Henry Kissinger - Die Biografie (eBook)
176 Seiten
FinanzBuch Verlag
978-3-98609-397-6 (ISBN)
Wolfgang Seybold ist Rechtsanwalt und seit 40 Jahren Gastgeber des deutsch-amerikanischen Dinners am Vorabend der Münchner Sicherheitskonferenz mit Gästen wie Angela Merkel, John McCain, Hillary Clinton und Henry Kissinger. 2006 erhielt Dr. Seybold in Anerkennung seiner Verdienste um die deutsch-amerikanische Freundschaft den Orden Medal of Distinguished Service for the United States of America. 2003 wurde er zum Ehrensenator der University of Europe for Applied Sciences in Iserlohn ernannt.
Wolfgang Seybold ist Rechtsanwalt und seit 40 Jahren Gastgeber des deutsch-amerikanischen Dinners am Vorabend der Münchner Sicherheitskonferenz mit Gästen wie Angela Merkel, John McCain, Hillary Clinton und Henry Kissinger. 2006 erhielt Dr. Seybold in Anerkennung seiner Verdienste um die deutsch-amerikanische Freundschaft den Orden Medal of Distinguished Service for the United States of America. 2003 wurde er zum Ehrensenator der University of Europe for Applied Sciences in Iserlohn ernannt.
Vorwort
Am 27.5.2023 ist es so weit: Henry Kissinger wird hundert. Wenn das kein Grund ist, des großen Mannes zu gedenken! Zugleich ist es ein Grund, ein wenig stolz zu sein auf einen Deutschen, der zu den berühmtesten Bewohnern unseres Planeten gehört. Und gleichzeitig Wehmut zu empfinden – Wehmut, weil Henry Kissinger schon lange nicht mehr bei uns in Deutschland lebt. Er ist Amerikaner geworden, nachdem wir ihn vertrieben haben, so wie wir auch Albert Einstein vergrault haben, eine andere Jahrhundertpersönlichkeit deutscher Abstammung.
Einstein und Kissinger verließen ihre Heimat nicht freiwillig, sondern blutenden Herzens. Sie wurden in den finstersten Jahren unserer Geschichte aufgrund ihres jüdischen Glaubens vertrieben, dabei ist es eine Ironie des Schicksals, dass diese so dunklen Jahre zwei veritable Lichtgestalten hervorgebracht haben. Zwei Deutsche, die Überragendes geleistet haben. Zwei Deutsche, die den Nobelpreis erhielten. Zwei Deutsche, mit deren Namen wir uns schmücken können – und davon gibt es ja gar nicht so viele.
Die Bücher und Veröffentlichungen zum Thema Kissinger sind zahlreich und legendär. Es macht kaum Sinn, das politische Wirken Kissingers einer neuerlichen Würdigung zu unterziehen. Mein Ziel ist es vielmehr, den Menschen Kissinger zu beleuchten und zu erkunden, wie sein Leben – privat und beruflich – verlaufen ist. Lernen Sie mit mir auf den folgenden Seiten einen charmanten Weltstar der internationalen Politik kennen, einen nahbaren und faszinierenden Menschen, der die vergangenen hundert Jahre geprägt hat wie kaum ein anderer.
Wie ich Prof. Dr. Kissinger kennenlernte
»Als ich heute im Hotel Bayerischer Hof eincheckte, stand eine junge hübsche Frau neben mir. Sie sah mich lächelnd an und fragte mich: ›Sind Sie Dr. Kissinger?‹ Als ich dies bejahte, fuhr sie fort: ›Ich habe gehört, Sie sind ein faszinierender Mann. Bitte faszinieren Sie mich!‹«
So begann Henry Kissinger seine Rede bei einem traditionellen Abendessen, zu dem ich ihn für den Vorabend der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 1998 eingeladen hatte. Meine hundert Gäste brachen in schallendes Gelächter aus. Wenn es dessen noch bedurfte, so hatte Henry ihre Herzen im Sturm erobert. Da stand er leibhaftig vor ihnen, einer der berühmtesten Männer der Welt, was die Magie des Augenblicks durchaus noch verstärkte: Hier ließ sich ein lebendes Monument der Geschichte nicht nur bestaunen, sondern Henry Kissinger sprach zu ihnen mit einem unvergleichlichen Timbre, einer tiefen, sonoren Stimme mit breitem fränkischem Akzent. Tatsächlich lässt sich die Klangfärbung schwer beschreiben – man muss sie erlebt haben. Sie hat etwas Warmes und Gewinnendes, sie strahlte eine felsenfeste Überzeugung aus und ist sicherlich eine der Säulen seines Erfolges.
Mein Freund, der republikanische US-Senator John McCain, einer meiner Stammgäste, hatte mich im Vorfeld des Dinners gefragt, ob er seinen Freund Henry Kissinger mitbringen dürfe. Wohl selten war ich einer Bitte so gern nachgekommen wie dieser. Erstmals hatte ich 1982 am Vorabend der Münchner Sicherheitskonferenz ins Restaurant Käfer zum Dinner eingeladen, nachdem ich im Jahr zuvor meinen damaligen Chef, den Bundestagsabgeordneten und späteren Verteidigungsminister und NATO-Generalsekretär Dr. Manfred Wörner, zu der damals noch von ihrem Gründer, Baron Ewald von Kleist, geleiteten Konferenz begleiten durfte. Hier lernte ich besagten John McCain kennen, damals ein Kongressabgeordneter, außerdem traf ich Senator William S. Cohen, den Präsident Clinton 1996 zu seinem Verteidigungsminister berief, sowie den Verbindungsoffizier James L. Jones, den seine Karriere zunächst zum Vier-Sterne-General, dann zum Oberbefehlshaber der Marines und danach zum NATO-Oberbefehlshaber machen und schließlich als Nationalen Sicherheitsberater von Präsident Obama ins Weiße Haus führen sollte.
Die US-Delegation flog seinerzeit am Freitag aus Washington nach München ein und reiste am Sonntagmittag wieder zurück. Das Rahmenprogramm am Freitagabend bestand aus einem Empfang im Alten Rathaus, bei dem den Delegierten ein Glas Frankenwein und als kulinarisches Highlight eine trockene Brezel kredenzt wurden. Diese Art der Gastfreundschaft für hochrangige US-Politgäste, die die Strapaze der Wochenendreise für die Sicherheit auf sich nahmen, war mir in meiner Eigenschaft als deutscher Staatsbürger so peinlich, dass ich meinen neu gewonnenen US-Freunden versprach: »Wenn ihr nächstes Jahr wiederkommt, veranstalte ich für euch ein Essen in Münchens bestem Restaurant.«
Und so war es dann auch. An meinem ersten Käfer-Dinner nahmen am Vorabend der Münchner Sicherheitskonferenz 1983 zwölf Personen teil, sechs Deutsche und sechs Amerikaner, darunter der Kongressabgeordnete John McCain, Senator William S. Cohen, Colonel James L. Jones und Dr. Manfred Wörner. Da die Teilnehmer Gefallen an dem Dinner gefunden hatten, fragten sie mich im folgenden Jahr, ob ich den Abend wieder veranstalten würde, und wenn ja, ob sie zu meinem Dinner noch den einen oder anderen Freund, Senator oder Minister mitbringen könnten. So vergrößerte sich die Zusammenkunft von Jahr zu Jahr, so sehr, dass ich wenig später schon über hundert Gäste begrüßen konnte und Mühe hatte, mich des Ansturms weiterer angesehener Interessenten zu erwehren. Der Abend im Käfer hatte sich zu DEM Dinner der Sicherheitskonferenz entwickelt. Wer etwas galt, musste dabei sein – sowohl von deutscher wie auch von amerikanischer Seite.
1998 war John McCain längst Senator von Arizona geworden. Unsere Freundschaft hatte sich so sehr vertieft, dass er meinem jüngsten Sohn gestattete, ein Jahr in seinem ebenso riesigen wie ehrwürdigen Senatsbüro im Russell Building auf dem Capitol Hill zu arbeiten. Ich hatte deshalb keine Scheu, ihn zu fragen, ob er seinen Freund Kissinger nicht bewegen könne, ein paar Worte zu sprechen. Und siehe da: Es ereignete sich etwas, das niemand der Anwesenden je vergessen wird. Senator John McCain erhob sich und forderte Secretary Henry Kissinger auf, mit ihm gemeinsam zu erzählen, wie er, Kissinger, 1973 versucht hatte, ihn aus seiner nordvietnamesischen Kriegsgefangenschaft zu befreien. Als beide zu erzählen begannen, war es in den Käferstuben so still, dass sich der Fall einer Nadel wohl wie eine Explosion angehört hätte.
Hierzu muss man wissen, dass McCain einem alten amerikanischen Marineadel entspringt. Sowohl sein Vater (John Sidney McCain) als auch sein Großvater waren hohe Marineadmiräle, und John McCain studierte in der Tradition seiner Vorfahren an der Naval Academy Annapolis und wurde in Florida zum Kampfpiloten auf einem Flugzeugträger ausgebildet. Als solcher nahm er am Vietnamkrieg teil und erhielt am 26.10.1967 den Befehl, ein Wasserkraftwerk nahe Hanoi zu bombardieren. Bei diesem Angriff wurde er abgeschossen, landete mit seinem Schleudersitz in einem See und erlitt schwerste Verletzungen (unter anderem brach er sich beide Arme und ein Bein). Von zwei nordvietnamesischen Fischern wurde er bewusstlos aus dem Wasser gezogen. Anschließend brachten ihn die Vietcong in das berühmt-berüchtigte »Hanoi Hilton« – das Kriegsgefangenengefängnis in Hanoi.
Der Zufall wollte es, dass McCains Vater, der Vier-Sterne-Admiral John Sidney McCain, zu dieser Zeit als Oberbefehlshaber des US-Pazifikkommandos fungierte und damit verantwortlich war für alle US-Streitkräfte im Pazifik, seien es Flugzeugträger, U-Boote oder Zerstörer, einschließlich der in Vietnam kämpfenden Einheiten der Marines. Es dauerte nicht lange, bis dies auch die vietnamesische Spionageabwehr herausgefunden hatte. Als Gefangener galt McCain fortan als kapitaler Braten, von dem man sich detaillierte Informationen über die amerikanische Kriegsplanung erhoffte. Da McCain sich weigerte, sein Wissen preiszugeben, wurde er brutal gefoltert. Als auch dies nichts fruchtete, bot man ihm einen Gefangenenaustausch an, zumal es unter verfeindeten Streitkräften als eine Art Gentlemen’s Agreement gilt, dass die Söhne hochrangiger Militärs wechselseitig ausgetauscht werden.
McCain aber lehnte einen Gefangenenaustausch ab. Zum einen weil er beim Eintritt in die Navy geschworen hatte, sich im Falle einer Gefangennahme nicht bevorzugt austauschen zu lassen. Er wollte stattdessen strikt die Reihenfolge beachten: Wer zuerst gefangen genommen wird, wird zuerst ausgetauscht. Und der zuletzt gefangen Genommene kommt zuletzt an die Reihe. Zum anderen weil er den Vietnamesen keine Propagandamunition liefern wollte – denn diese erwarteten, dass vorzeitig ausgetauschte Soldaten zum Dank für ihren Austausch verlogene lobende Worte über ihre Peiniger verlautbaren sollten.
Die Bestrafung für die in den Augen der Vietnamesen unbotmäßige Verweigerung des Austauschs folgte auf dem Fuße: McCain wurde abermals gefoltert und kam für zwei Jahre in Einzelhaft, und zwar tief unter der Erde im fünften Kellergeschoss. Er sollte jahrelang kein Tageslicht mehr sehen.
Gegen Ende des Vietnamkrieges reiste Henry Kissinger, der den Waffenstillstand und Friedensvertrag mit...
Erscheint lt. Verlag | 21.5.2023 |
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Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Schlagworte | Alter • China • Elder Statesman • Entspannungspolitik • Erinnerungen • Memoiren • Nachkriegszeit • Nahostkonflikt • Nixon • Politikwissenschaft • Sicherheitspolitik • Staatskunst • Ukraine • USA • Weltordnung • White House |
ISBN-10 | 3-98609-397-4 / 3986093974 |
ISBN-13 | 978-3-98609-397-6 / 9783986093976 |
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