Krimi Doppelband 2240 (eBook)
400 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7260-3 (ISBN)
Sechs Jahre später. Es ging um Schutzgelderpressung. Ein Restaurantbesitzer wandte sich an uns. Milo und ich tarnten uns als Ober. Gegen dreiundzwanzig Uhr leerte sich der Laden. Mehr als drei Stunden lang waren wir ziemlich gefordert gewesen. Mir schmerzten die Beine. Im Lokal befanden sich vielleicht noch ein Dutzend Gäste.
Schließlich kamen drei Männer, die nicht zu dem Publikum passten, das hier verkehrte. Sie trugen Jeans und Lederjacken, waren zwischen zwanzig und dreißig Jahre alt, hatten die Haare kurz geschoren und verströmten etwas, das mich warnte. Ich wechselte mit Milo einen schnellen Blick, und der Gesichtsausdruck meines Kollegen verriet mir, dass ihm auch nicht gefiel, was er sah.
Ich ging den dreien entgegen. »Guten Abend, Gentlemen. Haben Sie drei Plätze bestellt oder ...«
Einer der drei, ein stiernackiger Bursche mit einem brutalen Zug um den Mund, schob mich kurzerhand zur Seite und knurrte etwas, das ich nicht verstehen konnte. Das Trio steuerte einen leeren Tisch an und ließ sich nieder. Ich folgte den Kerlen. »Darf ich Ihnen ...«
»Wir möchten den Chef sprechen!«, herrschte mich der Stiernackige an und grinste. Ein Grinsen, das seine Augen nicht erreichte. »Wir haben mit ihm eine Verabredung.«
»Er befindet sich in der Küche«, erklärte ich.
»Dann hol ihn, Dummkopf!«
»Ich darf doch sehr bitten«, gab ich mich entrüstet.
»Schwirr ab und hol deinen Boss. Oder muss ich dir Beine machen?«
Er sprach gerade so laut, dass ich ihn verstehen konnte.
Ich gab mich eingeschüchtert und wandte mich ab. Die drei Kerle lachten. Von den Gästen, die noch anwesend waren, hatte niemand etwas vom rüpelhaften Verhalten des Burschen mitbekommen. Sie aßen und unterhielten sich.
Der Name des Restaurantbesitzers war Gus Walker. Er war zugleich erster Koch in dem Betrieb. Ich klopfte an die Tür zur Küche, öffnete sie, schob den Kopf durch den Türspalt und rief: »Mister Walker, jemand wünscht Sie persönlich zu sprechen.«
Walker drehte das Gesicht zu mir her und schaute mich erwartungsvoll an. Ich nickte. Seine Züge versteinerten, ein herber Ausdruck kerbte sich in seine Mundwinkel. Er wischte sich die Hände an einem Handtuch ab, ich hielt ihm die Tür auf, er ging zu dem Tisch, an dem die drei Schlägertypen saßen. Der Mund des Stiernackigen bewegte sich. Der Wirt hörte schweigend zu, und als der Stiernackige endete, schüttelte er den Kopf. Der Stiernackige sagte noch etwas. Gus Walker antwortete. Die drei Kerle erhoben sich abrupt und strebten dem Ausgang zu.
Walker kam zu mir her. »Sie wollten abkassieren«, sagte er. »Die beiden, die vor einer Woche hier waren und Schutzgeld forderten, sind nicht unter den dreien.«
»Was sagte der Stiernackige, als Sie ablehnten?«, fragte ich.
»Dass ich mir das, was auf mich zukäme, selbst zuzuschreiben hätte.« Walker machte ein säuerliches Gesicht. »Wahrscheinlich schicken sie mir ein Rollkommando, das hier das Oberste zuunterst kehrt. Wenn es nur kein Fehler war, sich an die Polizei zu wenden.«
»Ganz sicher nicht«, versprach ich.
Es dauerte keine fünf Minuten, dann kamen die Kerle zurück. Aber jetzt trugen sie Baseballschläger. Ein entschlossener Ausdruck prägte die Gesichter. Einige der Gäste begriffen schlagartig und sprangen entsetzt auf. Ehe jedoch die drei Kerle ihr Werk der Zerstörung beginnen konnten, zog ich die Dienstwaffe unter meiner Jacke hervor und rief: »Ganz ruhig, Jungs. FBI. Mein Name ist Trevellian. Legt die Schläger weg und nehmt die Hände hoch.«
Die drei starrten mich an wie einen Außerirdischen, in den Augen den stupiden Ausdruck des Nichtbegreifens. Währenddessen zog sich Milo zur Tür zurück, um den Kerlen den Fluchtweg zu verlegen. Auch er hatte die Waffe gezogen.
Plötzlich lief der Schimmer des Begreifens über das Gesicht des Stiernackigen. Er riss die Hand mit dem Baseballschläger hoch und stürmte mit einem wilden Schrei auf den Lippen heran. Meine Worte schienen in seinem Kopf einen Kurzschluss ausgelöst zu haben. Und sein Reflex war schneller als sein Verstand.
Als er zuschlug, glitt ich behände zur Seite. Der Baseballschläger hatte mir wahrscheinlich den Schädel zertrümmert, wenn er mich getroffen hätte. Wenn! Infolge meiner blitzschnellen Reaktion verfehlte er mich. Von der Wucht seines Schlages getrieben taumelte der Stiernackige einen Schritt nach vorn, und ehe er wieder festen Stand errang, schlug ich ihm die Waffe gegen den Kopf. Mit einem ersterbenden Ächzen ging er auf die Knie nieder, sein Kinn sank auf die Brust, sein Kopf wackelte vor Benommenheit.
Aus den Augenwinkeln sah ich seine Kumpane. Von ihnen fiel jetzt der Bann ab. Einer machte einen Schritt in meine Richtung. Ich richtete die Pistole auf ihn. Da hörte ich Milo mit klirrender Stimme rufen: »Steht nur still, ihr beiden Traumtänzer. Oder müssen wir euch auch ein paar Kopfnüsse verpassen?«
Die beiden riss es regelrecht herum. Ihre Schultern strafften sich, sprungbereit standen sie da.
»Ich bin Special Agent Tucker«, erklang wieder Milos Stimme. »Und jetzt lasst endlich eure Keulen fallen. Ihr habt doch nichts an den Ohren.«
In dem Moment schien der Stiernackige seine Betäubung überwunden zu haben. Er kam hoch, ein Grunzen entrang sich seiner Kehle, er sprang mich an. Er schien sich nicht damit abfinden zu können, diesen Ring als Verlierer zu verlassen. Ich unterlief seinen Schlag und drehte mich in ihn hinein, griff über meine Schulter und erwischte ihn am Revers seiner Lederjacke. Ein Ruck, und er flog über mich hinweg und landete der Länge nach auf dem Fußboden. Der Aufprall presste ihm die Luft aus den Lungen. Er japste wie ein Erstickender, sein Gesicht lief rot an, die Augen quollen ihm aus den Höhlen. Den Baseballschläger hatte er verloren. Er war unter einen Tisch gerollt.
Ich fackelte nicht lange, steckte die Pistole ein und fesselte mit den Handschellen, die ich in der Tasche hatte, seine Hände auf den Rücken. Dann zerrte ich ihn auf die Beine.
Jetzt ließen seine Kumpane ihre Schläger fallen und hoben die Hände. Milo fesselte die linke Hand des einen an die Rechte des anderen, dann mussten sie sich setzen. Ringsum herrschte Atemlosigkeit. Abgesehen von den Geräuschen, die wir verursachten, war es in dem Restaurant still wie in einem Mausoleum.
Milo nahm sein Handy und rief Verstärkung.
Ich hatte auch dem Stiernackigen geboten, sich zu setzen. Seine Augen waren blutunterlaufen, er atmete rasselnd. So ganz schien er noch nicht auf der Höhe zu sein. Wahrscheinlich hatte er gegen eine ziemliche Not anzukämpfen.
»Wie heißen Sie?«, fragte ich.
Er glotzte mich an.
»Ihren Namen!«, forderte ich mit Nachdruck und rüttelte ihn leicht an der Schulter.
»Fuller – Dan Fuller«, sagte er.
Ich erklärte ihm, dass er verhaftet sei, dass er das Recht habe zu schweigen und einen Anwalt seiner Wahl konsultieren könne – kurz, ich betete den Spruch herunter, der bei jeder Verhaftung vorgeschrieben war. Dabei hatte ich das Gefühl, gegen eine Wand zu sprechen. Der Kerl zuckte nicht mal mit der Wimper. Vielleicht mangelte es bei ihm auch am notwendigen Aufnahmevermögen. Daran war vielleicht der Schlag mit der Pistole gegen den Kopf schuld.
Nach einer halben Stunde etwa kamen einige Kollegen. Sie übernahmen die drei Gefangenen und transportierten sie ins Federal Building.
Am Morgen nahmen wir uns Dan Fuller zur Brust. Sein Blick hatte sich wieder geklärt. Trotzig schaute er uns abwechselnd an. Er hatte sich auf dem Stuhl zurückgelehnt und die Beine weit von sich gestreckt. Dort, wo ich ihn über dem Ohr mit der Pistole getroffen hatte, waren unter den kurzen Haaren eine Beule und ein dunkler Bluterguss zu sehen. Sicher brummte ihm noch der Schädel von dem Schlag. Aber er gab sich lässig.
»In wessen Auftrag haben Sie Walker erpresst?«, fragte ich.
»Das geht dich einen Dreck an, Bulle.«
»Nicht frech werden!«, knurrte Milo gereizt. »Wir können auch anders.«
»Von mir erfahrt ihr kein Wort.«
»Nur nicht so cool«, stieß Milo hervor. »Bewaffneter Angriff auf einen Bundesbeamten. Bist du immer noch so cool, wenn ich dir sage, was darauf steht?«
»Geh zur Hölle, Bulle.«
»Ich schätze mal fünf Jahre«, sagte Milo, und ein spöttisches Grinsen umspielte seine Lippen. »Da du aber schon einiges auf dem Kerbholz hast ...«
»Woher weißt du das?«, schnappte Fuller.
»Wir haben uns deine Strafakte angesehen. Denkst du, wir kommen unvorbereitet zur Vernehmung? Wir wissen genau, was für ein übler Zeitgenosse du bist. Willst du wirklich den Kopf allein in die Schlinge stecken?«
Fuller zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Er kämpfte mit sich. Das war deutlich. Seine Lippen sprangen auseinander, es sah aus, als wollte er etwas sagen. Dann presste er sie zusammen, dass sie nur noch einen dünnen Strich bildeten. Stoßweise atmete er durch die Nase. Seine...
Erscheint lt. Verlag | 7.3.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7389-7260-9 / 3738972609 |
ISBN-13 | 978-3-7389-7260-3 / 9783738972603 |
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