Verhängnisvolles Lavandou (eBook)

Ein Provence-Krimi | Die Bestseller-Reihe aus der Provence | Spannende Urlaubslektüre für Südfrankreich-Fans

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
512 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2540-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Verhängnisvolles Lavandou -  Remy Eyssen
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Duftende Lavendelfelder, azurblaues Meer und ein dunkles Geheimnis   Schließlich ist es doch noch Sommer geworden in Le Lavandou. Nach einem verregneten Mai genießen die Menschen die Sonne auf den belebten Terrassen der Bistros. Doch eines Morgens wird die Urlaubsidylle jäh zerrissen: Am Strand wurde die Leiche eines Jungen angespült, er trägt ein Kleid und ist wie ein Paket in einer Plastikplane verschnürt. Die Spuren führen Rechtsmediziner Leon Ritter und Capitaine Isabelle Morell bis zu einem katholischen Internat, in dem niemand so recht über die Vergangenheit sprechen will. Es bleibt nicht bei diesem einen Mord, und der Täter ist Leon näher, als er es für möglich hält ...

Remy Eyssen, geboren 1955 in Frankfurt am Main, arbeitete als Redakteur u.a. bei der Münchner Abendzeitung. Anfang der Neunzigerjahre entstanden seine ersten Drehbücher. Bis heute folgten zahlreiche TV-Serien und Filme für alle großen deutschen Fernsehsender im Genre Krimi und Thriller. Mit seiner Krimireihe um den Gerichtsmediziner Leon Ritter begeistert er seine Leserinnen und Leser immer wieder aufs Neue und landet regelmäßig auf der Bestsellerliste.

Remy Eyssen (Jahrgang 1955), geboren in Frankfurt am Main, arbeitete als Redakteur u.a. bei der Münchner Abendzeitung. Anfang der 90er Jahre entstanden die ersten Drehbücher. Bis heute folgen zahlreiche TV-Serien und Filme für alle großen deutschen Fernsehsender im Genre Krimi und Thriller. Mit seiner Krimireihe um den Gerichtsmediziner Leon Ritter begeistert er die Leserinnen und Leser und landet regelmäßig auf der Bestsellerliste. 

Kapitel 3


Während die meisten Touristen noch beim Frühstück saßen, stand die Sonne bereits hoch am wolkenlosen Himmel. Das Meer lag ruhig da, wie ein Bergsee. Kleine Wellen plätscherten mit sanftem Klatschen an den Strand, und der Sand rauschte leise, wenn sie sich wieder zurückzogen. Isabelle hatte ihren Wagen weiter oben an der Straße abgestellt. Ein Pfad aus Holzbohlen führte durch Büsche von Zistrosen und Wacholder zum Strand hinunter. Eine Smaragdeidechse wärmte sich auf einem Felsen. Leon atmete tief ein. In der Luft lag der unverkennbare Geruch von Meer, Sand und Sonnenöl. Es hätte so ein idyllischer Platz sein können, wenn da nicht die Polizeiabsperrung und die blau-weißen Einsatzfahrzeuge der Gendarmerie Nationale mit ihren rotblauen Blinklichtern gewesen wären.

Vor dem Hochwasserkanal am Strand hatten sich inzwischen einige Dutzend Schaulustige versammelt. Als der Polizist, der die Absperrung überwachte, Leon und Isabelle kommen sah, hielt er ihnen das rot-weiße Flatterband hoch.

»Bonjour«, sagte der Beamte höflich. »Der Patron und die anderen sind da hinten.«

Der Polizist deutete zu den tragbaren Sichtschutzwänden, die die Gendarmerie am Auslass des Kanals aufgestellt hatte, um die Gaffer mit ihren Handys abzuwehren.

»Bonjour, Capitaine.« Zerna, der Polizeichef, war den beiden ein paar Schritte entgegengekommen. »Bonjour, Docteur«, begrüßte er Leon.

»Bonjour, hoffentlich sind nicht alle Spuren zertrampelt«, Leon sah mit skeptischem Blick zum Fundort der Leiche hinüber.

»Wir haben versucht, das Schlimmste zu verhindern. Aber es waren schon einige Personen hier, als wir kamen«, Zerna ging voraus, die anderen folgten.

»Bonjour, Docteur«, Lieutenant Didier Masclau schloss sich der kleinen Gruppe an.

»Ich glaube, es ist ein Junge. Hat aber Klamotten von einem Mädchen an«, sagte Zerna und deutete auf die Wunde an der Stirn des Kindes. »Ist das eine Schusswunde?«

»Diese Typen werden immer perverser«, schimpfte Masclau. »Liegt am Internet, wetten?«

Leon antwortete nicht. Er war stehen geblieben und nahm die Szene in sich auf, als würde er sie mit einer inneren Digitalkamera fotografieren. Das Opfer erinnerte ihn an eine überdimensionale Puppe, die jemand bis zur Brust in den Sand eingegraben hatte. Das Gesicht war geschwollen, der Hals aufgedunsen. Die Augen waren milchig und schienen sich tief in den Schädel zurückgezogen zu haben. Das dunkle Mal auf der Stirn sah ihn wie ein Auge an.

»Wer hat die Plastikfolie abgenommen?«

»War keiner von uns«, sagte Masclau.

»Das war die Zeugin«, erklärte Zerna. »Sie wollte den Sack aus dem Weg schieben und hat dabei das Paket aufgerissen. Was für eine Schweinerei.«

»Wo ist die Zeugin?«, wollte Isabelle wissen.

»Sitzt oben im Krankenwagen«, antwortete Masclau. »Hat sich ihre Sommerferien wohl auch anders vorgestellt.«

»Ich werde gleich mal mit ihr reden«, Isabelle warf dem Lieutenant einen Blick zu.

»Wohin führt der Kanal?«, wollte Leon von Isabelle wissen, aber die zuckte nur mit den Schultern.

»Das ist der Batailler. Der geht hoch bis nach l’Angueiroun«, mischte sich Masclau ein.

»Zu dem Weingut?«, fragte Leon.

»Ganz in die Nähe. Da ist es natürlich kein Kanal mehr. Da gibt es nur noch das Bachbett«, sagte Masclau. »Liegt die meiste Zeit des Jahres mehr oder weniger trocken, so wie jetzt. Ist ein ganzes Stück bis hier runter. Sicher sechs oder sieben Kilometer.«

Ein paar besonders Neugierige hatten inzwischen versucht, über die Dünen zu dem Tatort zu gelangen. Isabelle lief ihnen entgegen, als die Ersten über die Absperrung steigen wollten.

»Bleiben Sie hinter den Bändern, das hier ist Sperrgebiet«, rief sie den Gaffern zu. »Didier, nimm dir noch zwei Beamte, und kümmere dich darum.«

»Bitte, treten Sie auch zurück«, sagte Leon zu den Polizisten, die ihm über die Schulter sahen. Die Beamten gehorchten.

Leon kniete sich in den Sand und öffnete seine verschlissene Ledertasche, die er immer mit sich trug, wenn er zu einem Tatort gerufen wurde. Er streifte sich Latexhandschuhe über und holte eine kleine Blumenschaufel aus der Ledertasche. Vorsichtig begann er, den Sand um das Opfer zur Seite zu schieben. Dabei achtete er darauf, weder das Opfer noch die Plastiktüten zu beschädigen. Alles hätte eine Spur sein können.

Das Kind war acht, vielleicht zehn Jahre alt. Das Wasser hatte die Haut der Leiche verfärbt und aufquellen lassen. Trotzdem erkannte Leon sofort die braune Pigmentierung der Haut. Nordafrika, vielleicht aus dem arabischen Raum, dachte er. Er würde diese Beobachtungen aber vorerst für sich behalten. Das Interesse der Gendarmerie am Tod eines kleinen Kindes war höher, wenn sie nicht wusste, dass es sich bei dem Opfer um einen Flüchtling handeln könnte.

Der Rechtsmediziner sah den Kanal hinauf. Die überwiegende Zeit des Jahres lag der künstliche Wasserlauf trocken, hatte Masclau ihm erklärt. Bei Starkregen konnte sich das Bachbett jedoch blitzschnell in einen tosenden Fluss verwandeln, wusste Leon.

Es war schwer zu sagen, wie weit das Opfer von den Fluten der letzten Wochen mitgerissen worden war. Die Fliegen hatten die Leiche noch nicht gefunden. Normalerweise dauerte es keine zwei Stunden, bis die Fliegen einen toten Körper ausgemacht hatten, auch wenn er einen Kilometer oder mehr von den Insekten entfernt war. Möglich, dass die Leiche durch die Plastiksäcke davor bewahrt worden war. Außerdem war sie für einige Zeit vom Regenwasser bedeckt gewesen. Eine natürliche Sperre gegen Insekten. Inzwischen war der Kanal aber bis auf ein Rinnsal wieder trocken. Die Luft war warm, und die Verwesung hatte verstärkt eingesetzt.

Leon wedelte mit der Hand die Fliegen zur Seite, die auf dem Gesicht des Opfers gelandet waren und versuchten, ihre Eier in Mund und Nase abzulegen.

»Ein Junge?«, fragte Zerna, und Leon nickte. Er hatte schon mit einem kurzen Blick erkannt, dass es der kräftige Körper eines Jungen war, der da vor ihm in dem Kleid steckte. 

»Ausländer?«, fragte Masclau sofort.

»Das kann ich jetzt wirklich noch nicht sagen«, Leon hatte das Opfer inzwischen bis zur Hüfte ausgegraben. Die Mülltüte lag neben ihm im Sand. Wie die abgestreifte Haut eines Reptils, dachte Leon. Der Junge trug ein Kleid, das mit roten Kirschen bedruckt und einmal weiß gewesen war. Der Stoff war zerrissen und voller schmutziger, dunkler Flecken. Leon betrachtete die Wunden an Hals und Brust des Opfers.

»Mon Dieu«, Polizeichef Zerna deutete auf die dunkel angelaufenen Hämatome. »Was haben die mit dem Kind gemacht?«

»Schläge, vermute ich«, Leon sah Zerna an. »Die anderen Stellen sind Schnitte und könnten von einem Messer stammen.«

»Können Sie sagen, wie lange er schon tot ist?«

»Schwierig, solange wir nicht genau wissen, wo und unter welchen Umständen er gestorben ist.«

»Ich weiß, ich weiß«, Zerna winkte mit einer kleinen Handbewegung ab, so als müsste er Leon überzeugen, dass er auch eine ungenaue Schätzung akzeptierte.

»Mindestens vier Tage«, sagte Leon. »Vielleicht auch eine Woche.«

»Wie können Sie das dann so genau wissen?« In der Frage von Masclau lag eine unüberhörbare Skepsis.

»Die zweite Totenstarre hat bereits nachgelassen«, erklärte Leon geduldig. »Außerdem denke ich, dass er vom Regenwasser hierhergeschwemmt worden ist. Und der Regen hat vor drei Tagen aufgehört.«

»Commandant Zerna …!«, rief in diesem Moment eine helle, laute Stimme.

Über den Sand kam eine Frau in Jeans und weißer Seidenbluse gelaufen. Sie war barfuß. Ihre Gucci-Schuhe trug sie wie eine kostbare Monstranz vor sich in der Hand. Jeder wusste, wer diese Person war, und niemand hatte gewagt, sie aufzuhalten. Madame Berthier, die Leiterin des Fremdenverkehrsamtes von Le Lavandou, war dafür verantwortlich, dass jedes Jahr aufs Neue möglichst viele zahlungswillige Touristen kamen, um die Kassen der einheimischen Geschäfte zu füllen. Sie hatte eine unangenehme Art, immer so laut zu sprechen, dass ihre Stimme alle übrigen Gespräche überlagerte. Sie war nicht leicht zu übersehen und schon gar nicht zu überhören.

»Commandant Zerna«, wiederholte sie. »Ich muss Sie sprechen, dringend sprechen.«

»Madame Berthier …?«, sagte Zerna betont erstaunt. »Das hier ist ein Polizeieinsatz.« Aber das schien Madame Berthier nicht im Geringsten zu interessieren.

»Wissen Sie denn nicht, dass wir heute hier unsere ›Exposition à la plage‹ haben?«, der Vorwurf war nicht zu überhören.

Zerna sah Hilfe suchend nach Isabelle.

»Junge Designer der Côte d’Azur zeigen ihre Sommermode«, sagte Isabelle schnell. »Aber das kann man doch bestimmt weiter nach vorne verlegen«, sie deutete mit einer vagen Bewegung den Strand hinunter.

»Das hier ist unser Motiv!« Madame Berthier hob die Hände...

Erscheint lt. Verlag 3.5.2021
Reihe/Serie Ein-Leon-Ritter-Krimi
Ein-Leon-Ritter-Krimi
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Frankreich • Gerichtsmediziner • Internat • Killer • Krimi • Mörder • Provence • Serien • Südfrankreich • Tatort
ISBN-10 3-8437-2540-3 / 3843725403
ISBN-13 978-3-8437-2540-8 / 9783843725408
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