Auricher Betrug. Ostfrieslandkrimi -  Martin Windebruch

Auricher Betrug. Ostfrieslandkrimi (eBook)

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2022 | 1. Auflage
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-657-7 (ISBN)
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»Er war so ein Spöker, so ein Dickdoner, wissen Sie?« So mancher hielt Gretus Cordsen für einen Angeber, einen Wichtigtuer. Das gewöhnliche Angestellten-Gehalt des Baumarkt-Mitarbeiters und der kostspielige Lebensstil passten einfach nicht zusammen. Wie hat Gretus sein teures Auto, die zahlreichen Urlaube und die großzügigen Geschenke für seine Freundin Tina finanziert? Als Gretus in dem leerstehenden alten Kino in Aurich tot aufgefunden wird, merkt Kommissar Dr. Evert Brookmer jedenfalls schnell, dass hier etwas nicht stimmt. Dem ersten Eindruck nach ist der ostfriesische Hobby-Fotograf beim Versuch, an diesem verlassenen Ort ein spektakuläres Foto zu machen, von der Galerie des Kinosaals gestürzt. Doch es gibt auch Indizien, die einen Mord vermuten lassen. Um dem Täter auf die Spur zu kommen, müssen die Auricher Kommissare herausfinden, was Gretus Cordsen zu verbergen hatte. Schließlich kommen die Ermittler einem perfiden Betrug auf die Spur...

Kapitel 2


 

Die Ermittler mussten nicht weit vom Kino in die Nähe des alten Hafens von Aurich fahren, um zu Gretus Cordsens Wohnung zu gelangen. Unweit des Marktplatzes von Aurich lag seine Wohnung in einer Seitenstraße.

Gretus Cordsen hatte in einem Zweiparteienhaus gelebt. In dessen unterer Etage befanden sich zwei Läden. Zwischen den Fensterfronten der Geschäfte war die schmale Haustür, die zu den beiden Wohnungen im Obergeschoss führte. Die Ermittler öffneten mit dem Hausschlüssel des Toten und gingen die kurze Treppe hinauf. Oben angekommen landeten sie in einem kleinen Hausflur mit zwei Wohnungstüren. Das Treppenhaus war mit großen weißen Fliesen ausgelegt, die allerdings mal wieder gewischt gehörten. Sie gingen zur linken der beiden Haustüren, an der der Name ihres Mordopfers stand. Evert betätigte die Klingel von Gretus Cordsen und wartete. Als nichts geschah, probierte er die der Nachbarwohnung, auf deren Klingelschild »Familie Walz« stand. Auch hier geschah nichts.

Der Kommissar drückte erneut die Klingel und wartete. Als noch immer keine Reaktion kam, wandte er sich wieder der Tür von Cordsen zu und ließ sich von Wiebke den Haustür­schlüssel reichen. Mit diesem schloss er die Wohnungstür von Gretus Cordsens Wohnung auf und öffnete die Tür.

»Wat wullt ihr da?«, fragte jemand in diesem Augenblick hinter ihnen. Evert hatte noch die Türklinke in der Hand und die Tür halb geöffnet.

Der Kommissar drehte sich um. Dort stand ein Mann Anfang sechzig mit schütterem grauem Haar, das er zurückgekämmt hatte, damit es voller aussah. Er trug ein hellblau-grau kariertes Hemd mit kurzen Ärmeln mit einem dunkelblauen Pullunder darüber. Seine Jeanshose war ausgebeult und sah aus, als hätte er einige Kilo verloren. Seine Füße steckten in ledernen Haus­schuhen.

»Wir sind von der Kriminalpolizei«, erklärte Evert und stellte sich und seine Kollegin vor. Dabei zückte er seinen Dienstaus­weis und hielt ihn dem Mann entgegen.

»Mein Name ist Ammo Walz. Ich bin pensionierter Lehrer«, informierte er stolz die beiden Ermittler. »Wo waren Sie denn mal auf der Schule?«

Er sagte dies, als wäre ihm diese Antwort wichtiger als die Tatsache, dass zwei Kriminalkommissare vor ihm standen.

»Wir waren beide auf dem Upstalsboom-Gymnasium hier in Aurich«, sagte Evert und sah, wie sich Ammo Walz’ Stirn runzelte.

»Ach, von denen. Na, da musste ja was für die höhere Lauf­bahn draus werden. Wir hatten ja immer weniger Mittel als die Lehrer bei denen. Ist ja auch nicht einfach heutzutage, aber damals …«

»Herr Walz, wir sind hier wegen Ihres Nachbarn«, sagte Evert und unterbrach den Redeschwall des Mannes.

»Ja, was ist denn mit dem?«, fragte Ammo Walz irritiert. Seine Stirn legte sich in Falten.

»Er wurde vor einigen Stunden tot aufgefunden und wir ermitteln hier in einem möglichen Mordfall«, erklärte Evert. Zu genau wollte er nicht ins Detail gehen, immerhin konnte es sich dabei um Täterwissen handeln.

»So ein Schiet! Er ist tot?«, fragte der Mann und wirkte ehrlich erstaunt.

»Das ist er«, bestätigte Evert.

»Das hätte ich ja von ihm nicht gedacht. Ich meine nicht das Sterben, das muss ja jeder mal. Ich meine das Umgebracht­werden. Immerhin muss er ja umgebracht worden sein, wenn die Kripo hier auftaucht«, sagte Ammo Walz.

»Ich denke, die wenigsten Menschen, die ermordet werden, legen es darauf an, dass ihnen so etwas passiert«, bemerkte Wiebke, doch Ammo Walz sah das anders.

»Nein, aber manche, denke ich, schon eher als andere«, hielt der Mann dagegen.

»Wie meinen Sie das?«, wollte Wiebke nun genauer wissen.

»Ja nun, manche begeben sich ja in Gesellschaft, da kann sowas passieren«, erklärte Ammo Walz.

»Ihr Nachbar auch?«, wollte Evert es nun genauer wissen.

»Nein, eben nicht! Der war ein Netter, der Herr Cordsen. Hätte ich jetzt nicht gedacht, dass der etwas tut, für das ihn jemand umbringt«, versuchte der Mann nun zu erklären.

»Verstehe. Wie war denn Ihr Verhältnis zu Ihrem Nachbarn, erzählen Sie uns doch mal ein wenig von ihm«, bat der Kommissar ihn.

»Na ja, also Herr Cordsen wohnte dort schon seit sicher fünf oder sechs Jahren und man begegnete sich meist auf dem Flur. Zuerst dachte ich ja, er kann sich die Miete sicher nicht leisten, wissen Sie? Das Haus ist ziemlich stark renoviert worden und als er hier eingezogen ist … na ja, aber er ist wohl sehr sparsam gewesen. Sowas find ich persönlich ja sehr gut.«

»Wieso dachten Sie, er kann es sich nicht leisten?«, hakte Wiebke nach.

»Weil er ja nur in einer Tierhandlung gearbeitet hat. Nein, warten Sie, das heißt anders. Also, ich habe ihn mal bei der Arbeit getroffen, er arbeitet bei einem Baumarkt im Norden von Aurich. Da gibt es eine Abteilung für Tierbedarf, da arbeitet er. Also keine richtige Tierhandlung«, versuchte Ammo Walz den Beruf seines Nachbarn zu umschreiben.

»Verstehe. Hatte Herr Cordsen denn Angehörige, von denen Sie wissen?«

»Nein, ich habe jedenfalls bisher keine Verwandten kennen­gelernt. Aber da war immer wieder eine Frau. Ich komm nicht auf den Namen, war aber aus der Gegend. Meene hieß sie, Tina oder Tanja oder so.« Er kratzte sich am Kinn.

»Ammo?«, kam nun eine weibliche Stimme aus der Wohnung. »Geht weiter mit dem Film. Die Werbung ist rum.«

»Komme sofort«, gab Ammo zurück. Dann drehte er sich vollends in seinen Wohnungsflur und rief: »Sag mal, Rieke, wie hieß die Freundin vom Herrn Cordsen denn nochmal?«

»Wieso willst du das denn wissen?«, fragte nun eine dunkel­haarige Frau mit kräftigen Locken, die in den Flur trat. Sie trug eine sich an den Oberarmen inzwischen leicht spannende Bluse und einen dunklen Rock. Sie war im gleichen Alter wie Ammo Walz und trat nun zu ihm an die Haustür. »Wer sind Sie denn?«, fragte die Frau die beiden Ermittler.

»Kripo Aurich«, stellte Evert sich und seine Kollegin vor, als er seinen Dienstausweis an die Frau weitergab.

»Rieke Walz«, sagte sie und gab den Ausweis zurück.

Fiete schnüffelte neugierig am Rocksaum der Frau.

»Lass das«, wies der Kommissar ihn an und zog Fiete an seiner Leine ein Stück zurück, doch die Frau hob die Hände.

»Ach, lassen Sie ihn nur. Der sieht ja knuffig aus. Labrador, oder?«

»Das ist richtig, Labrador Retriever«, bestätigte Evert. Die Frau kraulte Fiete zwischen den Ohren, was dem Hund zu gefallen schien.

»Ich war heute bei einer Freundin, die hat auch einen Hund. Das riecht er sicher. Ein feiner Spürhund bist du, ja«, sagte sie halb zum Kommissar, halb zum schwarzen Labrador Retrie­ver.

»Die sind hier, weil man Herrn Cordsen umgebracht hat«, sagte nun Rieke Walz’ Mann.

»Echt?«, fragte Frau Walz nun erstaunt.

»Ja, leider ist es wahr«, bestätigte der Kommissar, der ver­suchte, ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich und von dem Hund zu lenken. Das schien gar nicht so leicht zu sein, wie er feststellen musste. »Wissen Sie vielleicht den Namen von Gretus Cordsens Partnerin?«, fragte der Kommissar. »Ihr Mann sagte, dass er wohl eine feste Freundin hatte.«

Frau Walz streichelte weiter den Hund. Sie hob erneut den Blick zum Ermittler. »Oh ja, ich kenne seine Freundin. Sie heißt Tina. Ich glaube, Tina Meene. Die beiden sind schon mehrere Jahre zusammen, vielleicht zwei oder drei? Sie wirkt sehr liebenswert und ist, glaube ich, ganz vernarrt in Herrn Cordsen. Aber laut waren die schon in letzter Zeit«, fügte Rieke Walz hinzu. Dabei bekam sie einen leicht verschwöreri­schen Tonfall. Sie richtete sich wieder ganz auf und hörte auf, den Labrador Retriever zwischen den Ohren zu kraulen. Fiete sah sie erwartungsvoll an, doch sie blickte nun zum Kommis­sar.

»Können Sie das bitte etwas genauer erklären?«, bat Evert sie.

»Ja nun, die sind schon recht laut seit einiger Zeit«, sagte Rieke Walz dann. »Also seit einigen Jahren haben wir ja die Kinder endlich aus dem Haus. Bei der Jüngsten dachten wir ja, das wird nichts mehr, aber die hat nun doch einen netten Mann gefunden und dann ging es sehr schnell. Seitdem ist es oft sehr ruhig in der Wohnung, da hört man so einiges.«

Der Labrador Retriever gab nun seine Blicke zu Rieke Walz hin auf und stellte sich wieder neben den Kommissar.

»Herr Cordsen wurde also öfter laut?«, versuchte Evert das Gespräch in die richtige Richtung zu lenken.

»Nein, die letzten Male eigentlich eher seine Freundin, Tina Meene. Die haben sich die letzten Monate immer mal gestrit­ten«, sagte Rieke Walz.

»Hast du gar nichts von erzählt«, bemerkte Ammo Walz.

»Ich dachte, das interessiert dich eh nicht. Hätte es?«

»Nein, vermutlich nicht«, stimmte er ihr zu.

»Na also«, sagte Rieke Walz zufrieden und...

Erscheint lt. Verlag 30.9.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-657-5 / 3965866575
ISBN-13 978-3-96586-657-7 / 9783965866577
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