Tod an der Alster (eBook)

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
336 Seiten
Harpercollins (Verlag)
978-3-95967-478-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tod an der Alster - Anke Küpper
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Eine Frau läuft im farbenreichen Spektakel des Feuerwerks über der Alster vor einen Bus. Erst bei genauem Hinsehen entdecken Svea Kopetzki und die Kollegen von der Mordkommission die Stichspuren am Hals. Hat sich die bekannte Schönheitschirurgin aus ihrer nahen Praxis vor einem Angreifer in die Menschenmassen des Alstervergnügens flüchten wollen? Wer hatte sie angegriffen? Ein Einbrecher, ein rachsüchtiger Ex-Patient oder steckte doch etwas ganz anderes dahinter? Hauptkommissarin Svea Kopetzki muss viele Fragen in der ihr verhassten Welt der Neu-Reichen und Neu-Schönen Hamburgs stellen.

»'Tod an der Alster' ist spannend und voll mit Lokalkolorit.« Kerry Rügemer,NDR, 30.07.2021



Anke Ku?pper studierte Germanistik, Romanistik und Medienwissenschaften in Hamburg, Bochum, Poitiers und Bordeaux. Seit u?ber zwanzig Jahren arbeitet sie als Buchautorin. Neben ihren Kriminalromanen, in denen sie ihre Wahlheimat Hamburg zum Schauplatz macht, hat sie mehr als achtzig Sachbu?cher und Pixi-Geschichten sowie zahlreiche Quizze und Spiele veröffentlicht, darunter einige Bestseller.Sie hat bereits mehrere Krimi-Anthologien herausgegeben, ist in Hamburg als Literaturveranstalterin aktiv und leitet Schreibworkshops. Außerdem engagiert sie sich bei den Mörderischen Schwestern, im Syndikat und im writers' room Hamburg für andere Schreibende.

PROLOG

Es zischt und knallt. Goldene Sterne explodieren und regnen auf die Außenalster, Leuchtkugeln, rot und grün wie Ampellicht, ziehen glühende Schweife hinter sich her.

Igor Popov stöhnt. Mit einer Hand lenkt er den Doppeldeckerbus über die Fernsichtbrücke, mit der anderen verreibt er den Schweiß, der unter seiner Kapitänsmütze hervorfließt. Es ist nach 22 Uhr und noch weit über 20 Grad warm. Der kurze Regen am Nachmittag hat keine Erfrischung gebracht, eher war es danach noch schwüler.

»Bleibst du wohl sitzen!«, kreischt eine Frauenstimme hinter ihm, als er beim Einbiegen in die Bellevue durch zwei Schlaglöcher rumpelt. Popov blickt mit einem Auge in den Rückspiegel. Im Gang zwischen den Sitzen schwankt ein Mann, mit beiden Händen einen Tablet-Computer vorm Gesicht haltend, und filmt das Feuerwerk. Die Matrone im Vierersitz rechts hinter ihm streckt den Arm nach ihm aus und zerrt an seinem T-Shirt.

»Siegfried!« Ihre Stimme schneidet in Popovs Trommelfell. Der Mann reagiert nicht. Er tut, als würde er nichts merken, oder vielleicht merkt er tatsächlich nichts, solche Leute soll es geben. Glückliche, die alles Störende um sich herum ausblenden und unbeirrt ihr Ziel verfolgen.

Popov sieht nach vorn. Über der Alster schießt eine silbrige Fontäne in die Höhe und öffnet sich zum funkelnden Kelch am Himmel. Früher hat er Feuerwerk gemocht. Seit er hinterm Steuer dieses Busses sitzt, nicht mehr. Aber was soll er machen? Er braucht den Job bei den Stadtrundfahrten, um bei Mila zu sein. Denn wenn Mila zu lange allein sein muss, ritzt sie sich Muster in ihre Unterarme. Nachdem er sie nach einer Portugaltour vor drei Jahren aus der Klinik abholen musste, hat er sofort bei der Spedition gekündigt. Wie hat er es geliebt, tagelang gen Süden zu fahren, nur er und die Straße. Jetzt fährt er acht Mal am Tag um die Alster, bei Feuerwerk noch öfter, und muss alle paar Kilometer anhalten und neue Fahrgäste ein- und austeigen lassen. Hop On Hop Off, heißt das. Kein Wunder, dass ihm nach Feierabend manchmal schwindelig ist.

Im letzten Moment bemerkt er den Smart, der vor ihm aus der Parklücke am Alsterufer schießt. »Pass doch auf!« Ruckartig tritt er auf die Bremse. Der Mann mit Namen Siegfried taumelt zurück auf den Sitz neben seiner Frau, umklammert unbeirrt sein Tablet.

Vom Oberdeck hallen Schreie, Gepolter. Er schaltet die Kamera nach oben um, sieht in schemenhaftem Schwarz-Weiß, wie sich eine Person hinsetzt, die restlichen Fahrgäste hocken brav auf ihren Plätzen. Ist wohl nichts Schlimmes passiert, beruhigt er sich.

Als er anfährt, den Rücklichtern des Smart hinterher, rinnt der Schweiß nicht mehr nur unter der Mütze hervor, sein Rücken klebt am Sitz, in den Armbeugen spürt er Pfützen. Nur ein Unterhemd wäre passend bei diesem Wetter, oder gleich ein nackter Oberkörper, stattdessen muss er Uniform tragen. Fischerhemd, rotes Halstuch und diese lächerliche weiße Kappe mit dem schwarzen Plastikschirm. »Wie ein echter Hamburger Jung«, hat ihm sein Chef erklärt. Popov hat noch keinen Einheimischen getroffen, der so herumläuft. Die Touristen fallen trotzdem drauf herein und wollen am Ende der Tour ein Selfie mit ihm, immerhin gibt das extra Trinkgeld.

Schwungvoll biegt er um die nächste Kurve, tritt aufs Gas, um noch bei Gelb auf die andere Seite der Sierichstraße zu gelangen. Hamburgs bekannteste Einbahnstraße wechselt mehrfach am Tag die Richtung und zwingt ihm ab Mittag einen Sonderschlenker über den Mühlenkamp auf, eine viel zu enge Straße mit teuren Läden und Cafés, in der zwischen Park- und Radfahrstreifen kein Platz für zwei entgegenkommende Pkw ist, geschweige denn für seinen Bus. Erst neulich hat er jemandem den Außenspiegel abgefahren, das ist ihm natürlich von seinem Lohn abgezogen worden.

Und jetzt parkt ein Idiot mit Warnblinker mitten auf der Straße. Popov hupt und bremst ab, zum Glück vorsichtiger als bei dem Smart. Auf dem Oberdeck bleibt es ruhig, lediglich ein paar Aahs und Oohs dringen zu ihm herunter, weil gerade ein goldener Lichtschweif den Himmel entlangsaust.

»Verpiss dich!« Er flucht leise durch die halb geschlossenen Lippen, das hat er sich angewöhnt im Bus. Er muss Rücksicht auf die Fahrgäste nehmen. Dann drückt er noch mal auf die Hupe und lässt die Faust gleich dort liegen. Er muss sich beeilen, sonst verpasst er das Finale des Feuerwerks auf der Schwanenwikbrücke.

»Sofort anzeigen und abschleppen lassen!«

Popov schreckt zusammen. Der Mann mit dem Tablet ist aufgestanden und steht neben ihm. Popov beugt den Kopf kurz vor, zum Zeichen, dass er verstanden hat. Bloß nicht auf eine Diskussion einlassen, bei dem Kerl zieht er den Kürzeren.

»Bei uns gäb’s das nicht!«

Besserwisser! Popov schnaubt. Keine Ahnung, wo der Kerl herkommt, wahrscheinlich vom Land, vom Hamburger Verkehr versteht er nichts. Popov hupt.

»Stopp!«, kreischt die Frau von hinten. »Hören Sie sofort auf zu hupen!«

Auch das noch! Popov guckt angestrengt auf die Straße, dann hupt er noch mal, dabei spürt er ihren Blick im Nacken; wie ein Dackel, der sich festbeißt.

»Haben Sie mir nicht zugehört?«, schimpft die Frau. Und an ihren Mann gewandt: »Schatz, tu was!«

»Halt die Fresse«, zischt der Mann. Popov zuckt zusammen. So würde er nie mit Mila reden!

Er sieht weiter nach draußen. Links aus einem Hauseingang stürzt ein hochgewachsener Mann in Shorts, er wankt leicht, als er auf den Wagen zueilt, beim Einsteigen hält er sich am Dach fest, dann setzt er schräg zurück, so schwungvoll, dass er krachend an einem Poller landet. Statt auszusteigen und sich den Schaden anzusehen, schießt der Mann vor und fährt mit quietschenden Reifen davon.

Soll er die Polizei rufen? Popov greift in den Ablagekorb auf dem Armaturenbrett und zieht einen Stift und den Ticket-Block heraus. Er setzt an, das Nummernschild des Wagens auf die Rückseite des Blocks zu kritzeln, nach dem zweiten H verwirft er den Gedanken und schmeißt den Block zurück in den Korb. Er hat es eilig.

Dass ein Bild des Mannes ihn bald im Zusammenhang mit einer Straftat aus der Zeitung anblicken wird, ahnt er noch nicht. Er ist nur froh, dass die Straße frei ist. Jetzt schafft er es hoffentlich pünktlich zum Finale an die Alster. Und dann nach Hause zu Mila.

Er fährt schnell weiter, biegt nach wenigen Minuten rechts ab und sieht die Alster voraus. Fährhausstraße. Schöne Aussicht. Die gewohnte Route.

»Das passt hier aber nicht hin«, keift die Frau hinter ihm, nach einer Reihe weißer Villen ist linkerhand die blaue Moschee aufgetaucht.

»Du auch nicht«, murmelt Popov. Schade, dass er sie nicht rausschmeißen darf. Er denkt an Mila, wie er sie auf einer seiner ersten Touren mitgenommen hat. Beim Anblick des türkisfarben gefliesten Gebäudes mit der himmelblauen Kuppel und den prächtigen Minaretten war sie aus dem Schwärmen nicht mehr herausgekommen. Wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht.

Hoppla! Die Haltestelle. Er bremst ab und kommt wenige Meter dahinter zu stehen. Was ist heute nur mit ihm los? Fast hat er den Mann übersehen, der im Schatten des Unterstands wartet.

Er drückt den Türöffner und sucht den Mann im Außenspiegel. Der regt sich nicht, steht immer noch breitbeinig mit dem Rücken zu ihm.

Popov erhebt sich halb aus seinem Sitz und brüllt »Moin Moin« zur Tür heraus.

Der Mann dreht sich um und zieht den Reißverschluss seiner Hose hoch. »Hau ab, Alter«, motzt er und winkt den Bus weiter.

Hätte der Kerl sich keinen anderen Platz zum Pinkeln suchen können? Popov schüttelt den Kopf. Als er wieder anfährt, prasselt ein bonbonbunter Lichterregen auf die Alster nieder.

Mist! Ist das schon das Finale? Er sieht auf die Uhr im Armaturenbrett. 22:50 Uhr! Eigentlich hätte er längst auf der Schwanenwikbrücke sein müssen, von dort hat man den besten Blick aufs Feuerwerk.

Was jetzt? Wenn er weiterfährt, ist alles vorbei, lange bevor er dort ankommt.

Doch da vorn ist die Feenteichbrücke. Zwar gibt es nur einen Fahrstreifen, aber egal! Statt wie sonst auf der Straße zu stoppen, fährt er kurzentschlossen auf den Bürgersteig und schaltet den Warnblinker ein. Hauptsache Brücke! Die Fahrgäste kennen sich in Hamburg sowieso nicht aus.

Popov sieht in den Rückspiegel. Der Mann der Matrone hält sein Tablet wieder wie ein Brett vors Gesicht und filmt. Wahrscheinlich könnte man ihm darauf ein Video vom letztjährigen Feuerwerk vorspielen und mit dem Bus sonst wo stehen, er würde es nicht merken und denken, er wäre live dabei.

Dann ist der Himmel schwarz. Im Bus ertönt Klatschen, als wäre ein Ferienflieger gelandet. Das war’s jetzt, könnte man denken, wenn man keine Ahnung von Feuerwerk hat. Popov weiß es besser. Er legt die Unterarme auf dem Lenkrad ab und beugt sich vor, um möglichst gut sehen zu können.

Eine spektakuläre Explosion aus strahlend weißem Licht. Nur für ihn! Die Fahrgäste sind damit beschäftigt, ihre Bilder im Internet zu posten oder Tablets und Kameras in ihren Taschen zu verstauen.

Es knallt noch einmal, danach ist es endgültig vorbei. Er sieht auf die Uhr. 22:58 Uhr. Wenn niemand mehr ein- oder aussteigen will, hat er in einer Viertelstunde Feierabend. Endlich! Er reibt sich den Nacken und gibt Gas.

Er ist höchstens 50 Meter gefahren, als etwas gegen den Bus prallt. Scheiße, was war das?

Instinktiv rammt er den Fuß auf die Bremse. Das Lenkrad stößt gegen seine Rippen, die Kapitänsmütze fliegt...

Erscheint lt. Verlag 20.7.2021
Reihe/Serie Svea Kopetzki
Svea Kopetzki
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte gute Thriller • Krimi • Krimi Bücher • Kriminalroman • Krimi Neuerscheinungen • Krimi Neuerscheinungen 2019 • Krimi Thriller • krimi und thriller • Thriller Buch
ISBN-10 3-95967-478-3 / 3959674783
ISBN-13 978-3-95967-478-2 / 9783959674782
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