Eine Anzeige in der Zeitung (eBook)
EDITION digital (Verlag)
978-3-96521-717-1 (ISBN)
Vor zwei Jahren, Mitte August, war Manfred Just in der kleinen Stadt L. an unserer Schule aufgetaucht. Er war nicht zu übersehen, schon sein Äußeres sorgte dafür. Das gefiel mir nicht besonders. Auch Karl Strebelow teilte meine Meinung. Oder ich seine. Ich weiß nicht mehr genau, sprachen wir zunächst über Justs Äußeres oder über seine für unsere Begriffe hemmungslose Neugier, mit der er Kollegen, Schüler, Wandzeitungen, die Einrichtungen des Lehrerzimmers, überhaupt alles in unserer Schule musterte und begutachtete.
Sein Äußeres? Weiße Flanellhosen, zitronengelbes Hemd, offener Kragen und ein buntes Seidentüchlein um den Hals gebunden. Die Haare blond und für einen Lehrer etwas zu lang. In dieser Aufmachung stand er da oder schlenderte umher, sah sich alles an und hatte immer ein leichtes Lächeln im Gesicht.
Manfred Just, Oberlehrer, Geschichte, Geografie, Staatsbürgerkunde. Wird in diesen Fächern unterrichten, wie er vorgestellt wurde, kam von der berühmten Einstein-Schule, einer Erweiterten Oberschule in P., eine Bahnstunde von seinem jetzigen Arbeitsort an der 6. Oberschule in L. ( einer stinknormalen Schule) entfernt, aber weshalb er versetzt worden war, erfuhren seine neue Kolleginnen und Kollegen nicht. Ein Abstieg?
Just fällt aber nicht nur durch seine Kleidung auf, sondern auch durch seine Art des Unterrichts auf und durch seine Fragen, die zum Diskutieren reizen. Just bringt Unruhe in die Schule. In einer „besonderen Mission“ soll ihn Kähne unter Beobachtung halten. Und dann das:
„Woran ist er gestorben?“, fragte ich ungeduldig.
„An einer Überdosis Tabletten“, sagte Karl Strebelow nüchtern.
Ich glaubte, mich verhört zu haben.
„An Tabletten?“
„Ja, an einer Überdosis. Zuviel hat er geschluckt.“
„Er hat sich das Leben genommen?“
„Eine Anzeige in der Zeitung“ war auch vom DDR-Fernsehen verfilmt und erstmals am 7. September 1980 ausgestrahlt worden – mit Alexander Lang als Manfred Just, Hans Teuscher und Christine Schorn als Herbert Kähne und Eva Kähne sowie Kurt Böwe als Schuldirektor Karl Strebelow.
Geboren am 6. Januar 1928 in Breslau, gestorben am 14. Juli 2010 in Berlin. Ab 1944 Flakhelfer, sowjetische Kriegsgefangenschaft bis Oktober 1949. Bauarbeiter, Volkspolizist. Nach dem Pädagogikstudium war er Erzieher in einem Jugendwerkhof und in einem Lehrlingswohnheim. 1958 erhielt er für sein erstes Jugendbuch „Der Schwarze Peter“ den Jugendbuchpreis des Ministeriums für Kultur. Weitere Auszeichnungen: Kunstpreis des FDGB 1966, 1973 Nationalpreis 2. Klasse 1971 Held der Arbeit 1974 Nationalpreis 1. Klasse 1978 Joh.-R.-Becher-Medaille in Gold 1979 Vaterländischer Verdienstorden in Gold 1979 Ehrenspange zum VVO in Gold 1988 Goethepreis der Stadt Berlin 1983
Erscheint lt. Verlag | 20.6.2022 |
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Verlagsort | Pinnow |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | DDR • Ehrlichkeit • Freundschaft • Krankheit • Lehrer • Liebe • Selbstmord • Suizid • Tod • Vertrauen • Vorbild |
ISBN-10 | 3-96521-717-8 / 3965217178 |
ISBN-13 | 978-3-96521-717-1 / 9783965217171 |
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Größe: 240 KB
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