Gespenster-Krimi 97 (eBook)

Metamorphosen

(Autor)

eBook Download: EPUB
2022 | 1. Aufl. 2022
Bastei Lübbe (Verlag)
978-3-7517-3243-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Gespenster-Krimi 97 - Ian Rolf Hill
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Von Vampiren, Werwölfen und Bärenmenschen.
Auch das wäre ein angemessener Titel für das Gespenster-Krimi-Heft gewesen, denn von diesen Kreaturen handeln die drei Geschichten in Band 97.
Gemein haben sie lediglich, dass sich das Böse stets hinter einer harmlosen Larve verbirgt. Es offenbart sich erst, wenn es schon zu spät ist. Meistens jedenfalls.
Lassen Sie sich also entführen in die Welt der Untoten und Tiermenschen.
Erleben Sie mit, wie Beas Freund Lucius dem 'Jagdfieber' erliegt, begleiten Sie die Gebrüder O'Leary auf die 'Bärenjagd', und lernen Sie Antonias Beschützer 'Lepidoptera Krsnik' kennen.
Aber seien Sie gewarnt. Sie werden Dinge erleben, die Ihnen den Schlaf rauben werden, denn es wird unheimlich, schockierend und sehr, sehr blutig.


Jagdfieber


Der Jäger hatte die Spur aufgenommen.

Seine Sinne waren aufs Äußerste gespannt und in absoluter Alarmbereitschaft. Bei dem kleinsten Geräusch in seiner Umgebung war er sofort bereit, zu reagieren.

Er hob den Kopf und atmete tief ein, nahm die vielfältigen Gerüche des kleinen Waldstücks intensiv wahr, das im silbernen Licht des Vollmonds badete. Feuchtes Laub, altes Holz, Mutterboden.

Der Jäger stieß den angehaltenen Atem in großen, weißen Wolken aus. Dieses Mal würde ihm die Beute nicht entkommen. Er war vorbereitet und voller Begierde auf die ruhmreiche Trophäe.

Angestrengt lauschte er in die Nacht hinaus und erkannte die Laute einiger Nachtvögel, die sich wie er auf der Pirsch befanden. Ein Käuzchen rief. Äste knackten im Unterholz.

Der Kopf des Jägers fuhr herum, sein Körper erstarrte zu völliger Bewegungslosigkeit, um bei Bedarf blitzschnell zu reagieren. Ein Wildschwein trat auf die Lichtung, die Schnauze dicht über den Boden haltend. Grunzend suchte es nach Futter.

Der Jäger entspannte sich. Schweine gehörten diese Nacht nicht zu seiner Beute. Heute jagte er ein ganz besonderes Wild. Urplötzlich senkte sich absolute Stille über die Bäume des Waldes.

Das Käuzchen verstummte, das Wildschwein gefror in der Bewegung. Der Jäger hielt den Atem an.

Ein tiefes, kehliges Heulen durchbrach die vollkommene Lautlosigkeit mit erschreckender Intensität und verhallte schließlich in der Weite der menschenleeren Umgebung. Der Jäger richtete seinen Oberkörper auf, brachte die Repetierbüchse in Anschlag. Langsam schob er den Kammerstengel nach vorne, beförderte die Silberkugel, Kaliber 30.06, in die Kammer und hob das Gewehr an die Schulter ...

Beatrix war sauer.

Nicht nur wegen der achtlos herumliegenden Müllsäcke, die einen fast unerträglichen Gestank absonderten, sondern auch, weil Lucius wieder mal nicht zu Hause war. Er wusste, dass sie heute später nach Hause kommen würde und als Überraschung, oder besser gesagt als Entschädigung für das lange Warten, hatte sie nicht nur ein gewagtes Outfit gewählt, sondern darüber hinaus auch auf den hinderlichen Slip unter dem schwarzen Minirock verzichtet.

Beatrix rümpfte die Nase und ging an den schwarzen Plastiksäcken vorbei zur Tür der Wohnung, die sie sich seit einem Jahr mit Lucius teilte.

Fragte man die junge Frau, ob sie glücklich war, so konnte sie dies nicht mit abschließender Sicherheit sagen. Es ging ihr zweifelsohne gut, es mangelte an nichts.

Außer vielleicht an – Liebe?

Zu Beginn ihrer Beziehung mit Lucius war es wie ein Traum gewesen. Der Himmel hatte sprichwörtlich voller Geigen gehangen, und sie war sich absolut sicher gewesen, den Mann ihrer Träume gefunden zu haben, so kitschig das auch klingen mochte.

Und so war die Entscheidung, zusammenzuziehen, schnell gefallen. Doch kaum hatte sich der lähmende Alltagstrott eingestellt, da hatte sich die Kommunikation auf ein Mindestmaß reduziert.

Erste Meinungsverschiedenheiten waren aufgetreten und im handfesten Krach geendet. Und als Beatrix dann noch eine anerkennende Bemerkung über den neuen Nachbarn Daniel hatte fallen lassen, da hatte der Haussegen endgültig schiefgehangen.

Sobald Beatrix von der Arbeit nach Hause gekommen war, war Lucius – freischaffender Künstler und Autor – immer öfter außer Haus unterwegs gewesen. Vor allen Dingen in den späten Abend- und frühen Nachtstunden.

Wann er heimkehrte, wusste Beatrix nicht, da schlief sie meistens. Der unregelmäßige Schichtdienst im Krankenhaus forderte nun mal seinen Tribut. So wie gestern Nacht.

Heute Morgen hatte Lucius wie selbstverständlich neben ihr gelegen, und tief und fest geschlafen. Wie der sprichwörtliche Stein.

Er musste wie eine Katze ins Schlafzimmer geschlichen sein, obwohl sie alles andere als einen leichten Schlaf hatte. Betrog er sie etwa? Merkwürdig, aber daran wollte und konnte sie nicht glauben. In dieser Hinsicht vertrat Lucius tatsächlich herrlich altmodische Ansichten.

Abgesehen davon hatte sie nicht den Hauch eines fremden Parfüms gerochen, vielmehr den herben, modrigen Duft frischer Walderde. Seltsam, und irgendwie beängstigend.

Lucius hatte ein Geheimnis vor ihr, was an und für sich noch nichts Schlimmes war. Kleine Geheimnisse hatte jeder, selbst langjährig Verheiratete wussten häufig nicht alles von ihrem Lebenspartner. Was er allerdings hier abzog, ging auf keine Kuhhaut. Doch sie wollte Lucius nicht aufgeben und hatte daher beschlossen ihre Beziehung mit etwas ausgefallenen erotischen Spielchen aufzupeppen.

Ein Gebiet, auf dem Beatrix sich auskannte, und ihren Bemühungen gab Lucius nur allzu gern und bereitwillig nach. Umso mehr ärgerte sie sich über seine Abwesenheit. Sie hatte ihm extra eine SMS von der Arbeit geschickt und ihm eine Überraschung versprochen. Das nicht vorhandene Höschen wäre dabei nur die Spitze des Eisbergs gewesen.

Jetzt stand sie im sorgfältig aufgeräumten Wohnzimmer, den Wohnungsschlüssel immer noch in der Hand. Eine steile Falte erschien zwischen ihren schmalen Augenbrauen und kündete von ihrem Unmut. Für einen kurzen Augenblick zog sie sogar in Erwägung, nach nebenan zu gehen, um Daniel zu bitten, ihr statt Lucius ein wenig zur Hand zu gehen, verwarf den Gedanken aber genauso schnell wieder, wie er gekommen war.

Nein, auch wenn sich Lucius wie der letzte Arsch verhielt, würde sie ihn nicht betrügen.

Jedenfalls jetzt noch nicht, fügte sie gedanklich, nicht ohne ein leichtes Schmunzeln, hinzu. Man konnte Beatrix alles Mögliche vorwerfen, ein Kind von Traurigkeit war sie jedenfalls nicht.

Es war drei Uhr am Nachmittag, und draußen schien die Sonne mit unverminderter Kraft. Für April war es bereits sommerlich warm, und Beatrix empfand es als Schande, den Tag mit Trübsinn zu vergeuden. Man musste die Feste feiern, wie sie fielen, in diesem Fall ohne Lucius. Kurz entschlossen griff sie nach dem Smartphone.

»Hi, Lena.«

»Bea, mein Schatz. Was kann ich für dich tun? Ich dachte du wälzt dich mit Lucius schon durch die Laken?« Lena, Beatrix' beste Freundin, kicherte anzüglich.

»Dazu ist es leider nicht gekommen. Der Herr Lebenskünstler hat mal wieder andere Verpflichtungen, die ihm offenbar wichtiger sind.«

Kurzes Schweigen am anderen Ende der Leitung.

Dann: »Mist. Oh, Bea, mach dir nicht zu viele Gedanken. Lucius würde dich nie betrügen.«

»Das weiß ich. Aber trotzdem komme ich mir verarscht vor. Gott, du weißt gar nicht was für eine Stinkwut ich auf ihn habe.«

Beatrix' Stimme bebte vor unterdrücktem Zorn, sie wollte ihre Freundin nicht für die Verfehlungen eines anderen anschreien, obwohl Lena Verständnis dafür gehabt hätte.

Das bewiesen auch ihre nächsten Worte: »Ja, kann ich verstehen. Die sollst und darfst du auch haben. Er kann sich nicht alles erlauben. Sag, willst du jetzt auf ihn warten und ihm die Hölle heißmachen oder wollen wir das schöne Wetter ausnutzen und uns mal die anderen Fische im Meer angucken?«

»Genau deshalb ruf ich an.« Beatrix klang schon sehr viel entspannter. »Wenn er jetzt noch kommt, hat er Pech gehabt. Wenn er Glück hat, ziehe ich mein Programm heute Abend durch, aber nur bis er nicht mehr weiß, wann er geboren wurde, dann kann er den Rest selbst erledigen oder sich unter die kalte Dusche stellen.«

Wieder kicherte Lena. »Dann komme ich gleich mal zu dir. Ich werfe mich schnell noch in Schale. Kannst ja schon mal nebenan klingeln damit ich vorher noch ein wenig mit Daniel flirten kann. Er hat doch keine Freundin, oder?«

»Hab zumindest nie eine gesehen. Komisch. So ein gut aussehender Knabe und trotzdem solo.«

»Na ja, er ist eben schüchtern. Ist mir tausendmal lieber als so ein selbstverliebter Macho. Schüchtern, bescheiden und unheimlich süß.«

»Oh Mann, dich hat's ja echt erwischt. Dass du ein Auge auf ihn geworfen hast, war mir klar, aber dass du ihn gleich auffressen willst, ist mir neu.«

»Bea, hast du mal in seine Augen gesehen? So unglaublich sanft und braun und ...«

Beas Lachen unterbrach ihre Freundin, ehe sie aus dem Schwärmen nicht mehr herauskam. »Okay, okay. Hab schon verstanden. Weißt du, am besten, du kommst hier vorbei, klingelst bei ihm und ihr macht euch einen schönen Nachmittag. Ich geh derweil bei Giovanni Eis essen und guck mir die knackigen Hintern der Italiener an.«

»So war das ja nicht gemeint. Aber wenn er uns zufällig über den Weg läuft, darf ich doch wohl ein wenig flirten.«

»Sicher. Aber jetzt beeil dich, sonst wird es zu kalt.«

»Dann ziehe ich ein dünneres Top an, damit Daniel was zu gucken hat.«

»Ich hüpf noch schnell unter die Dusche. Komm einfach rein, die Tür ist offen.«

»Mach ich, bis gleich.«

Leichtfüßig ging Lena über den mit unregelmäßigen Betonplatten ausgelegten Hinterhof, wo die Eingangstür der kleinen Parterre-Wohnung von Bea und Lucius lag. Obwohl sie den Grund für ihren spontanen Ausflug bedauerte, freute sie...

Erscheint lt. Verlag 28.6.2022
Reihe/Serie Gespenster-Krimi
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2017 • 2018 • Abenteuer • alfred-bekker • Bastei • Bestseller • Dämon • Dämonenjäger • dan-shocker • Deutsch • eBook • E-Book • eBooks • Extrem • Fortsetzungsroman • Frauen • Geisterjäger • grusel-geschichten • Gruselkabinett • Grusel-Krimi • Grusel-Roman • Horror • Horror-Roman • horrorserie • Horror-Thriller • john Sinclair • Julia-meyer • Kindle • Krimi • Kurzgeschichten • larry-brent • Lovecraft • Macabros • Männer • morland • neue-fälle • Paranomal • professor-zamorra • Professor Zamorra • Psycho • Roman-Heft • Serie • Slasher • sonder-edition • spannend • Splatter • Stephen-King • Terror • Thriller • Tony-Ballard • Top • Zaubermond
ISBN-10 3-7517-3243-8 / 3751732438
ISBN-13 978-3-7517-3243-7 / 9783751732437
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