Straße nach überallhin (eBook)
256 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-60353-9 (ISBN)
Roger Zelazny (1937-1995) war ein US-amerikanischer Science-Fiction- und Fantasy-Autor. Im Laufe seines Lebens veröffentlichte er mehr als vierzig Romane und wurde sechsmal mit dem Hugo- und dreimal mit dem Nebula-Award ausgezeichnet. Viele einflussreiche Autoren der aktuellen Zeit wie George R. R. Martin, Neil Gaiman oder Andrzej Sapkowski wurden von ihm beeinflusst. Er starb im Alter von 58 Jahren an Krebs. Im Jahr 2010 wurde Zelazny posthum in die Science Fiction Hall of Fame aufgenommen.
Roger Zelazny war Science-Fiction- und Fantasy-Autor und sechsmaliger Gewinner des Hugo Award, sowie dreimaliger Gewinner des Nebula Award. Im Laufe seines Lebens veröffentlichte er mehr als vierzig Romane. Bereits mit seinem ersten Roman »Fluch der Unsterblichkeit«, wurde er mit dem Hugo Award für den besten Roman ausgezeichnet. Einen weiteren Hugo Award erhielt Zelazny für »Herr des Lichts«, seinen dritten Roman. Er starb im Alter von 58 Jahren an Krebs. Im Jahr 2010 wurde Zelazny posthum in die Science Fiction Hall of Fame aufgenommen.
1
Als er den winzigen, im Sonnenlicht glänzenden Fleck im Rückspiegel auftauchen sah, fluchte Red Dorakeen leise.
»Was ist los?«, erklang eine rauchige Stimme aus dem Armaturenbrett.
»Hä? Ich wusste gar nicht, dass ich dich angelassen habe.«
Seine rechte Hand bewegte sich auf den Schalter zu, doch dann ließ er sie sinken.
»Das hast du auch nicht. Ich habe mich selbst aktiviert.«
»Wie hast du das hinbekommen?«
»Erinnerst du dich daran, dass ich letzten Monat beim Kartenspielen eine Wartung von dir gewonnen habe? Es war genug Guthaben übrig, um ein paar zusätzliche Schaltkreise installieren zu lassen. Ich war der Meinung, dass es an der Zeit sei, meinen Horizont zu erweitern.«
»Willst du damit sagen, dass du mich einen ganzen Monat lang belauscht hast?«
»Ja. Du führst viele Selbstgespräche. Das ist lustig.«
»Dagegen müssen wir etwas unternehmen.«
»Du könntest aufhören, mit mir Karten zu spielen. Ich wiederhole – was ist los?«
»Ein Polizeiwagen. Nähert sich schnell. Vielleicht fährt er einfach an mir vorbei. Vielleicht auch nicht.«
»Ich wette, ich kann ihn plattmachen. Willst du einen Kampf?«
»Nein, zum Teufel. Halt die Füße still, Fleurs. Für manche Dinge muss man sich einfach Zeit nehmen.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Ich habe es nicht eilig. Wenn ich scheitere, versuche ich es noch mal. Oder ich versuche etwas anderes.«
Sein Blick wanderte wieder zum Rückspiegel. Das glänzende, tropfenförmige Fahrzeug war nun groß auf der Überholspur zu sehen und holte weiter auf, obwohl es anscheinend etwas langsamer geworden war.
»Ich verstehe es immer noch nicht.«
Er riss mit dem Daumen ein Streichholz an und hielt es sich an die Zigarre.
»Ich weiß. Mach dir keine Gedanken darüber – und falls es zu einer Diskussion kommt, halte dich raus.«
»Verstanden.«
Er warf einen Blick zur Seite. Das Fahrzeug war jetzt auf seiner Höhe und hatte die Geschwindigkeit angepasst. Er seufzte.
»Halt mich an oder fahr weiter, verdammt noch mal!«, brummte er. »Wir sind beide zu alt für Spielchen!«
Wie zur Antwort heulte eine Sirene auf. Eine Kugel stieg über das glänzende Dach empor und fing an zu blinken wie ein glühendes Auge.
Red lenkte das Auto an den Straßenrand. Erneut begann der Himmel zu pulsieren, wurde abwechselnd dunkel und hell, dunkler und heller. Als das Fahrzeug zum Stehen kam, hing dicht über dem Horizont zu seiner Rechten die Morgensonne, das Gras war frostblass, und Vögel zwitscherten. Das glänzende Fahrzeug hielt vor ihm. Beide Türen öffneten sich, und zwei Beamte in grauen Tuniken stiegen aus und kamen auf ihn zu. Er schaltete den Motor ab, saß ganz still da und atmete eine große Rauchwolke aus.
Der Fahrer des anderen Fahrzeugs trat an Reds Tür. Sein Begleiter ging zum Heck des Wagens. Der Erste der beiden blickte zu Red herein. Er lächelte leise.
»Da soll mich doch einer!«, sagte er.
»Hi, Tony!«
»Ich wusste nicht, dass du das bist, Red. Ich hoffe, dass du nichts allzu Scheußliches planst.«
Red zuckte mit den Schultern.
»Ach, ein bisschen hier was, ein bisschen dort was.«
»Tony«, erklang eine Stimme von hinten. »Sieh dir das hier mal an.«
»Ähm … ich muss dich darum bitten auszusteigen, Red.«
»Klar.«
Er öffnete die Tür und stieg aus dem Wagen.
»Was ist?«, fragte Tony, während er zu dem anderen nach hinten ging.
»Sieh mal.«
Er hatte die Plane an einer Ecke gelöst und abgehoben. Nun machte er sich daran, sie weiter zu lösen. »Die Dinger kenne ich! Das sind C-20-Gewehre, M-1 nennt man die.«
»Ja, ich weiß. Siehst du das da hinten? Browning-Automatik. Und das da ist eine Kiste Handgranaten. Und eine Menge Munition.«
Tony seufzte und drehte sich zu Red um.
»Sag nichts. Lass mich raten«, sagte er. »Ich weiß genau, wohin du unterwegs bist. Du glaubst immer noch, dass die Griechen die Schlacht von Marathon gewinnen sollten, und du willst ihnen unter die Arme greifen.«
Red verzog das Gesicht.
»Wie hast du das erraten?«
»Man hat dich schon zweimal dabei erwischt.«
»Und ihr habt mich gerade angehalten – bei einer zufälligen Kontrolle?«
»So ist es.«
»Du willst behaupten, niemand hat euch einen Tipp gegeben?«
Der Beamte zögerte und wandte kurz den Blick ab.
»So ist es.«
Ein Grinsen formte sich um Reds Zigarre.
»Okay. Ihr habt mich mit dem Zeug erwischt. Was macht ihr jetzt?«
»Zuerst einmal beschlagnahmen wir das alles. Du kannst uns dabei helfen, es in unseren Van zu schaffen.«
»Bekomme ich eine Quittung?«
»Verdammt noch mal, Red! Weißt du, wie ernst das ist, was du hier treibst?«
»Jau.«
»Zugegebenermaßen, uns passiert nichts, auch wenn du die Sache wirklich durchziehst. Du würdest allerdings eine weitere Abzweigung erschaffen. Oder eine neue Ausfahrt.«
»Und was ist daran so schlimm?«
»Wer weiß, wer dann in Zukunft auf der Straße unterwegs ist.«
»Hier sind schon eine Menge komischer Fische unterwegs, Tony. Sieh dir mal uns an.«
»Aber bei dir wissen wir, woran wir sind. Alle kennen dich. Wozu brauchst du überhaupt diese verdammte neue Abzweigung?«
»Weil es schon einmal so war, aber jetzt ist diese Nebenstraße versperrt. Ich versuche, eine bestimmte Kombination von Umständen wiederherzustellen.«
»An die erinnere ich mich nicht.«
»Du bist jung, Tony.«
»Ich verstehe dich nicht, Red. Komm, hilf mir mit den Waffen.«
»Okay.«
Sie machten sich daran, die Sachen ins andere Auto zu bringen.
»Du weißt, dass du damit aufhören musst.«
»Ich weiß, dass es Teil deiner Arbeit ist, so etwas im Blick zu behalten, ja.«
»Aber dir ist das scheißegal. Mal angenommen, du öffnest das Tor zu einem wirklich üblen Ort, voller gefährlicher, bösartiger Geschöpfe, die über die Fähigkeit verfügen, die Straße zu bereisen? Dann wären wir alle in Schwierigkeiten. Warum lasst ihr es nicht einfach?«
»Ich bin auf der Suche nach etwas, das ich anders nicht finden kann.«
»Kannst du mir vielleicht auch sagen, was?«
»Nein, das kann ich nicht. Es ist eine persönliche Angelegenheit.«
»Du bist bereit, es allen, die hier auf der Straße unterwegs sind, nur aus einer selbstsüchtigen kleinen Laune heraus zu versauen?«
»Jau.«
»Warum frage ich so was überhaupt. Ich kenne dich seit vierzig Jahren. Wie viele sind es für dich?«
»Fünf oder sechs Jahre. Vielleicht auch dreißig. Ich weiß es nicht. Machst du zwischendurch viel Büroarbeit?«
»Zu viel.«
»Das bringt dich vielleicht auf so komische Gedanken über neue Abzweigungen.«
»Genau genommen habe ich mir mit der Zeit einiges an Theorie darüber angeeignet, und die Sache ist mit Sicherheit komplizierter, als du denkst.«
»Papperlapapp! Es war schon einmal so, dann kann es auch wieder so werden.«
»Wenn du meinst, aber wir lassen dich trotzdem nicht einfach irgendwelchen Blödsinn machen.«
»Die Leute tun das täglich. Wozu ist man sonst auf der Straße unterwegs? Wo sie auch hingehen, auf die eine oder andere Art verändern sie das Wegenetz.«
Tonys Zähne klapperten.
»Ich weiß, und das allein schon macht einem Angst. Das müsste alles besser überwacht werden, man sollte Kontrollstellen einrichten …«
»Aber die Straße gibt es seit jeher und auch diejenigen von uns, die sie bereisen können. Die Welt nimmt ihren Lauf, die Straße nimmt ihren Lauf – von der Schöpfung bis zur Zerstörung, Amen, besser wissen wir es auch nicht. Worum geht es dir also?«
»Ich kenne dich seit vierzig Jahren – oder seit dreißig oder fünf oder sechs. Du hast dich nicht verändert. Ich dringe einfach nicht zu dir durch. Okay. Den Verkehr können wir größtenteils nicht kontrollieren, kleine Veränderungen nicht verhindern. Wir können allerdings die Augen nach großen Sachen offenhalten, und das tun wir auch. Und du hast immer mit den großen Sachen zu...
Erscheint lt. Verlag | 27.4.2023 |
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Nachwort | Uwe Anton |
Übersetzer | Jakob Schmidt |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Assassinen • Attentäter • George R. R. Martin • Science-fiction • Science Fiction Klassiker • SF Klassiker • Vendetta • Zeitreise |
ISBN-10 | 3-492-60353-X / 349260353X |
ISBN-13 | 978-3-492-60353-9 / 9783492603539 |
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