60 Minuten – Tod (eBook)

Du hast eine Stunde – um zu überleben

(Autor)

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2022 | 1., Auflage
135 Seiten
Piper ebooks (Verlag)
978-3-492-60062-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

60 Minuten – Tod - Nick Pirog
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Henry Bins hat ein Problem. Er kann täglich nur eine Stunde wach sein - von drei bis vier Uhr morgens. In diesen 60 Minuten muss er sein Leben meistern. Und er hat Probleme, eine Menge Probleme. Als seine Mutter, die er zuletzt vor 30 Jahren gesehen hat, tot im Potomac River gefunden wird, gerät Henrys Welt ins Wanken. Denn Sally Bins war eine Spionin ... und sie hinterlässt ihrem Sohn ein blutiges Erbe!

Nick Pirog veröffentlichte seinen ersten Roman schon in jungen Jahren. Seitdem lebt und atmet er für das Schreiben. John Grisham und Michael Crichton sind Pirogs Vorbilder, sein Ziel: Den ultimativen Spannungsroman für die Generation Netflix zu schreiben! Seine Serie '60 Minuten' wird in den USA bereits gefeiert.

Nick Pirog lebt und atmet für das Schreiben. Seinen ersten Roman veröffentlichte er schon in jungen Jahren, seitdem lässt es ihn nicht mehr los. John Grisham und Michael Crichton sind Pirogs Vorbilder, sein Ziel: Den ultimativen Spannungsroman für die Generation Netflix zu schreiben! Seine Serie "60 Minuten" wird in den USA bereits gefeiert!

:02


Die letzte Erinnerung an meine Mutter stammt von meinem sechsten Geburtstag. Ich weiß noch, dass ich ziemlich aufgeregt war, weil sie die beiden vorherigen verpasst hatte. In dem Moment, als ich aufwachte, suchte ich das Zimmer nach ihr ab, aber da stand nur mein Vater über mich gebeugt.

»Wo ist Mama?«

»Sie ist …«

Dieser Satz endete üblicherweise immer gleich.

»… arbeiten.«

Meine Mutter hatte den langweiligsten Job der Welt. Zumindest dachte ich, als ich klein war, Geologin sei der langweiligste Job der Welt. Aber das lag daran, dass ich ihren Job – die Analyse von Gestein – als Konkurrenten betrachtete. Warum war Sandstein wichtiger als ich? Was hatte Quarzit, was ich nicht hatte? Erst als ich größer wurde und erfuhr, dass meine Mutter ihre dreiwöchigen bis dreimonatigen Phasen der Abwesenheit nicht mit Gesteinssuche verbrachte, begriff ich. Sie suchte nach Öl. Die Firmen bezahlten ihr dafür viel Geld, was es meinem Vater mit seinem bescheidenen Einkommen als technischer Autor erlaubte, zu Hause zu bleiben und sich um mich zu kümmern.

»… gleich da«, beendete er den Satz.

Meine Mutter trat mit einer Geburtstagstorte ins Zimmer. Auf dem Kuchen war ein Bild von Snoopy und eine große blaue Kerze in Form einer Sechs.

Ich sehe noch immer den Gesichtsausdruck meiner Mutter vor mir. Ihre scharfen, kantigen Züge – so ziemlich das Gegenteil von denen meines Vaters –, die von ihrer tschechischen Herkunft zeugten. Sie hatte stechend grüne Augen – kleine Jadesplitter, wie sie es nannte –, aus denen man Stimmungsringe hätte machen können.

An diesem Tag blickten sie düster.

Ich frage mich, ob sie damals schon wusste, dass sie irgendwann gehen würde. Dass sie uns verlassen würde.

Nachdem ich die Kerzen ausgeblasen und fast die Hälfte des Kuchens gegessen hatte, brachten meine Eltern mein Geburtstagsgeschenk herein. Oder besser gesagt, sie rollten es herein.

Ein leuchtend rotes Kinderfahrrad.

Ich hätte nicht glücklicher sein können.

»Dad, kannst du es mir jetzt gleich beibringen?«

Ich ging wie selbstverständlich davon aus, dass mein Dad mir das Fahrradfahren beibringen würde. Er war derjenige, der zwanzig Minuten am Tag damit verbrachte, mir aus Geschichtsbüchern vorzulesen, mich über die Rechtschreibung auszufragen, mich dazu zu bringen, meine Schreibschrift oder Rechenaufgaben zu üben, dann noch einmal zwanzig Minuten, in denen er mir beibrachte, wie man einen Baseball wirft, einen Golfschläger schwingt, einen Handstand macht, ein Omelett zubereitet, Gin Rommé spielt und viele andere Lektionen des Lebens.

»Weißt du, deine Mom ist die Fahrradexpertin in der Familie. Vielleicht bringt sie es dir bei.«

Mein Vater muss es gewusst haben.

Falls sie sich nicht mit ihm hingesetzt und ihm erklärt hatte: »Richard, ich schaffe das nicht mehr. Ich ertrage es nicht mehr, meinen Sohn nur eine Stunde am Tag wach zu sehen. Das ist nicht das, was ich mir gewünscht habe. Ich gehe«, hatte er es mit Sicherheit in ihren Jade-Augen gelesen.

»Ich fahre einen rasanten Stil«, sagte meine Mutter mit einem Lächeln.

Die nächsten dreißig Minuten verbrachte meine Mutter damit, mir das Fahrradfahren unter den Straßenlaternen der kleinen Sackgasse beizubringen, wo mein Vater noch heute wohnt.

Ich habe es damals nicht kapiert, aber als meine Mutter den Sattel meines roten Kinderrädchens losließ, mich ganz alleine balancieren ließ, war es nicht nur das Fahrrad, das sie losließ.

Als ich alleine eine Runde gedreht hatte, war es nicht meine Mutter, sondern mein Vater, der auf mich wartete.

»Wo ist Mama?«

»Sie musste einen Anruf entgegennehmen.«

Ich würde meine Mutter nie wiedersehen.

::::

Im Laufe der Jahre fragte ich meinen Dad ab und zu nach meiner Mutter, aber es kam nie was dabei heraus.

»Sie ist weg. Verschwende deine Zeit nicht damit, an sie zu denken«, war alles, was er je sagte. Und er hatte recht, denn wenn ich anfangen würde, an sie zu denken, würde ich mich in einem schwarzen Loch verlieren, nur um irgendwann wieder aufzuschrecken, und mein Tag, meine Stunde, wäre verflogen. Wenn ich normal wäre, hätte ich Stunden, Tage, Monate, sogar Jahre damit verbringen können, darüber nachzugrübeln, warum meine Mutter uns verlassen hatte. Aber ich war nicht normal. Ich hatte sechzig Minuten am Tag und ließ mir nicht vorschreiben, wie ich sie zu verbringen hatte. Also errichtete ich eine Mauer. Eine Mauer, die die Berliner Mauer armselig erscheinen ließ. Eine Mauer, die meine Mutter niemals überwinden würde.

So dachte ich jedenfalls.

Vor fünf Jahren handelte ich online an der Börse. Ich wollte ein paar Öltermingeschäfte machen und stieß auf eine Aktie.

GGU.

Wann immer ich meine Mutter gefragt hatte, für wen sie arbeitete, hatte sie erwidert: Global Geologist Unlimited. Ich stellte ein paar Routinenachforschungen über das Unternehmen an. Es war 1987 gegründet worden.

Meine Mutter hatte uns 1984 verlassen.

Nachdem ich bei Global Geologist angerufen und eine E-Mail an sie geschickt hatte, fand ich heraus, dass dort niemals eine Sally Bins gearbeitet hatte.

Als Nächstes kontaktierte ich die George Mason University, die meine Mutter unter ihrem Mädchennamen Sally Petrikova besucht und an der sie ihren Abschluss in Geowissenschaften gemacht hatte.

Dort existierten keinerlei Unterlagen über sie.

Der Vater meiner Mutter war bereits verstorben, aber ihre Mutter lebte noch in Tschechien. Es gab dort zwei Deniza Petrikovas. Aber keine von beiden hatte eine Tochter.

Damals nahm ich zum ersten Mal Kontakt mit AST auf und begann, monatlich fünftausend Dollar für die Suche nach Sally Bins hinzublättern.

Ihr erster Bericht, in dem sie die Finanzen meines Vaters und meiner Mutter, ihre Heirat, die Geburtsurkunden und die Kreditauskünfte unter die Lupe genommen hatten, schlug ein wie eine Bombe.

Sally Bins hatte nie existiert.

::::

Mein Vater lernte meine Mutter in einem Café kennen. Klar ist das ein Klischee, auch wenn mir selbst nie etwas Derartiges passierte. Wenn ich Frauen kennenlernte, dann entweder über Match.com – NIGHTOWL3AM – oder weil mich wie im Fall von Ingrid ein weiblicher Detective der Mordkommission wegen eines Verbrechens vernahm.

Das Café hieß Mighty Bean. Der Laden lag fünf Kilometer von der Wohnung meines Vaters in Arlington entfernt, an der Westseite des Potomac. Er besuchte das Lokal häufiger, saß in der Ecke und arbeitete an seinem neuesten Projekt, während er an einer Tasse des Hausgebräus nach der anderen nippte. Da er so nah bei DC wohnte, hatte ein Großteil seiner Arbeit mit der Buchstabensuppe der Regierungsbehörden zu tun.

Ich vermute, dass mein Vater sich in den letzten vierzig Jahren nicht groß verändert hat. Ich nehme an, er hatte vielleicht etwas mehr Haare, etwas weniger Stirnglatze und trug womöglich sogar ein Hemd mit Kragen. Aber ich kann kaum glauben, dass er auf dem Radar der attraktiven Brünetten, die am Nebentisch saß, trotzdem einen Piep auslöste. Und so wie ich mir die Szene vorstelle, war mein Vater derart in den Regierungsjargon vertieft, dass er überhaupt nichts davon mitbekam, dass die Frau am Nebentisch ihn fragend anstarrte.

»Woran arbeiten Sie so intensiv?«

Laut meiner Mutter reagierte mein Vater beim ersten Mal überhaupt nicht, und sie musste die Frage wiederholen.

Als er aufblickte, rutschte ihm seine große Brille die Nase herab, und er blinzelte sie mit dunklen Augen unter schweren Brauen an. Nachdem er seine Brille wieder hochgeschoben hatte, machte er große Augen und sagte: »Heiliger Bimbam!«

Meine Mutter war sich der Macht, die sie über das andere Geschlecht besaß, durchaus bewusst, und sie hatte seit ihrer frühen Jugend kein einziges Mal mehr Make-up getragen. Mit ihren zu einem festen Dutt zurückgebundenen Haaren, dem kantig geschnittenen Business-Anzug, der ihre kurvenreiche Figur kaschieren sollte, und einer Brille – deren Stärke der meines Vaters entsprach und die ihre grünen Augen zu zwei Planeten vergrößerte – war meine Mutter von der aufrichtigen Reaktion...

Erscheint lt. Verlag 10.2.2022
Reihe/Serie Die Henry-Bins-Serie
Die Henry-Bins-Serie
Die Henry-Bins-Serie
Übersetzer Alexander Wagner
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel 3 a.m.
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Action-Thriller • Blockbuster • CIA • Marc Elsberg • Polit-Thriller • Schlafkrankheit • US Präsident • Verschwörung
ISBN-10 3-492-60062-X / 349260062X
ISBN-13 978-3-492-60062-0 / 9783492600620
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