Anmerkungen zur Genealogie der Darmstädter Sartorius-Familie -  Christoph von Campenhausen

Anmerkungen zur Genealogie der Darmstädter Sartorius-Familie (eBook)

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2020 | 1. Auflage
288 Seiten
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978-3-7519-1151-1 (ISBN)
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Notizen zur Geschichte der Mußbacher Familie Sartorius auf dem Johannitergut Herrenhof in Neustadt an der Weinstraße und ihrer Vorfahren und Nachkommen in aller Welt.

8. Der Mußbacher Zweig der Darmstädter
Sartorius-Familie


a) „Oma Sartorius“ erzählt

Wer nur an harten Fakten interessiert ist, kann diesen Abschnitt überspringen. Wer aber die Familie Sartorius auf dem Herrenhof in Mußbach noch erlebt hat, wird in dem Text „Für meine Kinder und Enkel“163 manches Erinnerungswerte finden. Autorin war die sogenannte „Oma Sartorius“ oder „Oma Mußbach“, Johanna Sartorius, geb. Weddigen (1865–1949). Sie schöpft nicht einfach aus ihren Erinnerungen, sondern verfolgt die Absicht, ihre Kinder, die sie in dem Text unmittelbar anspricht, über die Genealogie der Familie Sartorius in Mußbach aufzuklären. Ihre Kinder waren: Otto Sartorius d. J. (1892–1977) und seine Schwestern, Therese Versen (1894–1986) und Johanna Gerlach (1896–1972) („Tante Hänschen“). Diese waren 1935 keine Kinder mehr, aber, wie es scheint, der genealogischen Aufklärung bedürftig. Die Tabellen 5 bis 7 sind zum Verständnis der genealogischen Zusammenhänge hilfreich.

Der Text ist mit einer Schreibmaschine geschrieben, die wohl kein „ß“ kannte, und wird mit seinen orthografischen Besonderheiten wiedergegeben. Wer nach der Lektüre verwirrt ist, wird hoffentlich mithilfe der folgenden Absätze wieder Ordnung in die Verwandtschaftsbeziehungen bringen. Mit der Tabelle Abb. 5 wird der Versuch gemacht, die in diesem Kapitel erwähnten Personen alle genealogisch einzuordnen. Für einige Seitenzweige (Hallwachs, Kahl) und für die Vorfahren einiger Ehefrauen wurden separate Tabellen angelegt.

„Eure Grosseltern resp. Urgroßeltern väterlicherseits stammen beide aus Darmstadt. Der Vater Eures Grossvaters Sartorius wurde in Gräfenhausen als Sohn des dortigen Pfarrers am 6.12.1754 geboren u. auf die Namen Ernst Ludwig getauft. Er war Prorektor am Pädagog (später Gymnasium) in Darmstadt u. heiratete 1793 Luise Dorothea Magdalena Heumann. Außer dem Sohn Ludwig, Eurem Grossvater, hatte er eine Tochter Wilhelmine, die mit dem Leiter des Ministeriums des Grossherzoglichen Hauses u. des Äusseren Konrad Wilhelm Hallwachs, später Staatsrat u. Excellenz, verheiratet war. Hier waren also die Familien Sartorius u. Hallwachs schonmals verwandt. Dessen Sohn Lutz Hallwachs nahm später eine ähnliche Stellung wie sein Vater als Geheimer Staatsrat Excellenz ein. Dessen Sohn Professor Wilhelm Hallwachs in Dresden heiratete die Tochter von Professor Kohlrausch. Ausser den erwähnten Kindern Ludwig u. Wilhelmine hatte Ernst Ludwig Sartorius noch einen Sohn, Ernst Wilhelm Christian, der Generalsuperintendent in Königsberg war, verh. mit Marie von Engelhardt.

Euer Großvater Ludwig Philipp Christoph Sartorius, geb. 5.2.1805, gest. 7.6.1848, war ein beruflich sehr tüchtiger Mann. Mit 43 Jahren war er schon Ministerialrat u. wurde von Seiten Hessens mehrmals zu (ich glaube) Zollverhandlungen nach Berlin gesandt. Euer Vater erinnert sich noch, dass seine Mutter ihn bei einer solchen Abreise am Fenster in die Höhe hob, damit er dem mit der Post abfahrenden Vater winken konnte. Er soll ein gewandter und unterhaltender Mann gewesen sein, dabei ein guter Familienvater, der sich gern mit seinen Kindern beschäftigte. So leimte er ihnen das reizende Theaterchen, welches jetzt Erika hat, mit Kulissen, Versenkboden, Vorhang, reizenden Möbeln u. Figuren u. führte seinen Kindern, Neffen und Nichten kleine Theaterstücke auf. Auch machte er Taschenspieler-Kunststücke, ließ blecherne Teller fliegen u. auf einem Stabe tanzen, u. in einer Zauberdose liess er eine Bohne verschwinden u. wieder erscheinen. Dose und Blechteller u. den mit Goldpapier umklebten Zauberstab habe ich noch.

Die Familie Eurer Großmutter Hallwachs ist eine alte Darmstädter Familie. Der Vater Eurer Grossmutter Friedrich Ludwig Hallwachs, geb.13.10.1779., gest. 16.8.1836, heiratete 1808 seine Kusine Luise Katharina Hallwachs, geb. 12.11.1789, gest. 19.11.1844. Als Kinder sind mir nur die drei Töchter bekannt: Antonie, Ottilie u. Emilie, die (nach Tante Luischen Kahl) ,die kluge, die liebenswürdige u. die schöne Fräulein Hallwachs‘ genannt wurden. Antonie heiratete 1847 den Pfarrer Franz Adolph Koester, 17.12.1812., als Sohn des Banquier Daniel Köster in Frankfurt u. seiner Frau, geb. de Neufville. Durch letztere dürfte noch eine Verwandtschaft mit den de Bary bestehen, weil die Angehörigen der Französischen reformierten Gemeinde in Frankfurt häufig unter sich heirateten u. die de Neufville zu den de Bary’schen Verwandten gehören. Auch nennt eine Familie Köster sich Köster-de Bary. Die zweite Tochter Ottilie heiratete den Juristen Kahl, der in Klein-Heubach bei den Fürsten Löwenstein Herrschaftsrichter, später am Landgericht in Schweinfurt war u. wegen seiner Tüchtigkeit den persönlichen Adel erhielt.164 Er hatte sechs Kinder, von denen der Bekannteste der Professor Dr. Wilhelm Kahl ist, der in Berlin 1832 starb.

Von Eurer Großmutter Emilie Friederike Karoline Sophie Marie Hallwachs, geb. 19.1.1809., gest. 5.5.1847, wurde mir leider nur weniges erzählt u. diese Bemerkungen bezogen sich meistens auf ihr Äusseres, da sie durch ihre Schönheit stets auffiel u. auch in Gesellschaftstoilette, im ausgeschnittenen Kleid, eine selten schöne Erscheinung gewesen sein muss. Nach dem einzigen Brief, den ich von ihr besitze, hat sie, nach dem Schlusssatz zu urteilen, eine neckische Art gehabt. Sie war jung mit einem Manne verlobt, der an Schwindsucht erkrankte u. starb; sie soll sich bei dessen Pflege den Keim zu ihrer späteren Krankheit (galoppierende Schwindsucht), der sie schon 1847 erlag, geholt haben. Sie verheiratete sich mit Ludwig Sartorius, damals Oberfinanzrat bei der Zolldirektion u. Oberfinanzkammer in Darmstadt, geb. 5.2.1805.

Diese hatten vier Kinder (in einer alten amtlichen Urkunde fand ich, dass es vier Knaben waren, von denen einer früh starb), den späteren Apotheker Friedrich S. in Gernsheim, geb. 1832, den Artilleriehauptmann Ernst S., geb. 1.10.1833, ein Töchterchen Luise, geb. 1839, welches 1847 an Skrophulose starb, u. mein Mann Otto Friedrich Hermann Sartorius, geb. 16.1.1842.

Euer Onkel Fried war ein herzensguter Mensch u. trat mir gleich beim ersten Begegnen mit Wärme u. Herzlichkeit entgegen. Dies blieb so bis zu seinem Tode, er war mir stets ein guter Schwager. Auch seine Frau, die Katrinchen, war gleich gut und vertraut mit mir. Sie war klein und zierlich mit einem etwas unbeweglichen Puppengesicht. Onkel Fried war ein Original, der echte pedantische und vorsichtige Apotheker – in Allem. Am Tage nach Ottos Taufe reiste er von hier, statt mit dem Schnellzug, der Anschluss hatte, mit einem frühen Bummelzug nach Ludwigshafen, um dort nur ja Zeit genug zum Umsteigen zu haben. Abends zählte er genau die sauber und gleich groß geschnittenen Holzstückchen ab, die neben seinen Ofen im Schlafzimmer gelegt wurden, damit er sie am folgenden Morgen früh zum Anfachen des Feuers in den Ofen legen konnte. Nach dem Tod seiner Frau ließ er mit viel Überlegen u. auch Freude eine schöne Grabstätte herrichten u. neben dem Grabstein seiner Frau auch seinen aufrichten. Friedrich Sartorius hatte eine Tochter, Liesel, verheiratet mit dem Direktor der Zuckerfabrik in Gernsheim, diese wiederum hatte zwei Töchter. Die Ehe war nicht glücklich. Das Verhalten des Mannes zu seiner Frau war wohl die Ursache zu deren späteren Leiden. Sie starb, als die 2 Kinder noch klein waren.

Der zweite Bruder, Ernst, an dem Euer Vater ganz besonders hing, war, ebenso wie Fried, mit einer älteren Frau verheiratet. Die Frau von Ernst war eine geb. Wilhelmine Böttcher, eine kluge, belesene u. interessierte Frau, die ich recht gut leiden konnte. Sie starb ungefähr 1896. Euer Onkel Ernst soll auch ein guter, gemütvoller Mensch gewesen sein, dabei geistreich, witzig u. eine schöne Erscheinung, mit dunklem Haar u. Augen u. gut geschnittenem Gesicht. Bei einem Festessen der Schutzheiligen des Regiments (Artillerie) brachte er den Toast auf den Oberbürgermeister, einen Feinschmecker, u. sagte unter anderem: ,Und was er spricht, ist Schrecken, u. was er schreibt, ist Blut, u. was er isst, schmeckt gut.‘ Die 2 Brüder Sartorius, Ernst u. Otto, scheinen sehr zur Unterhaltung bei diesen Regimentsfesten beigetragen zu haben. So traten sie nach einem erhaltenen alten Programm als ,die berühmten Brüder Belmontil mit Mister Castor‘ (Papas Hund) auf. Ernst Sartorius hatte sich ebenso wie seine Frau treu des früh verwaisten Bruders Otto angenommen. Ernst bekam Lungenemphysem u. war ein halbes Jahr in Davos. Er wurde dann nach Thorn versetzt, machte bei scharfem Ostwind Stechschritt mit der Truppe, bekam Lungenentzündung, woran er nach wenigen Tagen starb. Euer Vater reiste mit seiner Schwägerin Minchen gleich hin u. war bis zuletzt bei ihm. Hauptmann Sartorius hatte eine Tochter, Lina, die einen Juristen, Friedrich Tenner, auch eine alte Darmstädter Familie u. ihre Tanzstundenliebe, heiratete. Die Ehe blieb kinderlos.

Euer Vater soll ein zartes, zierliches Kind mit dunklen Locken u. grossen schönen Augen gewesen sein. Von seiner ersten Jugendzeit weiß ich wenig. Er...

Erscheint lt. Verlag 13.5.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
ISBN-10 3-7519-1151-0 / 3751911510
ISBN-13 978-3-7519-1151-1 / 9783751911511
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