Die Welt hinter den Zeilen (eBook)
432 Seiten
Hybrid Verlag
978-3-96741-133-1 (ISBN)
Jeannine Molitor wurde 1998 in Mutlangen geboren und lebt derzeit mit ihrem verrückten Kater im Landkreis Schwäbisch Hall. Sie entdeckte früh ihre Liebe zu Büchern und schrieb bereits im Grundschulalter erste fantastische Geschichten. Nach mehreren Kurzgeschichten folgt mit »Die Welt hinter den Zeilen« die Veröffentlichung ihres Debüts, in dem sie ihre Leidenschaft für Bücher und das Entdecken fantastischer Welten zum Ausdruck bringt.
Jeannine Molitor wurde 1998 in Mutlangen geboren und lebt derzeit mit ihrem verrückten Kater im Landkreis Schwäbisch Hall. Sie entdeckte früh ihre Liebe zu Büchern und schrieb bereits im Grundschulalter erste fantastische Geschichten. Nach mehreren Kurzgeschichten folgt mit »Die Welt hinter den Zeilen« die Veröffentlichung ihres Debüts, in dem sie ihre Leidenschaft für Bücher und das Entdecken fantastischer Welten zum Ausdruck bringt.
Kapitel 1
»Tamara, nun mach schon! Du musst dich beeilen. Du weißt, dass du ansonsten zu spät zur Schule kommst.« Henrys Stimme hallte durch das Haus und trieb seine Nichte zur Eile an.
»Ja, Onkel Henry! Ich bin doch schon so gut wie auf dem Weg. Ich kann mich nur nicht entscheiden, welches Buch ich mitnehmen soll.«
Ratlos stand Tamara in der großen Bibliothek ihres Onkels und ließ den Blick über all die Regale mit den verschiedensten Büchern schweifen. Kurz blieb er an einem der zahlreichen Gemälde mit prunkvollem Goldrahmen hängen, das eine malerische Landschaft mit vielen Laubbäumen und einem kleinen Teich zeigte. Dann wanderte ihr Blick zurück zu den Regalen aus hellem Holz, die sich an die eierschalenfarbene Wand schmiegten, und den damit bestückten Büchern.
Es lief immer gleich ab. Tamara wusste einfach nie, von welchem Buch sie sich als Nächstes in fremde Welten entführen lassen wollte.
Vorsichtig strich sie über die farbigen Einbände und lauschte dem Flüstern der Werke. Für andere mochte es sonderbar sein, für sie war es jedoch das Normalste der Welt. Tamara kannte es nicht anders. Sie hatte jedoch früh lernen müssen, dass andere Menschen diese Fähigkeit nicht besaßen und sie auch nicht darüber sprechen sollte, wenn sie nicht als komisch abgestempelt werden wollte.
»Heute bist du an der Reihe«, flüsterte Tamara und strich sachte über einen der Buchdeckel, ehe sie die Bibliothek verließ und sich auf den Weg nach unten machte.
»Entschuldige.« Tamara hauchte Henry einen Kuss auf die Wange.
Sanft strich er seiner Nichte eine der losen, dunkelbraunen Haarsträhnen aus dem Gesicht.
»Ich weiß, ich habe das schon unglaublich oft gesagt, aber in deinen Augen sehe ich deine Mutter. Es ist dasselbe, warme Braun. Deine Nase und die Mundpartie hast du jedoch eindeutig väterlicherseits geerbt.« Ein liebevolles, aber auch trauriges Lächeln lag auf seinem Gesicht und schließlich wandte er den Blick ab.
Tamara wusste, dass er das tat, um seine Gefühle vor ihr zu verbergen. Der Verlust seiner Schwester und ihres Mannes ging ihm nach all den Jahren immer noch sehr nah.
»Mist, ich habe meine Schultasche vergessen. Ich geh schnell nach oben und hole sie.«
»Das würde dir mit einem Buch nicht passieren.« Lachend setzte Henry seinen Weg in die geräumige Küche fort. Wie jeden Morgen schmierte er ihr rasch einen Marmeladentoast.
Währenddessen polterte Tamara bereits wieder die Treppen in die Küche hinunter. »Hier, nimm das mit und iss es auf dem Weg.« Henry hielt Tamara das Toastbrot vor die Nase.
Sie nahm einen großen Bissen und sprach mit vollem Mund: »Hmmm, lecker! Marmelade. Du weißt, wie du mich glücklich machst, Onkel Henry.«
Dieser lachte auf und drohte ihr spielerisch mit dem mahnenden Zeigefinger. »Na los, Matthew wartet bestimmt schon.« Er zwinkerte seiner Nichte zu. Gleichzeitig wies er mit dem Daumen über die Schulter.
»Ja, ich weiß schon. Dein langjähriger Kumpel Dr. Simmons erwartet mich, wie jeden Morgen. Du weißt es mindestens genauso gut wie ich, dass er das inzwischen als Normalität ansieht, dass ich zu spät komme.« Frech grinste sie Henry zu, der daraufhin theatralisch die Augen verdrehte.
Tamara verabschiedete sich winkend von ihrem Onkel und ging hinaus. Tatsächlich stand Dr. Simmons’ schwarzer Mercedes vor dem Eisentor. Während sie dort hindurch schritt und auf das Auto zu ging, schob sie sich noch rasch den letzten Bissen ihres Toasts in den Mund.
Durch das Autofenster sah sie Dr. Matthew Simmons sofort. Seine und Henrys Freundschaft bestand bereits seit vielen Jahren. Tamaras Latein- und Erdkundelehrer legte zudem viel Geduld an den Tag. Mit den kleinen braunen Augen und der viel zu groß geratenen Brille glich er einem Maulwurf.
»Guten Morgen, Tamara«, erklang seine tiefe Stimme, als sie die Autotür öffnete und auf dem Beifahrersitz Platz nahm.
Sie fuhren schweigend zur Schule. Tamara sah aus dem Autofenster hinaus und betrachtete die Landschaft. Grüne Wiesen erstreckten sich am Seitenrand der Straße, soweit das Auge reichte. Große und kleine Bäume wechselten sich ab und wenn sie die Augen schloss und sich konzentrierte, hörte sie die Vögel zwitschern.
Der Weg zur Schule dauerte normalerweise nur wenige Minuten, aber heute kam er ihr länger vor.
Ich verstehe immer noch nicht, wieso ich nicht mit dem Fahrrad zur Schule fahren darf. Das wäre doch überhaupt kein Problem. Simmons besteht als alter Freund von Onkel Henry natürlich darauf, mich mitzunehmen. Auch, weil es auf seinem Weg liegt, aber irgendwie ist es trotzdem ziemlich unangenehm. Immerhin ist er mein Lehrer.
Endlich kamen sie auf dem Parkplatz der Schule an, der bereits aus allen Nähten platzte. Autos in allen erdenklichen Farben und Formen reihten sich, mal mehr, mal weniger gerade, auf den Plätzen ein. Dr. Simmons lenkte seinen schwarzen Mercedes auf einen der Lehrerparkplätze und Tamara öffnete rasch die Tür.
»Vielen Dank fürs Mitnehmen, Dr. Simmons.«
»Nichts zu danken. Wir sehen uns dann in der dritten Stunde.«
Er zwinkerte ihr zu und hob die Hand zum Abschied. Tamara stieg aus und schulterte ächzend ihren schweren Rucksack. Zwei Bücher mehr und sie würde ihn bald nicht mehr schließen können. »Irgendwann falle ich noch einfach rückwärts um wegen diesem blöden, schweren Ding. Und dann strampele ich mit allen vieren in der Luft wie ein auf dem Rücken liegender Käfer«, grummelte sie vor sich hin.
Mit schnellen Schritten ging sie über den Parkplatz auf den grauen Betonklotz zu und auf direktem Weg in ihr Klassenzimmer. Sie musste sich beeilen, um rechtzeitig zur ersten Stunde zu kommen. Mit dem Klingeln ließ sie sich auf ihren Platz neben Leslie fallen.
»Gerade noch rechtzeitig, was?« Ein wenig außer Puste nickte Tamara. Sie lächelte zurück und ließ ihre Finger durch Leslies Haare gleiten.
»Dieses Mal also schwarze Haare mit blauen Strähnen? Und morgen kommt dann rot. Du bist einfach einmalig.« Grinsend schüttelte sie den Kopf.
Die beiden Mädchen hätten unterschiedlicher nicht sein können. Während Tamaras dunkelbraune Haare ihr in glatten Strähnen auf die Schultern fielen, standen Leslies in alle Richtungen ab. Jede Woche färbte sie sich die Haare in einer anderen Farbe.
Noch bevor Leslie antworten konnte, öffnete sich die Tür und ihre Lehrerin Mrs. Silvers trat ein und ließ den Blick durch das Klassenzimmer schweifen.
Keiner von Tamaras Klassenkameraden nahm Notiz von ihr. Der Lärm im Zimmer schwoll zu einer monströsen Lautstärke an. Jeder musste mitteilen, was am Wochenende los gewesen war.
Sie lachten, quatschten und grölten. Kein Einziger machte Anstalten, seinen Sitzplatz aufzusuchen.
Tamara beobachtete, wie Mrs. Silvers mit zitternden Händen ihre Tasche auspackte, und stieß Leslie mit dem Ellenbogen in die Seite.
»Mrs. Silvers kann einem wirklich leidtun, oder?«
Leslie nickte. »Ich verstehe wirklich nicht, wieso die anderen das machen. Die Frau ist schon beim Betreten des Klassenzimmers völlig fertig mit den Nerven.« Sie zuckte bemitleidend die Schultern.
»Da hast du recht. Und der größte Idiot von ihnen allen ist und bleibt Miljan. Wo ist der überhaupt schon wieder? Normalerweise ist er doch das Zentrum des Sonnensystems und alle anderen Planeten ziehen ihre Kreise um ihn.«
Tamara wies mit dem Kopf in die hinteren Sitzreihen und verdrehte dann theatralisch die Augen.
Leslie brach in lautes Gelächter aus. »Tu doch nicht so. Ich weiß, dass du auf ihn stehst.«
»Niemals.« Schnaubend verschränkte Tamara die Arme vor der Brust.
»Du hast keine Ahnung, wie egal es mir ist, ob er hier ist oder in Timbuktu. Von mir aus kann er dort bleiben, wo der Pfeffer wächst!«, rief sie laut aus, woraufhin Leslie nur noch mehr lachen musste.
Leslie lief knallrot an. Sie bekam vor Lachen keine Luft mehr und auch Tamara spürte, wie ihr aus Scham die Hitze in die Wangen stieg.
Mrs. Silvers beendete in der Zwischenzeit ihre Vorbereitungen und ließ ein leises Räuspern vernehmen.
»Guten Morgen, ihr Lieben. Ich würde nun gerne mit dem Unterricht beginnen.« Die Stimme der Lehrerin schraubte sich bei jedem Wort vor Nervosität eine Oktave höher und sie sprach sehr leise.
Doch die Klasse schenkte ihr immer noch keinerlei Beachtung. Fassungslos schüttelte sie den Kopf und knetete nervös ihre Hände.
Tamara fragte sich, ob ihre Fassungslosigkeit daher rührte, dass sie sich das immer noch antat oder daher, dass sie wirklich nicht verstand, wieso die Schüler sich nicht für sie interessierten.
»Heute werden wir den Satz des Pythagoras noch einmal anschauen. Das wird eines der Hauptthemen der nächsten Klassenarbeit sein. Auch im Hinblick auf eure kommenden Prüfungen.«
Kaum waren die Worte »Klassenarbeit« und »Prüfungen« gefallen, schon stellten sich die Gespräche größtenteils ein. Mrs. Silvers drehte sich lächelnd um. Sie zeichnete ein rechtwinkliges Dreieck an die Tafel und schaute dann, anscheinend voller Freude darüber, dass ihr die meisten Schüler nun zuhörten, wieder in die Klasse.
»Wenn die Katheten drei Zentimeter und vier Zentimeter lang sind, wie lang ist dann die Hypotenuse?«
Sofort schoss Laurens Hand in die Höhe.
»Ja, Lauren?«, rief Mrs. Silvers...
Erscheint lt. Verlag | 25.2.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Bibliothek • Bücher • Dark • düster • Entführt • Erebos • Fantasy • Fluch • Geschichte • Romance • Schatten • Urban Fantasy • Welt • Zeilen • Zeilenspringer |
ISBN-10 | 3-96741-133-8 / 3967411338 |
ISBN-13 | 978-3-96741-133-1 / 9783967411331 |
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