Die Patin vom Ku'damm (eBook)

Kriminalroman | Mord und Intrigen in der Berliner Schickeria der Sechzigerjahre
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
320 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-3060-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Patin vom Ku'damm -  Lutz Wilhelm Kellerhoff
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Kommissar Wolf Heller ermittelt im Berlin der Siebzigerjahre! Architektin Barbara 'Bibi' Albrecht will sich mit dem Ku'damm-Karree schon zu Lebzeiten ein Denkmal setzen. Sie ist ein Star in West-Berlin, im Schaufenster der Freiheit. Bibi wird zu jedem größeren und kleineren politischen oder kulturellen Ereignis eingeladen und schmückt die Titelseiten der Boulevardpresse. Als auf der Baustelle des Karrees ein Toter gefunden wird, gerät ihr makelloser Ruf ins Wanken. Wer ist der Mann? Und steht er mit einem anderen Großprojekt in Verbindung: der Beseitigung West-Berliner Mülls, mithilfe der DDR? Wolf Heller ist per se misstrauisch gegenüber den oberen Tausend in West-Berlin. Die attraktive Architektin, die windigen Politiker und das blühende Rotlichtmilieu sind ihm und seiner neuen Kollegin Vera Jung, die aus dem Regierungssitz Bonn nach Berlin gekommen ist, mehr als suspekt. Versinkt die Mauerstadt in einem Sumpf aus kriminellen Machenschaften?

Martin Lutz (1969) und Sven Felix Kellerhoff (1971) sind von Beruf Journalisten. Uwe Wilhelm (1957) ist Drehbuchautor und Schriftsteller. Kriminalität, Geschichte und Geschichten sind schon seit Jahren ihre Passion. Alle drei leben in Berlin.

Martin Lutz (1969) und Sven Felix Kellerhoff (1971) sind von Beruf Journalisten. Uwe Wilhelm (1957) ist Drehbuchautor und Schriftsteller. Kriminalität, Geschichte und Geschichten sind schon seit Jahren ihre Passion. Alle drei leben in Berlin.

Zwei


15


Bibi hatte abends mit Manuela den Film Z mit Yves Montand im Cinema Paris angeschaut. Danach waren sie ins Mr. Go gegangen, und Manuela hatte von Montand geschwärmt. Ich ziehe nach Paris und werde Schauspielerin, hatte sie verkündet. Sie wollte eine Affäre mit Daniel Cohn-Bendit beginnen, zu Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir ins La Coupole gehen und mit Godard und Truffaut Filme drehen. Bibi hatte sich gewundert, dass Manuela ihr Soziologiestudium abbrechen wollte, aber nichts dazu gesagt. Ihre Tochter sollte tun und lassen können, was sie wollte. Anders als sie in ihrer Jugend. Dann hatte Bibi ein paar Wodka zu viel getrunken und doppelt bezahlt. Einmal abends die Rechnung und jetzt am Morgen mit dem Kater.

Sie saß im Morgenmantel und mit Sonnenbrille auf der Terrasse ihrer Villa, hielt die B.Z. in den Händen. Im Radio besang Howard Carpendale Das schöne Mädchen von Seite eins. Vor ihr auf dem Bistrotisch standen eine Kanne Kaffee und dazu zwei Scheiben Toast. Den Hering, den Anoush ihr dazugestellt hatte, weil der angeblich gut gegen Kater sein sollte, hatte Bibi nicht angerührt. Anoush kam mit Orangensaft und zwei Aspirin. Sie trug eine dunkelblaue Schlaghose und eine passende Bluse, darüber ein Jackett. Bis auf die rote Baskenmütze war es die Uniform, auf der Bibi bestand. Anoush setzte sich zu Bibi und schlug den Kalender auf.

»Du hast um elf ein Interview mit der BILD. Wahrscheinlich wegen der Senatsbürgschaft«, sagte sie.

Ihr Akzent deutete nach Frankreich, ihr Aussehen in den Orient. Genau genommen Persien. Nachdem der Schah ihre Eltern hatte ermorden lassen, war sie aus Teheran geflüchtet und über Paris in Berlin gelandet. Bibi hatte Anoush auf der Straße aufgelesen und unter ihre Fittiche genommen. Da war das Mädchen siebzehn gewesen. Im Laufe der Zeit war sie zuerst Bibis Fahrerin, dann ihre persönliche Assistentin geworden.

»Verschieb es«, sagte Bibi.

»Wir haben es schon drei Mal verschoben. Du solltest mit denen reden, bevor die sich eine Geschichte zu dir und Lothar ausdenken.«

»Weiter.«

»Um zwölf Besprechung mit dem Bauleiter wegen der Baustelle. Um eins Treffen mit Günter Bach in seinem Büro. Für halb drei habe ich dir einen Friseurtermin bei Udo gemacht. Hast du gelesen? Der Mann macht Karriere. Er hat die Dietrich und die Schneider frisiert.«

Bibi nahm die Aspirin in den Mund und spülte sie mit Orangensaft runter.

»Dann hat Frau Kalb schon wieder angerufen.«

»Ist der Dicke immer noch nicht aufgetaucht?«, fragte Bibi.

»Angeblich war er zuletzt in der Sebastianstraße.«

»Was ist da?«

»Eines von den Häusern, die du abreißen lassen willst.«

»Kannst du nachschauen, wer da wohnt?«

»Schon geschehen.«

Anoush blätterte in Unterlagen.

»Die meisten Mieter sind in deine anderen Häuser umgezogen. Es gibt aber noch drei Mietverträge. Der eine mit einer Frau Schwalbe, die ist über achtzig, dürfte also kein Problem darstellen. Ein zweiter mit dem Maler Wolfgang Schnell. Malt fürchterliches Zeug. Für ein paar Mark wird der verschwinden. Und der letzte mit einer Paula Hanke. Die wohnt da mit ihren zwei Kindern.«

»Die Kalb soll eine Vermisstenanzeige aufgeben.«

»Sie sagt, wir sollen uns um ihn kümmern.«

»Kennst du sie?«

»Nein.«

Bibi grinste spöttisch.

»Wahrscheinlich hat Kalb die Nase von ihr voll und sich bei seiner Freundin einquartiert. Seine Alte wird ihm die Hölle heißmachen, wenn er wieder auftaucht. Die Buchhaltung soll die Konten der Hausverwaltung überprüfen. Ich will wissen, ob es ungewöhnliche Buchungen gibt. Notfalls müssen seine Vollmachten gekündigt werden.«

Als das Telefon klingelte, nahm Anoush den Hörer ab.

»Sekretariat Barbara Albrecht.«

Sie hörte einen kurzen Moment zu. Dann legte sie die rechte Hand auf die Sprechmuschel.

»Das Büro Bach.«

»Ich rufe zurück.«

Anoush nahm den Hörer wieder hoch.

»Richten Sie bitte Herrn Bach aus, Frau Albrecht ruft in einer Stunde zurück.«

Erneut legte sie die Hand auf die Sprechmuschel.

»Die Sekretärin stellt zu ihm durch. Es ist dringend.«

Bibi verdrehte die Augen. Sie war noch nicht bereit für ein geschäftliches Telefonat. Anoush reichte ihr den Hörer. Barbara gab ihr ein Zeichen, auf laut zu stellen. Eine knarrende Stimme meldete sich.

»Frau Albrecht?«

»Guten Morgen, Herr Bach.«

»Ob das ein guter Morgen ist, vor allem für Sie, wird sich noch zeigen«, blaffte Bach durch den Lautsprecher.

Bibi sah Anoush fragend an. Die zuckte mit den Schultern. Auch sie wusste nicht, was Bach meinte.

»Sie sind mit den Plänen nicht zufrieden?«, fragte Bibi bemüht unbekümmert.

»Lesen Sie das Neue Deutschland

»Ich lese nichts, was ›Deutschland‹ und ›neu‹ in einem Satz verbindet.«

»Dann würde ich das an Ihrer Stelle nachholen. Wenn Sie den Artikel gelesen haben, rufen Sie mich wieder an. Steht übrigens auf der Titelseite.«

»Wollen Sie mir nicht sagen, um was es geht?«

»Um Ihren Freund Borowski.«

Ein Knacken signalisierte, dass Bach aufgelegt hatte.

»Was meint er?«, fragte Bibi. »Wieso ist er auf der Titelseite von diesem Schmierblatt?«

»Soll ich die Zeitung holen?«

»Ja, bitte.«

Anoush verließ die Terrasse. Das Radio brachte Nachrichten.

»Wegen eines schweren Verkehrsunfalls ist die AVUS noch bis zwei Uhr gesperrt. In der vergangenen Nacht ist in der Jebenstraße der neunte Drogentote des Jahres aufgefunden worden. Laut Polizeiangaben hat der Senatsbaudirektor Lothar Borowski Selbstmord begangen.«

Bibi hatte nur mit halbem Ohr zugehört. Als der Name Borowski fiel, schreckte sie auf. Ging ins Wohnzimmer, drehte das Radio lauter. Zu spät, der Nachrichtensprecher war bereits beim Wetter angekommen und kündigte für den Nachmittag zweiunddreißig Grad an. Zitternd setzte Bibi sich auf das Sofa. Hatte sie richtig gehört? Lothar sollte Selbstmord begangen haben? Das musste ein Irrtum sein. Er würde sich niemals umbringen. Ausgeschlossen. Er liebte sein Leben. Er hatte eine glänzende Karriere vor sich. Oder war da etwas gewesen, von dem sie nichts wusste und das zu so einer Tat geführt haben konnte? Als sie nach einer Zigarette und einem Feuerzeug griff, zitterten ihr die Hände. War es wegen dem Streit im Kempinski gewesen? Nein, unmöglich. Sie stritten sich immer mal wieder und versöhnten sich danach. Auch im Kempinski. Im Radio hatten sie nicht gesagt, wo er gefunden worden war. Oder hatte sie es überhört? Vielleicht bei sich daheim? Sie überlegte, ob sie seine Frau anrufen sollte, entschied sich aber dagegen. Die wäre die Letzte, die ihr etwas dazu sagen würde. Sein Büro? Nein. Oder im Nachtklub Freya? Sie hatte Leo Schlicht gebeten, sich um Lothar zu kümmern. Mit Fotos, wie er es auch bei anderen Gästen machte. War das der Grund? Gab es die Aufnahmen? Hatte Lothar sich deswegen umgebracht?

Ohne dass sie es bemerkte, liefen ihr Tränen über die Wangen.

16


»Am besten wäre es, Sie stellen Ihren Schreibtisch in Hartmanns Büro, so oft, wie Sie da antanzen«, sagte Frau Grimm. Heller nickte ihr lächelnd zu, klopfte an die Tür, wartete auf ein kurzes »Herein«. Hartmann saß eingehüllt in Zigarettenqualm hinter seinem Schreibtisch. Davor eine junge Frau im beigen Hosenanzug, höchstens Ende zwanzig, etwa einen Meter siebzig groß, leicht abstehende Ohren, als hätte die Natur sie für den Beruf der Polizistin vorgesehen. Kurze blonde Haare und blitzende Augen.

Hartmann winkte Heller heran, bat ihn wortlos, neben der Frau Platz zu nehmen.

»Kommissarin Vera Jung. Ich hab dir von ihr erzählt«, sagte Hartmann. »Das ist Oberkommissar Wolf Heller.«

Vera Jung nickte, sah Heller von der Seite an. Der spürte, dass sie ihn taxierte. Ein Blick, der alles und nichts bedeuten konnte, aber zu lange dauerte, um harmlos zu sein.

»Sie haben den Senatsbaudirektor in einem Wald in der DDR gefunden?«, fragte die junge Kommissarin.

»Ja.«

»Wie kommt es, dass Sie ihn ausgerechnet da gefunden haben?«, fragte sie.

Was soll das denn werden, dachte Heller. Er schaute Hartmann an, der lächelte entschuldigend. Irgendwas war hier nicht koscher.

»Ich war in Westdeutschland.«

Die Antwort schien die Kommissarin nicht zu befriedigen.

»Ich wollte die Kinder bei meiner Schwester abliefern.«

»Aber das haben Sie nicht.«

»Woher wissen Sie das?«

»Sie haben gesagt, Sie wollten die Kinder abliefern, also vermute ich, dass Sie es nicht getan haben. Wieso haben Sie sie wieder mit zurückgebracht?«

»Die wollen lieber bei mir bleiben.«

»Es sind nicht Ihre leiblichen Kinder, wenn ich das recht verstanden habe.«

Sie sah fragend zu Hartmann. Der nickte. Es war eine eigenartige...

Erscheint lt. Verlag 30.11.2023
Reihe/Serie Wolf Heller ermittelt
Wolf Heller ermittelt
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Berlin • Berlin Krimi • Devisenhandel • Gedächtniskirche • Ku'damm Karree • Martin Lutz • Müllhandel • Müllmafia • Sechzigerjahre • Sven Felix Kellerhoff • Tauentzien • Uwe Wilhelm
ISBN-10 3-8437-3060-1 / 3843730601
ISBN-13 978-3-8437-3060-0 / 9783843730600
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