Aphorismen (eBook)

Ebner-Eschenbach, Marie von - Deutsch-Lektüre, Deutsche Klassiker der Literatur - 14328
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2022 | 1. Auflage
126 Seiten
Reclam Verlag
978-3-15-962030-5 (ISBN)

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Aphorismen -  Marie von Ebner-Eschenbach
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Marie von Ebner-Eschenbach schrieb in der Überzeugung, ihre Worte könnten die Gedanken ihrer Zeit verändern. Ihre Aphorismen, in denen sie pointiert ihre Weltsicht formuliert, zeugen von ihrem Scharfsinn, ihrer Menschenkenntnis und ihrem Selbstbewusstsein als Frau. »Eine gescheite Frau hat Millionen geborener Feinde: - alle dummen Männer«, lautet eine ihrer Einsichten. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.

Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach , geb. Freiin (seit 1843: Grä?n) von Dubsky (13.9.1830 Schloss Zdislawic [Mähren] - 12.3.1916 Wien) kämpfte zeit ihres Lebens selbstbewusst gegen festgefahrene ständische Konventionen und Geschlechterrollen. Sie absolvierte als Frau aus adeligem Haus eine Ausbildung zur Uhrmacherin und betätigte sich als Schriftstellerin. Ihre satirischen und gesellschaftskritischen Werke, so z. B. die Novelle »Krambambuli« oder ihre Romane »Lotti, die Uhrmacherin«, »Unsühnbar« und »Das Gemeindekind«, gehören zum festen Kanon der österreichischen Literatur. Ebenfalls erfreuen sich ihre »Aphorismen« großer Beliebtheit. Gekrönt wurde ihr außergewöhnlicher Werdegang mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Wien im Jahr 1900 - als erste Frau.

Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach , geb. Freiin (seit 1843: Gräfin) von Dubsky (13.9.1830 Schloss Zdislawic [Mähren] – 12.3.1916 Wien) kämpfte zeit ihres Lebens selbstbewusst gegen festgefahrene ständische Konventionen und Geschlechterrollen. Sie absolvierte als Frau aus adeligem Haus eine Ausbildung zur Uhrmacherin und betätigte sich als Schriftstellerin. Ihre satirischen und gesellschaftskritischen Werke, so z. B. die Novelle »Krambambuli« oder ihre Romane »Lotti, die Uhrmacherin«, »Unsühnbar« und »Das Gemeindekind«, gehören zum festen Kanon der österreichischen Literatur. Ebenfalls erfreuen sich ihre »Aphorismen« großer Beliebtheit. Gekrönt wurde ihr außergewöhnlicher Werdegang mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Wien im Jahr 1900 – als erste Frau.

Aphorismen

Zu dieser Ausgabe
Nachwort

[7]Sag etwas, das sich von selbst versteht, zum ersten Mal, und du bist unsterblich.

 

Was uns an der sichtbaren Schönheit entzückt, ist ewig nur die unsichtbare.

 

Die verstehen sehr wenig, die nur das verstehen, was sich erklären lässt.

 

Ein Urteil lässt sich widerlegen, aber niemals ein Vorurteil.

 

Vertrauen ist Mut, und Treue ist Kraft.

 

Die jetzigen Menschen sind zum Tadeln geboren. Vom ganzen Achilles sehen sie nur die Ferse.

 

Die glücklichen Pessimisten! Welche Freude empfinden sie, sooft sie bewiesen haben, dass es keine Freude gibt.

 

[8]Es hat noch niemand etwas Ordentliches geleistet, der nicht etwas Außerordentliches leisten wollte.

 

Siege, aber triumphiere nicht.

 

Der Zufall ist die in Schleier gehüllte Notwendigkeit.

 

Andere neidlos Erfolge erringen sehen, nach denen man selbst strebt, ist Größe.

 

Der Hochmut ist ein plebejisches Laster.

 

Geduld mit der Streitsucht der Einfältigen! Es ist nicht leicht zu begreifen, dass man nicht begreift.

 

Die größte Nachsicht mit einem Menschen entspringt aus der Verzweiflung an ihm.

 

[9]Alt werden heißt sehend werden.

 

Anmut ist ein Ausströmen der inneren Harmonie.

 

Wie weise muss man sein, um immer gut zu sein!

 

Die einfachste und bekannteste Wahrheit erscheint uns augenblicklich neu und wunderbar, sobald wir sie zum ersten Male an uns selbst erleben.

 

Der Verstandesmensch verhöhnt nichts so bitter als den Edelmut, dessen er sich unfähig fühlt.

 

Wir verlangen sehr oft nur deshalb Tugenden von anderen, damit unsere Fehler sich bequemer breitmachen können.

 

Der Gescheitere gibt nach! Ein unsterbliches Wort. Es begründet die Weltherrschaft der Dummheit.

 

[10]Künstler, was du nicht schaffen musst, das darfst du nicht schaffen wollen.

 

Je mehr du dich selbst liebst, je mehr bist du dein eigener Feind.

 

Eiserne Ausdauer und klaglose Entsagung sind die zwei äußersten Pole der menschlichen Kraft.

 

Nichts wird so oft unwiederbringlich versäumt wie eine Gelegenheit, die sich täglich bietet.

 

Warten lernen wir gewöhnlich erst, wenn wir nichts mehr zu erwarten haben.

 

Die Leidenschaft ist immer ein Leiden, auch die befriedigte.

 

[11]Schüchterne Dummheit und verschämte Armut sind den Göttern heilig.

 

Wenn es einen Glauben gibt, der Berge versetzen kann, so ist es der Glaube an die eigene Kraft.

 

Die Konsequenzen unserer guten Handlungen verfolgen uns unerbittlich und sind oft schwerer zu tragen als die der bösen.

 

Die Gutmütigkeit gemeiner Menschen gleicht dem Irrlicht. Vertraue nur seinem gleißenden Schein, es führt dich gewiss in den Sumpf.

 

Es gibt Frauen, die ihre Männer mit einer ebenso blinden, schwärmerischen und rätselhaften Liebe lieben wie Nonnen ihr Kloster.

 

Gebrannte Kinder fürchten das Feuer oder vernarren sich darein.

 

[12]Mitleid ist Liebe im Negligé.

 

Ehen werden im Himmel geschlossen, aber dass sie gut geraten, darauf wird dort nicht gesehen.

 

Wer an die Freiheit des menschlichen Willens glaubt, hat nie geliebt und nie gehasst.

 

Die meisten Menschen brauchen mehr Liebe, als sie verdienen.

 

Ein Dichter, der einen Menschen kennt, kann hundert schildern.

 

Einer der seltensten Glücksfälle, die uns werden können, ist die Gelegenheit zu einer gut angewendeten Wohltat.

 

Die meisten Nachahmer lockt das Unnachahmliche.

 

[13]Haben und nichts geben ist in manchen Fällen schlechter als stehlen.

 

Der Arme rechnet dem Reichen die Großmut niemals als Tugend an.

 

Die Leute, denen man nie widerspricht, sind entweder die, welche man am meisten liebt, oder die, welche man am geringsten achtet.

 

Die meiste Nachsicht übt der, der die wenigste braucht.

 

Wenn ein Mensch uns zugleich Mitleid und Ehrfurcht einflößt, dann ist seine Macht über uns grenzenlos.

 

Räson annehmen kann niemand, der nicht schon welche hat.

 

[14]Wenn jemand etwas kann, das gewöhnliche Menschen nicht können, so trösten sie sich damit, dass er gewiss von allem, was sie können, nichts kann.

 

Hüte dich vor der Tugend, die zu besitzen ein Mensch von sich selber rühmt.

 

Wenn man nur die Alten liest, ist man sicher, immer neu zu bleiben.

 

Das Mitleid des Schwächlings ist ein Licht, das nicht wärmt.

 

Wer sich seiner eigenen Kindheit nicht mehr deutlich erinnert, ist ein schlechter Erzieher.

 

Die eingebildeten Übel sind die unheilbarsten.

 

[15]Selbst der bescheidenste Mensch hält mehr von sich, als sein bester Freund von ihm hält.

 

Wenn der Kunst kein Tempel mehr offensteht, dann flüchtet sie in die Werkstatt.

 

Man muss das Gute tun, damit es in der Welt sei.

 

Der Hass ist ein fruchtbares, der Neid ein steriles Laster.

 

Wir sollen immer verzeihen, dem Reuigen um seinetwillen, dem Reuelosen um unseretwillen.

 

Das Motiv einer guten Handlung ist manchmal nichts anderes als zur rechten Zeit eingetretene Reue.

 

Das Vertrauen ist etwas so Schönes, dass selbst der ärgste Betrüger sich eines gewissen Respekts nicht erwehren kann vor dem, der es ihm schenkt.

 

[16]Auch die Tugend ist eine Kunst, und auch ihre Anhänger teilen sich in Ausübende und in bloße Liebhaber.

 

Was du zu müssen glaubst, ist das, was du willst.

 

Das Alter verklärt oder versteinert.

 

Die Güte, die nicht grenzenlos ist, verdient den Namen nicht.

 

In der Jugend lernt, im Alter versteht man.

 

Es ist ein Unglück, dass ein braves Talent und ein braver Mann so selten zusammenkommen!

 

In einem guten Buche stehen mehr Wahrheiten, als sein Verfasser hineinzuschreiben meinte.

 

[17]Wir entschuldigen nichts so leicht als Torheiten, die uns zuliebe begangen wurden.

 

Unbegründeter Tadel ist manchmal eine feine Form der Schmeichelei.

 

Sei deines Willens Herr und deines Gewissens Knecht.

 

Natur ist Wahrheit; Kunst ist die höchste Wahrheit.

 

Zu späte Erfüllung einer Sehnsucht labt nicht mehr. Die lechzende Seele zehrt sie auf wie glühendes Eisen einen Wassertropfen.

 

Die Toren wissen gewöhnlich das am besten, was jemals in Erfahrung zu bringen der Weise verzweifelt.

 

[18]Wenn die Neugier sich auf ernsthafte Dinge richtet, dann nennt man sie Wissensdrang.

 

Etwas sollen wir unseren sogenannten guten Freunden immer abzulernen suchen – ihre Scharfsichtigkeit für unsere Fehler.

 

Die Liebe hat nicht nur Rechte, sie hat auch immer recht.

 

Nur was für die Gegenwart zu gut ist, ist gut genug für die Zukunft.

 

Nicht jene, die streiten, sind zu fürchten, sondern jene, die ausweichen.

 

In jedem tüchtigen Menschen steckt ein Poet und kommt beim Schreiben zum Vorschein, beim Lesen, beim Sprechen oder beim Zuhören.

 

[19]Unerreichbare Wünsche werden als »fromme« bezeichnet. Man scheint anzunehmen, dass nur die profanen in Erfüllung gehen.

 

Der Geist ist ein intermittierender, die Güte ein permanenter Quell.

 

Man kann viele Dinge kaufen, die unbezahlbar sind.

 

Wenn zwei brave Menschen über Grundsätze streiten, haben immer beide recht.

 

Nichts ist weniger verheißend als Frühreife; die junge Distel sieht einem zukünftigen Baume viel ähnlicher als die junge Eiche.

 

Wenn die Missgunst aufhören muss, fremdes Verdienst zu leugnen, fängt sie an, es zu ignorieren.

 

[20]Die...

Erscheint lt. Verlag 19.7.2022
Reihe/Serie Reclams Universal-Bibliothek
Reclams Universal-Bibliothek
Nachwort Ingrid Cella
Verlagsort Ditzingen
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Aphorismen
Schlagworte Deutsch • Deutsch-Unterricht • Ebner-Eschenbach Aphorismen • Ebner-Eschenbach Essays • Ebner-Eschenbach Sinnsprüche • Ebner-Eschenbach Spruchsammlung • Ebner-Eschenbach Textsammlung • Ebner-Eschenbach Zitate • Ebner-Eschenbach Zitatsammlung • gelb • gelbe bücher • Klassenlektüre • Lektüre • Literatur Klassiker • Reclam Hefte • Reclams Universal Bibliothek • Schullektüre • Weltliteratur
ISBN-10 3-15-962030-1 / 3159620301
ISBN-13 978-3-15-962030-5 / 9783159620305
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