Erddämmerung – Die Reise in die Dunkelheit (eBook)

Mit zehn Schwarz-Weiß-Illustrationen - Roman

(Autor)

eBook Download: EPUB
2023
1008 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-27190-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Erddämmerung – Die Reise in die Dunkelheit - James Rollins
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Die große Zukunftssaga mit zehn Schwarz-Weiß-Illustrationen
In der fernen Zukunft hat die Erde aufgehört, sich zu drehen. Eine Seite ist in immerwährendes Licht getaucht, die andere in ewige Dunkelheit. Nur in der Zone der Dämmerung ist Leben möglich. Doch wie lange noch? Die Visionen der blinden Seherin Nyx wurden vom Hofgelehrten Frell bestätigt: Der Mond wird auf die Erde stürzen und alles Leben vernichten. Um das zu verhindern, sind Nyx, Frell und ihre Gefährten - ein ausgestoßener Held, ein ehrlicher Dieb und ein verlorener Prinz - zu den Ruinen der alten Zivilisationen aufgebrochen. Ihre Feinde sind ihnen dicht auf den Fersen, ganze Armeen suchen nach ihnen. Die gefährlichste Reise steht Nyx noch bevor: Sie muss auf die Nachtseite, denn dort liegt eine uralte Stadt. Eine Stadt, die Nyx nur aus Mythen und Sagen kennt, und in der sie Antworten auf ihre Fragen zu finden hofft. Ihr bleibt nicht mehr viel Zeit, um die Katastrophe zu aufzuhalten ...

Neueste Technologiekenntnisse und fundierte wissenschaftliche Fakten, genial verknüpft mit historischen und mythologischen Themen - all das macht die Abenteuerthriller von James Rollins zum einzigartigen Leseerlebnis. Der passionierte Höhlentaucher James Rollins betreibt eine Praxis für Veterinärmedizin in Sacramento, Kalifornien.

1


Gegen den strahlenden Streifen aus Sternen hob Nyx die Hand. Die Wärme ihres Atems wurde in der eisigen Finsternis zu Dunst und verschleierte den Blick so sehr, dass dies alles wie ein magisches Trugbild wirkte. Sie stand allein auf dem Mitteldeck der Sperber und bestaunte das Wunder über ihr. Sie hatte nicht gewusst, dass ein so helles Strahlen jenseits des Sonnenglanzes überhaupt existierte.

Aber woher hätte ich es auch wissen sollen?

Als das Wyndschiff unter dem Bogen des Nachthimmels weiter nach Westen flog, erkannte sie, wie klein ihre Existenz bis vor Kurzem noch gewesen war. Ihr ganzes Leben hatte sie innerhalb der Krone verbracht, wo die Nacht nur ein schwächeres Leuchten des Tages war. Sie stellte sich das bronzene Modell des Sonnensystems im alten Astronikum ihrer Schule vor, in dem die Sonne durch einen runden Kessel voller heißer Kohlen dargestellt wurde, um den sich winzige Planeten mithilfe von Drähten und Zahnrädern drehten. Sie dachte an die dritte Kugel, die Urde, die von dem komplizierten Tanz des Systems angetrieben wurde. Während ihre Welt die Sonne umkreiste, wandte sie ihr immer dieselbe Seite zu. Die eine brannte auf ewig unter dem gnadenlosen Strahlen des Vaters Oben, während der anderen seine Wärme verboten war. Damit wurde sie von einer nie endenden, eisigen Dunkelheit eingehüllt. Die Krone lag zwischen diesen Extremen; sie war der Kreis aus Ländern, die von Eis und Feuer umgeben waren und von der lebensspendenden Liebe des Vaters Oben ernährt wurden.

Und das alles haben wir jetzt weit hinter uns gelassen.

Sie wandte ihre Hand um – und dem Grund für diese gefährliche Fahrt zu. Während die Kälte ihre bloßen Finger betäubte, maß sie das Antlitz des Vollmondes, der in diesem dunklen Land so hell wie eine Laterne leuchtete. Sie mühte sich abzuschätzen, ob sein Gesicht noch stärker angeschwollen war, und suchte nach Anzeichen dafür, dass ihre Prophezeiung über den Mondsturz wahr sein könnte. Noch einmal vernahm sie die Schreie aus ihrer Vision und spürte das donnernde Beben des Landes, gefolgt von der ohrenbetäubenden Stille einer Welt, die in dem Augenblick zerstört war, als der Mond auf die Urde prallte.

Sie konnte nicht sagen, ob der Mond größer geworden war, aber sie zweifelte auch nicht an ihrer Prophezeiung, die vor einem halben Jahr durch Gift bei ihr hervorgerufen worden war. Der Alchymist Frell hatte dasselbe durch seine Berechnungen herausgefunden, die weitaus präziser waren als Nyx’ Finger. Ihm zufolge war der Vollmond vor allem während des letzten Jahrzehnts immer größer geworden. Die Bronzefrau Shiya hatte sogar einen ungefähren Zeitpunkt für das Ende der Welt genannt: Es wird nicht länger als fünf Jahre dauern. Vielleicht auch nur drei.

Nyx spürte den Druck der verstreichenden Zeit. Er lag wie eine Wagenladung Steine auf ihrer Brust. Auch wenn sie sich ausruhte, fiel ihr das Atmen oft schwer. Ihre Gruppe hatte den Rest des Sommers und den größten Teil des Herbstes mit der Vorbereitung auf diese Reise zur dunklen Gefrorenen Wüste verbracht. Sie hatten es nicht gewagt, allzu hastig zu handeln, insbesondere da so wenig über dieses eisige Land bekannt war. Nun aber näherte sich die Wintersonnenwende rasch, und sie hatten noch Hunderte Meilen vor sich, während ihnen die Zeit davonlief.

In aufkommender Verzweiflung senkte sie den Arm und zog sich wieder den pelzverbrämten Handschuh an. Seit sie über das hohe Gebirge der Eiszähne hinweggeflogen waren – jene zerklüftete Barriere aus tief verschneiten Gipfeln, die die Grenze zwischen der Krone und der Gefrorenen Wüste bildete –, hatten sie den Mond dreimal abnehmen und wieder zunehmen sehen. Dreimal hatte Nyx beobachtet, wie die dunkle Jägerin den hellen Sohn vor sich hergejagt hatte. Doch immer, wenn der Sohn sein volles Gesicht wieder einmal gezeigt hatte, war Nyx davongeschlichen, so wie jetzt, und auf das offene Deck der Sperber gestiegen, wo sie das kalte Antlitz des Mondes abmaß.

Doch das war nicht der einzige Grund, warum sie die Wärme des Schiffes gegen die Eiseskälte auf dem offenen Mitteldeck getauscht hatte.

Sie ging an der Steuerbordreling entlang und reckte den Hals, um ein wenig an der riesigen Gashülle vorbeisehen zu können, die den größten Teil des Himmels verdeckte. Sie suchte nach der verräterischen sichelförmigen Silhouette ihres Bruders, die sich von den Sternen abhob. Sie lauschte auf seinen Ruf, der die Dunkelheit durchdrang. Und dabei hörte sie, wie das Eis auf den dicken Eisenkabeln knirschte, die das Schiff mit dem Ballon verbanden. Aber sonst war alles still. Selbst die Blitzbrenner, die das Schiff antrieben, schwiegen. Ihre Röhren waren gegen die Kälte versiegelt, damit keine Wärme aus dem Wyndschiff entweichen konnte.

Während des größten Teils der bisherigen Reise hatte die Besatzung die Westströmung des Himmelsflusses benutzt, die das Wyndschiff vorantrieb. Der Antrieb hätte die Reise zwar verkürzen können, aber sie mussten trotzdem sparsam mit ihrem Vorrat für die Blitzbrenner umgehen, auch wenn zusätzliche Tanks an den Rumpf der Sperber geschweißt worden waren. Sie brauchten den Treibstoff nicht nur für die Reise über die Wüste hinweg, sondern auch noch für die Rückfahrt, sollten sie auf ihrer Mission erfolgreich sein.

Sie lehnte sich noch weiter über die Reling und suchte mit ihren Blicken den Himmel ab, während ihr Herz immer schneller schlug.

»Wo bist du?«, flüsterte sie durch ihren Schal hindurch.

Während sie suchte, trieb ihr der Wind lose Haarsträhnen gegen die Wangen. Die Brise trug keine Spur der früheren Wärme mehr in sich. Sie stellte sich die doppelten Flüsse vor, die durch den Himmel strömten. Der höhere der beiden – auf dem das Schiff reiste – blies die sengende Hitze der sonnenbeschienenen Seite der Urde in einem beständigen Strom nach Westen, bevor er in einer kälteren Strömung zurückkehrte, die Land und Meer umschmiegte. Es waren diese beiden Ströme, die auf ewig in zwei verschiedene Richtungen bliesen und die Länder der Krone mit einem erträglichen Klima versahen. Die Hieromönche glaubten, dies sei den Zwillingsgottheiten zu verdanken – dem feurigen Hadyss und dem eisigen Riesen Madyss, die beide Flüsse über den Himmel pusteten –, während die Alchymisten darauf beharrten, dass ein natürlicher Blasebalg dafür verantwortlich sein müsse, der durch die beiden Extremregionen der Urde geschaffen worden war.

Nyx wusste nicht, wem sie glauben sollte. Sie wusste nur, dass der warme Strom so tief über der Eiswüste kaum mehr etwas von seiner lebensspendenden Wärme besaß. Und von hier aus würde es nur noch kälter werden. Es hieß, dass die Luft gefror, wenn man weit genug in die Wüste hinein reiste.

Mit diesem Wissen suchte sie die Sterne noch intensiver nach dem Bruder ab, der mit ihr verbunden war. Er brauchte die kurzen Flüge, damit er für kurze Zeit seine Schwingen ausstrecken und dem engen unteren Laderaum der Sperber entkommen konnte. Aber er war schon viel länger als sonst unterwegs. Sorgen zogen ihr die Kehle zusammen. Ihre Glieder zitterten nicht nur wegen der Kälte.

Komm zu mir zurück.

Als Nyx ihre Wache hielt, hallte die zweite Abendglocke aus dem Innern des Schiffes zu ihr herauf. Sie zitterte in ihrem Mantel und zog die Kapuze enger um die Wangen. Ihre Zähne klapperten.

Er ist schon seit einer geschlagenen Stunde fort.

Enttäuscht und besorgt warf sie einen Blick auf die weite Fläche geborstenen Eises hinunter, in der sich der Silberglanz des Vollmondes spiegelte. Als sie keine Antworten in der endlosen Weite des Eisschildes fand, sah sie wieder nach oben. Dabei summte sie leise und warf einige Fäden des Zaumsangs aus.

»Wo bist du?«, sang sie die Sterne an.

Da spürte sie ihn: ein Prickeln am oberen Ende ihres Rückgrats, das im Innern ihres Schädels Wärme verbreitete.

Erleichterung entströmte ihr und wurde zu Dunst.

»Bashaliia …«

Ein mächtiger Schatten schwebte über den Ballon und den Himmel vor ihr. Das Mýr-Flederwesen breitete die Flügel aus, drehte sich in der Luft und flog zurück. Dabei wandelte sich die prickelnde Wärme in Nyx’ Kopf zu einem Klagen, das sie eher spürte als hörte – es war eine leichte Vibration in ihren Ohrknöcheln.

Sie trat einen Schritt zurück. Als er sich näherte, fächelten seine Schwingen die Luft. Sie machte ihm Platz – und es war gut, dass sie dies tat. Als er sich unter den Gasballon duckte, ließen seine Klauen die Keule irgendeines großen Tieres los, die mindestens eine halbe Tonne wiegen musste. Sie prallte kurz vom Deck ab, rutschte dann über die Planken und hinterließ eine dampfende Blutspur.

Nun landete Bashaliia selbst. Seine Krallen schlitterten über das Deck, suchten nach Halt, und schließlich kam er zum Stillstand.

Nyx lief um das Blut am Boden herum und rannte auf ihren Freund zu.

Er faltete seine Schwingen um sie und hüllte sie ein. Eine samtige Nase fand ihre Wange. Sein warmer Atem fuhr über sie. Sein Körper wirkte wie ein brennender Ofen in der Kälte. Sie drängte sich in seine Wärme. Ihre Finger fuhren über das dichte Fell hinter seinem großen Ohr. Die andere Hand legte sie auf seine Brust und spürte das Klopfen seines Herzens. Schon verlangsamte sich der Rhythmus, als er sich von den Anstrengungen der Jagd erholte.

»Bashaliia, du darfst nicht so lange fort sein«, tadelte sie ihn sanft. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht.«

Er summte ihr beruhigend zu.

Dabei vergruben sich ihre Finger in seinem...

Erscheint lt. Verlag 15.11.2023
Reihe/Serie Erddämmerung
Erddämmerung
Übersetzer Michael Siefener
Sprache deutsch
Original-Titel The Cradle of Ice – Moon Fall Series Book 2
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Science Fiction
Schlagworte 2023 • diezukunft.de • eBooks • Erddämmerung-Saga • Ferne Zukunft • Future History • Illustration • Illustrationen • Neuerscheinung • New York Times-Bestsellerautor • Roboter • Roboter-Frau • Science Fantasy
ISBN-10 3-641-27190-8 / 3641271908
ISBN-13 978-3-641-27190-9 / 9783641271909
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