Jonas ist jedoch gegen die Reise, und ihre Familie möchte sie ohnehin am liebsten an der nordfriesischen Küste halten. Caro ist hin- und hergerissen und muss sich bald der Frage stellen, was im Leben wirklich wichtig ist.
Eine berührende Liebesgeschichte, angesiedelt an der nordfriesischen Küste der 90er-Jahre
Tanja Janz wollte schon als Kind Bücher schreiben und malte ihre ersten Geschichten auf ein Blatt Papier. Heute ist sie Schriftstellerin und lebt mit ihrer Familie und zwei Katzen im Ruhrgebiet. Neben der Schreiberei und der Liebe zum heimischen Fußballverein schwärmt sie für St. Peter-Ording, den einzigartigen Ort an der Nordseeküste.
KAPITEL 1
Juni 1997, auf dem Deich in Fahrtrichtung St. Peter-Böhl
Am Wegesrand wiegte sich roter Klatschmohn in der leichten Brise, und aus den saftigen Gräsern der Salzwiesen flogen Vögel empor. Hinter der Kurve auf dem Seedamm erhob sich in der Ferne der kleine mit Backsteinen gemauerte Leuchtturm. Doch all das nahm Carolina nicht wahr.
Sie war gänzlich abgetaucht in eine andere Welt. »People get ready, get ready to flow!«, forderte eine Frauenstimme zu balearischen Trancebeats, die stimmungsvoll mit Meeresrauschen und vereinzelten Möwenschreien untermalt waren. Der Sound des brandneuen Trancetracks Beachball dröhnte in Dauerschleife durch die Kopfhörer des CD-Players und ließ Carolina sich fast schwerelos fühlen. Der Klangteppich umhüllte sie und strich über ihre Seele wie der warme Fahrtwind über ihr Gesicht und die Arme.
Sie spürte, wie Adrenalin durch ihren Körper wogte, während sie energiegeladen in die Pedale trat und langsam das Tempo erhöhte. Die Augen hatte sie hinter den getönten Gläsern ihrer Sonnenbrille bloß halb geöffnet.
Mit der Trancemelodie träumte sie sich weit weg von der nordfriesischen Küste ins berühmte Café del Mar auf die spanische Insel Ibiza, von dessen Terrasse und den Felsen aus der legendäre Ibiza sunset bestaunt werden konnte. Nächstes Jahr, da war sie sich sicher, würde sie genau das tun: auf Ibiza den Sonnenuntergang sehen. Vielleicht zusammen mit Jonas.
Beim Gedanken an ihn musste sie lächeln. Eines Tages würde sie vielleicht sogar eine eigene Finca unweit der Bucht von San Antonio besitzen und neben ihrer Schauspielkarriere eine Strandbar betreiben, in der die berühmtesten DJs auflegen würden. Na ja … Carolina musste über sich selbst lachen. Ihre Fantasie und ihre Wünsche kannten wirklich keine Grenzen; das hörte sie öfter, und manchmal überforderte sie damit ihre Mitmenschen. Aber ihre Oma Sabine sagte immer: »Luftschlösser bauen gehört in deinem Alter dazu. Sei nur vorsichtig, am Ende könnten sogar manche wahr werden.«
Als der letzte Beat verklungen war, bremste Carolina scharf und stieg von ihrem Fahrrad. Mit einer Hand hielt sie das Lenkrad, mit der anderen schob sie sich erst die Sonnenbrille in die Haare, zog dann die Stöpsel ihrer Kopfhörer aus den Ohren und ließ sie in die Strandtasche in ihrem Fahrradkorb fallen. Sie blinzelte.
Ihre Augen brauchten einen Moment, um sich an das leuchtende Blau des Himmels und die Helligkeit der Sonne zu gewöhnen. Vor sich die Weite der Landschaft, blickte sie an einem entfernten Pfahlbau vorbei und bis zum Horizont, wo das Blau des Meeres mit dem des Himmels verschmolz. Sie lauschte dem Seewind, der über die Gräser strich. Und ihre Gedanken wanderten zurück zu jenen Tagen, an denen sie hier mit ihren Eltern über den Deich spaziert war.
Damals war sie ein kleines Mädchen gewesen, das ihren Puppenwagen vor sich hergeschoben hatte; später war sie auf bunten Rollschuhen mit pinken Stoppern neben ihren Eltern hergerollt. Das alles war so lange her. Inzwischen war sie volljährig, hatte den Führerschein bestanden und konnte sogar ein Auto ihr Eigen nennen, worauf sie mächtig stolz war. Den roten Toyota hatte sie vollständig mit dem Geld bezahlt, das sie im Strandcafé ihrer Mutter verdient hatte.
Ohne dass sie sich dessen sofort bewusst gewesen wäre, war aus ihr eine junge Frau geworden, und nun war sie sogar zum ersten Mal so richtig verliebt. In Jonas. Den coolsten und tollsten Typen von ganz Nordfriesland. Vor zwei Jahren war er mit seinen Eltern aus Berlin nach St. Peter-Ording gezogen, weil sein Vater den Chefarztposten in der Kardiologie der Rehaklinik Goldene Schlüssel übernommen hatte.
Sie verstand gar nicht, warum, aber als er neu in ihre Klasse am Nordseegymnasium gekommen war, hatte sie kaum Notiz von Jonas genommen. Das hatte sich in den letzten Monaten allerdings schlagartig geändert, seit sie in einer Bioprojektgruppe zusammengearbeitet hatten. Das Leben bot für sie Überraschungen, das mochte sie. Und gleichzeitig gefiel ihr die Zuverlässigkeit der Dinge, die gleich blieben. Zum Beispiel der Ausblick über die Salzwiesen. Er schien für die Ewigkeit gemacht zu sein; bestimmt würde sie an dieser Stelle noch in siebzig Jahren das Gleiche sehen. Dabei konnte sie sich selbst nicht als betagte Dame vorstellen … Das plötzliche Quietschen von Bremsen riss sie aus den Gedanken. Sie sah zur Seite und blickte ihrer Freundin Antonia entgegen.
»Hey, Caro!« Antonia kam mit ihrem Mountainbike nur wenige Zentimeter neben ihr zum Stehen.
»Hi, Toni! Mensch, ich habe gar nicht mitgekriegt, dass du so dicht hinter mir warst.«
Antonia grinste sie an. Mit ihrem sommersprossigen Gesicht und den roten störrischen Locken hatte ihr Aussehen etwas Wildes. »Das habe ich gemerkt. Dein Gesichtsausdruck hatte etwas von Die alte Frau und das Meer.« Sie machte eine einen Halbkreis beschreibende Handbewegung und blickte dabei in die Ferne.
»Da ist was dran. Tatsächlich war ich gerade dabei, mir tiefschürfende Gedanken über das Leben zu machen«, gab Carolina zu und grinste dabei.
»Ein Glück, dass ich gekommen bin. Du hörst dich an wie meine Tante Hanni – und die ist dreiundsechzig.« Antonia rollte mit den Augen. »Was hörst du denn?« Sie griff in die Strandtasche nach einem der Stöpsel und steckte ihn ins Ohr.
Carolina schaltete den CD-Player wieder ein.
»Cooler Sound! Ist das neu?«
»Total neu. Die CD hat Jonas mir geliehen.« Carolina strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
»Soso.« Antonia nickte wissend und zog sich den Stöpsel wieder aus dem Ohr. »Das scheint bei euch wahre Liebe zu sein.«
Sie lächelte. »Das hoffe ich doch.«
»Wie weit seid ihr denn inzwischen? Ist das jetzt offiziell mit euch?«, fragte Antonia interessiert.
Carolina zuckte die Schultern, bevor sie aus der Vordertasche ihrer Jeans ein Haargummi hervorzog und sich das lange braune Haar zusammenband. »Keine Ahnung. Wir haben uns dreimal geküsst, aber noch nicht darüber gesprochen, was wir jetzt sind – oder eben nicht.«
»Warum denn nicht?«
»Hat sich noch nicht ergeben. Außerdem will ich auch nicht wie eine Klette wirken. Wir müssen ja nicht gleich heiraten«, sagte sie leichthin, obwohl sie sich insgeheim durchaus nach etwas Klarheit sehnte. Allerdings fürchtete sie, Jonas zu verschrecken, wenn sie das Beziehungsthema anschnitt. Nein, lieber wollte sie abwarten, bis sich ein passender Augenblick ergab. »Vielleicht spricht Jonas mich ja demnächst selbst darauf an.«
»Das rate ich ihm!«, sagte Antonia mit erhobenem Zeigefinger und zwinkerte ihr zu.
»Du hast gut reden. Du und Sven, ihr seid ja schon seit Ewigkeiten zusammen.«
»Ewigkeiten?« Antonia schüttelte lachend den Kopf. »Es ist nicht mal ein Jahr, und für dich ist das also schon eine Ewigkeit.«
»Kam mir länger vor.«
»Ja, geht mir manchmal ähnlich«, stimmte Antonia zu. »Aber komm, lass uns jetzt lieber Gas geben, sonst kommen wir zu spät zur Probe.«
»Sagte die Tochter vom Direx.« Carolina warf ihren Pferdeschwanz nach hinten und setzte wieder die Sonnenbrille auf. »Wetten, dass ich schneller bin?«
Ehe Antonia antworten konnte, sauste sie schon auf ihrem Rad den Deich entlang.
»Bravo! Das war sehr gut!« Die Deutschlehrerin Frau Niesner klatschte nach der Theaterprobe begeistert in die Hände. Sie wirkte zufrieden mit der Theater-AG, die für den Tag der offenen Tür ein Stück einstudierte, um es vorwiegend zukünftigen Sextanern vorzuführen. »Nächste Woche ist schon die Generalprobe von Alice im Wunderland. Bitte lernt bis dahin noch mal intensiv eure Texte.«
»Puh!« Carolina zog sich die blonde Perücke vom Kopf und wischte mit dem Handrücken über ihre Stirn. Sie spielte die Hauptrolle in dem Theaterstück. »Darunter ölt man bei dem Sommerwetter wie unter einer Wollmütze.«
»Wem sagst du das?« Antonia befreite sich von ihrer weißen Plüschkopfbedeckung und wedelte mit den langen Hasenohren daran. »Als weißes Kaninchen schwitze ich mindestens genauso wie du.«
»Euer Schwitzen hat sich aber gelohnt. Eine bessere Besetzung für die Alice und das weiße Kaninchen könnte ich mir nicht vorstellen.« Frau Niesner trat zu ihnen und lächelte sie wohlwollend an. »Schauspielerisches Talent habt ihr beide, daran besteht kein Zweifel. Vielleicht macht ihr nach dem Abitur was draus? Der Speeldeel-Verein führt doch Theaterstücke auf Plattdeutsch auf.«
Antonia lachte. »Ich glaube, meine Eltern würden mir die Ohren so lang ziehen wie die Löffel meines Kostüms. Lieber konzentriere ich mich auf meine Ausbildung bei der Tourismuszentrale, das ist handfester. Meine Mutter hat mich schon bei ihrem Chef vormerken lassen. Und Plattdeutsch kann ich nicht wirklich. Das können nur meine Großeltern.«
»Ich kann dich verstehen«, stimmte die Lehrerin ihr zu. »Und was ist mit dir, Caro? Bestimmt rechnet deine Familie im Hotel schon fest mit dir.«
Carolina nickte. »Das tut sie. Aber ich möchte nach dem Abitur tatsächlich schauen, ob ich nicht vielleicht doch eine Karriere als Schauspielerin machen kann. Nur nicht unbedingt mit Plattdeutsch …«
Frau Niesner hob die Augenbrauen. »Wirklich?«, fragte sie überrascht. »Das ist aber mutig von dir.«
Sie hielt dem forschenden Blick der Lehrerin stand. »Es ist mein drittes Theaterstück und meine erste...
Erscheint lt. Verlag | 25.6.2024 |
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Reihe/Serie | St.-Peter-Ording-Saga | St.-Peter-Ording-Saga |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 20.-21. Jahrhundert • 90er Jahre • Bestseller • Bestsellerautorin • Café • Deutsche Geschichte • Deutschland • Familiensaga • Frauenschicksal • Gastronomie • Gefühl • Hotel • Liebe • Liebesroman • Romantik • Schicksal • Sommerbuch • Starke Frauen • Starndcafé • St. Peter-Ording |
ISBN-10 | 3-7499-0583-5 / 3749905835 |
ISBN-13 | 978-3-7499-0583-6 / 9783749905836 |
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