Dr. Hope - Schicksal einer Ärztin (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
288 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-98990-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Dr. Hope - Schicksal einer Ärztin -  Torsten Dewi,  Katrin Tempel
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Eine große Liebe, ein faszinierendes Leben, eine starke Frau - die wahre Geschichte der ersten Ärztin Deutschlands. Für alle Leser:innen von Romanbiographien einzigartiger Frauen Hope strich sich aufgeregt eine Strähne ihrer glatten, dunkelblonden Haare hinter das Ohr. »Ehrlich?« Erst jetzt fiel ihr auf, wie unhöflich die Frage war. »Ich meine: Dieses College ist hier in London? Und es dürfen alle Frauen dorthin? Wo haben Sie denn Ihre Praxis? Behandeln Sie auch Männer? Was sagt Ihr Mann dazu - oder haben Sie vielleicht gar keinen Mann?« Deutschland, Ende des 19. Jahrhunderts: Ein Skandal bahnt sich in der Familie Bridges an. Hope, die ungewöhnlich intelligente und lebhafte Tochter, studiert gegen den Willen ihrer Familie - mit dem Ziel, die erste praktizierende Ärztin Deutschlands zu werden! Bald darauf eröffnet sie gemeinsam mit ihrem Mann eine Praxis, um den Armen und Schwachen zu helfen. Doch als Hope im hitzköpfigen Revolutionär Carl Lehmann die Liebe ihres Lebens findet, zerbricht ihre Ehe.

Torsten Dewi, geboren 1968, lebt in München. Aus seiner Feder stammen die Romane »Der Ring der Nibelungen« und »Die Rache der Nibelungen« sowie Drehbücher zu Filmen wie »Apokalypse Eis« und »Lost City Raiders«. Gemeinsam mit Katrin Tempel verfasste er das Drehbuch zum TV-Film »Dr. Hope - eine Frau gibt nicht auf«. Er arbeitet als Projektentwickler und Skriptdoktor.

London, 1871


»Und beste Grüße zur Genesung an den Herrn Papa!« Der Apotheker zwinkerte, und Hope fragte sich, ob er damit eine verschlüsselte Botschaft loswerden wollte – oder ob er lediglich eine merkwürdige Marotte hatte. Ihre Finger schlossen sich um das kleine Glasfläschchen, das er ihr reichte. »Das werde ich ihm gerne ausrichten«, entgegnete sie ernst. »Aber es geht ihm nicht gut. Seine Lunge …«

Sie sah durch die trüben Scheiben der Schaufenster hinaus. Der Regen vermischte sich mit dem Dreck auf dem Kopfsteinpflaster zu einem schmierigen Film. Es dämmerte schon wieder, obwohl doch eben erst Mittagszeit gewesen war. Höchste Zeit, sich auf den Weg nach Hause zu machen. Sie nickte dem Apotheker zu, zog den Schal fester über ihre Zöpfe, und schon stand sie auf dem Bürgersteig. Die Londoner drängten sich dicht an dicht, der kalte Geruch nach ungewaschenen Menschen und feuchter Wolle drang in ihre Nase. Obwohl die neue Untergrundlinie jetzt schon einige Zeit in Betrieb war, wurden die Menschenmengen nicht weniger. Ihr schien es fast, als ob die ganze Welt ihr Glück in London suchte. Oder wenigstens eine Arbeitsstelle. Sie schüttelte den Kopf und machte sich auf den Weg. So schnell es ging, lief sie an den Hauswänden entlang nach Hause.

»Victoria!«

Der Schrei einer Frau ein paar Meter entfernt. Eine junge Stimme. Hope hob ihren Blick – und entdeckte ein pausbäckiges kleines Mädchen, das mit weit ausgebreiteten Armen über die Straße rannte. Sie sah aus wie ein kleiner Engel, mit blonden Locken und großen, dunklen Augen. Was immer sie auf der anderen Seite entdeckt haben mochte – Hope hatte nur Augen für die elegante Droschke, die um die Ecke bog. Auf dem Kopfsteinpflaster schlingerte sie kurz, dann nahm sie wieder Fahrt auf. Das blonde Mädchen entdeckte die Gefahr erst jetzt. Sie hielt mitten auf der Straße an und sah mit offen stehendem Mund den beiden Pferden entgegen. Der Klang der eisenbeschlagenen Hufe mischte sich mit dem Ruf des Kindermädchens. »Victoria! Komm sofort zurück.«

»Jetzt haltet doch an!«, schrie jetzt auch Hope, während sie auf die Straße rannte. Sie packte das Mädchen und zerrte es weiter. Das Rad der Kutsche verfing sich einen Augenblick in ihrem weiten Rock, bis es sich mit dem scharfen Geräusch von reißendem Stoff löste. Hope strauchelte und fiel mit dem Mädchen im Arm auf das Kopfsteinpflaster. Während sie noch die glatten Sohlen der Schnürstiefel verfluchte, blieb ihr die Luft weg. Das eng geschnürte Korsett war einfach nicht für solche Übungen gedacht. Kurz verschwammen der Regen, das Kopfsteinpflaster und das zappelnde Mädchen in ihrem Arm zu einem fernen Traum, dann drangen die Geräusche allmählich wieder klar an ihre Ohren.

Vorsichtig richtete sie sich auf und sah sich um. Die Droschke verschwand am Ende der Straße. Der Fahrer hielt es für überflüssig, sich nach den Mädchen umzusehen, die ihm da vor die Pferde gesprungen waren. Wenigstens beugte sich ein verängstigtes Gesicht besorgt über Hope. Die Sorge galt allerdings nicht ihrer Gesundheit. Offensichtlich war es das Kindermädchen, ungefähr im gleichen Alter wie Hope. Sie griff nach dem rundlichen Kinderarm des kleinen Mädchens, das jetzt angefangen hatte, schrill zu heulen und sich aus Hopes festem Griff zu winden.

»Das ist deine eigene Schuld! Ich habe dir doch gesagt, dass du immer bei mir bleiben sollst! Ich werde es deiner Mutter sagen, dass du wieder ungehorsam warst – sie wird sich schon um deine Strafe kümmern!«, schimpfte das Kindermädchen, während sie das Mädchen auf die Beine zog. Ohne einen weiteren Blick auf Hope zu werfen, nahm sie das Mädchen auf den Arm und verschwand in der gaffenden Menge auf dem Bürgersteig.

Hope kam ächzend auf die Beine. Wenigstens ein kleines Dankeschön wäre nett gewesen. Ihr Knöchel tat weh, das Kleid hatte einen langen Riss und war mit dem Dreck der Straße verschmiert. Hastig fingerte sie nach dem Glasfläschchen in ihrer Tasche. Es war noch ganz, das war das Wichtigste. Sehr viel langsamer als vorher humpelte sie nach Hause.

Als sie schließlich die schwere Tür zum Haus ihrer Eltern aufdrückte, war sie völlig durchnässt. Sie setzte sich auf die Treppe und machte sich an ihrem klammen Schnürstiefel zu schaffen. Mit steifen Fingern öffnete sie vorsichtig die Schnürsenkel. Langsam zog sie den Fuß heraus, bewegte vorsichtig den Knöchel und zog eine Grimasse. Dafür hatte sie eigentlich ewige Dankbarkeit von diesem Kindermädchen verdient! Sie hörte die leise Stimme ihrer Mutter im Salon und humpelte schnell durch die Tür – sie musste unbedingt ihre Empörung loswerden.

»Stell dir vor …«, begann sie, als sie in der Tür wie vom Donner gerührt stehen blieb. Ihre Eltern hatten Besuch – und sie tauchte ausgerechnet jetzt in diesem nassen, zerrissenen Kleid auf. Auf dem Sofa saß eine schmale Frau, die sie neugierig aus ihren ernsten Augen musterte.

William Bridges hob eine Augenbraue in die Höhe. »Hope, du siehst aus, als ob du in einen Krieg geraten wärst – dabei solltest du doch nur meine Medizin abholen.« Er lächelte sie warm an. »Hat sich der Apotheker etwa geweigert, meine Tropfen herauszugeben?«

Hope griff in ihre Manteltasche und reichte ihm das Glasfläschchen. »Der Apotheker war kein Problem – ich habe mich nur auf dem Heimweg vor eine Kutsche geworfen …« Mit wenigen Worten erzählte sie von ihrem Abenteuer.

Die Besucherin richtete sich auf. »Kann ich deinen Knöchel sehen?« Fragend sah Hope ihre Eltern an. Sie sollte einer wildfremden Frau ihr Bein entgegenstrecken?

»Beth ist Ärztin, sie kann dir sicher sagen, ob du dich ernsthaft verletzt hast!«, ermunterte ihre Mutter sie. Zögernd raffte Hope ihre Röcke nach oben. Mit erstaunlich festem Griff packte die Besucherin ihr Bein und verdrehte den Knöchel etwas. Hope entwich ein überraschter Schmerzenslaut. Mit einem zufriedenen Nicken ließ die Frau ihren Knöchel wieder los. »Der ist wirklich nur verstaucht, mach dir keine Sorgen!«

»Sind Sie wirklich Ärztin?«, platzte es aus Hope heraus. »Ich meine – es gibt doch gar keine Ärztinnen! Das können doch nur Männer!« Sie musterte die Frau kurz. Das lange dunkle Haar trug sie in einem eleganten Knoten im Nacken, das graue Kleid ließ ihre Haut noch heller wirken, als sie ohnehin war. Die dunklen Augen waren von einem kleinen Kranz feiner Fältchen umgeben – ansonsten wirkte sie erstaunlich jung. »Vielleicht sind Sie ja Krankenschwester, so wie Florence Nightingale?«, schlug Hope verlegen vor.

»Du hast recht: Es gibt nicht viele wie mich«, nickte die Frau freundlich und streckte ihr die Hand entgegen. »Ich habe mich auch noch nicht vorgestellt: Mein Name ist Elizabeth Garrett. Und seit letztem Jahr bin ich Ärztin. Mit Florence habe ich zusammen ein College gegründet, an dem Frauen Medizin studieren können.«

Hope strich sich aufgeregt eine Strähne ihrer glatten, dunkelblonden Haare hinter das Ohr. »Ehrlich?« Erst jetzt fiel ihr auf, wie unhöflich die Frage war. »Ich meine: Dieses College ist hier in London? Und es dürfen alle Frauen dorthin? Wo haben Sie denn Ihre Praxis? Behandeln Sie auch Männer? Was sagt Ihr Mann dazu – oder haben Sie vielleicht gar keinen Mann?«

»Halt, halt«, unterbrach sie ihr Vater. »Du kannst unseren Besuch nicht mit all deinen Fragen gleichzeitig bombardieren. Du musst Beth schon Zeit geben, dir zu antworten …«

»Verzeihen Sie«, murmelte Hope verlegen. »Aber ich hätte so gerne gewusst …«

Beth hob die Hände. »Du musst dich nicht entschuldigen. Die Antwort ist kompliziert: Ja, ich durfte in England Medizin studieren. Aber ein Studienabschluss wurde mit verwehrt, den habe ich letztes Jahr erst an der Sorbonne in Paris gemacht. Aber jetzt bin ich hier – und ich habe meinen Traumberuf!«

»Können Sie meinen Vater gesund machen?«, platzte Hope heraus und biss sich sofort wieder auf die Unterlippe. Sie musste endlich aufhören, sich wie ein kleines Mädchen zu benehmen. Für eine junge Dame geziemte es sich nicht, immer das zu sagen, was ihr gerade durch den Kopf ging.

Elizabeth Garrett sah verwirrt zu dem stattlichen, weißhaarigen Mann in dem Lehnstuhl hin. »Dein Vater?« Sie runzelte die Stirn. »Fehlt ihm denn etwas?«

»Nein, nein«, antwortete William Bridges hastig. »Wir unterhalten uns mit Beth, um sie für einen Vortrag für die...

Erscheint lt. Verlag 27.10.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Biographie • Emanzipation • erste Ärztin Deutschlands • Heike Makatsch • ZDF Film
ISBN-10 3-492-98990-X / 349298990X
ISBN-13 978-3-492-98990-9 / 9783492989909
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