Der König von Usa -  Benita Batliner

Der König von Usa (eBook)

Melindor-Trilogie, Band II
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2022 | 1. Auflage
462 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7562-5306-7 (ISBN)
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Grosse Gefahr schwebt über dem Zauberwald und seinen Bewohnern. König Revda von Usa und sein Freund, der Zauberer Semadar, hecken einen teuflischen Plan aus, um die Herrschaft über die Elben und ganz Melindor zu erlangen. Gewarnt vom Raben Harak ruft der König der Elben seine Verbündeten und Freunde zum Kriegsrat nach Merilsilivren. Darunter sind auch Geronimo, Deborah und die Fliegenden Schweine. Gemeinsam mit ihren Freunden stellen sie sich der drohenden Gefahr. Während die Elben und ihre Verbündeten sich im Zauberwald auf den Kampf vorbereiten, schickt der Elbenkönig Geronimo und Deborah auf eine ganz besondere Mission. Aber das ist nicht die einzige Herausforderung, der sich die beiden Freunde stellen müssen. Wird es ihnen gelingen, einmal mehr über sich selbst hinauszuwachsen? Und werden sie es schaffen, ihre Freunde und den Zauberwald zu retten? Eine fesselnde und berührende Geschichte über Freundschaft und Vertrauen und darüber, dass sich jede Mühe lohnt, um das Gute in sich selbst und in der Welt zu bewahren.

DER PLAN


„Der König ist tot!“

Revda schloss für einen Moment die Augen und gab sich den wohligen Schwingungen dieser Worte hin. Sie liebkosten jede Zelle seines Körpers. Plötzlich fühlte er sich leicht und frei von einem Gewicht, das ihn jahrzehntelang niedergedrückt hatte. Er atmete tief durch wie ein Gefangener, der nach langen Jahren aus der modrigen Dunkelheit seines Verlieses endlich wieder an die frische Luft gelangt. Nur beiläufig nahm er wahr, wie der Leibarzt die Finger von König Siklos’ Halsschlagader nahm und einen mitfühlenden Blick mit seiner Schwester Sepora tauschte, die daraufhin schluchzend über dem Leichnam zusammenbrach.

Die Diener, die an den gedrechselten Eichenpfosten des Himmelbettes standen, neigten in stiller Trauer den Kopf. Revda starrte noch einige Augenblicke auf seinen toten Vater, um sich davon zu überzeugen, dass er wirklich den letzten Atemzug getan hatte, dann drehte er sich um, damit niemand das zufriedene Lächeln bemerkte, das seine hageren Wangen auseinanderschob. Er schritt zum Fenster und blickte über die Bucht von Usa. Die Sonne liess silberne Sterne auf dem Wasser tanzen, im Hafen schaukelten die Fischerboote auf sanften Wellen und die Gischt kitzelte die Kaimauer. Auf dem Marktplatz herrschte reges Treiben.

Hie und da drangen die Rufe der Händler bis hinauf zur Burg, die mit ihren vielen bunten Türmen und Zinnen auf der weissen Kalkfelsnase thronte, die im Westen der Stadt aufs Meer hinausragte. Die sandfarbenen Häuser schmiegten sich vertrauensvoll an den Fuss des Burgfelsens, wie an einen beschützenden Vater.

„In dieser Rolle hast du dir gefallen, Siklos“, dachte Revda. „Deine ganze Liebe galt den Usaern. Und deiner Tochter Sepora. Ich, dein Sohn, hingegen, war dir seit dem Tag des Unglücks ein Stachel im Fleisch, der deinen Schmerz lebendig hielt“. Der wohlbekannte Geschmack von Bitterkeit, der immer solche Gedanken begleitete, legte sich auf Revdas Zunge. Er schluckte ihn hinunter. Das war jetzt alles nicht mehr von Bedeutung. Seine Stunde war gekommen. Er würde nicht länger im Schatten stehen. Revda straffte seine Schultern. Mit einem letzten Blick auf die Stadt dachte er voller Genugtuung:

„Alles mein! Und bald noch viel mehr. Endlich ist der alte Versager tot.“ Revda liess sich das Wort ‚tot‘ genüsslich auf der Zunge zergehen. Wie lange hatte er auf diesen Moment gewartet. Wie lange darauf hingearbeitet. Er war bereit. Bereit für die Macht. Bereit, den lang gehegten Plan in die Tat umzusetzen.

Revda presste ein paar Tränen aus seinen dunklen Augen und setzte seine bekümmertste Miene auf. Er war der geborene Schauspieler. Ein Talent, das ihm aus seiner Not erwachsen war. Sogar sein Vater hatte ihm die Rolle des treu ergebenen Sohnes und des rücksichtsvollen, sein Volk liebenden Thronerben abgenommen.

Wie naiv der Alte doch gewesen war. Blind für alles, was sein Sohn hinter seinem Rücken trieb. Es hatte ihn ohnehin nicht sonderlich interessiert, was Revda tat. Selbst Sepora hatte nichts bemerkt. Zu sehr war sie mit der Pflege des alten kranken Vaters beschäftigt gewesen, wenn sie nicht bei ihrem Gatten in Tarugard weilte.

Bald würde ein anderer Wind um die Ohren der Bürger von Usa pfeifen und weit über die Grenzen der Stadt hinaus. Revda drehte sich um, ohne den Raben, der sich hinter einem Wasserspeier versteckt hatte, bemerkt zu haben und trat hinter seine Schwester. Sanft legte er ihr die Hände auf die Schultern.

„Meine Liebe, komm.“ Er zog sie hoch, nahm sie in die Arme und strich ihr tröstend über den Rücken. „Das ist wahrlich unsere dunkelste Stunde.“ Er nickte einem Diener zu. „Lasst die schwarze Fahne hissen und die Fanfaren blasen.“

Eine Weile stand er so da, seine weinende Schwester im Arm. Vorsichtig löste er sich von ihr, hob ihr Kinn und sagte:

„Es ist Zeit. Wir müssen uns dem Volk zeigen. Geh dich frisch machen und komm auf den grossen Balkon.“ Er küsste ihre Nasenspitze, dann winkte er zwei alte Frauen herbei, die in einer Ecke gewartet hatten. Sie würden den alten König Siklos für die Totenwache und das spätere Begräbnis herrichten.

Revda eilte durch den langen Korridor, von dessen Wänden ihn seine Ahnen aus imposanten Gemälden beobachteten. Er rannte die breite Treppe hinab, stiess ungeduldig eine Wache beiseite, die auf ihrem Posten am Torbogen eingedöst war und überquerte den marmornen Innenhof, in dem der Springbrunnen plätscherte.

Er hastete den offenen Bogengang hinunter, schritt zügig über den Rasen und vorbei am Kräutergarten, um endlich den violetten Turm durch die schlichte Eisentür zu betreten. Zwei Stufen auf einmal nehmend, stieg er die Wendeltreppe empor. Die ganze Zeit war ihm der Rabe Harak ausserhalb des Schlosses gefolgt. Er hatte durch die Fenster gespäht, um Revda nicht zu verlieren, obwohl er schon ahnte, wohin es den Königssohn so dringlich trieb. Er beobachtete ihn schon seit geraumer Zeit. Und er hatte richtig vermutet. Im violetten Turm lag das Reich des Hofalchemisten und Zauberers Semadar. Harak liess sich auf dem steinernen Sims nieder und spähte durchs Fenster in den kreisrunden Raum hinein, in dessen Mitte ein riesiger eiserner Ofen stand. Harak hatte das Labor des Alchemisten schon bei früheren Gelegenheiten in Augenschein genommen und war immer wieder fasziniert und verstört darüber, was er dort vorfand. In die russgeschwärzten Wände waren seltsame Zeichen, Runen und alchemistische Formeln geritzt. Spiralen und Mandalas, Tiere, Zahlen, Rezepte für Zaubertränke und endlose Berechnungen bedeckten die massiven Steinquader. Es war nur noch wenig Raum frei, und Harak fragte sich, wo der Zauberer seine Notizen hinkritzelte, wenn alles vollgeschrieben sein würde.

Ein herrisches Klopfen an der Tür liess Harak zusammenzucken. Das musste Revda sein. Schnell drückte sich Harak in eine Nische in der Wand. Semadar rauschte die Treppe herunter, die sich spiralförmig an der Innenwand in die oberen Stockwerke schraubte. So schwarz wie Harak war, so weiss war der Alchemist. Es schien, als wäre er nicht aus Fleisch und Blut wie andere Menschen, sondern bestünde aus verdichtetem Nebel. Sogar seine Augen waren farblos, wie die eines Blinden, aber Harak wusste, dass Semadar sehr gut sehen konnte. Er hatte schon öfter den Eindruck gehabt, dass der Zauberer tief in die Seelen der Menschen blickte.

Der weisse Umhang mit dem roten Seidenfutter blähte sich, als Semadar zwei Stufen auf einmal übersprang. Die Kapuze rutschte von seinem Kopf herunter und offenbarte Harak die Narbe, die wie ein Wurm von der linken Augenbraue bis hinter das rechte Ohr über den kahlen Schädel kroch. Haraks Nackenfedern sträubten sich. Nichts hatte ihn je so geängstigt, wie der Anblick dieses Zauberers.

Mit wenigen Schritten war Semadar bei der Tür, schob den Eisenriegel zurück und zog den schweren Torflügel einen Spalt weit auf. Revda schlüpfte hindurch und schloss die Tür hinter sich, indem er sich mit dem Rücken dagegen lehnte. Er grinste den Zauberer breit an.

„Ist er tot?“, fragte Semadar ohne das leiseste Zeichen von Bedauern in der Stimme.

Revda nickte, trat zu Semadar hin, umarmte ihn kurz und klopfte ihm dabei freundschaftlich auf die Schulter. Die beiden blickten sich in die Augen und lachten. Schlagartig wurde Revda wieder ernst.

„Bald ist es soweit mein Freund. Die Vorbereitungen sind beinahe abgeschlossen, wie du ja weisst. Jetzt müssen wir nur noch Mokrin von unserer Sache überzeugen, was nicht allzu schwierig werden wird. Ich begleite meine Schwester nach dem Begräbnis nach Tarugard. Bei dieser Gelegenheit werde ich mit Mokrin sprechen und ihm die nette kleine Geschichte erzählen, die wir uns ausgedacht haben.“

Revda grinste und rieb sich die langfingrigen Hände. „Mokrin ist labil und daher leicht zu beeinflussen. Ausserdem haben wir ja noch dein Wunderwässerchen, das ihm den Rest seiner Zweifel zerstreuen und ihm klarmachen wird, wie wichtig dieser Krieg für uns alle ist.“ Revda zwinkerte Semadar zu.

„Ach Semadar, ich kann es kaum erwarten in die Schlacht zu ziehen.“ Revda breitete seine Arme in einer besitzergreifenden Geste aus und rief: „Der Zauberwald ist unser!“

Harak wäre vor Schreck beinahe vom Sims gefallen. Eine Weile starrte er die beiden Männer mit offenem Schnabel an, dann stiess er sich vom Sims ab und schoss Richtung Süden davon. Er flog zwei Nächte und Tage durch und gönnte sich nur wenige kurze Pausen. Völlig erschöpft erreichte er das Ufer am Knie des Namur, wo die Raben seiner Sippe in einem Birkenwald ihr Lager aufgeschlagen hatten. Die Morgensonne hauchte ein rosa Glänzen über die weissen Baumstämme, und das Gras strahlte golden. Die meisten Raben waren schon munter. Sie staksten zwischen den Bäumen umher, um sich ihr Frühstück zu suchen.

„Borax!“, rief Harak so laut es seine geschundenen Lungen noch zuliessen. „Borax, wo bist du? Schnell!“

Die Raben, die um ihren Fürsten herumstanden, hüpften rasch zur Seite, um Harak durchzulassen. Borax stocherte mit einem dünnen Zweig, den er an...

Erscheint lt. Verlag 11.8.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
ISBN-10 3-7562-5306-6 / 3756253066
ISBN-13 978-3-7562-5306-7 / 9783756253067
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