Der Kuss der Llorona (eBook)

2. Auflage
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2022 | 1. Auflage
161 Seiten
neobooks Self-Publishing (Verlag)
978-3-7549-8477-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Kuss der Llorona -  Daniela Dittel
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Alexander ist sich sicher, mit seiner Verlobten Gerke, die Richtige an seiner Seite zu haben. Doch dann begegnet er in seinem Mexikourlaub der Einheimischen Marita und verliebt sich Hals über Kopf in sie. Noch bevor er seine Verlobte verlassen kann, stirbt Marita bei einem tragischen Unfall. Alexander ist am Boden zerstört, doch hält er seine Trauer hinter einer Fassade verborgen, bis ihn ein Videoclip erreicht, dessen Inhalt ihn völlig verstört. Es zeigt die Erscheinung von La Llorona, der Weinenden aus einer südamerikanischen Legende. Alexander erkennt in ihr seine große Liebe, die in Mexiko nach ihm sucht. Gegen jede Logik macht er sich mit einem Verbündeten auf den Weg nach Yucatán, um der Sache auf den Grund zu gehen. Wird ihn der Kuss der Llorona erlösen oder töten, so wie es die Legende besagt?

Daniela Dittel, 1971 Jahrgang lebt in der Ortenau am Rand des Schwarzwalds. Die Autorin liebt es, aus der Realität auszubrechen und ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Nach ihrem historischen Erstlingswerk 'Die Gefangene des Svartzwalds' veröffentlicht sie mit diesem Roman eine übernatürliche Liebesgeschichte in Anlehnung an die südamerikanische Legende von La Llorona.

Daniela Dittel wurde 1971 geboren und lebt in Baden-Württemberg. Von Beruf ist sie Alltagsbegleiterin, doch viel lieber ist sie Hobbyautorin. Sie liebt es, aus der Realität auszubrechen und ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen. Nach ihrem historischen Erstlingswerk veröffentlicht sie nun diese übersinnliche Liebesgeschichte. Anreiz hierfür war die südamerikanische Legende von La Llorona, die sie zum Sinnieren brachte. Was könnte geschehen, wenn sich die Legende in der heutigen Zeit wiederholte.

Eine Begegnung, die keine ist



»Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, Frau Gruber«, murmelt Alexander und starrt an die helle Zimmerdecke. Alles ist weiß und ordentlich in diesem Raum, steril wie in einem Krankenhaus. Auf dem weißen Schreibtisch liegt ein weißer, schmaler Ordner. Daneben liegen unbeschriebene Blätter.

Es fällt dem jungen Mann sichtlich schwer, über seine Angelegenheit zu sprechen, aber das ist Helene Gruber nicht neu. Anfangs verhalten sich viele Patienten so, die zum ersten Mal bei einem Psychotherapeuten auf der Couch liegen.

Als Erstes gilt es ein vertrauensvolles Verhältnis herzustellen, denkt sie und versucht das Eis zu brechen.

»Das ist schon in Ordnung, Herr Maurer. Bitte, nennen Sie mich Helene.«

Alexander betrachtet die schlanke Frau, die in einem hellen Ledersessel neben ihm sitzt. Die weißen Haare, die zu einem tiefen Pferdeschwanz zusammengefasst sind, stehen in Kontrast zu ihrem jugendlichen Gesicht. Er schätzt sie auf Ende Dreißig, nicht älter. Die hellblaue Bluse, die sie trägt, unterstreicht ihre ebenfalls hellen Augen.

Er nickt unmerklich und sagt: »Ist gut. Ich heiße Alexander. Meine Freunde nennen mich Alex.«

Sie lächelt zufrieden.

»Gut, Alex. Was führt dich zu mir? Fang an, wo du möchtest.«

Wieder lächelt sie, doch diesmal wirkt es aufgesetzt.

Sein Blick wandert zurück zur Zimmerdecke. Die Hände liegen verkrampft in seinem Schoß. Alexander schweigt. Er weiß, wenn er mit der Tür ins Haus fallen würde, wäre er schneller im Irrenhaus, als er Dummkopf sagen könnte. Er seufzt.

Helene schweigt, denn sie weiß, dass die meisten Menschen Stille nicht ertragen können. Auf kurz oder lang würde Alexander diese brechen und würde mit ihr sprechen, denn schließlich ist er deswegen hergekommen.

Das einzige Geräusch, was zu hören ist, ist das Ticken der Uhr an der Wand.

Helene schweigt weiter und betrachtet dabei ihren Patienten. Er ist schlank und gut gebaut. Ein Mann im besten Alter, denkt sie und blättert geschwind in ihren Unterlagen. Anhand des Geburtsdatums errechnet sie, dass er Anfang Dreißig ist.

Sie nimmt ihn weiter in Augenschein. Eine braune Haarlocke hängt ihm ins Gesicht. Im Grund ist er ein äußerst attraktiver Mann, findet sie, wenn man von den dunklen Augenrändern und dem verhärmten Gesicht absieht. Die Haut sieht unnatürlich blass aus, beinahe grau wie bei einem starken Raucher.

Wieder blättert Helene in den Unterlagen, aber findet keine Angaben zu einem ungesunden Lebensstil.

Ihr Blick wandert erneut hinüber zu ihrem Patienten, der nach wie vor angespannt und schweigsam auf der Couch liegt.

Nach seinem vernachlässigten Äußeren zu urteilen, dem bereits längst überschrittenen Dreitagesbart und dem ungewaschenen Haar, bei dem ebenfalls ein Schnitt überfällig ist, befindet sich dieser Mann vermutlich in einer depressiven Phase.

Sie muss ihn erreichen, bevor er sich ganz in sein Schneckenhaus zurückzieht, denkt sie, weshalb sie weiterschweigt.

Das Ticken der Uhr an der Wand wird lauter, empfindet Alexander, immer lauter, je länger die beiden schweigen. Zudem hört er die regelmäßigen Atemzüge der Psychotherapeutin, die entspannt zu sein scheint und nicht gewillt ist, ihm Fragen zu stellen oder irgendetwas zu sagen oder zu tun, was ihm helfen könnte.

Sie muss ihm helfen, denkt er. Er würde sonst verrückt werden.

Hilflos wirft er einen Blick auf die Uhr an der Wand und stellt fest, dass die Hälfte der Therapiezeit bereits verstrichen ist.

Verlegen räuspert er sich.

Es klingt laut im stillen Raum.

Was hat er schon zu verlieren, denkt er. Er ist nicht verrückt. Oder doch? Jedenfalls ist es nicht normal, was zurzeit passiert. Es macht ihm Angst, und zugleich macht es ihn glücklich. Er muss mit der Psychotherapeutin darüber sprechen, aber er weiß nicht, wie er anfangen soll.

Ein weiteres Mal blickt er hinüber zu Helene und bittet: »Hilf mir! Ich schaffe es nicht allein. Du musst es aus mir herausholen.«

Helene nickt. Die meisten Patienten kommen zu ihr, weil sie zusätzlich die Heilmethode der Synergetik-Therapie anbietet. Eine Reise in die eigene Innenwelt, an die Grenze des Bewusstseins und des Unterbewusstseins, um psychische Blockaden aufzuspüren und zu beseitigen.

»Ist gut Alex.«

Sie rückt näher an die Couch heran und legt ihre Hand auf seine Schulter.

»Wir werden jetzt eine Reise in dein Seelenleben unternehmen. Ich möchte, dass du die Augen schließt und dich entspannst. Ich werde gleich von vier abwärts zählen, und du atmest dabei ruhig ein und aus. Du wirst dabei hellwach sein und alles wahrnehmen, was um dich herum geschieht. Du wirst meine Stimme hören, und auch du kannst mit mir sprechen. Dein Geist bleibt wach und aufmerksam. Wenn ich dich zurückhole, dann wirst du dich gut fühlen. Ich beginne nun zu zählen. Vier. Einatmen. Drei. Ausatmen. Zwei. Einatmen. Eins. Ausatmen. Du siehst vor dir eine Treppe, die nach unten führt. Mit jedem weiteren Atemzug steigst du eine der Stufen hinab.«

Alexander atmet ein und aus, schüttelt dann den Kopf.

»Da ist keine Treppe«, stellt er nüchtern fest.

»Sieh genau hin. Vor deinen Füßen ist die erste Stufe. Siehst du sie?«, wirkt Helene mit ruhiger Stimme auf ihren Patienten ein.

»Ja, jetzt sehe ich sie, aber sie ist brüchig. Da stehe ich nicht drauf«, wehrt Alexander ab.

»Ich versichere dir, die Stufen werden dich tragen. Geh einfach weiter, und sag mir, was du siehst«, beruhigt Helene ihn.

Alexander prüft, im Geiste, die erste Stufe vorsichtig mit einem Fuß. Sie knarrt laut, scheint jedoch zu halten. Also steigt er hinab.

»Es ist dunkel, ich kann kaum die nächste Stufe erkennen. Ich fühle mich nicht sicher«, gibt er eine ehrliche Rückmeldung.

Doch Helene lässt sich nicht beirren.

»Ergreife den Handlauf, der wird dir Sicherheit geben.«

»Da ist kein Handlauf«, antwortet Alexander bestimmt.

»Schau genauer hin. Da ist einer. Wie sieht er aus?«, regt Helene die Fantasie ihres Patienten an.

Alexander bewegt leicht seinen Kopf, als suche er den Handlauf.

»Du hast recht. Da ist er, aber der ist genauso marode wie die Holzstufen, die ich hinabsteigen soll. Ich gehe nicht weiter«, weigert er sich.

Helene verstärkt den Druck ihrer Hand auf Alexanders Schulter.

»Spürst du meine Hand auf deiner Schulter?«, fragt sie.

Alexander nickt.

In ruhigem Ton fährt sie fort zusprechen: »Ich bin da und werde dich nicht loslassen. Ich bin direkt neben dir. Atme ruhig weiter ein und aus. Mit jedem Atemzug steigst du eine Stufe hinab. Du bist sicher. Nur noch ein paar Stufen, dann hast du es geschafft«, suggeriert sie ihm. Dabei beobachtet sie jede Regung ihres Patienten.

Alexanders Herz schlägt schnell, denn seine Halsschlagader pulsiert kräftig. Es kostet ihn große Überwindung weiter in die Tiefe seiner Psyche hinabzusteigen.

»Bist du angekommen, Alex?«, fragt sie.

»Eine Stufe noch, dann bin ich unten«, lautet seine Antwort.

»Wie sieht der Boden aus?«, forscht Helene weiter.

»Sandig. Nass«, murmelt Alexander.

»Traust du dich den letzten Schritt zu tun?«, will Helene wissen.

Alexander holt tief Luft und nickt. Er spürt Helenes Hand auf seiner Schulter und weiß, dass ihm nichts passieren kann.

Vorsichtig prüfend, setzt er seinen Fuß ab. Der Boden fühlt sich hart an.

»Es ist Sand. Ganz normaler Sand«, stellt er erleichtert fest und setzt den zweiten Fuß nach.

Helene führt ihn weiter in seine Innenwelt.

»Sieh dich um. Was kannst du erkennen?«

Er ist am Meer. Das Rauschen der Wellen dringt an sein Ohr. Genüsslich atmet er eine Brise voll salziger Seeluft durch die Nase ein. Mexiko. Wie schön es dort immer gewesen ist. Besonders in den Abendstunden, kurz bevor die Sonne im Meer versank. Doch er scheint zu spät zu kommen, die Sonne ist nicht mehr als ein Silberstreif am Horizont.

»Ich bin am Meer«, antwortet Alexander und fragt dann: »Kann ich den Handlauf jetzt loslassen?«

»Ja, wenn du dich sicher fühlst«, antwortet Helene. Ihre Hand ruht weiterhin auf seiner Schulter.

Er lässt den Handlauf los und geht ein paar Schritte auf das Wasser zu. Die Wellen umspülen seine Füße, die leicht im Sand versinken.

»Alejandro!«, hört er eine ihm vertraute Frauenstimme rufen.

Er sieht sich um. Da ist sie und winkt ihm aus der Ferne zu.

»Alejandro! Mi amor!«

Wie schön ihre Stimme klingt, die der Wind herüberträgt. Die weiche Aussprache seines Namens, wenn sie ihn ruft. Er kann sie immer noch hören. Kann sie nicht vergessen. Marita, seine schöne Mexikanerin. Nie hatte er für einen Menschen tiefer empfunden als für sie. Wenn er gewusst hätte, was passieren würde, wäre er nicht fortgegangen. Er würde alles geben, um sie noch einmal im Arm halten zu dürfen. Alles.

Marita kommt näher. Die samtschwarzen Haare wehen im Wind. Das weiche, lange Kleid schmiegt sich an ihren schlanken Körper und umschlingt ihre langen Beine, als sie auf ihn zu schwebt.

Wie gerne wäre er dieses Kleid. Wie gerne würde er sie noch einmal berühren, würde mit den Fingern über ihre zarte Haut fahren, und ihr dabei ein Lachen oder einen tiefen Seufzer der Begierde entlocken.

Marita bewegt sich auf ihn zu.

Ihr folgt dichter Nebel, der sich über den Strand und das Meer legt. Das Wetter wird rau, und Wind zieht auf, der Alexander an den Haaren zerrt. Er pfeift jämmerlich um seine Ohren.

Nein! Es ist nicht der Wind, den er...

Erscheint lt. Verlag 23.11.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Märchen / Sagen
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • Horror • LA • Legende • Liebe • llorona • Mexiko • Spritualität
ISBN-10 3-7549-8477-2 / 3754984772
ISBN-13 978-3-7549-8477-2 / 9783754984772
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