Die Leiche im Meer. Ostfrieslandkrimi -  Jan Olsen

Die Leiche im Meer. Ostfrieslandkrimi (eBook)

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-623-2 (ISBN)
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Eine Wachsleiche im Ostfriesischen Gatje bei Greetsiel! Kapitän Felix Seitz entdeckt während eines Einsatzes mit dem Boot der Wasserschutzpolizei die Leiche eines Mannes im Wattenmeer. Der Tote steckt in einem Leichensack, der offensichtlich vom Mörder mit einem Gewicht beschwert wurde, um ihn am Meeresgrund zu halten. Die Obduktion ergibt, dass der Tote schon etwa ein Jahr unter Wasser lag. Die Greetsieler Kommissare Ruth Fasan und Hagen Reese müssen zunächst herausfinden, um wen es sich bei dem Toten überhaupt handelt. Der junge Mann hatte sich den Namen „Crescentia“ auf die Fußsohle tätowieren lassen. Ist das Tattoo ausgerechnet auf dieser empfindsamen Körperpartie ein Ausdruck übersteigerter Leidenschaft? Liegt in der Unbekannten mit dem außergewöhnlichen Namen der Schlüssel zur Lösung des Falls? Und tatsächlich: Die Ermittler finden eine Frau mit dem Namen Crescentia, und zwar in Greetsiel...

Kapitel 1


 

Kapitän Felix Seitz stand am Bug des Polizeibootes und blickte übers nächtliche Meer hinweg Richtung Greetsiel. Die Hände um die Reling geschlossen stand er aufrecht da und ließ den kühlen Fahrt­wind über sein braungebranntes Gesicht streichen. Ein paar Strähnen seines dunkelblonden Haars lugten vorwitzig unter der Kapitäns­mütze hervor, und auf seinen markanten Gesichtszügen lag ein versonnener Ausdruck.

Das Boot der Wasserschutzpolizei war die ganze Nacht über auf großer Revierfahrt gewesen und befand sich nun auf dem Weg in den Heimathafen. Im Emden gab es für die Radbod eine eigene Anlegestelle. Bis das Streifenboot dort anlangte, galt es aber noch, eine Strecke von etwa dreißig Kilometern zurückzulegen.

Zurzeit bewegte sich das Boot durch das Ostfriesische Gatje, eine tiefe Senke im Wattenmeer, die stets Wasser führte und den Mündungsbereich der Ems markierte. Das Gezeitengewässer mit tidenabhängigen Tiefen bot den Schiffen, die den Hafen in Emden anliefen, Tag und Nacht eine verlässliche Fahrrinne.

Der Einsatz des Polizeibootes war verhältnismäßig ereignislos verlaufen. Davon abgesehen, dass Seitz den Kapitänen einiger Frachter eine Verwarnung hatte aussprechen müssen, weil ihre Schiffe auf der Wasserstraße jenseits der Ostfriesischen Inseln zu schnell unterwegs gewesen waren, hatte es für die dreiköpfige Mannschaft der Radbod kaum etwas zu tun gegeben.

Auch die See hatte sich in den vergangenen Stunden von ihrer gefälligen Seite gezeigt. Der Wellengang war nach wie vor unge­wöhnlich seicht, und das Licht des Halbmondes, der seine Bahn über einen wolkenlosen Himmel zog, tanzte silbrig glitzernd auf den krausen Wogen.

Am östlichen Horizont kündigte sich mit einem blassblauen Schimmer jetzt die Morgendämmerung an und ließ die Sterne langsam verblassen. Die Ebbe würde ihren Tiefpunkt bald erreichen, und es schien, als würde der blanke Hans für einen Moment müde den Atem anhalten. Wie die geschuppte Haut eines schlummernden teerschwarzen Ungetüms erstreckte sich das gemächlich trocken laufende Wattenmeer nach allen Seiten.

Kapitän Seitz stellte den Kragen seiner Uniformjacke auf, denn die Herbstkühle griff jetzt mit ihren klammen Fingern nach ihm. In die Wärme des Steuerhauses zurückzukehren, kam für ihn dennoch nicht infrage. Am Bug seines Bootes zu stehen und die vibrierende Kraft des Motors unter seinen Füßen zu spüren, der die Radbod unermüd­lich vorantrieb, gehörte zu den Momenten, die er besonders schätzte. Doch heute berührte ihn der Anblick des Meeres mehr als üblich. Er glaubte, darin eine Bedeutung zu erkennen, die er auf diese Weise so noch nie wahrgenommen hatte.

Erneut hob er den Blick seiner hellblauen Augen und spähte zur Küste hinüber. Das Festland hob sich wie eine auf dem Wasser ruhende Kruste, wie der Schorf, der die Wunde des blanken Hans bedeckte, vor dem Horizont ab. Hier und da schimmerten ein paar Lichter, aber noch war es zu früh und die meisten Menschen lagen noch in tiefem Schlummer. Erst wenn sie erwachten, würde das künstliche Leuchten zunehmen und schließlich irgendwann mit dem Grau des Morgens verschmelzen. Bis es so weit war, würde es aber noch ein wenig dauern.

Felix ertappte sich dabei, wie er nach einem Licht am westlichen Ortsrand von Greetsiel Ausschau hielt. Dort irgendwo befand sich das alte Deichhaus, in dem Hauptkommissarin Ruth Fasan lebte. Die Entfernung war jedoch zu groß, um Einzelheiten erkennen zu können. Felix vermutete auch, dass Ruth noch in ihrem Bett lag und friedlich träumte …

Der Kapitän atmete die würzige Meeresluft tief ein und behielt sie einen Moment lang in seiner Lunge, ehe er ausatmete. Er fühlte, wie sich sein Herzschlag leicht beschleunigte. An Ruth Fasan zu denken, wühlte ihn innerlich auf eine angenehme Art auf und belebte seinen Geist.

Nachdenklich senkte er den Blick, schaute hinab auf das dunkle Wasser des Gatje mit den glitzernden Splittern Mondlicht darauf. Das Wattenmeer erschien ihm plötzlich wie ein Gleichnis; er meinte, das Wesen der Hauptkommissarin darin zu erblicken. Ruth war geheimnisvoll schön; ihr kühles Äußeres konnte ihm aber nicht verbergen, wie aufwühlend und stürmisch sie beizeiten sein konnte …

Felix furchte leicht die Stirn. Dass ihm derartige Gedanken durch den Kopf gingen, kannte er von sich gar nicht. Er war ein prag­matisch denkender, konservativer Mensch; romantische Gefühle und der Hang zu schnulzigen Anwandlungen, wie er sie selbst im Stillen nannte, waren ihm fremd. Und dennoch beschäftigten ihn derartige Regungen jetzt.

»Bist du womöglich in diese Frau verliebt?«, fragte er sich murmelnd.

Als er Ruth vor einigen Monaten das erste Mal im Hafen von Greetsiel begegnet war, hatte er sofort gespürt, dass sie etwas Besonderes war. Diese reife Frau mit der rauen Schale, die in der Hamburger Kripo durch eine harte Schule gegangen war und in Greetsiel nun einen Neuanfang beginnen wollte, hatte einen Charme ausgestrahlt, der Felix sofort in den Bann geschlagen hatte. So wie Ruth war auch er nicht mehr der Jüngste, aber das spielte überhaupt keine Rolle, wenn er mit ihr zusammen war. In ihrer Gegenwart fühlte er sich zeitlos jung. Es hatte ihn selbst überrascht, wie sehr er sich bemüht hatte, ihr näher zu kommen. Offenbar hatte er in ihr ebenfalls eine Saite zum Klingen gebracht, denn Ruth zeigte sich nicht abgeneigt, auf seine Annäherungsversuche einzugehen. Kürzlich hatte sie ihn sogar zu einer gemeinsamen Nacht in ihrem Deichhaus eingeladen …

Plötzlich stutzte Felix. Irgendetwas störte seinen verträumt auf das dunkle Wasser gerichteten Blick. Ein pechschwarzer Schleier ver­hüllte den Mondglanz auf den Wellen. Wie ein langer breiter Schal aus stumpfem schwarzem Samt ruhte das Dunkel auf dem Meer.

Im nächsten Moment verriet Felix’ geübter Blick, womit er es zu tun hatte: eine auf dem Wasser treibende Ölspur!

Rasch zog er das Funkgerät von seinem Gürtel. »Petre«, rief er seinen Steuermann an. »Sofort anhalten!«

Petre Stevens reagierte prompt und ohne Nachfrage. Das Rumoren im Bauch des Küstenbootes schwoll kurz an, als er vollen Gegen­schub gab. Die Radbod verlangsamte die Fahrt und stand dann wankend still. Das Dröhnen der Maschine verebbte und ging in ein gleichmäßiges Tuckern über.

»Scheinwerfer vor den Bug ausrichten«, gab Seitz über Funk einen weiteren Befehl an das Steuerhaus durch.

Der schwenkbare Scheinwerfer am Gerätemast flammte auf und riss das Wasser vor dem Bug aus dem Dunkeln. Der Gegenschub der Schiffsschraube hatte das Gatje stark aufgewühlt. Es wallte heftig unter der Oberfläche, aber dort, wo das Öl auf den Wellen lag, verursachte die Unterströmung bloß ein träges Auf und Ab.

»Speichern Sie die Koordinaten«, sprach Felix in das Funkgerät. »Vor uns liegt ein Ölteppich. Wir werden das ganze Ausmaß dieser Verunreinigung erfassen und versuchen, den Verursacher zu …«

Der Kapitän brach ab. In der Lichtinsel, die das Wasser vor ihm hell erleuchtete, war ein Gegenstand aufgetaucht. Er schimmerte matt­schwarz im Scheinwerferlicht, und doch schien es sich nicht um Öl zu handeln. Auch hatte das Objekt abseits des Ölteppichs die Ober­fläche durchstoßen, nur wenige Meter vom Bug der Radbod entfernt. Es trieb lang ausgestreckt auf den Wellen der sich langsam legenden Unterströmung, die das Streifenboot verursacht hatte.

»Sehen Sie das auch?«, hörte Felix die Stimme seines Steuer­mannes aus dem Funkgerät dringen. »Was ist das?«

Felix beugte sich über die Reling und spähte angestrengt. »Das Objekt ist etwa zwei Meter lang und circa einen halben Meter breit«, informierte er Petre über Funk. Der Kapitän verengte die Augen zu schmalen Schlitzen und betrachtete das Treibgut eingehend. Offen­bar schien es sich um einen in eine schwarze Folie eingewickelten länglichen Gegenstand zu handeln. Die Hülle sah allerdings schon nicht mehr ganz neu aus.

Felix stieß einen überraschten Laut aus, als er gewahr wurde, dass sich unter der Plastikfolie vage die Konturen eines menschlichen Körpers abzeichneten.

»Es sieht aus wie ein lebloser Mensch«, sprach er ins Funkgerät. »Er ist in irgendetwas eingewickelt, wie es scheint.« Felix richtete sich auf. »Wir werden das Objekt bergen!«, bestimmte er. »Informie­ren Sie Ole; er soll mir helfen, das Beiboot zu Wasser zu lassen und das Treibgut zu sichern.«

 

*

 

Der Maschinist Ole Gröber setzte das Tochterboot der Radbod mit dem Heckkran auf den Wellen ab. Daraufhin stieg Kapitän Seitz die Sprossenleiter hinab und wechselte in das feste Schlauchboot über. Ole folgte ihm kurz darauf.

Der Maschinist machte sich sogleich daran, die Haken der Halte­seile loszumachen. Als er damit fertig war, hob er beide Daumen, um seinem Kapitän zu bedeuten, dass sie abfahrbereit waren. Felix, der vor dem Steuerruder stand, gab Gas und...

Erscheint lt. Verlag 28.7.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-623-0 / 3965866230
ISBN-13 978-3-96586-623-2 / 9783965866232
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