Schlaflos auf Sylt (eBook)

Ein Glücksroman | Das perfekte Geschenk für alle Freundinnen, die fünfzig werden
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
288 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2707-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Schlaflos auf Sylt -  Claudia Thesenfitz
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Humor, Chaos und Wellenrauschen - der perfekte Urlaubsroman Halbe Hundert - unvorstellbar alt für Merle. Ihren fünfzigsten Geburtstag möchte sie deshalb lieber verschweigen und still und heimlich auf Sylt verbringen. Doch sie hat die Rechnung ohne ihre Schwestern Miriam und Maren gemacht, die eine Mega-Überraschungsparty für sie organisieren. Kollegen, Freunde, Ex-Lover, Lehrer - alle Menschen, die in Merles Leben eine Rolle gespielt haben, kommen ins legendäre Restaurant Sturmhaube, um ihren Ehrentag zu zelebrieren. Was folgt, ist ein unvergessliches Fest mit jeder Menge chaotischer Entwicklungen, Geständnissen, Knutschereien, Nacktbaden und brüllend komischen sowie tief emotionalen Szenen.  Der neue Roman von Erfolgsautorin Claudia Thesenfitz nimmt Sie mit auf ein rauschendes Fest und gibt augenzwinkernd Antwort auf die große Frage: Wie füllt man die zweite Lebenshälfte mit jeder Menge Glück? 

Claudia Thesenfitz lebt und schreibt an der Nordseeküste. Bevor sie ihre erfolgreiche Sylter Glücksroman-Reihe ins Leben rief, die mittlerweile zehn Bände umfasst, hat sie als Journalistin gearbeitet und die Autobiografien von und mit Nena (2005, Luebbe), Dieter Wedel (2008, Luebbe) und Uwe Ochsenknecht (2013, Luebbe) geschrieben. Ihre Glücksroman-Reihe hat sich bislang über 400.000 mal verkauft.

Claudia Thesenfitz kann auf eine lange journalistische Karriere zurückblicken, hat unter anderem festangestellt als Chefreporterin bei TEMPO und Petra gearbeitet, bevor sie sich 2001 als freie Autorin und Journalistin selbstständig machte. Sie schreibt für alle großen Frauenzeitschriften und Magazine (emotion, Brigitte, petra, Für Sie, Gala u.v.m.) und hat unter anderem die Autobiografien von und mit Nena (2005, Luebbe), Dieter Wedel (2008, Luebbe) und Uwe Ochsenknecht (2013, Luebbe) geschrieben.

2


Renate und Rolf standen schon seit zwanzig Minuten am Gleis, als Merle schweißüberströmt und restlos abgehetzt die Treppen hocheilte und genau in dem Moment oben ankam, als der Zug gerade eintraf. Wieder mal war im Parkhaus kein Platz zu finden gewesen und die Stadt im morgendlichen Berufsverkehr restlos zugestaut. Ihre Eltern quittierten Merles Zuspätkommen mit genervten Blicken – es war ja nicht das erste Mal. Komisch, sich die Zeit korrekt einzuteilen war ihr aus irgendeinem Grund unmöglich. Sie hatte einfach kein Gefühl dafür, wie lang oder kurz fünf oder zehn Minuten waren, und schätzte die Zeitspanne deshalb grundsätzlich zu lang ein. Wenn sie sich im Bad die Zähne putzte, die Haare zurechtmachte und schminkte, kam es ihr vor, als wären nur drei Minuten vergangen, dabei waren es meist über zwanzig.

Ihre Eltern erklommen bereits ein Zugabteil, Merle atmete kurz durch, wuchtete ihren Koffer die Stiege hoch und folgte Rolf und Renate durch den Wagen.

Der Zug nach Westerland fuhr pünktlich ab, was einer Sensation gleichkam. Ständig gab es auf der Strecke Hamburg-Westerland Verspätungen oder Zugausfälle, weil die Gleise über den Hindenburgdamm nur einspurig führten. Hatten die betagten Dieselloks, die den Auto-Shuttle zogen, eine Panne (was angesichts ihres Alters relativ häufig vorkam) oder gab es irgendwelche anderen Probleme auf und an den Gleisen, kam es zu Zugausfällen, Verspätungen und in der Folge langen Autostaus auf den Zufahrtsstraßen. Das hatte in letzter Zeit zu jeder Menge Ärger, massiver Bevölkerungsempörung und großem Medienecho geführt. Arbeitskräfte, die sich eine Wohnung auf der teuren Insel nicht leisten konnten und pendeln mussten, waren die eine Sache. Die konnten sich ja leider keine Alternative leisten und mussten die Behinderungen zwangsläufig in Kauf nehmen. Warum aber gut betuchte Urlauber Wartezeiten von fünf Stunden und mehr (ohne Toilette) in Kauf nahmen, um auf eine neunundneunzig Quadratkilometer große Sandbank zu reisen, von der sie ab einundzwanzig Uhr nicht mehr zurückkamen, war Merle ein absolutes Rätsel. Und noch mehr irritierte sie, dass die Politik nichts dagegen unternahm.

Renate und Rolf arbeiteten sich unstoppbar wie Planierraupen durch die Gänge des überfüllten Zuges. Zum Glück hatte Merles Mutter Sitzplätze reserviert, sodass sie sich schließlich an einem Vierertisch fallen lassen konnten. Den vierten Platz am Gang belegte ein gelfrisierter Teenager, der sich von seinen In-Ears bedröhnen ließ und ohne Unterlass auf sein Handy eintippte.

Kaum, dass sie sich gesetzt hatte, packte Renate auf den Tisch, was sie für die kurze Reise eingetuppert hatte: belegte Brote, Gurken- und Mohrrübenschnitze – und eine Thermoskanne Kaffee. Rolf entfaltete laut knisternd die Welt, hinter der er für den Rest der Zugfahrt verschwand. Flashback – alles war genau so, wie es als Kind schon gewesen war. Merle fühlte sich plötzlich wieder wie zwölf und musste lächeln. Es war mindestens schon dreißig Jahre her, dass sie mit ihren Eltern in einem Zug irgendwohin gefahren war. Wo ihre Mutter wohl dieses schaumgummiartige Graubrot herbekam, das sie offenbar immer noch aß … Merle nippte am Kaffee und ließ die Landschaft vor dem Fenster an sich vorbeiziehen.

Morgen würde sie also fünfzig werden! Als ihre Mutter fünfzig geworden war, war Merle vierundzwanzig gewesen, und Renate war ihr uralt vorgekommen! Und heute galt fünfzig als das neue dreißig. Sharon Stone, Liz Hurley, Jennifer Aniston – sie alle sahen aktuell besser aus denn je. Mit Topfiguren und -frisuren. Und sie selbst? Merle kämpfte seit Jahren gegen ihr stetig zunehmendes Bauch- und Hüftgold, das man auch liebevoll »Love Handles« nennen konnte. Nur gab es in ihrem Leben leider aktuell niemanden, der diese Körperteile beim Sex liebevoll anpacken, also »handeln«, würde: Seit der Trennung von Jonas vor drei Jahren war sie mehr oder weniger Single. Klar hatte sie diverse Onlinedates probiert – am Ende aus Verzweiflung sogar auf Tinder, aber es war leider nie etwas Beziehungsähnliches dabei herausgekommen. Ihre Rendezvous hatten ausschließlich aus neurotischen Nerds und lieblos frisierten Resterampe-Ladenhütern bestanden.

»Das ist das Alter«, hatte ihre Freundin Gabi ihr erst vor Kurzem attestiert: »Männer um die fünfzig suchen sich was Jüngeres – oder sind bekloppt.«

»Und jüngere Männer?«, wollte Merle wissen.

»Die suchen bestimmt keine ältere Frau – obwohl man auf alten Schiffen ja gut segeln lernen soll.« Sie lachte verschmitzt.

»Du meinst, so MILF-artig?«

»MILF???«

»Mother, I’d like to fuck«, lachte Merle.

»Oh Mann«, Gabi verdrehte die Augen. »Du bist zwar keine Mutter, aber für eine Nacht könntest du sicher noch einen jungen Kerl abstauben«, überlegte sie.

»Wäre ja mal ein Anfang«, schmunzelte Merle.

»Um die Spinnenweben zu entfernen?« Gabi schenkte sich Prosecco nach.

»Unter anderem!« Sie stießen an.

Leider war es zu den aufregenden Sexdates, die Madonna mal so eindrucksvoll »Junge Männer wissen zwar nicht, was sie tun, aber dafür tun sie es die ganze Nacht« kommentiert hatte, aber nicht gekommen.

Der Zug hielt in Elmshorn, und Merle beobachtete leicht besorgt, was für eine erschreckende Masse an Leuten hier noch zustieg. Die meisten von ihnen würden die Fahrt wohl im Stehen verbringen.

Der Zug rollte wieder an. Renate löste ein Kreuzworträtsel, Rolf steckte hinter seiner Zeitung. Felder und Wiesen flogen vorbei. Zurück zu morgen: Nun war sie also fünfzig. Wie schnell die Zeit doch vergangen war. Gerade war sie doch noch dreißig gewesen und hatte von Kindern und einer Familie geträumt. Daraus war leider nichts geworden. Jonas wollte erst beruflich Fuß fassen, und auch Merle hatte sich vor der Mühsal von Schwangerschaft und Baby-Aufzucht gedrückt. Der Horror des Geburtsvorganges, den die Komikerin Martina Hill mal als »Stell dir vor, du müsstest einen Medizinball scheißen« beschrieben hatte, hatte ihr regelmäßig den Angstschweiß auf die Stirn getrieben. Und die Aussicht, danach mindestens ein Jahr lang nicht mehr durchzuschlafen, war auch nicht gerade verlockend gewesen.

Und nun, mit fast fünfzig, war das Thema eh durch: Seit der Trennung von Jonas lebte sie in einer Zweizimmerwohnung und teilte sich eine Katze mit ihrer Nachbarin und mittlerweile guten Freundin Gabi. Ihr Leben plätscherte so gemächlich und unspektakulär dahin wie die Landschaft, die am Fenster vorbeiflog: Sie fuhren durch Husum, durch Niebüll, durch endlose platte Weiten, grüne Wiesen, Kuh- und Schafherden und Solar-Panel-Felder und näherten sich schließlich dem Hindenburgdamm, der Sylt seit 1927 mit dem Festland verband.

Merle resümierte ihr bisheriges Leben, das ohne besondere Höhen und Tiefen verlaufen war: Sie hatte die übliche Zahl an üblichen Beziehungen hinter sich, hatte nie geheiratet und arbeitete seit über achtzehn Jahren im selben Job – in der Grafikabteilung einer Werbeagentur.

Im Grunde war alles an ihr »normal«, Durchschnitt eben: Sie hatte keine exaltierten Hobbys und auch keine ehrgeizigen Lebens- oder Karriereziele. Sie wollte einfach nur einer Arbeit nachgehen, die ihr einigermaßen Spaß machte und genug Geld für ein komfortables Leben einbrachte. Sie hatte einen Mainstream-Musikgeschmack, der sich an den aktuellen Charts orientierte, las die Bücher, die oben auf der Bestsellerliste standen, und streamte die Serien und Filme, die gerade am beliebtesten waren. Sie trug die Turnschuhe, die gerade alle trugen, und machte den Sport, den der jeweilige Zeitgeist gerade als hip ausrief – aktuell war das Yoga. Sie reiste gerne pauschal, und sogar, was sie aß, war inspiriert von der Fernsehwerbung. Sie wollte es so. Genau wie Millionen andere zu sein gab ihr Sicherheit.

Sie biss in eine der Schnitten, die Renate in einer Tupperdose auf den Tisch gestellt hatte. Milder Gouda – der Mainstream-Käse. Genau ihr Geschmack. Sie musste lächeln und betrachtete ihr Gesicht, das sich gerade im Fenster spiegelte.

Auch äußerlich war an ihr alles »normal«: Sie war normal groß, hatte eine normale Figur, war nicht schockierend schön, aber attraktiv. Ihr Gesicht wurde umrahmt von dunkelbraunen Locken, die langsam grau wurden und sich noch immer schwer bändigen ließen. Obwohl viele ihrer Freundinnen sie um ihre Haarpracht beneideten, hatte sie immer wieder versucht, die widerspenstigen Kringel glatt zu ziehen – vergeblich. Mittlerweile hatte sie aufgegeben und sich an ihre »wilden« Haare gewöhnt.

Wenn sie sich Mühe gab und sich schminkte, konnte sie richtig hübsch aussehen, aber in der Regel legte sie nicht besonders viel Wert auf ihre Outfits, die stets eher unspektakulär waren. Bequemlichkeit hatte Priorität: Jeans, Shirts und Blusen mussten reichen – und High Heels tat sie sich auch nur ungerne an. Sie zog sowieso nicht gerne Aufmerksamkeit auf sich.

Das Faszinierendste an ihr war ihr Lachen, hatten ihr...

Erscheint lt. Verlag 27.5.2022
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Comic / Humor / Manga
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 50. Geburtstag • Alte Liebe • Auszeit • Dünen • Ex-Freund • Freundin • Freundschaft • Happy End • Kampen • Mitte des Lebens • Neuanfang mit 50 • Neue Liebe • nordsee buch • Nordseeinseln • Second Chance • Sommerroman • Strandparty • Strandroman • Sylt • Urlaubsbuch • Wellenrauschen • Westerland
ISBN-10 3-8437-2707-4 / 3843727074
ISBN-13 978-3-8437-2707-5 / 9783843727075
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