Lieblingstochter (eBook)

Psychothriller
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
464 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60365-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Lieblingstochter -  Brianna Labuskes
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Wie stoppt man einen Psychopathen? Dr. Gretchen White hat als Spezialistin für Persönlichkeitsstörungen und Gewaltverbrechen schon viele prominente Fälle gelöst. Dabei ist sie selbst diagnostizierte Soziopathin und wurde einst verdächtigt, ihre Tante getötet zu haben. Detective Shaughnessy glaubt, dass sie mit einem Mord davongekommen ist. Dennoch soll sie die Polizei im Fall Viola Kent unterstützen. Das Mädchen soll seine Mutter getötet haben, gilt als erbarmungslos und manipulativ. Doch Gretchen glaubt an ihre Unschuld. Um die Wahrheit zu finden, muss sie eine Leere betreten, die dunkel, kaltblütig und erschreckend vertraut ist.

Brianna Labuskes hat bereits zahlreiche Psychothriller veröffentlich, die zu Bestsellern wurden. Als Redakteurin ist sie sowohl bei verschiedenen Zeitungen als auch bei nationalen Medienorganisationen tätig und berichtet u.a. über Politik. Sie wurde in Harrisburg, Pennsylvania, geboren und machte an der Penn State University ihren Abschluss in Journalismus. Brianna Labuskes lebt in Washington, DC, reist gerne, wandert und fährt Kajak.

Brianna Labuskes hat bereits zahlreiche Psychothriller veröffentlich, die zu Bestsellern wurden. Als Redakteurin ist sie sowohl bei verschiedenen Zeitungen als auch bei nationalen Medienorganisationen tätig und berichtet u.a. über Politik. Sie wurde in Harrisburg, Pennsylvania, geboren und machte an der Penn State University ihren Abschluss in Journalismus. Brianna Labuskes lebt in Washington, DC, reist gerne, wandert und fährt Kajak.

Kapitel Eins


Gretchen


Drei Tage vorher

Gretchen White konnte nicht leugnen, dass sie von den dunklen Flecken, die sich in Lena Bookers blutleeren Händen bildeten, fasziniert war. Genauso wie von den blassen Lippen und der Art, wie der Kopf ihrer Freundin auf dem Sofakissen ruhte.

»Warum überrascht es mich nicht besonders, Sie über eine Leiche gebeugt zu sehen?«, knurrte jemand mit starkem Bostoner Akzent hinter ihr.

»Weil Sie mich für eine Mörderin halten, die Sie einfach nicht zu fassen kriegen«, antwortete Gretchen trocken, aber aufrichtig, während sie sich umdrehte und feststellte, dass Detective Patrick Shaughnessy ihr über die Schulter linste. Neben ihm stand eine zierliche, aber kurvige Frau mit tintenschwarzem Haar und den großen nussbraunen Augen eines Hirschkalbs.

Eine Stunde war es her, dass Gretchen Lenas feuchtkalte Leiche gefunden hatte, zwei Stunden, dass ihre Freundin ihr diese verzweifelte Sprachnachricht geschickt hatte, und zwar auf das Handy, von dem sie Shaughnessy auf keinen Fall erzählen würde.

»Ich hab’s vermasselt, Gretch«, hatte Lena gesagt. Oder vielmehr gebeichtet.

»Eine Mörderin, die ich nicht zu fassen kriege«, wiederholte Shaughnessy und zog die Hose hoch, die ihm ständig unter die vom täglichen Konsum mehrerer Pints Bier und frittierten Essens wohlgenährte Wampe rutschte. »Besser hätte ich es nicht ausdrücken können.«

Die Frau mit den Rehaugen blickte von einem zum anderen. »Sie kennen sich?«

Gretchen verkniff sich den sarkastischen Kommentar, der ihre spontane Reaktion gewesen wäre. Sie war geübt darin, ihre erste Antwort hinunterzuschlucken, manchmal auch die zweite und die dritte. Tatsächlich konnte sie sich nicht erinnern, wann sie zuletzt jemandem begegnet war, bei dem sie nicht aufpassen musste, was sie sagte. Lena vielleicht, die manchmal selbst Lust gehabt hatte, bösartig zu sein. »Da haben Sie ja eine richtige Detektivin an Land gezogen, Shaughnessy.«

Es klang immer noch zu gehässig, um sozialverträglich zu sein. Aber da sie um die Leiche von Gretchens Freundin herumstanden, würden die beiden ihr diesen Tonfall vermutlich verzeihen.

Shaughnessy quittierte die Stichelei mit einem Schnauben. »Detective Lauren Marconi. Gretchen White.«

Gretchen bedachte ihn mit einem Seitenblick, weil er, nur um sie zu ärgern, ihren Titel weggelassen hatte. »Doktor.«

»Dr. Gretchen White«, korrigierte sich Shaughnessy mit irritierendem Nachdruck. »Unsere ortsansässige Soziopathin.«

Der Nachsatz war an Detective Marconi gerichtet, die ihre dichten, nicht gezupften Augenbrauen hochzog, sodass sich Falten auf ihrer bislang glatten Stirn bildeten. Gretchen nahm an, dass die Frau den Kommentar für eine Art Running Gag zwischen ihr und Shaughnessy hielt, denn mit dem Begriff »Soziopath« warfen die Leute heutzutage dermaßen leichtfertig um sich, dass er im Grunde jede Bedeutung verloren hatte. Aber Marconi würde bald verstehen, dass Shaughnessy nicht scherzte.

Gretchen nutzte den Augenblick, um die Frau genauer zu betrachten, die sie anfangs auf Ende zwanzig geschätzt hatte. Die Fältchen in ihren Augenwinkeln und um den Mund herum legten allerdings nahe, dass sie bereits in den Dreißigern war.

Marconis Lippen zuckten, während sie Gretchens prüfenden Blick über sich ergehen ließ. Sie trug die Uniform, die die meisten weiblichen Detectives in Boston zu bevorzugen schienen: Jeans, Stiefel, einen Blazer und darunter ein Button-down-Hemd, so als könnte diese Kombination sie professionell und gleichzeitig wie jemanden wirken lassen, der sich nicht unterkriegen lässt. In Marconis Gesicht war keine Spur von Make-up zu sehen, aber daran war Gretchen gewöhnt. Es war die Ablehnung von Weiblichkeit in der toxischen Altherrenriege, die man in dieser Stadt als Polizeibehörde bezeichnete.

Die Polizistin, die Shaughnessy ihr als seriös, knallhart und respektvoll beschrieben hatte, stand dicht hinter seiner linken Schulter. Und obwohl sie sich große Mühe gab, konnte sie ihre naturgegebene Schönheit nicht verbergen, jene atemberaubende Art von Schönheit, die in Gretchen normalerweise den Wunsch weckte, der betreffenden Person auf kreative Art Schmerzen zuzufügen.

Gretchens Augen wurden schmal, und sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Shaughnessy.

Der verzog den Mund zu einem Lächeln. »Unsere ortsansässige Soziopathin … und geschätzte externe Beraterin«, räumte er ein. »Sie war an der Lösung Dutzender Fälle beteiligt und ist auf antisoziale Persönlichkeitsstörungen und Gewaltverbrechen spezialisiert.«

»Beraterin ist die Kurzform für ›ich erledige die Arbeit für ihn‹«, sagte Gretchen, nun ihrerseits an Marconi gewandt. Wenn der Chef an diesem Morgen kleinlich sein wollte, würde sie nicht zögern, sich auf sein Niveau herabzubegeben. »Ich werde gerufen, wenn die Jungs hier nicht mehr aus der Sackgasse herausfinden, in die sie sich selbst hineinmanövriert haben.«

»Wohl eher aus ihrem Luxusleben herausgerissen«, murmelte Shaughnessy, aber ohne richtige Begeisterung. Sie befanden sich auf vertrauten, ausgetretenen Pfaden. Im Grunde waren es nur Neckereien, obwohl Gretchen nicht wusste, ob das für einen außenstehenden Beobachter zu erkennen war. Marconis komplett ausdrucksloses Gesicht enthüllte nichts.

»Ihre Inkompetenz hält mich genug auf Trab«, konterte Gretchen, obwohl das nicht ganz richtig war. Selbst in einer Stadt von der Größe Bostons hielt sich die Anzahl von Tötungsdelikten in Grenzen, und obwohl sie mehrfach auch vom FBI angefordert worden war, wurde sie nie außerhalb von Massachusetts eingesetzt.

Es reichte dennoch, denn sie lebte hauptsächlich von einem üppigen Treuhandfonds. Viel wichtiger war, dass die Beratertätigkeit für die intellektuelle Anregung sorgte, die Gretchen dringend brauchte. Langeweile musste sie um jeden Preis vermeiden, denn die konnte leicht zu selbstzerstörerischen Verhaltensweisen führen, die sich nicht mit dem Leben vertrugen, an dem sie sich derzeit erfreute.

Die Mordfälle halfen ihr, ein bestimmtes Bedürfnis zu befriedigen; von den Leichen ging eine morbide Faszination aus, auf die sie nicht verzichten konnte. Den Rest ihrer Zeit verbrachte sie mit dem Schreiben von Artikeln für Fachzeitschriften, die niemand lesen würde, die sie jedoch zu einer respektierten Vertreterin ihres Fachgebiets machten, sodass es nach wie vor gerechtfertigt war, wenn die Cops sie zurate zogen.

Gretchen konzentrierte sich wieder auf die Leiche, die auf der zehntausend Dollar teuren maßgefertigten Couch lag, um die Lena geschlagene zwei Monate lang herumgeschlichen war, ehe sie sich zum Kauf entschlossen hatte.

»Also, Gretch, was machen Sie hier wirklich?«, fragte Shaughnessy, der näher gekommen war, um besser sehen zu können. Seine Stimme klang nun ernst. Uniformierte strömten in die Wohnung herein und wieder hinaus wie dunkelblaues Wasser, aber Gretchen und Shaughnessy achteten nicht auf sie.

»Ich habe sie gefunden.«

Shaughnessy schnaubte amüsiert. »Wenn man bedenkt, dass Sie kein Cop sind, finden Sie verdammt viele Leichen.«

Eine Tatsache, die sie nicht leugnen konnte.

Gretchens Blick huschte zu Lena. Sie untersuchte und katalogisierte die Anzeichen der gerade einsetzenden Leichenstarre und der chemischen Reaktionen, die sich an Lenas Lidern, ihrem Kiefer und dem Hals zu schaffen machten. Als Gretchen vor einer Stunde in die Wohnung gestürzt war, hatte Lena für einen Moment ausgesehen, als schliefe sie nur.

Nun war die Realität nicht mehr zu verkennen.

»Es war eine Überdosis«, sagte sie. Lena hatte in der Vergangenheit mit Schmerzmitteln experimentiert, aber sie hatte immer genug Geld gehabt, um sich gutes Zeug zu besorgen. Gretchen fragte sich, ob sogar das heutzutage mit Fentanyl verschnitten wurde. Aber vielleicht hatte Lena diesmal einfach nicht aufgepasst, vielleicht war ihr der Ausgang der Sache...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2023
Übersetzer Anja Mehrmann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Camilla Way • Ermittlerin • Fitzek • LIEBESKIND • Mord • Neuerscheinung 2023 • Psychologin • Psychopath • Psychothriller • Spannung
ISBN-10 3-492-60365-3 / 3492603653
ISBN-13 978-3-492-60365-2 / 9783492603652
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