John Sinclair 2339 (eBook)
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-5238-1 (ISBN)
'Ich bin ganz ehrlich, es sieht nicht gut aus für Aibon.'
Mit diesen Worten war Myxin wie aus dem Nichts in unserem Büro aufgetaucht. Und tatsächlich ließ das, was unser Freund aus Atlantis Suko und mir dann berichtete, darauf schließen, dass in Aibon buchstäblich die Hölle ausgebrochen war.
Derjenige, der diesen Höllensturm entfacht hatte, war ausgerechnet einer unserer ärgsten Feinde. Iovan Raduc, der Vampir, setzte bereits alles daran, das Schattenreich zu zerstören. Und wir wussten: Würde das Schattenreich fallen, dann würde Aibon mit ihm untergehen. Es gab also gar keine andere Wahl, wir mussten dorthin.
Und schon kurz darauf teleportierte der kleine Magier uns in das Druidenreich ...
Raducs Höllenfahrt
von Rafael Marques
Wenn ein Geisterjäger sich schon damit beschäftigen muss, dem Kaffee beim Kochen zuzuschauen, sollte man wohl meinen, dass es Zeit für den Feierabend wäre. Dummerweise war es erst elf Uhr morgens, weshalb die Erlösung noch lange Zeit entfernt lag. Und da Suko und ich sogar mit unseren Berichten und Spesenabrechnungen auf dem neuesten Stand waren, musste ich eben eine andere Beschäftigung finden. Zum Beispiel, hinter das Geheimnis von Glendas unfassbar gut schmeckendem Kaffee zu kommen.
»Du kannst in die Brühe starren, solange du willst, du wirst es trotzdem nicht so hinbekommen wie ich«, feixte unsere Sekretärin und lehnte sich grinsend in ihrem Stuhl zurück. »Das Geheimnis nehme ich mit ins Grab.«
»Dazu wird es hoffentlich niemals kommen.«
So sehr ich mich auch bemühte, ich fand keine Erklärung, warum Glendas Kaffee schmeckte, als stammte er aus einer anderen Welt, während bei meinen kläglichen Versuchen immer ein ungenießbares Gebräu herauskam. Wieder einmal ließ mich ihr Zauberhändchen im siebten Himmel schweben, und in gewisser Weise war ich auch sehr froh, das Geheimnis nicht aufgeklärt zu haben. Glendas besondere Gabe war nun einmal Teil unserer Büro-Traditionen, die ich auch nach all den Jahren nicht missen wollte.
Selbst Sir James verließ kurz sein Büro, um zumindest einmal kurz den Duft des frischen Kaffees zu genießen. Durch seine Magenprobleme musste er selbst auf einen kleinen Schluck verzichten und sich allein auf kohlensäurearmes Wasser beschränken. Für mich wäre das wohl tödlich gewesen, denn so manches Mal hatte mich das schwarze Gebräu davor bewahrt, den Tag mit der Stirn auf der Tischplatte zu verbringen.
»Irgendetwas Neues, Sir?«, fragte ich und erntete ein Kopfschütteln.
»Abgesehen davon, dass ich in einer Stunde zu einer Sicherheitskonferenz fahren muss, lässt uns die andere Seite glücklicherweise mal etwas Luft zum Atmen. Oder wünschen Sie schon, etwas Neues aus Aibon, von Pandora oder Lilith zu hören?«
»Um Gottes willen, nein.«
»Sehen Sie, ich auch nicht. Leider sagt mir mein Bauchgefühl, dass sich stets umso mehr zusammenbraut, je länger wir auf einen neuen Fall warten müssen.«
»Die Befürchtung habe ich, ehrlich gesagt, auch«, gab ich zu.
»Gut, Sie finden mich dann wieder im Büro.«
»Alles klar.«
Ich sah ihm hinterher, bevor ich langsam zu Glendas Tisch ging und mich mit der Tasse in der Hand auf die Kante setzte. Unsere Sekretärin sah in ihrem gelben Kleid und den schwarzen Lederstiefeln wieder einmal bezaubernd aus. Fast schon zu gut für das Büro, weshalb ich sie nach ihren Plänen für die Mittagspause fragte.
»Das wüsstest du wohl gern«, erwiderte sie mit einem hintergründigen Lächeln.
»Hast du etwa eine Verabredung?«
»Und wenn?«
Ich hielt mir eine Hand gegen die linke Brustseite und tat so, als würde ich mir mein eigenes Herz herausreißen. »Das würde ich wahrscheinlich nicht überleben.«
Glenda hob beiläufig die Schultern. »Du könntest noch etwas daran ändern.«
»Und wie?«
Diesmal sah sie mir direkt in die Augen. »Ach komm, das weißt du doch.«
»Luigi?«
Die Sekretärin lächelte kokett, als hätte sie von Anfang an gewusst, dass das Gespräch irgendwann auf dieses Ergebnis hinauslaufen würde. Und, um ehrlich zu sein, wirklich überrascht war ich nicht. Eher glücklich, dass ich nicht allein mit meinem Hunger auf italienisches Essen war. Zwar lag unser Stamm-Italiener seit dem Umzug von New Scotland Yard nicht mehr unbedingt um die Ecke, aber schöne Gewohnheiten änderte man eben nur ungern. Zumal wir als jahrelange Stammgäste und gute Bekannte auch eine gewisse Vorzugsbehandlung genossen.
Ich warf einen sehnsüchtigen Blick nach draußen. In London herrschte gerade wahres Kaiserwetter, und dank der vereinzelten Wolken war man auch hin und wieder vor den beinahe schon zu sehr wärmenden Strahlen der Sonne geschützt. Eine perfekte Gelegenheit, um den Tag in einem der vielen Parks der englischen Metropole zu verbringen und nicht endlose Stunden im Büro zu hocken.
»Also dann ... mit oder ohne Suko?«, fragte ich.
»Es ist Mittagspause. Also natürlich mit.«
»Okay, dann werde ich ihn mal ...«
»... fragen?«, fiel mir mein Partner ins Wort, der an der Tür zu unserem Büro stand. »Auf mich wird Glenda wohl verzichten müssen. Und auf dich auch.«
»Ein neuer Fall?«, fragte ich enttäuscht, und Glendas Gesichtsausdruck verriet mir, dass es ihr nicht anders ging.
»Nein, Besuch.«
»Wer kommt?«
»Niemand, er ist schon da.«
»Aber es ist doch niemand ins Büro gekommen.«
Suko hob die Schultern. »Nicht durch die Tür jedenfalls.«
Ich ahnte schon, auf was die Bemerkung meines Partners hinauslief. Er sprach wohl von Teleportation, und da er der Person völlig entspannt den Rücken zudrehte, ging ich davon aus, dass uns kein Feind einen unangemeldeten Besuch abstattete.
Suko trat wieder zurück ins Büro, sodass ich einen Blick auf meinen Schreibtisch werfen konnte. Jemand hatte meinen Stuhl in Beschlag genommen, und diese Person war niemand anderes als Myxin, der Magier!
»Das ist mal eine Überraschung«, stieß ich hervor, während ich unseren grünhäutigen Freund aus Atlantis betrachtete. Der kleine Magier, der bereits über 10.000 Jahre alt war und wie immer seinen langen, braunen Mantel trug, ließ es sich auf meinem Stuhl gut gehen und hatte sogar die Lehne nach hinten sinken lassen. Man hätte fast meinen können, er hätte sein Refugium bei den Flammenden Steinen verlassen, um bei uns zu entspannen und ein wenig zu plauschen. Aber so verhielt sich Myxin normalerweise nicht.
»Ich hoffe eine positive«, antwortete er.
»Dass du hier bist, auf jeden Fall«, erwiderte ich lächelnd. »Andererseits frage ich mich natürlich, ob es ein Besuch mit Hintergedanken ist.«
»Du kennst mich eben zu gut. Oder ihr beide, denn Suko war auch nicht besonders erbaut von der Aussicht, dass ich euch mit Problemen belästigen könnte.«
»Das liegt ja leider auf der Hand«, warf ich ein.
Myxin seufzte. »Das stimmt. Und bevor du fragst – diesmal geht es nicht um Atlantis.«
Seltsamerweise beruhigte mich die Aussicht nicht, selbst wenn ich ganz froh darüber war, dass der kleine Magier uns diesmal nicht vor einem weiteren Bewohner des untergegangenen Kontinents warnen wollte, der dabei war, seine Zeichen in der Gegenwart zu setzen. Mit solchen Gestalten hatten wir in der Vergangenheit mehr als genug Erfahrungen gemacht, davon konnte auch die Staatsanwältin Purdy Prentiss – ebenfalls eine wiedergeborene Atlanterin –, ein Lied singen.
»Um was geht es dann?«
»Aibon.«
Im ersten Moment war ich überrascht, dass ausgerechnet Myxin bei uns erschienen war, um uns vor einer Gefahr aus dem Paradies der Druiden zu warnen. Normalerweise hätte ich eher mit dem Roten Ryan gerechnet, dem Hüter der guten Seite Aibons. Leider aber war unser alter Freund und Verbündeter, der mich immer an den Charakter des Papageno aus der Oper ›Die Zauberflöte‹ erinnerte, seit einiger Zeit von einer enormen Schwäche befallen, die ihm wohl auch Dimensionsreisen unmöglich machte. Früher war er jedenfalls schon einige Male in meiner Welt aufgetaucht, um uns zu warnen oder aus brenzligen Situationen zu retten.
»Du erinnerst dich vielleicht daran, dass wir in früheren Zeiten durchaus schon nach Aibon gereist sind«, fuhr Myxin fort und spielte damit wohl auf seine Freunde an, Kara und den Eisernen Engel. »Damals, als es um Mandra Korabs sieben Dolche ging, haben wir euch im Kampf gegen Guywano unterstützt.* Das mag lange zurückliegen, aber auch wenn wir uns anschließend zumeist aus Aibon zurückgehalten haben, haben wir immer ein wachsames Auge auf diese Welt geworfen.«
Ich grinste schief. »Irgendwie muss man sich ja auch mit den Flammenden Steinen beschäftigen.«
»Tja, wir können eben nicht den ganzen Tag Schach spielen und Cola trinken. Aber im Ernst: dir wird auch nicht entgangen sein, dass Aibon nicht erst seit gestern in höchster Gefahr schwebt, und das nicht zum ersten Mal.«
Ich nickte. »Du sprichst von dem Angriff auf das Schattenreich.«
»So ist es.«
Es lag nicht einmal allzu lange zurück, dass die Dämonenseele des Roderick Harper gemeinsam mit neun bösen Geistern – mutmaßlich im Auftrag Mandragoros –, die Jenseitswelt des Druidenreiches angegriffen und schwer beschädigt hatte.* Wie ich schon aus früheren Abenteuern wusste, war das Schattenreich notwendig für den Fortbestand Aibons. Würde es zerstört, würde auch das zweigeteilte Reich selbst vergehen.
Myxin brachte den Stuhl zurück in die normale Position, verschränkte die Arme und sah erst Suko,...
Erscheint lt. Verlag | 9.5.2023 |
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Reihe/Serie | John Sinclair |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 2017 • 2018 • Abenteuer • Academy • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • e Book • eBook • E-Book • e books • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horrorthriller • Horror-Thriller • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony Ballard • Tony-Ballard • Top • Walking Dead |
ISBN-10 | 3-7517-5238-2 / 3751752382 |
ISBN-13 | 978-3-7517-5238-1 / 9783751752381 |
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Größe: 1,2 MB
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