Der neunte Arm des Oktopus (eBook)

Spiegel-Bestseller
Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2020 | 1. Aufl. 2020
397 Seiten
Lübbe (Verlag)
978-3-7517-0747-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der neunte Arm des Oktopus - Dirk Rossmann
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Eine Klima-Allianz - unsere letzte Chance?

Der Klimawandel - eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes steht uns bevor. Verändert unsere Erde. Verändert unser aller Leben. Das Fiasko scheint unaufhaltsam. Bis die drei Supermächte China, Russland und die USA einen radikalen Weg einschlagen. Doch wird diese starke Klima-Allianz das Ruder noch herumreißen?

Die Maßnahmen der Allianz greifen gravierend in das Leben der Menschen ein, und nicht jeder will diese neue Wirklichkeit kampflos akzeptieren. Alle Mittel sind den Gegnern recht, um ihre ökonomischen und machtpolitischen Interessen zu verteidigen. Die Situation spitzt sich dramatisch zu, und plötzlich liegt das Schicksal der Erde in den Händen eines schüchternen Kochs und einer unscheinbaren Geheimagentin.

'Das ist Hammer. Super spannend. Respekt!' Udo Lindenberg




<p><strong>Dirk Rossmann</strong>, geb. 1946, gründete 1972 den ersten deutschen Drogeriemarkt mit Selbstbedienung. SeinThriller schaffte es bereits kurz nach Erscheinen 2020 auf die<i><b>SPIEGEL</b></i>-Bestsellerliste und Anfang 2021 auf Platz 1. Als Mitbegründer der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung engagiert er sich seit 1991 für eine zukunftsfähige Bevölkerungsentwicklung. Der Autor ist verheiratet und hat zwei Söhne.</p>

Dirk Rossmann, geboren 1946, gründete 1972 den ersten deutschen Drogeriemarkt mit Selbstbedienung. Heute betreibt die Unternehmensgruppe ROSSMANN 4.100 Filialen in Deutschland und sieben Auslandsgesellschaften. Seine 2018 erschienene Autobiografie "... dann bin ich auf den Baum geklettert!" platzierte sich bereits kurz nach Erscheinen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und schaffte es Anfang 2019 auf Platz 1. Dirk Rossmann setzt sich intensiv für den Klimaschutz ein. Dass der Klimawandel eine Bedrohung für die Menschheit, unsere Kinder und Kindeskinder ist, beschäftigt ihn nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Vater und Großvater. Als Mitbegründer der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung engagiert sich Dirk Rossmann seit 1991 für eine zukunftsfähige Bevölkerungsentwicklung. Der Autor ist verheiratet mit Alice Schardt-Rossmann und hat zwei Söhne, die ebenfalls im Unternehmen tätig sind.

Donnerstag, 24. September 2020


Wahlkampfzentrale der Demokratischen Partei, New York City, USA


Das Jenkins-&-Jenkins-Bürohaus lag in Brooklyn, mit Blick auf die Upper Bay und gerade noch so dicht am Brooklyn-Battery-Tunnel, dass der Stau rund um die Einfahrt bis zur Tiefgarage reichte. Die Senatorin war erst seit ein paar Wochen in der Stadt, aber sie hasste den New Yorker Verkehr bereits inständig.

Sie hasste die Extra-Viertelstunde, die ihr Fahrer allmorgendlich einplante, zusätzlich zum üblichen Puffer – »Sicher ist sicher, Frau Senatorin.« Und sie hasste das schlechte Mobilfunknetz im Tunnel, ein Balken maximal, wie in einem Entwicklungsland. Sie fragte sich, wie andere Länder das eigentlich hinkriegten.

Die Partei hatte für ihre Wahlkampfzentrale bei Jenkins & Jenkins den achtzehnten und neunzehnten Stock gemietet, rund sechshundert Menschen arbeiteten dort. Ende November, nach der Wahl, würde sich die komplette Zentrale wieder auflösen – und sie, Senatorin Kamala Harris, Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin, würde ins Weiße Haus nach Washington gehen. Oder eben zurück nach Kalifornien, falls die Wahl doch noch verloren gehen sollte. So oder so, dachte sie, als sie die Lobby im Jenkins-&-Jenkins-Haus betrat, in New York werde ich keinen Tag länger bleiben.

Der Boden der Lobby sollte so aussehen, als bestünde er aus italienischem Marmor, er stammte aber in Wahrheit aus einem Steinbruch in Utica, keine vierhundert Kilometer nördlich von New York.

So ist es auch im Wahlkampf – die schöne Kunst des Scheins, dachte sie.

Von der Tür der Tiefgarage bis zu den Fahrstühlen auf der anderen Seite der Lobby waren es nur rund fünfzig Schritte; hier warteten stets die Reporter, die ihr Fragen zuriefen, hier warteten junge Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus ihrem Team, die ein schnelles Selfie mit der Kandidatin wollten. Fünf Selfies plus Smalltalk, das bedeutete fast fünf Minuten weitere Verspätung. Aber auch fünf weitere Menschen, die sich noch ein wenig mehr für sie ins Zeug legen würden.

Sie setzte ihr Wahlkampflächeln auf.

An diesem Tag fing Chris Murphy sie ab, ihr Assistent. Er war Ende zwanzig, einen Kopf kleiner als die Senatorin und stammte aus einer irisch-italienischen Familie in Utica. Seiner Mutter gehörte dort der Steinbruch, er kannte sich aus. »Guten Morgen, Senatorin«, sagte Murphy und reichte ihr ein Tablet: »Ihr Tagesplan, bitte. Wir sind schon etwas spät dran.«

»Guten Morgen, Chris. Was haben wir als Erstes?«

»Ihr Chinese ist da«, sagte Chris. »Sie frühstücken mit ihm auf der Dachterrasse. Wir fahren direkt durch zum dreißigsten Stock.«

Das klang nach einem guten Plan. Erstens würde die Senatorin nun endlich den geheimnisvollen Menschen kennenlernen, der ihr vom russischen und vom chinesischen Staatschef empfohlen worden war – damals in Peking auf der Konferenz, und ohne ihr zu sagen, worum es genau ging. Zweitens würde sie ihn nicht im Büro in der Zentrale treffen, sondern auf der abgeschirmten Dachterrasse. So würde auch niemand mitbekommen, dass sie mit einem Chinesen redete. Zwischen den USA und China herrschten Misstrauen und Feindseligkeit – wer Sympathien beim Wähler wollte, durfte sich jetzt nicht händeschüttelnd mit Vertretern Chinas zeigen. Die Republikaner würden sofort neue Wahlkampfspots drehen: Senatorin verrät Amerika.

Und drittens war die Dachterrasse eine gute Idee, weil die Senatorin nun endlich ihren Kaffee bekam. Chris, der Assistent, hatte ihr schon am ersten Tag den gewohnten Coffee to go verboten. »Ein Foto von Ihnen mit Pappbecher in der Hand, schon haben wir die Umweltschützer am Hals.«

Die beiden standen nun im Aufzug, Chris nahm einen Schlüssel aus der Tasche und stellte den Fahrstuhl auf »Vorzugsfahrt«. Das ist das Beste am Leben als wichtige Person: keine unnötigen Stopps im Aufzug, keine Mitfahrer.

»Was wissen wir über den Chinesen?«, fragte die Senatorin.

»Steht alles hier.« Chris deutete auf das Tablet. »Er heißt Bao Wenliang. Bao ist der Nachname. Achtundsechzig Jahre alt, bis vor zwei Jahren Wissenschaftsminister Chinas, spricht fließend Englisch. Er hat in Europa Antriebstechnik und Maschinenbau studiert.«

»Wo? Europa ist groß«, sagte die Senatorin.

»Deutschland. In, äh, Clostelsellafell – ich kann das nicht aussprechen.« Chris klang verlegen.

Sie blickte auf das Tablet, scrollte nach unten. »Clausthal-Zellerfeld« stand da.

»Verstehe. Was ist noch wichtig?«, wollte die Senatorin wissen.

»Hat sich mit alternativen Brennstoffen befasst. Leitet die chinesische Ingenieursvereinigung. Ist im Land offenbar sehr angesehen.«

»Können wir ihm trauen?«

»Darüber habe ich keine Information«, sagte Chris. »Ich schlage vor, dass Sie niemandem trauen, nirgendwo.«

»Ich bin mir sicher, mit dieser Einstellung werden Sie in der Partei Karriere machen«, antwortete die Senatorin mit ihrem ersten echten Lächeln des Tages.

Mittlerweile war der Fahrstuhl im dreißigsten Stock angekommen. Chris fuhr wieder nach unten, wieder per Vorzugsfahrt. Über einen langen, mattgrün gestrichenen Flur ging die Senatorin langsam Richtung Dachterrasse, dabei schlug sie auf dem Tablet »Clausthal-Zellerfeld« nach. Es gehörte zu ihren großen Fähigkeiten als Politikerin, mit einem Minimum an Vorbereitung und einem Maximum an Freundlichkeit jeden Gast für sich einnehmen zu können: Die wütenden kalifornischen Sägewerksbesitzer hatte sie mit einem Kurzvortrag über Bootsmasten aus Norfolktannen um den Finger gewickelt – obwohl sie weder von Masten noch Tannen etwas verstand. Auch nun fühlte die Senatorin sich gut vorbereitet.

Sie konnte nicht ahnen, dass ein Kurzvortrag im Aufzug für Bao Wenliang nicht reichen würde.

Die Terrasse auf dem Dach des Jenkins-&-Jenkins-Hauses war enttäuschend klein. Den größten Teil des Daches nahmen hässlich-graue Lüftungsanlagen, Hausantennen und die Fahrstuhltechnik ein. Aber immerhin: Wenn man mit dem Rücken zur Technik saß, gab es einen sensationellen Blick auf die Südspitze Manhattans, auf Hudson und East River. Nur die Freiheitsstatue blieb hinter einem Büroklotz verborgen. Vier Tische standen auf der Terrasse, zwei davon zusammengeschoben für das Frühstücksbuffet, der dritte blieb leer. Der vierte Tisch war eingedeckt und mit Tischdecke versehen, auf einem der beiden Stühle saß ein älterer Herr.

Bao Wenliang trug einen dunkelblauen Anzug, ein hellblaues Hemd und – ungewöhnlich für einen Chinesen in offizieller Mission – keine Krawatte. Auf dem Tisch lag ein brauner Umschlag, offenbar mit Unterlagen. Bao hatte die Senatorin kommen gehört, blickte aber immer noch auf das Wasser. »Wie schade, dass man Lady Liberty nicht sehen kann von hier aus«, sagte er und erhob sich. »Guten Morgen, Frau Vizepräsidentin, ich freue mich, dass Sie Zeit für mich haben.«

»Die Freiheit ist in Amerika auch dann gegenwärtig, wenn man ihr Sinnbild nicht sieht«, antwortete die Senatorin. In ihrer Stimme lag ein wenig Schärfe, umspielt von professioneller Freundlichkeit. Nach zwei Dutzend Jahren als Staatsanwältin beherrschte sie das perfekt. »Ich freue mich auch, Sie zu treffen, Mr Bao – aber nennen Sie mich bitte nicht Vizepräsidentin. Da muss ich erst eine Wahl gewinnen.«

»Das werden Sie ganz bestimmt.« Bao klang sicher. »Darf ich Ihnen einen Kaffee einschenken?«

Die Senatorin war irritiert. Wie meinte er das? Planten die Chinesen irgendeine Hackergeschichte, so wie damals die Russen? Belauerte er sie gerade? Oder war das einfach nur Höflichkeit? Sie legte Handtasche und Tablet auf den Tisch, gab Bao die Hand und strahlte ihn an: »Kaffee wäre toll.«

Bao setzte sich. »Ich habe vor einiger Zeit diese junge schwedische Aktivistin getroffen. Was halten Sie von ihr?«

Komische Frage, was will er damit erreichen? »Kluges Mädchen«, antwortete sie vorsichtig. »Sehr idealistisch. Vielleicht zu naiv. Was haben Sie denn für einen Eindruck?«

Bao überging die Frage. »Frau Senatorin, wie viel Zeit haben wir?«

»Eingeplant ist eine Stunde.« Und, nach einer Pause, in der sie Baos Mimik zu entziffern suchte: »Plus vierzig Minuten Puffer.«

Bao sah jetzt etwas entspannter aus. »Ich bin nur ein Bote, Sie wissen ja, von wem. Und mein Auftrag ist, eine Botschaft für den künftigen Präsidenten der Vereinigten Staaten zu übergeben. Sie müssen ihm bitte diese Nachricht übermitteln.«

Die Senatorin lehnte sich zurück. »Um was geht’s denn?«, fragte sie. Ein Hauch Langeweile im Ton.

Bao nahm sich ein Wasser. »Wie Sie wissen, bin ich Vorsitzender der Ingenieure, Naturwissenschaftler, Techniker Chinas. Haben Sie eine Vorstellung, wie viele das sind?« Die Senatorin blickte ihn fragend an. »Stellen Sie sich vor, jeder vierte erwachsene Amerikaner wäre Ingenieur, ausgebildet an den besten Schulen. Das ist ungefähr die Größe der Vereinigung, der ich in aller Bescheidenheit vorstehe. Zweiundneunzig Millionen, davon einundsechzig Millionen aktive Mitglieder.«

Bao hatte halb an der Senatorin vorbeigesehen, aber nun nahm er sie fest in den Blick: »Mit allem Wissen dieser Menschen kann ich Ihnen sagen: Die junge Schwedin, die Aktivistin, ist nicht naiv. Ihr fehlt nur jegliche Entscheidungsmacht.«

Die Senatorin zuckte kurz mit den Achseln. »Und was folgt daraus?«

Bao begann zu erzählen. Von den Veränderungen in der Welt, von der Verantwortung der Mächtigen. Von...

Erscheint lt. Verlag 16.11.2020
Reihe/Serie Die Oktopus-Reihe
Oktopus-Reihe
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 20. - 21. Jahrhundert • Afrika • Ausbeutung • Bevölkerungswachstum • Bodenschätze • Brasilia • Brasilien • China • CO2 • Corona • Dann bin ich auf den Baum geklettert • Demokratie • Der Spiegel • Digitalisierung • Diktatur • Diplomatie • Dirk Roßmann • Drogenhandel • Drogeriemarkt • Drogeriemarktkette • Dudenhöfer • Dürre • Endzeit • Erderwärmung • Europa • Fiktion • Fortschritt • Fracking • Freiheit • Frieden • Geheimdienst • Gerhard Schröder • Humanoide • Journalismus • Klima • Klimakatastrophe • Klimawandel • Krake • Krieg • Kunstliche Intelligenz • Künstliche Intelligenz • Landwirtschaft • Migration • Moskau • New York Times • Ökologie • Pandemie • Peking • Religion • Replikanten • Ressourcen • Rohstoffe • Russland • Südamerika • Szenario • Technologie • Thriller • Tierschutz • Trinkwasser • Überbevölkerung • Umweltschutz • USA • Utopie • Waffenhandel • Washington • Wasserknappheit • Weltgeschichte • Weltordnung • Wladimir Putin • Xi Jinping
ISBN-10 3-7517-0747-6 / 3751707476
ISBN-13 978-3-7517-0747-3 / 9783751707473
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