Perry Rhodan Neo 284: Der Fluch der Kartanin (eBook)
160 Seiten
PERRY RHODAN digital (Verlag)
978-3-8453-5484-2 (ISBN)
1.
Perry Rhodan
»Wir werden alle sterben!«
Doynschtos schrille Stimme schmerzte in Perry Rhodans Ohren. Er hatte sich immer noch nicht völlig an sein yaanztronisches Gehör gewöhnt. Es war um einiges empfindlicher als das menschliche.
In der Zentrale des Raumschiffs lag ein scharfer Geruch, der an Pfeffer, Paprika und Chilischoten erinnerte. Doynschto hatte panische Angst, und diesem Gefühl verlieh der Yaanztroner olfaktorisch Ausdruck. Mit dieser ungewohnten Art der emotionalen Kommunikation kam Rhodan inzwischen einigermaßen gut zurecht. Trotzdem benötigte er noch Zeit, um seinen neuen Körper endgültig und irgendwann hoffentlich hundertprozentig zu beherrschen.
»Sei still!«, zischte Gayt-Coor. Der Schädel des Petraczers erinnerte an einen irdischen Dinosaurier der Gattung Tyrannosaurus Rex – inklusive der Reihen nadelspitzer Zähne, die sichtbar wurden, sobald er sein breites Maul öffnete. »Wenn du nichts Konstruktiveres beizutragen hast, dann halt die Klappe und stör nicht meine Konzentration!«
Rhodan wollte seine Gefährten tadelnd zur Ordnung rufen, kam jedoch nicht mehr dazu. Ein Energiestrahl schlug in den Schutzschirm ihres Raumschiffs ein, was Doynschto einen weiteren Schrei und Gayt-Coor einen deftigen Fluch entlockte. Dessen sonst türkisfarben schillernde Schuppen wirkten auf einmal ein paar Nuancen blasser.
Die KASTA-FREIN schüttelte sich. Rhodan betätigte einige Schalter und zog den großen Schubregler zu sich heran. Vergeblich – sie flogen bereits seit mehreren Minuten mit Maximalbeschleunigung.
»Du musst den Kurs schneller variieren!«, rief Gayt-Coor. »Diese verdammte Jägerin ist uns viel zu nah.«
»Großartige Idee!«, gab Rhodan zurück. »Verraten Sie mir auch, woher ich die Energie dafür nehmen soll? Abgesehen davon, dass mir unser Antrieb ohnehin jeden Moment um die Ohren fliegt ...«
Aus den Tiefen der KASTA-FREIN drang ein dumpfes, rhythmisch an- und abschwellendes Brummen. Hin und wieder knackte und knirschte es im Boden, den Wänden und der Decke der Schiffszentrale. Wenigstens hatte der Petraczer den infernalischen Lärm des Alarms abgestellt, der den Raum zu Beginn des Angriffs erfüllt hatte. Allerdings bot auch die verbleibende Geräuschkulisse keinen Anlass zu Optimismus.
Im Ortungshologramm war die TEYTRECH deutlich zu erkennen. Das Raumfahrzeug der Ceynach-Jägerin Torytrae war kleiner als die KASTA-FREIN, ihr jedoch in allen Belangen überlegen. Ein schnelles, wendiges und schwer bewaffnetes Raumboot, gebaut und ausgerüstet für die Verfolgung. Die TEYTRECH war kurz nach der KASTA-FREIN von Yaanzar gestartet und hatte ihre Beute binnen kürzester Zeit eingeholt.
Die Frage ist, ob Torytrae mich lebend haben will, dachte Rhodan grimmig und zwang die KASTA-FREIN in eine enge Kurve. Zwei weitere Schüsse gingen knapp vorbei, aber der Terraner war beinahe überzeugt, dass das nicht an seinem Ausweichmanöver lag. Die Jägerin hatte absichtlich danebengeschossen. Sie genießt die Jagd. Sie spielt mit uns, weil sie es sich leisten kann. Weil sie weiß, dass wir ihr nicht entkommen können.
In wenigen Lichtstunden Entfernung leuchtete eine gelbe Sonne. Laut den Angaben der Instrumente war sie knapp doppelt so groß wie Sol. Der Gedanke an die ferne Heimat versetzte Rhodan einen Stich ins Herz. 55 Millionen Lichtjahre! Seit er wusste, dass es ihn in den Halo der Riesengalaxis M 87 verschlagen hatte – von den Bewohnern Naupaums Caddronaar genannt –, ging ihm diese Zahl nicht mehr aus dem Kopf.
55 Millionen Lichtjahre! Schon die zweieinhalb Millionen Lichtjahre nach Andromeda waren ihm einst unüberbrückbar vorgekommen. Mit der hochmodernen MAGELLAN hatten sie damals drei Monate gebraucht, um ihr Ziel zu erreichen. Nun war er um das mehr als Zwanzigfache von der Milchstraße entfernt.
Im Prinzip blieb ihm nur eine Möglichkeit: Er musste so zurückreisen, wie er hergekommen war. Doch dafür galt es erst mal herauszufinden, was ihm überhaupt widerfahren und wer dafür verantwortlich war.
Die nächsten zwei Energielanzen kamen schnell hintereinander – und saßen beide exakt im Ziel. Rhodan spürte, wie die Bordschwerkraft einen Moment lang auf mindestens das Sechs- oder Siebenfache des Standardwerts anstieg und sich danach wieder normalisierte. Das immerhin brachte Doynschto zum Schweigen. Der Yaanztroner stieß ein ersticktes Würgen aus. Dabei ruderte er mit den Armen wie ein Ertrinkender und schnappte nach Luft.
Die Belastungsanzeige des Abwehrschirms stieg auf über neunzig Prozent. Die nächste Salve würde das Energiefeld unweigerlich zum Zusammenbruch bringen.
»Na schön!«, rief Gayt-Coor wütend. »Dann eben auf die harte Tour!« Seine rechte Pranke verschwand unter der Kontrollkonsole. Noch bevor er sie wieder hervorzog, kam Bewegung in die Anordnung der wild zusammengewürfelten Sensoren und Schalter, die Rhodan am Pilotenplatz zur Verfügung standen. Die KASTA-FREIN sah nicht nur aus, als sei sie aus allen möglichen Bauteilen zusammengezimmert – sie war es auch. Die moderne holografische Bedientechnik, die Rhodan von den meisten terranischen Raumfahrzeugen kannte, gab es in dieser Zentrale nicht.
Rhodan hatte sich bereits erfolglos den Kopf darüber zerbrochen, was es mit einer kleinen Schalttafel in der oberen linken Ecke der Steuerkonsole auf sich hatte. Sie erfüllte keinen erkennbaren Zweck, und nun wurde offenbar, warum. Die quadratische Fläche mit einer Kantenlänge von etwa zwanzig Zentimetern glitt beiseite und gab den Blick auf fünf große, runde Knöpfe frei, die in grellem Giftgrün glänzten. Bevor Rhodan fragen konnte, hatte Gayt-Coor die ersten beiden schon gedrückt.
In der Mitte des Ortungsholos, in der die KASTA-FREIN als weiße Gitterstruktur prangte, entstanden jählings mehrere Dutzend rot glühende Punkte und strebten rasend schnell nach allen Seiten davon. Sekunden später war die TEYTRECH aus der Außenbeobachtungsdarstellung verschwunden – ebenso wie alle anderen Tasterechos, die von der Bordpositronik bislang auf Basis der Ortungsdaten dreidimensional vor die Pilotenkonsole projiziert worden waren.
»Sind wir ... transitiert?« Georges Jacques Danton hatte kurz gezögert, bevor er das letzte Wort seiner Frage aussprach. Mit den vielen neuen Fachbegriffen, die aus einer ihm völlig unbekannten Welt stammten, hatte er immer noch Probleme, gleichwohl er sich diesbezüglich beachtlich gut schlug. Der Mann, den es aus dem irdischen Frankreich des 18. Jahrhunderts nicht nur in die Zukunft des Jahres 2107, sondern obendrein in einen fernen Sternhaufen namens Naupaum verschlagen hatte, wirkte nicht im Geringsten beunruhigt. Er verfolgte das Geschehen mit dem nüchternen Interesse eines Zuschauers, der nichts zu befürchten hatte.
»Nein.« Rhodan schüttelte den Kopf. »Die Ortung ist ausgefallen. Ich nehme an, wegen einer Art Störstrahlung, die von den Objekten ausgeht, die Gayt-Coor gerade ausgestoßen hat.«
»Ich nenne sie Hyperrauchbomben!« Der Stimme Gayt-Coors war der Stolz anzuhören. »Nicht ganz billig, aber wie man sieht, hat sich die Anschaffung gelohnt.«
»Eher wie man nicht sieht«, versuchte Rhodan einen Scherz, auf den niemand reagierte. Er zuckte mit seinen yaanztronischen Schultern. »Denn leider sind nun auch wir völlig blind ...«
»Deshalb ist es höchste Zeit, das Weite zu suchen«, gab ihm Gayt-Coor recht – und drückte den dritten sowie vierten der fünf Knöpfe.
Ein schrilles Heulen ertönte. Gleichzeitig beschleunigte die KASTA-FREIN mit Werten, die Rhodan diesem zusammengeschusterten Gebilde aus Altmetall niemals zugetraut hätte. Offenbar hatte der Petraczer sein Raumfahrzeug mit einigen ganz besonderen Finessen ausgestattet.
Kein Wunder, flüsterte Hayvatschyt in Rhodans Kopf. Die Geschäfte, die Gayt-Coor nach eigenen Worten betreibt, sind ganz sicher nicht immer legal.
Rhodan nickte. Ja, bestätigte er mental. Da hat man gern noch ein Ass im Ärmel.
Ein was?, fragte Hayvatschyt.
Rhodan musste trotz der angespannten Lage grinsen. Vergiss es, dachte er an die Adresse seines Körpermitbewohners. Ein Sprichwort aus meiner Heimat.
In das allgegenwärtige Brummen und Heulen mischten sich weitere Laute. Es zischte, als würde irgendwo Gas austreten. Das Wummern, das das Brummen zunehmend überlagerte, kam zweifellos von den Reaktoren. Die Instrumente wiesen aus, dass die Energieerzeuger mit 130 Prozent im Überlastbereich liefen. So etwas konnte eine Weile gut gehen, früher oder später aber zahlte man den Preis dafür.
»Flieg in den Ortungsschatten der Sonne«, forderte ihn Gayt-Coor auf.
»Keine gute Idee«, widersprach Rhodan. »Dafür ist unser Schutzschirm zu schwach. Wir kämen nicht in die tieferen Schichten der Korona hinunter, und ein ungefährlicherer Nahorbit würde nicht reichen, um unsere Emissionsimpulse zu überdecken. Denn im Moment leuchten wir wie ein Weihnachtsbaum.«
Der Petraczer warf ihm einen schnellen Blick zu. Wahrscheinlich überlegte er, was ein Weihnachtsbaum war.
»Und was sollen wir stattdessen machen?«, fragte Gayt-Coor aggressiv.
Rhodan betrachtete die Anzeigen der Bordpositronik. Dank Hayvatschyt bereitete ihm das Naupasch, die örtliche Verkehrssprache, sowohl in Wort als auch Schrift längst keine Probleme mehr.
»Wir fliegen zurzeit mit vierzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit«, murmelte er. »Wie schnell müssen wir mindestens sein, um transitieren zu können?«
»Sechzig, besser siebzig Prozent«, antwortete Gayt-Coor. »Und danach...
Erscheint lt. Verlag | 4.8.2022 |
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Reihe/Serie | Perry Rhodan Neo |
Verlagsort | Rastatt |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | Neo • Perry Rhodan • Perryversum • Science Fiction |
ISBN-10 | 3-8453-5484-4 / 3845354844 |
ISBN-13 | 978-3-8453-5484-2 / 9783845354842 |
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