Puppenmoor (eBook)

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
424 Seiten
Hybrid Verlag
978-3-96741-127-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Puppenmoor -  Heike Schulz
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Sentas sonst so fürsorgliche Eltern sind wie verwandelt. Seit sie vom Wandern im Moor eine alte Puppe mitgebracht haben, liegt ihre Aufmerksamkeit nur mehr bei diesem dreckigen Ding. Als sie Senta und ihrem kleinen Bruder Anton gegenüber sogar aggressiv werden, flieht Senta mit ihm und versteckt sich in einem alten Bergwerk. Dort treffen sie unter anderem auf die störrische Alyssa, den Möchtegern-Gangster Ömer, den Nerd Karl und Sentas Schwarm Per. Alle Kinder erzählen Ähnliches von ihren Eltern. Gemeinsam kommen sie zu dem Schluss: Die Puppe trägt einen Fluch und sie müssen sie loswerden. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn inzwischen rotten sich die Erwachsenen zu einer Jagd auf sie zusammen ...

Heike Schulz, Jahrgang 1968 und Mutter zweier erwachsener Kinder, lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln. Neben ihrer Arbeit als Autorin ist sie als Betreuungskraft einer offenen Ganztagsschule tätig. Sie ist Mitglied des Autorenkreises Rhein-Erft (ARE), der Vereinigung deutschsprachiger Liebesromanautoren und -autorinnen (DELIA) und des Montségur Autorenforums.

Heike Schulz, Jahrgang 1968 und Mutter zweier erwachsener Kinder, lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln. Neben ihrer Arbeit als Autorin ist sie als Betreuungskraft einer offenen Ganztagsschule tätig. Sie ist Mitglied des Autorenkreises Rhein-Erft (ARE), der Vereinigung deutschsprachiger Liebesromanautoren und -autorinnen (DELIA) und des Montségur Autorenforums.

Kapitel 1

 

Per

 

Per drehte die Musik seines Handys lauter, öffnete die Tür des Kleiderschranks einen Spaltbreit und lugte hinein. Was ihn hier zwischen den mit Alufolie verkleideten Wänden unter der LED-Leiste anlachte, übertraf alle seine Erwartungen. Der Tipp aus dem Lemon Haze Forum, während der Blühphase mit der Beleuchtung auf 800 Watt aufzustocken, hatte voll ins Schwarze getroffen. Er nestelte sein Handy aus der Tasche und rief seinen Kumpel Malte an.

»Alter, was gibt’s?«, meldete der sich nach dem zweiten Klingeln und gähnte herzhaft.

»Ey, sag mal, hast du etwa schon gepennt?« Per sah auf seine Uhr. »Es ist grade mal sechs. Nicht mal Zeit fürs Sandmännchen.«

Malte gähnte erneut. »Nee, nur ’n bisschen gechillt, wenn du verstehst, was ich meine. Gelobt sei das Ganja.«

Per grinste. »Wie wahr. Und das ist auch mein Stichwort. Rate mal, was ich hier gerade vor mir sehe.«

Er hörte Leder knarzen und sah regelrecht vor sich, wie Malte sich in seinem abgewetzten und durchgelegenen Monster von Sofa aufsetzte. »Ich bin ganz Ohr, Bruder«, klang er nun deutlich wacher.

»Ich steh vor meiner Growbox und seh mir das Weed an. Das ergibt eine Ernte von locker einem halben Pfund. Genug für deinen und meinen Eigenbedarf.«

»Super!« Malte schien ganz aus dem Häuschen. »Dann mach mal hinne mit der Verarbeitung, ich freu mich schon auf eine erste Kostprobe.«

»Worauf du wetten kannst. Also dann bis später im Fizz.« Per beendete das Gespräch und weidete sich voller Vorfreude am Anblick seiner Plantage. Mit etwas Glück amortisierten sich mit dem Verkauf des Überschusses die Kosten für die neue Lampe. Nicht jeder hatte wie er das Glück, einen alten Rübenkeller im Hof zu haben, der ausreichend Platz und eine diskrete Belüftung für eine eigene Plantage bot. Da war die Nachfrage für gutes Gras groß, selbst oder gerade in einem Fünftausend-Seelen-Nest wie Gremmershoven, dessen Hauptattraktion der Supermarkt war. Er band sich eine gummierte Schürze um, stopfte seine Dreads unter eine Plastikhaube und stülpte seine Gummihandschuhe über, bevor er die Schranktür ganz öffnete. Ein strenger Geruch nach Limone und Kräutern schlug ihm entgegen. Dieses Aroma und vor allem seine Wirkung galt es nun zu bewahren. Begleitet von den Songs von Mono und Nikitaman begann er mit der Ernte. Dieser Teil der Produktion machte ihm besonders viel Spaß, denn hier offenbarte sich zum ersten Mal der Lohn seiner Mühen. In zwei Wochen würde er in seinem Zimmer mit Malte schön gechillt bei sanfter Musik eine sorgfältige Qualitätskontrolle vornehmen. Aber bis dahin dauerte es noch ein Weilchen. Zeit genug, um sich Gedanken um sein zweites großes Vorhaben zu machen, und zwar eins, das nicht das Geringste mit Kiffen zu tun hatte. Zumindest sah die süße Kleine, die jeden Samstag mit ihren Freundinnen ins Fizz kam, nicht wie eine Kifferin aus. Mit ihrem dunkelblonden Bob, der randlosen Brille und den braven Klamotten wirkte sie, als würde sie nicht einmal bei Rot über die Straße gehen. Insgesamt machte sie auf den ersten Blick einen unauffälligen Eindruck, den seine Kumpels vielleicht langweilig nannten. Er aber fand ihre zurückhaltende Art äußerst anziehend und er glaubte, dass tief in ihr etwas Aufregendes schlummerte. Was es war, das wollte er herausfinden.

Er schnitt die letzten Dolden ab, schlüpfte aus seiner Schutzkleidung und hängte diese an einen Haken.

Alles lief nach Plan und wenn es mit dem Mädchen im Fizz heute ebenso glatt lief, stand ihm ein toller Sommer bevor.

 

 

Senta

 

»Und denk bitte daran, Anton auf dem Rückweg einzusammeln. Spätestens um neun sind wir zurück. Kuss, Mama und Papa.«

Senta zupfte den gelben Haftnotizzettel von der Kühlschranktür und verzog das Gesicht. Damit war ihr Abstecher ins Fizz nach dem Handballtraining erledigt. Lea und die anderen würden nicht gerade begeistert sein, wenn sie mal wieder auf dem letzten Drücker absagte. Sie warf den zerknüllten Zettel in die Mülltonne und zog ihr Handy heraus. Lea ging schon nach dem zweiten Klingeln ran.

»Hi Süße!«, flötete ihre Freundin atemlos. »Ich wollte dich gerade anrufen. Weißt du, wer heute Abend ins Fizz kommt? Rastaman! Das ist deine große Chance! Vicki hat gesagt, dass ihr Bruder gesagt hat …«

»Ich kann nicht«, unterbrach Senta Leas Redeschwall und biss sich auf die Unterlippe. Er kam heute ins Fizz. Ausgerechnet.

Am anderen Ende der Leitung wurde es schlagartig still, bis Lea schließlich ihre Sprache wiederfand. »Was soll das heißen?«

»Ich muss gleich nach dem Training Anton von seiner Freundin abholen. Meine Eltern sind mal wieder auf Tour.« Während sie mit Lea telefonierte, ging Senta in ihr Zimmer, schaltete das Gespräch auf laut und begann, ihre Trainingsklamotten aus dem Schrank zu nehmen.

»Der Furz ist gerade mal drei Jahre alt und hat schon eine Freundin? Die fangen ja immer früher damit an.«

»Kennst das doch. Schenk mir einen Lolli und ich bin deine Freundin. So läuft das in dem Alter. Knallharte Bestechung.« Sie warf ihre Turnschuhe aufs Bett. »Jedenfalls heißt das, ihr müsst heute ohne mich auskommen.«

Lea stieß hörbar die Luft aus. »Uncool. Süße, deine Erzeuger in allen Ehren. Ich finde es ja toll, dass sie in ihrem Alter noch so viel miteinander unternehmen. Aber denken sie auch mal daran, dass du ein Privatleben hast? Es kann doch nicht sein, dass du immer auf die Frucht ihrer Liebe aufpassen musst, wenn sie die Wanderlust packt. Sie stören ganz empfindlich dein Sexleben.«

»Wenn ich denn eins hätte!« Senta lachte trocken auf. Wo zum Geier steckte nur ihr Trikot?

»Eben! Du hast keins. Und das könntest du ändern, wenn du heute mit ins Fizz kommst. Falls ich es noch nicht erwähnt habe: Rastaman wird dort sein. Der zukünftige Vater deiner Kinder!«

»Nenn ihn nicht so.«

»Aber er hat doch Dreads.«

»Nuss. Den zukünftigen Vater meiner Kinder. Wir haben schließlich noch kein einziges Wort miteinander gesprochen.« Sie fand ihr Trikot unter dem Bett.

»Dazu muss man nicht miteinander sprechen.« Lea kicherte. »Aber zurück zu Problem Numero uno. Wie kriegen wir dich heute ins Fizz

»Gar nicht.« Senta seufzte. »Es sei denn, ich nehme den Zwerg mit.«

»Was äußerst unpassend wäre.« Lea schnalzte mit der Zunge. »Dann heißt das also, wir müssen tatsächlich ohne dich auskommen. Aber zum Training kommst du doch, oder?«

»Ja, klar.«

»Immerhin etwas. Also gut, bis später.«

Sie schmatzten einander Luftküsschen zu und legten auf.

Mist. Senta ließ sich auf die Bettkante fallen. Jetzt verpasste sie nicht nur einen schönen Abend mit ihren Freundinnen, sondern auch die Gelegenheit zu einer Begegnung mit ihm. Nicht, dass sie sich jemals getraut hätte, ihn anzusprechen. Aber alleine für ein paar Sekunden seinen fragenden und durchaus freundlichen Blick auf sich zu wissen und sein verschmitztes Lächeln geschenkt zu bekommen, dafür hätte sich das Fizz gelohnt. Stattdessen würde sie den Abend mit Fang den Hut und Bob, der Baumeister verbringen. Was würde eigentlich passieren, wenn sie Anton einfach bei seiner Freundin ließ? Den Gedanken durchspielend griff sie nach ihrer Sportasche, zog den Reißverschluss zu und machte sich auf den Weg zur Dreifachturnhalle.

 

Die Sprungwurfübungen und das Passtraining brachten Senta an den Rand der Erschöpfung und ließen zunächst keinen Raum für Grübeleien. Erst als sie viel später mit Anton vor seiner Playmobilburg saß und versuchte, einigermaßen glaubhaft die Stimme eines Ritters zu imitieren, kroch in ihr die Enttäuschung hoch. So sah also der Abend einer gesunden Sechzehnjährigen aus? Ritter spielen und Benjamin Blümchen hören? Und jetzt begann Anton auch noch zu quengeln. Zuerst lenkte Senta ihn noch mit einer ziemlich beeindruckenden Drachendarbietung von der Tatsache ab, dass ihre Eltern auf sich warten ließen, doch irgendwann fing er an zu weinen.

»Was meinst du? Sollen wir mal nachsehen, ob noch Eis da ist?«

Diesen Joker wollte sie eigentlich nicht ziehen, aber die Aussicht auf eine Portion Eiscreme zum Abendessen stoppte Antons Tränenflut auf der Stelle. Begeistert folgte er ihr in die Küche und sah zu, wie sie die Packung Vanilleeis aus dem Gefrierfach zog.

»Eine oder zwei Kugeln?« Grinsend hielt sie den Portionierer hoch.

Hochkonzentriert zählte er die gewünschte Anzahl an seinen knubbeligen Fingerchen ab. »Zwei!« Stolz reckte er drei Finger in die Luft.

»Fast.« Senta nahm seine Hand und rollte vorsichtig einen Finger wieder ein. »Jetzt sind es zwei.«

Anton nickte bekräftigend. »Zwei jetzt.«

»Eine doppelte Portion Vanille für den Herrn. Kommt sofort.« Sie verteilte je zwei extragroße Kugeln auf zwei Schälchen und trug sie ins Wohnzimmer.

Nach ein paar Folgen Shaun, das Schaf aus dem Stream schlummerte er endlich zufrieden und eisverschmiert auf dem Sofa ein. Behutsam trug sie ihn in sein Bett, drückte ihm seinen Plüsch-Findus in den Arm und deckte ihn zu. Spätestens um neun sind wir zurück. Wie witzig. Während Anton leise vor sich hin schnarchte, begann Senta sich zu sorgen. Ob ihnen etwas passiert war? Manchmal wanderten ihre Eltern in ziemlich abgelegenen Gegenden ohne Internet. Wenn dann auch noch das GPS ausfiel oder sie von der Dunkelheit überrascht wurden, konnte es leicht passieren, dass sie sich verirrten. Würden sie dann nicht anrufen? Normalerweise schon, und wenn die Akkus leer waren?...

Erscheint lt. Verlag 29.10.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
Literatur Krimi / Thriller / Horror Horror
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Aggressiv • Bergwerk • Dark • düster • Eltern • Fantasy • Gangster • Moor • Nerd • Puppe • Ritual • Romance • Unglück • Verrückt
ISBN-10 3-96741-127-3 / 3967411273
ISBN-13 978-3-96741-127-0 / 9783967411270
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