Der Tempel der Bastet (eBook)
224 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7578-9684-3 (ISBN)
Wolfgang Klar, Jahrgang 1957, wohnhaft im Landkreis Fürth. Neben seinem Interesse an Fotografie hat er ein besonderes Faible für kroatische Geschichte und Kultur. 1987 wurde er Mitglied der Fürther Freimaurerloge "Zur Wahrheit und Freundschaft". Der Tempel der Bastet ist der vierte Band, in dem das Duo Jonas / Bistric ermittelt.
3 Jonas observiert
Beim Frühstück erklärte ich Nicoletta, dass ich heute Nachmittag nicht zu Hause sein würde. Von 14 bis 17 Uhr hatte das Kemal Atatürk geschlossen. Nicoletta kam während dieser Zeit immer nach Hause, und wir genossen ihre Pause stets in trauter Zweisamkeit.
„Schön, dass du wieder einen Auftrag hast“, meinte sie. „Das Geld können wir gut brauchen. Mit meinem Gehalt kommen wir ja gerade so über die Runden. Aber zum Glück sind die meisten Gäste mit den Trinkgeldern großzügig.“
„Kein Wunder! Wenn man von einer süditalienischen Schönheit bedient wird, rückt man eben gerne etwas mehr raus“, grinste ich.
„Deutsche Schönheit bitte! Du weißt, dass ich mit Italien nichts mehr am Hut habe“, korrigierte sie mich.
Nicoletta hatte nach ihrer Scheidung von ihrem Macho-Ehemann mit ihrer Familie gebrochen und die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Die Ehe war sie nur aufgrund des Drucks ihres konservativen Vaters eingegangen. Sie vermutete, dass ihr Vater und ihr Ex in illegale Geschäfte verwickelt waren. Mit Italien und vor allem italienischen Männern wollte sie seitdem nichts mehr zu tun haben.
„Na ja, den großen Reibach wird mein Auftrag sicherlich nicht einbringen. Mehr als einen halben Tagessatz kann ich für die Observierung zweier pubertierender Teenager nicht berechnen. Wahrscheinlich schlüpfen die nur mit ihren Mädels ins Bett.“
„Und wie warst du in diesem Alter?“
„Mit 14 habe ich gerade mal gewusst, dass es Männlein und Weiblein gibt“, wiederholte ich Altmanns naive Aussage mit todernstem Gesicht.
Nicoletta lachte und küsste mich.
„Dann hast du aber ganz schön dazugelernt!“
„Tja, Bildung ist eben das halbe Leben.“
Wir blödelten noch etwas herum. Dann räumten wir den Küchentisch ab und spülten das Geschirr.
„Sieh zu, dass die Observierung etwas länger dauert. Mit einem ganzen Tagessatz könnten wir uns vielleicht eine Geschirrspülmaschine leisten“, spornte meine Liebste mich an.
Um 10:30 Uhr machte sich Nicoletta auf zu ihrem Bedienungsjob. Eine Stunde später stattete ich Frau Jana Fischer-Lemberger, der Schulleiterin des Heinrich-Berolzheimer-Gymnasiums, einen Besuch ab. Sie war erfreut, mich wiederzusehen.
„Was kann ich für Sie tun, Herr Jonas?“, frage sie nach der Begrüßung.
Ich schilderte ihr die Tom-Linus-Problematik.
Sie nickte verständnisvoll.
„Es ist wirklich erstaunlich, welchen Leistungsabfall die beiden Schüler in der letzten Zeit zu verzeichnen haben – in allen Fächern, außer Sport. Der Brief an die Eltern, dass die Versetzung von Tom und Linus stark gefährdet ist, ist bereits versandt worden. Doch was mich wundert, ist, dass die Eltern der Schüler einen Privatdetektiv engagiert haben. Die könnten sich doch selbst mal auf die Lauer legen, um herauszufinden, was ihre Sprösslinge nachmittags immer treiben.“
„Sie vergessen bei ihrer Überlegung, dass sowohl Toms als auch Linus‘ Eltern berufstätig sind. Außerdem wäre eine Observation durch bekannte Personen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Wann haben übrigens meine beiden Zielpersonen heute Schulschluss?“
Die Direktorin hackte auf ihrer Computertastatur herum.
„Um 13 Uhr, Herr Jonas. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“
„Es wäre hilfreich, wenn ich etwas mehr über die beiden Schüler erfahren könnte.“
Die Schulleiterin quälte ihre Computertastatur erneut.
„Näheres weiß ich leider nicht. Aber ihre Klassenleiterin, Frau Mai, kann Ihnen da sicher weiterhelfen. Wie ich unserem elektronischen Stundenplan entnehme, hat sie gerade eine Freistunde. Ich rufe sie gleich aus.“
Wenige Minuten nach der Lautsprecherdurchsage „Frau Mai, bitte ins Direktorat kommen“ erschien die kleine Biologielehrerin, die ich bei meiner Undercover-Ermittlung vor zwei Jahren kennengelernt hatte.
„In letzter Zeit fallen Tom und Linus vor allem durch unreife Bemerkungen im Unterricht auf, von denen mittlerweile sogar ihre Mitschüler*innen genervt sind. Ihre schulischen Leistungen sind gleich null. Bei der letzten Ex über Vererbungslehre gaben beide ein leeres Blatt ab. Ein ähnliches Verhalten beklagen auch die anderen Lehrer*innen“, berichtete die Klassenleiterin.
„Kann es sein, dass die Jungs dabei sind, sexuelle Erfahrungen zu machen? Oder könnte sogar Drogenkonsum im Spiel sein, Frau Mai?“
„Ersteres könnte ich mir schon vorstellen. Körperlich gesehen sind sie gut entwickelt und wirken sogar etwas älter. Leider hat ihre geistige Entwicklung nicht Schritt gehalten. Drogenkonsum halte ich für unwahrscheinlich, da beide sehr sportlich sind.“
„Haben Sie eine Ahnung, wohin die zwei immer nach der Schule gehen?“
„Leider nicht, Herr Jonas.“
Ich verabschiedete mich von den beiden Damen und bedankte mich für ihre Unterstützung. Neues hatte ich leider nicht erfahren. Die Zeit bis zum Schulschluss vertrieb ich mir mit einer Cola in einem Café neben der Schule.
Um 13 Uhr schlenderte ich vor dem Haupteingang des Gymnasiums herum, aus dem eine Menge Schüler herausströmte. Es war eine Herausforderung, Tom und Linus in dem Gewimmel ausfindig zu machen.
Dann sah ich sie.
Sie waren fast so groß wie ich und sahen wirklich ganz passabel aus. Ich hätte sie auch etwas älter als 14 geschätzt. Kein Wunder, dass die etwas mit Mädels im Sinn hatten. Ein ganzer Pulk von Schülern macht sich auf in Richtung Hauptbahnhof, wo sich wiederum ein Großteil von ihnen in die U-Bahn-Station verzog. Tom und Linus stiegen in die U1 in Richtung Hardhöhe.
Ich auch.
An der Endstation stiegen die beiden in die Buslinie 171 um, mit der sie bis Oberfürberg – Graf-Stauffenberg-Brücke fuhren. Nach dem Aussteigen studierte ich ausführlich den Busfahrplan an der Haltestelle, damit sich meine Zielpersonen etwas entfernen konnten. Ich gab ihnen einen Vorsprung von rund 100 Metern, dann folgte ich ihnen. Nach etwa zehn Minuten Fußweg waren sie an einem dreistöckigen Gebäude angelangt, das wie ein weiß gestrichener Betonklotz mit Fenstern aussah. Auf dem Dach waren ein zusätzlicher Aufbau und eine begrünte Dachterrasse zu erkennen. War das ein Hotel? Die Jungs klingelten am Eingang und wurden eingelassen. Es war kurz vor 14 Uhr.
Das Gebäude musste ich näher besichtigen. Eine große schwarze doppelflügelige Eingangstür, die etwas zurückgesetzt und dadurch überdacht war, ließ keinen Einblick zu. Über dem Klingelknopf befanden sich einige kleine Löcher, die vermutlich Mikrofon und Lautsprecher einer Wechselsprechanlage verdeckten. Weder am Klingelknopf noch im ganzen Eingangsbereich war ein Namen- oder Firmenschild zu erkennen. Ich ging um den Betonklotz herum. Die Fenster im Erdgeschoss waren von innen mit grüner Folie blickdicht verklebt, die Fenster in den Obergeschossen hatten Lamellenvorhänge. Das wirkte alles ziemlich mysteriös.
Sollte ich klingeln?
Besser nicht. Zuerst wollte ich herausfinden, wie lange sich die Jungs darin aufhielten. In etwa 100 Metern Entfernung begann der Stadtwald, und unter einer großen Buche stand eine Bank. Das war der richtige Beobachtungsposten für mich. Der Baum spendete ausreichend Schatten und bewahrte mich an diesem ungewöhnlich heißen Frühlingstag vor einem Sonnenbrand.
Die Zeit verrann: 15 Uhr, 16 Uhr, …
Wie vermutet, war es ein öder Observierungsauftrag. Ich überlegte, ob ich meine Rechnung um einen Hunderter Langweiligkeitszuschlag erhöhen sollte.
Kurz nach 17 Uhr öffnete sich die Eingangstür, und die Youngsters kamen wieder heraus. Ich spielte den Sportler und joggte locker zur Bushaltestelle. Kurz darauf trafen die grinsenden Jungs ein.
„30 Euro – nicht übel“, meinte der Knabe, den ich aufgrund des Bildes als Linus identifizierte.
„Na ja, gerade mal Mindestlohn“, antwortete Tom. „Aber dafür macht es auch Spaß, und später soll es auch deutlich mehr werden. Wenn die in der Schule das wüssten!“
„Oder unsere Eltern – vor allem dein Vater, der alte Spießer“, ergänzte sein Kumpel.
Die Jungs lachten und klatschten sich mit den Händen ab.
Der Bus kam, die beiden stiegen ein.
Ich kehrte zu dem verdächtigen Gebäude zurück und klingelte.
Die Tür öffnete sich, und ich glaubte, eine Zeitreise ins Alte Ägypten zu erleben.
Mein Gegenüber war nur mit einem Lendenschurz, Sandalen und einer schwarzen Lockenperücke bekleidet. Seine Haut war braun gefärbt wie die eines Bodybuilders bei einer Challenge. Sein Körperbau ließ den Schluss zu, dass er anscheinend tatsächlich diesem Sport frönte. Die dunkel geschminkten Augen mit dickem Strich an den Augenwinkeln ließen ihn bedrohlich wirken.
„Der Club öffnet erst...
Erscheint lt. Verlag | 24.3.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7578-9684-X / 375789684X |
ISBN-13 | 978-3-7578-9684-3 / 9783757896843 |
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