Toskanische Vergeltung (eBook)

Kriminalroman | Dolce Vita, Wein und Mord in der Toskana
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2022 | 1., Deutsche Erstausgabe
372 Seiten
Insel Verlag
978-3-458-77355-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Toskanische Vergeltung - Camilla Trinchieri
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Vino, Amore und ein Toter - der perfekte Urlaubskrimi für Italien-Fans

Ein Jahr ist vergangen, seitdem der Ex-Polizist Nico Doyle ins idyllische Gravigna in der Toskana gezogen ist. Er hat sich eingelebt, hilft im Restaurant seiner Verwandten, öffnet sich wieder der Liebe, streift mit seinem Hund durch die Weinberge und isst Cornetto in der Bar All'Angolo. Ein mitten auf der Piazza geparkter Jaguar sorgt für Gesprächsstoff: Michele Mantelli, ein bekannter Weinkritiker, ist in eine handfeste Auseinandersetzung mit Nicos Freund Aldo Ferri geraten. Ein harmloser Streit unter Konkurrenten? Oder geht es um Aldos Frau, die Michele noch von früher kennt?
Als Mantelli mit seinem Sportwagen tödlich verunglückt, gerät Aldo unter Verdacht - und Nico wieder mitten in einen Mordfall ...



<p>Camilla Trinchieri, geboren in Prag, lebt in New York. Neben ihren Toskana-Kriminalromanen um den Polizisten Nico Doyle hat sie weitere erfolgreiche Krimis unter den Pseudonymen Trella Crespi und Camilla Crespi ver&ouml;ffentlicht.</p>

= ‌EINS ‌=


Gravigna, eine kleine Stadt in den Hügeln des Chianti

Ein Dienstag im Juni, morgens um 7:50 Uhr

Ex-Detective Nico Doyle parkte seinen roten Fiat 500 unter einem wolkenlosen Himmel, der einen weiteren heißen Tag verhieß, und folgte seinem Hund über die verlassene zentrale Piazza. Für Touristen war es zu früh am Tag. Die Tische und Stühle vor der Trattoria da Gino würden erst in zwei Stunden herausgestellt werden. Die Bänke, auf den die vier Rentner tagtäglich saßen, um Neuigkeiten auszutauschen, waren noch leer. In der Bar All'Angolo am hinteren Ende der Piazza, die seit sechs Uhr morgens geöffnet hatte, erwartete ihn sein Frühstück.

OneWag wetzte durch die offene Tür ins Café, die Schnauze bereits gesenkt, um den Fußboden zu sondieren. Nico folgte ihm und ließ dabei den Blick über die Tische schweifen. Es waren nur wenige Gäste da. Letzte Woche zur selben Zeit hatten sich hier Schülerinnen und Schüler gedrängt, die mit vollen Mündern schwatzten, und deren bunte Rucksäcke überall im Weg lagen. Doch inzwischen hatten die Schulferien begonnen, und jetzt frühstückten sie zu Hause. Die paar Einheimischen, die es nicht weit zur Arbeit hatten, standen mit Espressotassen in der Hand an der Theke und unterhielten sich.

Sandro, einer der beiden Cafébesitzer, war wie immer hinter der Kasse. Er blickte hoch.

»Ciao, Nico.«

Ein paar Einheimische drehten den Kopf, um ihm zuzunicken.

»Salve«, grüßte Nico zurück. Er trat vor die Kasse. »Na, wie läuft's?«

»Bisher gibt es nichts zu klagen«, erwiderte Sandro mit einem Lächeln. Er war ein gutaussehender schlaksiger Mann irgendwo in den Vierzigern mit einem kleinen Goldstecker im Ohr. »Noch ist es ja kühl genug, aber holen Sie schon mal Ihren Fächer raus. Heute werden wir schmoren.«

»Ich wollte ihn ja dazu bringen, dass er eine Klimaanlage einbauen lässt«, sagte Jimmy, sein Ehemann. Er war zuständig für die Bedienung der riesigen heißen Espressomaschine aus Edelstahl am hinteren Ende der Bar sowie des Backofens, der die köstlichsten Cornetti diesseits von Florenz produzierte.

Sandro schüttelte den Kopf. »Zu teuer. Außerdem schadet es der Gesundheit. Friert einem die Eingeweide ein wie dieses Eiswasser, das die Amerikaner so toll finden.«

Jimmy zuckte die Achseln und machte sich daran, Nicos Caffè Americano zuzubereiten. Die Bestellung erübrigte sich, weil Nico immer dasselbe nahm. Während er bei Sandro bezahlte, klackerten OneWags Krallen über den gekachelten Boden, wobei er seine Schnauze wie eine Sonde von links nach rechts schwenkte. Normalerweise war der Fußboden des Cafés mit zuckrigen Bröseln bestreut. Nach zwei Runden durchs Lokal setzte sich der Hund hin und bellte empört.

»Tut mir leid, Rocco«, sagte Sandro. »Ich hab gefegt. Wollte nicht, dass deine Schlappohren schmutzig werden.« Die Italiener nannten Nicos Hund Rocco. Sie behaupteten, OneWag sei zu schwer auszusprechen, und ein italienischer Hund sollte auch einen italienischen Namen haben. Der Hund reagierte klugerweise auf beide Namen, und zwar mit seinem Markenzeichen, einem einzigen Schwanzschlenker, der ihm üblicherweise etwas Gutes einbrachte. In diesem Fall ein altbackenes Cornetto, von Sandro geworfen und im Flug aufgeschnappt.

»Bravo!« Sandro klatschte.

»Aber bitte nicht noch mehr«, sagte Nico. An dem Morgen, als ihn der kleine Streuner zu einem Ermordeten geführt hatte, war er ein mageres, schmutziges, mickriges Kerlchen gewesen. Neun Monate später war sein langes weiß-orangenes Fell sauber und flauschig, und sein Bauch sah aus, als würde ein ganzer Wurf Welpen darin stecken.

Nico ging zu seinem gewohnten Tisch an den offenen Terrassentüren hinüber und setzte sich, wie er es fast jeden Morgen tat, seit er vor einem Jahr nach Gravigna gezogen war, der Heimatstadt seiner verstorbenen Frau Rita. In dieser Zeit hatte er langsam neue Freundschaften geschlossen. Zuerst mit Gogol, einem Mann, der in seiner ganz eigenen Wirklichkeit lebte. Ein guter Mensch mit einem unglaublichen Gedächtnis. Dass Gogol jeden Vers aus Dantes Göttlicher Komödie zitieren konnte, hatte gleich Nicos Sympathie geweckt. Mit ihm zu frühstücken wurde ein weiterer Bestandteil seiner morgendlichen Routine.

Der alte Mann stand an der Tür, eingehüllt in seinen starken Kölnischwasser-Duft und den Mantel, den er winters wie sommers trug. Der hatte ihm den Spitznamen Gogol eingebracht, nach dem russischen Schriftsteller und dessen berühmtester Novelle Der Mantel. Sein Gesicht war ein Labyrinth aus Runzeln, sein langes Haar sauber und ordentlich gekämmt. Das Altersheim, in dem er lebte, kümmerte sich gut um ihn. Sein Mantel war erst kürzlich ausgebessert worden. »Ein weiterer Tag, der gelebt werden will, amico«, sagte er zu Nico.

»Lass ihn uns gut leben, Gogol.« Nico erhob sich und zog einen Stuhl heraus. »Schön, dich zu sehen.«

Gogol schlurfte zum Tisch und nahm den Stuhl direkt an der offenen Tür, was den Effekt seines Kölnischwassers erheblich milderte. Er hob die beiden Crostini hoch, die er vom Fleischer um die Ecke bekommen hatte. »Unser Freund hat sie speziell für mich gemacht. Ein Mann mit einem edlen Herzen.« Gogol platzierte die beiden Brotstücke sorgsam in der Tischmitte. »›Wie dir's gefällt, soll's mir behagen.‹«

»Paradiso

Gogol brach in ein bellendes Lachen aus. »Inferno, amico

Zu raten, aus welchem Abschnitt der Divina Commedia das jeweilige Zitat stammte, war ein neues Spiel, das Gogol ihm in der Hoffnung vorgeschlagen hatte, Nico werde ebenfalls Gefallen an Dantes Dichtung finden. Schon damals in der Bronx war Nico mit dessen Versen regelmäßig konfrontiert worden, da Rita den toskanischen Dichter ebenfalls liebend gern zitiert hatte. Doch er selbst empfand das mittelalterliche Italienisch als zu schwierig; es erinnerte ihn daran, wie er sich in der Highschool durch Chaucers Werke gequält hatte. Mit modernem Italienisch dagegen kam er ganz gut klar, dank Ritas Unterricht und Berlitz.

Nico nahm das Salami-Crostino, da er wusste, dass Gogol das mit Speck am liebsten mochte. Er schaffte es nur selten, die Zitate zu erraten. »Es klang zu nett für Inferno

Gogol biss in sein Speck-Crostino, schluckte schnell und sagte: »Ich bin schon ganz verzagt, dass du den Gipfel je erreichst. Auch aus Inferno. Meine Bearbeitung, den Umständen entsprechend.«

»Warum an einem so schönen Tag verzagen?«, fragte eine Stimme mit neapolitanischem Akzent.

Nico drehte sich um. Maresciallo Salvatore Perillo stand vor den offenen Terrassentüren bei einer Gruppe von Radfahrern, die gleich in die steilen Hügel des Chianti aufbrechen würden. Bis zum letzten Jahr hatte Perillo zu ihnen gehört und sogar einige Rennen gewonnen. Er war ein stämmiger, muskulöser Mann mit glänzenden schwarzen Haaren, die an den Schläfen langsam grau wurden, einem fein geschnittenen attraktiven Gesicht mit großen, glänzenden dunklen Augen, wulstigen Lippen und einer Adlernase. Wie üblich trug er keine Uniform, sondern Jeans, ein perfekt gebügeltes blaues Leinenhemd und trotz der Hitze seine geliebte Lederjacke, lässig über die Schulter geworfen.

Nico lächelte und freute sich, den Mann zu sehen, der ein guter Freund geworden war, seit er Nico im letzten September bei den Ermittlungen zu einem Mordfall hinzugezogen hatte. Sie hatten sich seit einer Woche weder gesehen noch gesprochen. Die Carabinieri-Station des Maresciallo befand sich im neunzehn Kilometer entfernten Greve.

Nico zog einen weiteren Stuhl vor. »Setzen Sie sich zu uns.«

Perillo trat ein, warf einen Blick auf Gogol, der sich weit über den Tisch beugte, und zögerte. »Gogol, bin ich willkommen?«

Gogols Grinsen entblößte seine braunen Zähne. »Sie waren letztes Jahr Nicos Vergil auf der Reise zur Hölle, oder vielleicht war er auch der Ihre. Wie dem auch sei, Freunde von Nico sind heute willkommen. Morgen vielleicht nicht.«

»Das werde ich mir merken.« Perillo setzte sich neben Nico. In Gogols Anwesenheit war ihm immer ein wenig unbehaglich zumute, und der heftige Geruch nach Kölnischwasser ...

Erscheint lt. Verlag 19.6.2022
Reihe/Serie Nico Doyle ermittelt
Nico Doyle ermittelt
Übersetzer Uta Botsching
Sprache deutsch
Original-Titel A Bitter Taste of Murder
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte A Bitter Taste of Murder deutsch • Bella-Italia-Krimi • Camilla T. Crespi • Carabinieri • Chianti • Comorra • Cop • Cosy Crime • Dante • Dolce Vita • Donna Leon • Einsamkeit • Ex-Cop • Familie • Genuss • Greve • Historische und kulturelle Regionen in Italien • Historische und kulturelle Regionen: Mittelitalien • insel taschenbuch 4916 • IT 4916 • IT4916 • Italien • Italienisches Lebensgefühl • Jean-Luc Bannalec • Krimi • Mafia • Marco Malvaldi • mediterran • Mittelitalien • Mord • Mystery • neues Buch • NYPD • Pasta • Pietro Bellini • Pizza • Radda in Chianti • Spannung • Südeuropa • Thriller • Toskana • Trella Crespi • Verlust • Wein • Weinbau • Whisky • Winzer
ISBN-10 3-458-77355-X / 345877355X
ISBN-13 978-3-458-77355-9 / 9783458773559
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