Legendborn – Das geheime Erbe (eBook)

Roman

(Autor)

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2023
768 Seiten
Heyne Verlag
978-3-641-29555-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Legendborn – Das geheime Erbe - Tracy Deonn
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Um hinter das Geheimnis um den Unfalltod ihrer Mutter zu kommen, trat Bree Matthews einer Geheimgesellschaft bei: den Legendborn, die Nachfahren der Artusritter, die die Menschen seit Jahrhunderten vor den Dämonen beschützen. Durch die Legendborn entdeckte Bree, welche Macht in ihr schlummert - eine Macht, die sie für immer verändert hat. Im Krieg gegen die Dämonen bahnt sich ein blutiger Höhepunkt an: Nick, der Junge, in den sich Bree verliebt hat, wurde entführt. Um ihn zu retten, muss Bree lernen, ihre Kräfte zu kontrollieren, ohne sich selbst dabei zu verlieren ...

Tracy Deonn wuchs in North Carolina auf, wo sie Fantasy-Bücher und Südstaaten-Essen gleichermaßen verschlang. Nachdem sie ihr Kommunikations- und Performance-Studium an der University of North Carolina abschloss, arbeitete sie in den Bereichen Live-Theater, Videospielproduktion und Schulbildungswesen. Wenn sie nicht gerade schreibt, nimmt sie an Science-Fiction- und Fantasy-Conventions teil und liest Fanfiction. Mit »Legendborn« schaffte sie es auf die »New York Times«-Bestsellerliste.

Ich zögere.

Mein Verstand sagt mir, dass alles in Ordnung ist. Es hat schließlich schon ein halbes Dutzend Mal geklappt, kein Problem. Schutzzauber sind magische Barrieren, aber diejenigen vor meinem Schlafzimmerfenster wurden gesprochen, um Eindringlinge fernzuhalten, nicht um Bewohner einzusperren.

Dennoch … erscheint es mir wie eine kluge Idee, den lautlosen, schimmernden Vorhang aus Licht, der die Lodge umgibt, auszutesten, bevor ich mich mit meinem ganzen Körper hindurchwage. Nur für alle Fälle.

Ich bewege meine erhobene Hand in Richtung des geöffneten Fensters, bis sie auf Äther trifft. Bei der Berührung lodert die silberblaue Magieflamme auf, wehrt mich aber nicht ab. Stattdessen kräuselt sie sich in trägen Wellen um meine Fingerknöchel und mein Handgelenk. Sie kitzelt und ist warm, aber harmlos. Meine Fingerspitzen gleiten durch die schillernde Schicht, bis sie auf der anderen Seite auf kühle Nachtluft treffen. Als ich die Hand zurückziehe, beruhigt sich die Magie wieder.

Ausgezeichnet.

Der Wind frischt auf und bläst mir einen Schwall würzige Gerüche ins Gesicht: Stechend scharfer Zimt. Warmer Whiskey. Rauch von herabgebrannten Scheiten.

Normalerweise erneuert Sel seine Schutzzauber am frühen Abend, bevor die Shadowborn-Aktivitäten zunehmen, und so ist seine unverkennbare Äthersignatur immer noch frisch. Er kann Schutzwälle nur um bestimmte unbewegliche Orte legen. Gebäude, ein kreisrundes Stück Land, ein Zimmer. Ich wurde – gegen meinen Willen – genau aus dem Grund in die Lodge gebracht, weil sie eine Festung aus Schutzzaubern ist. Sie umhüllen jeden einzelnen Ziegel und Stein und sind stärker als die früheren, sodass niemand das Haus ohne die Hilfe eines Legendborns oder Merlins betreten kann.

Ich bin erst seit einem Monat Artus’ erweckte Erbin und erahne bereits teilweise, wie Nick sich sein ganzes Leben lang gefühlt haben mag. Unterdrückt. Gefangen. Mächtig und gleichzeitig vollkommen ohnmächtig. Ruhelos.

»Puh!« Ein weiterer Windstoß trifft auf meine empfindliche Nase. Ich zucke zusammen und drehe mich um. Blicke zum Wecker am Nachttisch. Halb elf.

Gleich ist es so weit.

Seufzend falle ich aufs Bett zurück. Sel und die Legendborn haben wahrscheinlich gerade den ersten Kontrollpunkt ihrer Patrouille erreicht, das kleine Wäldchen am südlichen Ende des Campus. Egal, wie sehr ich versuche, mich zu beruhigen, mein gesamter Körper ist gespannt wie eine Sprungfeder. Selbst meine Kiefer sind fest zusammengepresst. Ich warte.

Eine Brise weht durch das geöffnete Fenster, und die Kälte des frühen Herbstes streicht über meine Wangen. Eine Warnung, dass der Winter mit schnellen Schritten naht und uns die Zeit davonläuft.

Ich sollte nicht hier sein.

Dieser Satz geht mir jeden Tag in Endlosschleife durch den Kopf. Egal, wo ich bin oder was ich tue, von irgendwo aus den Untiefen meiner Seele brodeln diese Worte nach oben, fließen meine Kehle empor und wirbeln in meinem Kopf herum.

Ich sollte nicht in dieser Englisch-Vorlesung sitzen. Ich sollte kein Vier-Gänge-Menü im Speisesaal der Lodge essen. Ich sollte nicht in einem weichen Bett schlafen, sicher hinter den wehrhaften Mauern der Lodge.

Gewiss ahnen meine Freunde längst, wie es mir geht. Wie könnte es anders sein? Greer sitzt in dieser Vorlesung neben mir, weshalb sier sieht, wie ich nervös mit den Knien wippe. Wahrscheinlich weiß sier, dass ich jeden Moment von meinem Platz aufspringen könnte. Beim Vier-Gänge-Menü weicht mir Pete nicht von der Seite, während ich auf meinem Teller herumstochere und dabei das Essen vergesse. Wenn die Legendborn um zwei von ihrer nächtlichen Patrouille zurückkehren, bin ich stets wach und erwarte sie an der Haustür.

Die Legendborn verharren in Warteposition. Ich verharre in Warteposition. Und das schon seit den Ereignissen in der Ogof y ddraig, der Höhle des Drachen. Seit ich – wir – Mord und Verrat erlebt haben und sich uns bittere Wahrheiten offenbart haben.

Seit Nick mir im Schlaf entrissen wurde, verschleppt von Isaac Sorenson, dem mächtigen Königsmagier, der durch Eid an Nicks Vater gebunden ist. Seitdem fehlt jede Spur von den dreien.

Unterdessen liegt Verzweiflung wie ein Stück Kohle in meinem Magen – und allein der Gedanke an Nicks Entführung facht sie zu einer schmerzhaften Flamme an, hell und vertraut.

Vor einem Monat, tief unter dem Campus der University of North Carolina (UNC), wurde die Seele von König Artus Pendragon zum Leben erweckt – in mir, seinem wahren Erben. Sein Erwachen gilt als Zeichen, dass Camlann, der uralte Krieg zwischen den Legendborn und den Shadowborn, erneut ausgebrochen ist. Und gleich am nächsten Tag haben die Regenten, die gegenwärtigen Anführer des Ordens der Tafelrunde, uns befohlen … einfach nichts zu unternehmen. Wir sollen den Unterricht besuchen, Klausuren schreiben, sogar auf Partys gehen, wenn man uns einlädt. Wir können es uns nicht leisten, Aufmerksamkeit auf die Bruderschaft – oder mich – zu ziehen, während der Geheimdienst der Regenten Informationen über unsere Feinde und Nicks Entführung durch einen namhaften, treu ergebenen Diener sammelt. Bis auf Weiteres wurde den Legendborn aufgetragen, abzuwarten und Däumchen zu drehen.

Für uns bedeutet das Wochen des kollektiven Atemanhaltens, während wir kurz vor einem Krieg stehen. Doch für mich bedeutet es außerdem, allein in meinem Zimmer in der Lodge zu sitzen, während die Legendborn draußen Jagd auf unsere Feinde machen.

Mein Vater kannte den Orden als eine altehrwürdige Studentenverbindung. Er wusste, dass Nick mich eingeladen hatte beizutreten. Aber nachdem mein Dad von meinem überstürzten Umzug in das Wohnheim außerhalb des Campus erfahren hatte, verlangte er eine Erklärung von mir. Es bedurfte des Dekans, meiner besten Freundin Alice und meiner ehemaligen Therapeutin Patricia, um ihn zu überzeugen, dass die Lodge respektabel und sicher ist. Ich konnte ihm nicht die ganze Wahrheit sagen, aber ich habe ihm versichert, dass es keinen sichereren Ort gebe. Und das stimmt auch, es ist nur …

Ich sollte nicht hier sein. Ich will nicht hier sein.

Weshalb ich beschlossen habe, dass ich … nicht hierbleibe.

Zumindest für ein paar Stunden.

Ein weiterer Blick auf die Uhr. Es ist jetzt Viertel vor elf. Das sollte ausreichen.

Während ich auf das Fensterbrett klettere, muss ich leise kichern. Selbst mit Artus’ Stärke hätte ich niemals auch nur in Erwägung gezogen, aus einem Fenster im zweiten Stock zu springen, hätte ich nicht Sel erlebt, der es vom dritten aus konnte – mit mir huckepack.

»Vielen Dank für den Tipp, Königsmagier«, murmle ich und grinse, während ich auf der schmalen hölzernen Fensterbank balanciere.

Der Unterschied zwischen einem Sprung und einem Sturz? Ein entschlossenes, festes Wegstoßen von der Steinmauer der Lodge.

»Eins.« Ich atme tief ein. »Zwei.« Ich beiße die Zähne zusammen. »Drei!« Ich springe.

Bei meiner Landung höre ich die Stimme meiner Trainerin Gillian, die mir rät, den Aufprall bewusst abzufedern, indem ich die Knie leicht anwinkle. Damals, als Gill mich zum ersten Mal trainiert hatte, bevor ich Artus’ übernatürliche Stärke besaß, hätten meine Beine nicht einmal einen Sprung aus ein paar Meter Höhe abfedern können. Ein Sprung wie dieser hätte die gesamte Wucht des Aufpralls direkt durch meine Fußknöchel in meine Knie und Hüfte gejagt.

Jetzt bewirkt Artus’ Stärke, dass ich mir nichts breche, aber meinem Gleichgewicht hilft sie nicht. Ich rapple mich auf, schwanke leicht, schaffe es jedoch, aufrecht stehen zu bleiben. Ein Fortschritt. Ich habe mich erst einen Meter vom Gebäude entfernt, als mich eine Stimme mitten in der Bewegung erstarren lässt.

»Eines Nachts wird er dich erwischen.«

Ich wirble herum und sehe eine Gestalt, die sich aus den Schatten schält. William in einer grünen Denimjacke und blauer Jeans mit einem gequälten Lächeln im Gesicht.

»Und was wird er dann tun?« Ich verschränke die Arme. »Mich wieder anschreien?«

Williams Mund zuckt. »Ja. Und zwar sehr laut.« Er legt den Kopf in den Nacken und späht zu meinem dunklen Fenster hoch. »Kein schlechter Sprung. Oder, besser gesagt, keine schlechte Landung. Du gewöhnst dich langsam an Artus’ Stärke.«

»Ja, nur …« Ich schüttle den Kopf. »Stärke allein reicht nicht aus.«

»Das tut sie nie.« William weiß am besten, was Stärke ist und was nicht. Zwei Stunden am Tag ist er der Stärkste von uns allen. Stärker als ich. Stärker als Sel. Sogar noch stärker als Felicity, die Erbin von Lamorak.

Stille. Ich kaue auf meiner Lippe herum. »Bist du hier, um mich aufzuhalten?« Er könnte es, wenn er wollte. Wahrscheinlich sollte er es tun, aber …

William seufzt und steckt die Hände in die Gesäßtaschen seiner Jeans. »Nein. Du würdest nur weiter versuchen, dich rauszuschleichen. Und dir immer abenteuerlichere Wege dafür ausdenken.«

Als ich William zum ersten Mal traf, war ich von einem Höllenhund verletzt worden. Er heilte mich – ich war dabei kaum bei Bewusstsein –, ohne meinen Namen zu kennen oder danach zu fragen. Und nicht viel später – als er genug wusste, um zu ahnen, dass meine Gründe, mich dem Orden anzuschließen, nicht ganz ehrlicher Natur waren – behandelte er erneut meine Verletzungen. William kennt die Macht von Geheimnissen und verurteilt andere nicht, wenn sie welche bewahren. Im Grunde ein...

Erscheint lt. Verlag 12.7.2023
Reihe/Serie Legendborn-Reihe
Legendborn-Reihe
Übersetzer Beate Brammertz
Sprache deutsch
Original-Titel Bloodmarked - Legendborn Book 2
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Schlagworte 2023 • Artusritter • Artussage • Black History • Booktok • College • eBooks • Fantasy • Fantasy Romance • Geheimbund • König Artus • Legendborn • Legendborn-Reihe • magische Gabe • Merlin • Neuerscheinung • Ritter • Romantik • Südstaaten • TikTok • tiktok made me buy it • Urban Fantasy
ISBN-10 3-641-29555-6 / 3641295556
ISBN-13 978-3-641-29555-4 / 9783641295554
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