Die Schatten von Swanford Abbey -  Julie Klassen

Die Schatten von Swanford Abbey (eBook)

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2023 | 1. Auflage
432 Seiten
SCM Hänssler im SCM-Verlag
978-3-7751-7598-2 (ISBN)
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Wie weit würdest du gehen, um zu beschützen, was du liebst? England 1820. Miss Rebecca Lane kehrt zurück in ihr Heimatdorf Swanford, um ihrem Bruder zu helfen, der sich in letzter Zeit sehr seltsam verhält. Doch als sie ankommt, schickt er sie fort ins Grand Hotel Swanford Abbey, einem umgebauten mittelalterlichen Kloster. In den alten Mauern scheint das Flüstern der Vergangenheit widerzuhallen ... auch ihrer eigenen. Plötzlich taucht ihre alte Jugendliebe wieder auf und wirbelt vergrabene Gefühle wieder auf. Als auch noch ein Mord passiert, bleibt ihr keine Wahl: Sie macht sich selbst auf die Suche nach dem Täter. Konfrontiert mit Geheimnissen, Lügen und verdrängten Erinnerungen beginnt eine Jagd nach Frieden. Und Liebe.

Julie Klassen arbeitete sechzehn Jahre lang als Lektorin für Belletristik. Mittlerweile hat sie zahlreiche Romane aus der Zeit von Jane Austen geschrieben, von denen mehrere den begehrten Christy Award gewannen. Abgesehen vom Schreiben, liebt Klassen das Reisen und Wandern. Mit ihrem Mann und zwei Söhnen lebt sie in Minnesota, USA. www.julieklassen.com

Julie Klassen arbeitete sechzehn Jahre lang als Lektorin für Belletristik. Mittlerweile hat sie zahlreiche Romane aus der Zeit von Jane Austen geschrieben, von denen mehrere den begehrten Christy Award gewannen. Abgesehen vom Schreiben, liebt Klassen das Reisen und Wandern. Mit ihrem Mann und zwei Söhnen lebt sie in Minnesota, USA. www.julieklassen.com

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Kapitel 2


Während sie zitternd die Mappe mit dem Manuskript in der einen und die Reisetasche in der anderen Hand hielt, machte Rebecca sich auf den Weg zurück zu der mittelalterlichen Abtei – der Stätte zahlreicher Gruselgeschichten aus ihrer Kindheit. Ihr Herz klopfte so heftig, dass es beinahe wehtat. Das Aussteigen im Stallhof war nicht so schlimm gewesen, aber die Abtei selbst betreten …

Als kleines Mädchen hatte sie alles getan, um diesen Ort zu meiden. Lieber war sie um Mr Dodges Acker herumgelaufen, als den direkten Weg an der Abtei vorbei zu nehmen. Jedes Jahr am Abend vor Allerheiligen hatten sich die Dorfkinder Geschichten von der bösen Äbtissin erzählt, die durch die Kirchenruine spukte und sich wie das Skelett eines vorzeitlichen Mammuts über der Abtei erhob. Rebecca hatte einmal auf einer Ausstellung eins gesehen.

Unter den Dorfkindern galt Swanford Abbey noch immer als Spukhaus. Sie erzählten sich, dass darin die Geister der Nonnen wohnten, die ihr Heim und ihr Leben verloren hatten, als der englische König sämtliches Kircheneigentum beschlagnahmt und alle Klöster aufgelöst hatte. Damals war die Abtei an einen Adligen gefallen, einen Getreuen der Krone, der über den alten Kreuzgängen und um sie herum eine weitläufige private Residenz errichtet hatte. Sharington Court war ein zweieinhalb Stockwerke hohes Haus mit einem Schieferdach, spiralförmig geriffelten Schornsteinen und Bogenfenstern. Viele Generationen der Familie Sharington hatten dort gelebt, bis vor gut dreißig Jahren schließlich der letzte Sharington ohne Nachkommen gestorben war. Das Haus war verschlossen worden, die angrenzende Kirche, deren Dach bereits eingestürzt war, verfiel vollends. Die Dorfkinder pflegten später als eine Art Mutprobe die eingestürzten Mauern zu erklettern, die Mutigsten unter ihnen spielten sogar in den Ruinen.

Rebecca erinnerte sich noch gut an das einzige Mal, dass sie auf eine solche teilweise eingestürzte Mauer der Ruine geklettert war. Ein Junge aus dem Dorf hatte ihr dabei die ganze Zeit Gruselgeschichten erzählt, bis sie sich irgendwann weder vor- noch zurückgetraut hatte.

Und dann war plötzlich der hübsche Frederick Wilford aufgetaucht und hatte amüsiert lächelnd zu ihr aufgesehen.

»Darf ich Ihnen helfen, junge Dame?«

Erleichtert hatte sie genickt, und gleichzeitig war ihr ein wohliger kleiner Schauer über den Körper gelaufen, als er sie auf den Boden gestellt hatte …

Rebecca blinzelte die Erinnerung fort. Könnte sie ihre kleinmädchenhafte Backfisch-Verliebtheit doch nur ebenso leicht abstreifen!

Vor mehreren Jahren war Sharington Court verkauft und – nach mehreren finanziellen Rückschlägen – in ein Grand Hotel umgebaut worden. Doch Rebecca hatte noch immer nicht das geringste Bedürfnis, diesen Ort zu betreten. Sie spürte, wie sich ihre Nackenhärchen aufrichteten, während sie in die kiesbedeckte Einfahrt einbog und dabei an die körperlosen Gespenster dachte.

Als sie vor einer der zum Eingangsportal emporführenden zwei Treppen stand, holte sie noch einmal tief Luft und stieg hinauf. Augenblicklich wurde die große Tür von einem beflissenen Portier geöffnet, der ganz erfüllt von seiner eigenen Wichtigkeit zu sein schien. Zu ihrem großen Schrecken erkannte sie in ihm Sir Roger Wilfords ehemaligen Kammerdiener; jetzt trug er eine vornehme Dienstkleidung.

»Guten Tag, Mr Moseley.«

»Ah – wenn das nicht Rebecca Lane ist! Sie sind aber erwachsen geworden! Du meine Güte, ich komme mir plötzlich richtig alt vor. Ich weiß noch, wie Sie in einer mit Grasflecken übersäten Schürze über die Dorfwiese gerannt sind.«

Rebecca war rot geworden. Verlegen neigte sie den Kopf. »Das war vor langer Zeit. Wie schön, Sie wiederzusehen.«

»Ich freue mich auch, Miss. Es ist eine Ewigkeit her.«

»Ich war auf Reisen.«

»Ach wirklich? Ich würde ja sagen, ›wie schön‹, aber die Wahrheit ist, ich bin ein richtiger Stubenhocker. Ich genieße es, mich abends in mein eigenes Bett zu legen.«

Er bot an, ihr die Tasche abzunehmen, doch sie schüttelte den Kopf. Sie wusste ja noch gar nicht, ob sie ein Zimmer bekam. Hoffentlich nicht!

Er schien darauf bestehen zu wollen, doch in diesem Moment fuhr eine große Reisekutsche vor. Moseley wandte sich augenblicklich den Neuankömmlingen zu und rief nach zwei Trägern, die sich um das Gepäck kümmern sollten.

Rebecca betrat Swanford Abbey allein.

Drinnen befand sie sich in einer gotischen Halle von beeindruckender Größe, die jetzt als weitläufige Empfangshalle diente. In einem Kamin, in dessen Sims zwei gekreuzte Säbel geschnitzt waren, brannte ein üppiges Feuer. Rechts und links der Feuerstelle standen zwei glänzend polierte Kaminböcke. Ein dicker türkischer Teppich dämpfte die Geräusche in dem riesigen Raum. Überall standen kleine Teetische, rote Samtsessel und Sofas.

Alles um sie herum strahlte Reichtum und Luxus aus. Als Begleiterin einer wohlhabenden Witwe sollte Rebecca diese Dinge eigentlich gewohnt sein, doch heute war sie als sie selbst hier. Sie war eine ehemalige Pfarrerstochter und zurzeit Gesellschafterin einer älteren Lady. Daher fühlte sie sich sehr fehl am Platz.

Ob Lady Fitzhoward wohl noch hier war? Oder war sie schon unterwegs, um ihre Freunde zu sehen? Aber sie war nicht wegen Lady Fitzhoward gekommen.

Zögernd trat sie an den schimmernden Eichenholz-Tresen. Der Hotelangestellte taxierte sie mit geübtem Blick. Vielleicht hätte sie eines der modernen Kleider anziehen sollen, die Lady Fitzhoward ihr gekauft hatte, und nicht das schlichte Tageskleid mit dem schmucklosen Jäckchen.

»Kann ich … Ihnen helfen?«, fragte der junge Mann.

»Guten Tag. Ich würde gern Mr Ambrose Oliver sprechen. Soviel ich weiß, logiert er hier.«

Er musterte sie erneut von oben bis unten und fragte dann schmallippig: »Darf ich nach Ihrer Verbindung zu Mr Oliver fragen? Sind Sie … eine Freundin?« In seinen Augen lauerte ein schmutziger Verdacht.

»Aber nein. Ich möchte ihn in einer geschäftlichen Angelegenheit sprechen. Das Verlagsgeschäft betreffend.« Sie hob die Mappe, die sie unter dem Arm trug, um ihre Bitte zu unterstreichen, und fügte hinzu: »Mein Bruder war sein … Mitarbeiter.«

Der Angestellte schüttelte den Kopf. »Mr Oliver ist für niemanden zu sprechen. Er hat Anweisung gegeben, ihn nicht zu stören.«

Rebecca wusste nicht, was größer war, ihre Bestürzung oder ihre Erleichterung. »Könnte ich dann vielleicht mit seinem Verleger, Mr Edgecombe, sprechen?«

Erneutes Kopfschütteln. »Bei uns wohnt niemand mit diesem Namen.«

Jetzt war sie doch enttäuscht. Hoffentlich sah sie nicht so niederschlagen aus, wie sie sich fühlte.

Mr Moseley, der gerade die Neuankömmlinge hineinbegleitete, sagte: »Raymond, das ist doch Miss Lane, die Tochter unseres ehemaligen Pfarrers. Sei bitte höflich zu ihr.«

Der Angesprochene hob streitlustig das Kinn, doch dann erläuterte er ihr mit gedämpfter Stimme: »Ich kann Ihnen nur sagen, dass ein Mr Edgecombe gestern hier war, um sich mit einem berühmten Gast zu treffen, und dass wir ihn in den nächsten Tagen zum Dinner zurückerwarten. Mehr kann ich leider nicht für Sie tun.«

»Ich verstehe. Vielen Dank.« Rebecca drehte sich um und trat beiseite, um den hinter ihr wartenden neuen Gästen Platz am Tresen zu machen.

Sie ging quer durch die Halle zu einem der Sessel und setzte sich, um erst einmal nachzudenken. Ihre Reisetasche stellte sie neben den Stuhl. Sie hätte es vorgezogen, die Ausgaben für eine Übernachtung zu vermeiden, obwohl ihr Bruder unmissverständlich geäußert hatte, dass er es nicht schätzte, wenn sie bei ihm im Haus wohnte und ihn oder seine Unordnung kritisierte. Doch sollte sie wirklich als junge, unverheiratete Dame allein in einem Hotel bleiben?

Wenn sie sich ganz still verhielt und für sich blieb, bemerkte sie ja vielleicht niemand.

Eine Bewegung am anderen Ende der Halle erregte ihre Aufmerksamkeit. Hinter einem großen Flügel führte eine prachtvoll geschwungene Treppe zu einer Galerie hinauf. Gerade kam ein hochgewachsener, dunkelhaariger Mann die Stufen herunter. Der Anblick traf sie wie ein Schlag. Nicht er. Nicht hier. Nicht jetzt. Rasch wandte sie das Gesicht ab und betete, dass er sie nicht gesehen hatte.

Zu spät.

»Miss Lane?«

Sie schloss für einen Moment die Augen. Gab es noch eine Möglichkeit, dieser Situation zu entkommen? Nein. So viel zu ihrem Wunsch, für sich zu bleiben.

Sie blickte mit vorgetäuschter Nonchalance auf. Hoffentlich sah er nicht, dass ihre Lippen zitterten. Jetzt war er unten und kam auf sie zu – wie ein Bild aus einem jener alten, romantischen Träume, die sie aus ihren Fantasien zu verbannen versucht hatte.

»Ja?« Es war die einzige Silbe, die ihre sich überstürzenden Gedanken zu bilden fähig waren, und die sie durch ihre eng gewordene Kehle hindurchpressen konnte.

Er trat näher. Dabei fiel ihr auf, dass Sir Frederick älter wirkte. Er musste jetzt fünfunddreißig sein, doch er sah noch immer umwerfend gut aus und sehr viel einschüchternder, als sie in Erinnerung hatte.

Bei ihrer wenig begeisterten Antwort blieb er stehen, wo er war. Sein Lächeln erlosch. »Verzeihen Sie.« Er verbeugte sich. »Ich möchte nicht stören.«

Sie stand auf und knickste. »Sie stören nicht. Ich bin nur überrascht, Sie hier zu sehen.«

»So wie ich bei Ihrem Anblick. Es ist lange her.«

»Ich war auf Reisen.«

»Sie sind in Swanford, um Ihren Bruder zu besuchen, nehme ich an?«

»J-ja.«

»Wohnen Sie hier im...

Erscheint lt. Verlag 4.7.2023
Reihe/Serie Regency-Liebesromane
Regency-Liebesromane
Übersetzer Susanne Naumann
Verlagsort Holzgerlingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 19. Jahrhundert • Agatha Christie • bronte sisters • Downtown Abbey • England • Frauen • Geheimnis • Geheimnisse • Jane Austen • Jane Austin • Jane Eyre • Kloster • Krimi • Mord • Psychische Erkrankung • Psychische Krankheit • Regency • Romantik • romantisch • spannend • spannende Bücher • Spannung • Starke Frauen • Weiblich
ISBN-10 3-7751-7598-9 / 3775175989
ISBN-13 978-3-7751-7598-2 / 9783775175982
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