Mickey 7 - Der letzte Klon (eBook)
368 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-28054-3 (ISBN)
Mickey hat einen einfachen Job. Er hilft einer Expeditionscrew, den Eisplaneten Niflheim zu kolonisieren, und dabei übernimmt er alle gefährlichen Aufgaben. Wenn er draufgeht, ist das kein Problem, denn dann wird einfach der nächste Klon von Mickey generiert und macht da weiter, wo sein Vorgänger aufgehört hat. Aber irgendwann fasst Mickey Nr. 7 einen unerhörten Entschluss: Er will nicht sterben. Aber wie überlebt man als Wegwerfklon auf einer tödlichen Mission?
Der Roman zum großen Kinofilm »Mickey 17« von Oscar-Preisträger Bong Joon-ho (»Parasite«) mit Robert Pattinson, Steven Yeun, Naomi Ackie, Toni Collette und Mark Ruffalo!
- »Der Marsianer« trifft »Die Kinder der Zeit« - Edward Ashtons »Mickey 7« ist ein großes Weltraumabenteuer
- Mickey hat einen der gefährlichsten Jobs im All, und wenn er stirbt, übernimmt sein nächster Klon - doch Mickey Nr. 7 hat endgültig genug
- Verfilmt als »Mickey 17« von Oscar-Preisträger Bong Joon-ho (»Parasite«) - ab Januar 2025 im Kino!
Edward Ashton arbeitet in der Krebsforschung, unterrichtet mürrische Doktoranden in Quantenphysik, schnitzt gerne und schreibt an seinen Geschichten. Er lebt mit seiner Familie und seinem liebenswert trübseligen Hund in einer Hütte im Wald im Bundesstaat New York. Sein Science-Fiction-Roman »Mickey 7« wurde als »Mickey 17« von Oscargewinner Bong Joon-ho mit Robert Pattinson, Steven Yeun und Mark Ruffalo in den Hauptrollen verfilmt.
1
Das wird der dämlichste Tod, den ich je hatte.
Es ist kurz nach 26:00 Uhr, und ich liege mit dem Rücken auf einem unebenen Steinboden. Die Finsternis um mich herum ist so schwarz, dass ich auch blind sein könnte. Mein Okular sucht fünf endlose Sekunden lang nach vereinzelten Photonen im sichtbaren Spektrum, gibt dann aber auf und schaltet auf Infrarot. Noch immer kann ich kaum etwas erkennen, aber jetzt erahne ich über mir zumindest die Decke der kleinen Felsenkammer, die in blassem, spektralem Grau schimmert, und die runde, schwarze, von Eis überzogene Öffnung, durch die ich hier hereingekommen sein muss.
Frage: Was zum Teufel ist passiert?
Die letzten Minuten, an die ich mich erinnern kann, sind mir nur noch bruchstückhaft im Gedächtnis – unzusammenhängende Bilder und Geräuschfetzen. Ich weiß noch, dass Berto mich am Rand der Eisspalte abgesetzt hat. Dass ich über einen Haufen zertrümmerter Eisblöcke hinuntergestiegen bin. Dass ich dann eine Zeit lang geradeaus gegangen bin. Dass ich aufgeblickt und in der südlichen Wand einen Felsen entdeckt habe, der in etwa dreißig Metern Höhe aus dem Eis hervorragte. Er sah ein bisschen wie der Kopf eines Affen aus. Ich weiß auch noch, dass ich gelächelt habe, und dann …
… und dann bin ich mit dem linken Fuß ins Leere getreten und gefallen.
Verdammt noch mal. Ich habe nicht darauf geachtet, wohin ich meine Füße setze. Ich habe zu diesem blöden Affenkopf hinaufgesehen, habe überlegt, wie ich ihn Nasha beschreiben könnte, wenn ich wieder zurück im Dome bin, und bin dann in ein Loch getreten.
Was für ein dämlicher, dämlicher Tod.
Ein Zittern läuft durch meinen Körper. Schon oben, als ich mich noch bewegt habe, war die Kälte unerträglich. Aber jetzt, wo ich hier unten auf dem Felsgestein liege, sickert sie in meinen ganzen Körper, durch den Skin Suit und die zwei Schichten Thermokleidung, durch Haare und Haut und Muskeln bis in die Knochen. Ich zittere wieder, und plötzlich schießt ein Schmerz von meinem linken Handgelenk in meine Schulter. Ich blicke hinunter und sehe eine Beule, und zwar an einer Stelle, wo eigentlich keine sein sollte. Sie drückt von innen gegen den Stoff, am Übergang zwischen Handschuh und äußerer Thermoschicht. Ich versuche, den Handschuh auszuziehen, in der Hoffnung, dass die Kälte das Anschwellen verlangsamt, aber der stechende Schmerz flammt erneut auf und beendet den Versuch, kaum dass ich damit begonnen habe. Selbst wenn ich nur die Hand zur Faust ballen will, steigert sich der Schmerz von unerträglich zu höllisch, sobald ich die Finger auch nur leicht bewege.
Während des Sturzes muss ich mit der Hand irgendwo dagegen geschlagen sein. Ist das Handgelenk gebrochen? Vielleicht. Verstaucht? Garantiert.
Aber wer Schmerzen hat, lebt noch.
Langsam richte ich mich auf, schüttele den Kopf, um klar denken zu können, und öffne mit einem Zwinkern ein Kommunikationsfenster. Ich befinde mich außerhalb der Reichweite der Verstärker der Kolonie, aber Berto muss noch in der Nähe sein, denn ich bekomme ein ganz schwaches Signal. Nicht stark genug für Sprache oder Video, aber Textnachrichten müssten gehen. Ich zwinkere das Tastatur-Icon an, und die Tastatur wird größer und füllt ein Viertel meines Sichtfeldes aus.
<Mickey7>: Berto. Bist du da?
<RedHawk>: Ja, bin da. Du lebst also noch?
<Mickey7>: Sieht so aus. Aber ich sitz hier fest.
<RedHawk>: Ja, ich hab’s gesehen. Du bist direkt in ein Loch gelaufen.
<Mickey7>: Ja, muss wohl so gewesen sein.
<RedHawk>: Das war kein kleines Loch, Mickey. Sondern ein richtig großes. Mann, wie konnte das passieren?
<Mickey7>: Ich hab einen Felsen angeschaut.
<RedHawk>: …
<Mickey7>: Der sah aus wie ein Affe.
<RedHawk>: Was für ein dämlicher Tod.
<Mickey7>: Ja, aber nur wenn ich wirklich sterbe, oder? Apropos, wie stehen die Chancen, dass du mich hier rausholst?
<RedHawk>: Na ja …
<RedHawk>: Nein.
<Mickey7>: Echt jetzt?
<RedHawk>: Echt jetzt.
<Mickey7>: …
<Mickey7>: Warum nicht?
<RedHawk>: Also erst mal, weil ich ungefähr zweihundert Meter oberhalb der Stelle bin, an der du runtergerauscht bist, und ich nur ein ganz schwaches Signal von dir kriege. Du bist ziemlich weit unten, mein Guter, und wir sind hier garantiert schon im Gebiet der Creeper. Dich da rauszuholen, wäre eine Scheißarbeit und mit hohem Risiko verbunden, und für einen Expendable kann ich so ein hohes Risiko nicht rechtfertigen.
<Mickey7>: Ach so. Verstehe.
<Mickey7>: Auch nicht, wenn dieser Expendable dein Freund ist?
<RedHawk>: Komm schon, Mickey, tu doch nicht so. Du stirbst ja nicht wirklich. Wenn ich wieder im Dome bin, schreibe ich einen Verlustbericht. So sind die Dienstvorschriften. Marshall kann deiner Wiederherstellung unmöglich widersprechen. Und morgen bist du schon wieder raus aus dem Tank und liegst friedlich in deinem Bett.
<Mickey7>: Na toll. Für dich ist das die einfachste Lösung. Aber ich muss in der Zwischenzeit hier in diesem Loch verrecken.
<RedHawk>: Ja, das ist ätzend.
<Mickey7>: Ätzend? Sonst fällt dir nichts dazu ein?
<RedHawk>: Tut mir leid, Mickey, aber was erwartest du denn? Mir ist auch nicht wohl, wenn du gleich da unten stirbst, aber mal ganz im Ernst: Das ist doch dein Job, oder?
<Mickey7>: Ich bin nicht mal auf dem neuesten Stand. Ich hab seit über einem Monat kein Upload mehr gemacht.
<RedHawk>: Da … da kann ich ja nichts dafür. Aber mach dir keine Sorgen. Ich erzähl dir dann, was mit dir passiert ist. Hast du seit dem letzten Upload privat irgendwas getrieben, von dem du glaubst, du müsstest es wissen?
<Mickey7>: Hmm …
<Mickey7>: Ich glaube nicht.
<RedHawk>: Alles klar. Dann wär’s das.
<Mickey7>: …
<RedHawk>: Alles okay, Mickey?
<Mickey7>: Ja. Alles okay. Danke vielmals, Berto.
Ich zwinkere das Fenster weg, lehne mich an die Felswand und schließe die Augen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser feige Schisser mich nicht holen kommt.
Quatsch. Natürlich kann ich mir das vorstellen.
Und was jetzt? Soll ich hier sitzen bleiben und darauf warten, dass ich sterbe? Ich habe keine Ahnung, wie tief ich gestürzt bin, durch dieses Bohrloch oder diesen Senkschacht oder was immer das ist, bevor ich aufgeschlagen bin, hier in diesem … was auch immer das ist. Vielleicht zwanzig Meter tief. Nach dem, was Berto gesagt hat, waren es wohl eher hundert. Die Öffnung, durch die ich gefallen bin, ist direkt über mir, es sind keine drei Meter bis da oben. Aber selbst wenn sie näher wäre, könnte ich mit meinem Handgelenk unmöglich hinaufklettern.
In meinem Job denkt man viel über die verschiedenen Arten nach, wie man zu Tode kommen kann – falls man nicht gerade eine davon selbst erlebt. Ich bin noch nie erfroren. Aber ich habe es mir schon oft vorgestellt. Das lag ja auch nahe, nachdem wir auf dieser gottverlassenen Eiskugel gelandet waren. Eigentlich müsste es relativ problemlos gehen. Man fängt an zu frieren, schläft irgendwann ein und wacht nicht mehr auf, oder? Meine Gedanken schweifen ab, und während ich mir denke, dass das im Grunde ja gar keine so schlechte Art ist, sich zu verziehen, pingt mein Okular. Mit einem Zwinkern gehe ich ran.
<BlackHornet>: Hey, Babe.
<Mickey7>: Hey, Nasha. Was kann ich für dich tun?
<BlackHornet>: Bleib einfach, wo du bist. Ich bin in der Luft. Bin in zwei Minuten bei dir.
<Mickey7>: Hat Berto dich angepingt?
<BlackHornet>: Genau. Er glaubt nicht, dass man dich da rausholen kann.
<Mickey7>: Aber?
<BlackHornet>: Er ist einfach nicht ausreichend motiviert.
Hoffnung ist etwas Eigenartiges. Noch vor dreißig Sekunden war ich mir hundertprozentig sicher, dass ich sterben werde – und hatte eigentlich keine Angst. Und jetzt hämmert mir der Herzschlag in den Ohren, und ich gehe in Gedanken eine Checkliste durch mit allem, was schieflaufen könnte, falls Nasha es tatsächlich schafft, da oben mit ihrem Lifter zu landen und einen Rettungsversuch zu starten. Ist neben der Eisspalte genug Platz, damit sie landen kann? Und wenn ja, kann sie mich dann orten? Und wenn sie das wirklich schafft, hat sie dann auch genug Seil dabei, um bis zu mir zu kommen?
Und wenn das alles klappt, wird sie mit der ganzen Aktion nicht die Creeper auf sich aufmerksam machen?
Scheiße.
Scheiße, Scheiße, Scheiße.
Das muss ich verhindern.
<Mickey7>: Nasha?
<BlackHornet>: Ja?
<Mickey7>: Berto hat recht. Man kann mich hier nicht rausholen.
<BlackHornet>: …
<Mickey7>: Nasha?
<BlackHornet>: Bist du...
Erscheint lt. Verlag | 10.8.2022 |
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Reihe/Serie | Mickey 7 |
Mickey 7-Reihe | Mickey 7-Reihe |
Übersetzer | Felix Mayer |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Mickey 7 |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction |
Schlagworte | 2022 • Aliens • bissiger Humor • Blockbuster • bong joon ho • Bong Joon-Ho • Der Marsianer • eBooks • Eisplanet • Eiswelt • Kino • Klone • Mark Ruffalo • mickey 17 • Neuerscheinung • Robert Pattinson • Science-fiction • Space Opera • Verfilmung • Weltraumabenteuer |
ISBN-10 | 3-641-28054-0 / 3641280540 |
ISBN-13 | 978-3-641-28054-3 / 9783641280543 |
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