Trevellian und die Tänzerin: Kriminalroman (eBook)
250 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7011-1 (ISBN)
Prolog
Wir hatten die Farm bei Larchmont umstellt. Es war finster. Ein frischer Wind blies vom East River her. In den Kronen der Bäume und den Büschen rauschte es leise. Der Mond stand wie eine große, gelbe Scheibe im Südosten. Einige Sterne blinkten am Himmel. Ich warf einen Blick auf die Uhr. Es war 21.58 Uhr.
Aus einem der Fenster des Farmhauses fiel Licht. Im Haus war es still. Unaufhaltsam hüpfte der Sekundenzeiger weiter. Ich war mit einer kugelsicheren Weste und einem Helm ausgerüstet, an dem ein Headset befestigt war. In meiner Hand lag die SIG. Ich ahnte, dass wir auf Widerstand stoßen würden.
In dem Haus befanden sich Stuard Cameron und James Shelby, zwei Verbrecher, die im Drogengeschäft und im Geschäft mit der Prostitution mitmischten und die sich auf diese Farm geflüchtet hatten, um sich dem Zugriff des FBI in New York zu entziehen. Außerdem befanden sich einige Männer bei ihnen, die sich als ihre Handlanger entpuppt hatten und die ebenfalls mit empfindlichen Strafen zu rechnen hatten.
Um Punkt 22 Uhr befahl ich den Zugriff. In den Schatten ringsum wurde es lebendig. Trockene Schläge erklangen, als einige Kollegen versuchten, die Eingangstür aufzurammen. Plötzlich begann eine Maschinenpistole zu rattern. Befehle wurden geschrien. Aus verschiedenen Fenstern zuckten Mündungslichter. Die Detonationen verschmolzen ineinander und verdichteten sich wie zu rollendem Donner.
Auf der Rückseite des Hauses klirrte es, als die Beamten vom Emergency Service Unit die gläserne Terrassentür einschlugen. Maschinenpistolenfeuer mischte sich in das trockene Dröhnen der Pistolen. Krachend flog schließlich die Haustür auf. Dann gab es einen ohrenbetäubenden Knall, als einer der Beamten eine Blendgranate in die Halle des Farmhauses warf. Grelles Licht blitzte hinter den Fenstern der Halle auf.
Beamte drangen in das Gebäude ein.
Aus den Fenstern sprangen zwei Kerle. Sie flohen in die Nacht hinein. Polizisten folgten ihnen. Einer der Flüchtenden wurde eingeholt und niedergerungen. Der andere floh in einen Schuppen und warf die Tür hinter sich zu.
Ein Motor heulte auf. Dann donnerte der Gangster auf einer schweren Maschine aus dem Schuppen. Eine Garbe aus einer MP mähte ihn von dem Motorrad. Die Maschine rollte noch einige Schritte fahrerlos weiter, dann fiel sie mit lautem Getöse zu Boden.
Im Farmhaus krachten noch vereinzelte Schüsse. Dann schrie ein Mann voll Panik: »Aufhören! Ich ergebe mich! Hört zu schießen auf!«
Noch zwei-, dreimal krachte es, dann schwiegen die Waffen. Weitere Polizisten drängten ins Haus. Es dauerte nicht lange, dann wurden vier Männer ins Freie geführt. Sie waren gefesselt. Ein Beamter trat vor mich hin und sagte: »Einer der Kerle ist tot, im Haus liegen zwei Verwundete. Von den Vieren, die wir festgenommen haben, ist einer angeschossen. Nichts Gravierendes, lediglich eine Streifschusswunde.«
»Haben wir Cameron und Shelby?«, fragte ich.
»Ja, die beiden befinden sich unter den Gefangenen.«
»Lassen Sie die beiden ins Field Office schaffen«, sagte ich.
»In Ordnung«, sagte der Kollege und entfernte sich.
Eine Gestalt näherte sich mir. Ich erkannte den Mann trotz der Dunkelheit. Es war Milo. »Ein voller Erfolg«, sagte er. »Wir haben Cameron und Shelby. Die Kerle haben uns lange genug an der Nase herumgeführt.«
»Es sind nur zwei Figuren in dem schändlichen Spiel«, murmelte ich. »Brandon Cameron ist der Boss der Bande. Gegen ihn haben wir nichts in Händen.«
»Warten wir ab, was die Vernehmung von Stuard Cameron und James Shelby ergibt«, murmelte Milo.
»Stuard Cameron wird seinen Vater kaum verraten«, erklärte ich. »Ob Shelby genug von Brandon Cameron weiß, um diesem einen Strick zu drehen, ist fraglich.«
»Hören wir uns an, was die Kerle zu sagen haben«, knurrte Milo. Auch er trug eine kugelsichere Weste und einen Helm. In der linken Hand hielt er eine Maschinenpistole. Mein Kollege hatte sich an der Erstürmung des Farmhauses beteiligt.
Ich ging zu dem Pulk von Männern hin, die die Gefangenen zwischen sich hatten. Jetzt flammten auch einige Scheinwerfer auf und tauchten das Szenarium in grelles Licht. Die Gestalten warfen lange Schatten.
Die vier Gefangenen musterten mich trotzig. Ich schaute von einem zum anderen. Dann heftete ich meinen Blick auf Stuard Cameron: »So haben Sie sich den Ausgang dieses Abends sicher nicht vorgestellt, Cameron.«
»Mein Vater wird mich herausholen«, stieß der Gangster hervor. »Er wird die besten Anwälte konsultieren.«
»Was wir gegen Sie in den Händen haben, reicht, um Sie für die nächsten zehn Jahre aus dem Verkehr zu ziehen«, versetzte ich.
Stuard Cameron verzog verächtlich den Mund. »Die Verbindungen meines Vaters reichen weiter als Sie denken«, maulte er.
*
Am Tisch in der Mitte des Vernehmungsraumes saß James Shelby. Shelby war sechsunddreißig Jahre alt. Er hatte kurze, dunkle Haare und verfügte über ein schmales Gesicht. »Reden Sie, Shelby«, forderte ich den Burschen auf. »Wir wissen, dass Stuard Cameron die Straßenverkäufer mit Drogen versorgt und mit ihnen abrechnet. Und wir vermuten, dass hinter Stuard Cameron sein Vater steht. Erzählen Sie uns, was Sie wissen.«
»Wer hat uns verraten?«, fragte Shelby.
»Wir haben einen Informanten«, versetzte ich. »Sie werden verstehen, dass ich Ihnen seinen Namen nicht sage. Bei einer Übergabe von Rauschgift im Hafen kam es zu einer Schießerei. Die beiden Kerle, die die Drogen übernahmen, konnten entkommen. Es waren Leute von Cameron. Sprechen Sie schon.«
»Was blüht mir?«, fragte Shelby.
»Sie sind Drogenhändler, und sie haben Cameron geholfen, Südamerikanerinnen illegal nach New York zu holen und die Frauen gezwungen, der Prostitution nachzugehen. Da kommen einige Jahre zusammen.«
»Ich kann euch helfen, Stuard Cameron für den Rest seines Lebens hinter Gitter zu bringen.«
»Was hat Cameron verbrochen, das ihm lebenslänglich einbringen könnte?«, fragte ich.
»Er hat einen Mann erschossen.«
»In Ihrem Beisein?«
»Ja. Ich war Zeuge. Es handelte sich um einen Straßenverkäufer. Der Bursche wirtschaftete in seine eigene Tasche. Wir legten den Leichnam im Central Park ab. Der Mord wurde nie geklärt.«
»Was verlangen Sie, wenn Sie als Zeuge gegen Cameron auftreten?«, fragte ich.
»Straffreiheit und Aufnahme ins Zeugenschutzprogramm.«
»Man müsste sich mit der Staatsanwaltschaft an einen Tisch setzen«, murmelte ich. »Haben Sie schon einen Anwalt konsultiert?«
»Ja, Cliff Hanson von Hanson & Partner.«
»Die Staatsanwaltschaft lässt sicher mit sich reden, wenn Sie sich keines Kapitalverbrechens schuldig gemacht haben«, erklärte ich. »Sprechen Sie mit Ihrem Anwalt. Wir werden uns mit dem zuständigen Staatsanwalt kurzschließen.«
*
Fünf Monate später fand der Prozess gegen Stuard Cameron statt. Der Gerichtsdiener rief die Prozessbeteiligten auf, sich in den Sitzungssaal zu begeben. Stuard Cameron saß neben seinem Anwalt an einem Tisch. Auf der anderen Seite des Saales hatte der Staatsanwalt Platz genommen. Die Zuschauerplätze waren voll besetzt.
Der Vorsitzende kam aus einer Tür hinter dem Richtertisch. Die zwölf Geschworenen saßen bereits auf ihren Plätzen. Der Richter forderte die Anwesenden auf, sich zu setzen und ließ sich selber nieder. Er wandte sich an Stuard Cameron. »Ihnen wird heimtückischer Mord vorgeworfen, Angeklagter. Mord an Bruce Spencer. Bekennen Sie sich schuldig?«
Der Anwalt erhob sich. »Mein Mandant bekennt sich nicht schuldig.«
Der Richter nickte. »Na schön. Herr Staatsanwalt, ich bitte um Ihren Vortrag.«
Der Ankläger erhob sich, warf einen Blick in die Runde, dann nahm er sein Script in beide Hände und begann zu lesen. »Dem Angeklagten wird vorgeworfen, am 27. Mai des vorigen Jahres in seinem Auto den später im Central Park aufgefundenen Bruce Spencer erschossen zu haben, nachdem er ihn auf besonders hinterhältige Art und Weise dazu brachte, seinen Wagen zu besteigen. Es handelte sich hierbei um einen vorsätzlichen, heimtückischen Mord, dessen ich hiermit Stuard Cameron anklage.«
»Was haben Sie dazu zu sagen, Angeklagter?«, fragte der Vorsitzende.
»Mein Mandant bestreitet die Tat und behauptet, dass James Shelby geschossen hat.«
»Es steht Aussage gegen Aussage«, murmelte der Richter. »Treten wir in die Beweisaufnahme ein. Herr Staatsanwalt, rufen Sie Ihren ersten Zeugen auf.«
»Ich rufe Mister James Shelby in den Zeugenstand!«, rief der Staatsanwalt.
James Shelby wurde von einem Wachbeamten in den Gerichtssaal geführt. Er war gefesselt. Ehe er den Zeugenstand betrat, wurden ihm die Handschellen abgenommen.
Shelby nahm Platz.
Cameron starrte ihn an, als wollte er ihn hypnotisieren. Seine Kiefer mahlten. In seinen Augen glomm ein böser Funke.
Nachdem Shelby vereidigt worden war, forderte ihn der Staatsanwalt auf, zu sprechen …
*
»Ist die Jury zu einem Ergebnis gekommen?«, fragte Stunden später der Vorsitzende.
Der Sprecher der Geschworenen erhob sich und brachte dem Richter ein zusammengefaltetes Blatt...
Erscheint lt. Verlag | 22.1.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7389-7011-8 / 3738970118 |
ISBN-13 | 978-3-7389-7011-1 / 9783738970111 |
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