Schwarzer Engel: Romantic Thriller Mitternachtsedition (eBook)
120 Seiten
Uksak E-Books (Verlag)
978-3-7389-7178-1 (ISBN)
Schwarzer Engel: Romantic Thriller Mitternachtsedition
von Ann Murdoch
Teil 1
„Ach, du lieber Himmel, Großvater, Lass mich das doch machen. Du sollst doch nicht auf die Leiter steigen“, schalt Sabrina liebevoll. Sie nahm Alistair Ferguson die Bücher aus der Hand, die dieser in das oberste Regal der kleinen, aber gut etablierten Buchhandlung in Soho zurücklegen wollte. Er führte dieses Geschäft schon seit mehr als vierzig Jahren und hatte es immer wieder verstanden, einen festen Kundenstamm aufzubauen und auch zu halten. Außerdem galt er als Experte für alte Schriften und wurde immer wieder für Expertisen herangezogen, wenn es um Versteigerungen ging. Als Kryptologe besaß er den denkbar besten Ruf. Selbst die Polizei hatte schon auf sein Wissen zurückgegriffen, wodurch unter anderem ein groß angelegter Betrug aufgeklärt werden konnte.
Seit einiger Zeit arbeitete Sabrina ebenfalls hier. Sie war die Tochter des einzigen Sohnes, den Alistair hatte. Frederic und seine Frau Mary waren bei einem Eisenbahnunglück ums Leben gekommen, und Alistair hatte das Mädchen zu sich genommen, um es aufzuziehen. Aus dem schüchternen kleinen Kind von damals war eine selbstbewusste junge Frau geworden, die nach ihrem Studium der alten englischen Geschichte, Schriftkunde und Philologie darauf verzichtete, irgendwo in einem Museum oder einer Forschungseinrichtung eine gut bezahlte Stellung anzunehmen. Stattdessen übernahm sie mehr und mehr das Geschäft ihres Großvaters, der alles daransetzte, seiner Enkelin all das Wissen zu vermitteln, was er in vielen Jahren angesammelt hatte. Obwohl er es schätzte, dass Sabrina stets in seiner Nähe war, hätte er es doch lieber gesehen, wenn sie ihre Fähigkeiten voll ausgenutzt hätte. Museen und staatliche Büchereien waren immer froh über Experten, die ihr Handwerk verstanden. Er war mittlerweile weit über siebzig Jahre alt, aber noch immer rüstig und voll von Plänen für eine Erweiterung des Geschäfts.
Doch Sabrina machte sich schon öfter Sorgen, denn ihr entging es nicht, dass der alte Mann sich ab und zu an sein Herz fasste, aber jeden Gedanken an einen Arztbesuch von sich schob.
Zwischen den beiden herrschte ein liebevolles Verhältnis, und Alistair war sicher, dass Sabrina in seinem Sinne weitermachen würde.
Die altmodische Türglocke läutete, und ein Paar mittleren Alters kam herein. Sabrina wollte sich um die beiden kümmern, doch ihr Großvater winkte ab. Er kannte die zwei und wusste, dass hier ganz spezielle Wünsche zu erfüllen waren. Also stieg sie nun die Leiter hinauf, um die schweren Bücher wieder an ihren Platz zu räumen. Versonnen blätterte sie darin, machte dann eine ungeschickte Handbewegung, und einer der wertvollen Bände fiel herunter.
„Hoppla, sind sie immer so stürmisch?", fragte eine freundliche warme Stimme von unten. Ein Mann hatte das Buch aufgefangen und blickte nun bewundernd an der schlanken Gestalt empor.
„Ach Gott, habe ich Sie etwa mit dem Buch verletzt? Tut mir leid, entschuldigen Sie bitte.“ Sie stieg von der Leiter, nahm ihm das Buch aus der Hand und untersuchte es auf Schäden. Erst danach wandte sie sich dem neuen Kunden zu. Was sie sah, ließ ihr Herz für einen Augenblick höher schlagen. Doch sie rief sich selbst zur Ordnung. Seit wann achtete sie denn darauf, ob ein Mann hochgewachsen, schlank und gutaussehend war? Mit dunkelblauen Augen, die ganze Geschichten erzählen konnten, einem schmal geschnittenen Mund und Grübchen in den Wangen? Und dann diese Stimme! Nein, sie hatte bislang kein Interesse an Männern gezeigt, warum sollte sich das ändern?
Sabrina zwang sich dazu, wieder geschäftsmäßig zu werden. „Vielen Dank für Ihre Hilfe. Aber wie kann ich Ihnen helfen? Oder mögen Sie einfach nur ein bisschen stöbern?“
Er strahlte sie an. „Es ist sehr freundlich, dass man sich bei Ihnen erst einmal umsehend darf, bevor man etwas kauft. Aber ich habe in der Tat ein sehr spezielles Anliegen und bin mir gar nicht sicher, ob ich hier überhaupt richtig bin.“
„Dann sollten Sie mir vielleicht erst einmal erklären, um was es geht, und dann werden wir sehen, ob mein Großvater oder ich helfen können.“
„Ich habe von einem alten Freund eine Empfehlung, Mr. Ferguson aufzusuchen. Sie sprechen von Ihrem Großvater, demnach sind Sie Miss Ferguson?“ Seine Augen funkelten vergnügt, und er streckte ihr die Hand entgegen. „Mein Name ist Gideon Dunnett. Ich bin Ingenieur für Minenbau und habe vor kurzem das Erbe meines Onkels angetreten, Lord Pennington. In seinem Nachlass fand ich etwas merkwürdiges, was mir nicht nur Kopfzerbrechen bereitet, sondern vielleicht äußerst wichtig sein könnte.“
Er holte aus der Innentasche seines Jacketts einen Umschlag hervor.
„Dieses Manuskript hat mich ein wenig verwirrt, weil es sich auf etwas bezieht, was mit zum Besitz gehört. Aber ich verstehe da einiges nicht so recht.“ Er brach ein wenig hilflos ab.
Sabrina lachte kurz auf. „Das klingt bis jetzt nicht sehr einleuchtend, Mr. Dunnett. Darf ich mal sehen?“ Ihre blauen Augen leuchteten, und er fühlte sich seltsam berührt. Ihm waren schon viele schöne Frauen begegnet, doch Sabrina war nicht nur bildhübsch, sie strahlte auch eine besondere Anmut aus und besaß das gewisse Etwas, das eine Frau von anderen abhob. Sie nahm das handgeschriebene Manuskript, das aus mehreren Blättern bestand, und stutzte.
„Aber das sind ja uralte Aufzeichnungen. Und die tragen Sie einfach so herum?“
Er zuckte die Schultern. „Ich kann nicht sagen, ob dieses Manuskript wirklich wertvoll ist. Aber ich bin eher über das erschrocken, was ich dort entziffern konnte, auch wenn es nicht viel ist. Ich muss gestehen, ich habe so meine Schwierigkeiten mit der Handschrift und der damaligen Schreibweise. Doch ich fürchte fast, es hat etwas mit dem ziemlich plötzlichen Tod meines Onkels zu tun.“
„Halt, Moment, langsam, das ist mir zu hoch“, unterbrach Sabrina, die sehr genau spürte, dass der Mann von einer inneren Erregung erfüllt war, die ihr mehr als ungewöhnlich erschien. „Mr. Dunnett, verzeihen Sie, aber ich glaube, mein Großvater ist doch wohl der richtige Ansprechpartner für Sie.“
„Ja, das fürchte ich auch fast.“ Er griff sich an den Kopf, und ein verlegenes Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Sie müssen mich ja für völlig überdreht halten. Tut mir leid, aber ich bin selbst noch ganz verwirrt.“
„Ist schon in Ordnung.“ Sabrina blickte zu Alistair Ferguson gegenüber, der gerade die beiden Kunden fertig bedient hatte. „Kommen Sie, Großvater kann diesen Text vermutlich sogar fließend übersetzen, während ich noch ein wenig länger brauche. - Großvater, bitte, hast du einen Augenblick Zeit?“
Alistair trat näher, seine wachen intelligenten Augen huschten zwischen den beiden hin und her, als würde er mehr sehen. Er streckte die Hand aus, um den Kunden zu begrüßen.
„Mr. Dunnett, wenn ich mich nicht irre? Patrick hat mir schon erzählt, dass sie mich wahrscheinlich aufsuchen werden, weil sie ein handgeschriebenes Manuskript übersetzt haben möchten?“
„Ich fürchte mittlerweile, es ist mehr als nur das“, sagte Gideon mutig.
Noch einmal musterte Alistair den Mann. Sabrina wusste, dass ihr Großvater eine Art sechsten Sinn besaß, mit dem er Menschen auf Anhieb richtig einschätzen konnte. Er schien auch dieses Mal zu einem Ergebnis gekommen zu sein, denn er warf einen Blick zur Uhr und schaute dann seine Enkelin an.
„Es ist schon später Vormittag. Wollen wir abschließen und unseren Gast zum Essen einladen? Dann können wir uns in aller Ruhe um sein Problem kümmern.“
Sie stellte keine weiteren Fragen, war im Gegenteil sogar erfreut, dass sie auf diese Weise die Gelegenheit bekam, sich noch etwas länger mit diesem sympathischen Mann zu unterhalten.
„Eine gute Idee, es ist heute ohnehin nicht viel los“, stimmte sie zu und amüsierte sich ein wenig über die Verblüffung von Gideon. „Kommen Sie, Mr. Dunnett, hier nebenan gibt es ein kleines Restaurant, in dem man hervorragend essen kann. Es gehört einem alten Freund meines Großvaters. Dort sind wir auch ungestört, und Sie können Ihre ganze Geschichte in aller Ruhe erzählen.“
Sabrina verschloss die Tür sorgfältig, Alistair schaltete die Alarmanlage ein und zog Gideon am Arm mit sich.
„Kommen Sie, es sind nur ein paar Schritte.“
Keine fünf Minuten später saßen die drei in einem gemütlichen Restaurant, das von außen sehr unscheinbar wirkte. Alistair hatte dem Wirt mit einer Handbewegung die Bestellung aufgegeben, und nun sah er Dunnett auffordernd an.
„Mein Freund Patrick kannte Ihren Onkel recht gut und hat mir erzählt, dass der Tod sehr plötzlich eingetreten ist. Mein Beileid, Mr. Dunnett. Aber ich muss gestehen, dass Patrick die Umstände etwas merkwürdig fand, auch deswegen, weil Ihr Onkel vorher seltsame Andeutungen gemacht hat. Es wäre also sicher hilfreich, wenn Sie mir nicht nur das Manuskript geben, sondern möglichst auch alles erzählen, was Ihnen bekannt ist.“
Gideons Gesicht hatte seine Empfindungen widergespiegelt, und nun war er vollends verblüfft.
„Sie reden wie ein Polizist, Mr. Ferguson. Dabei bin ich...
Erscheint lt. Verlag | 23.2.2023 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7389-7178-5 / 3738971785 |
ISBN-13 | 978-3-7389-7178-1 / 9783738971781 |
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