Unbeherrscht (eBook)
650 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-2460-6 (ISBN)
Der finale Teil der großen Blutgabe Trilogie von Franka Rubus!
Red und Blue haben sich endlich gefunden - doch sie leben in zwei verschiedenen Welten: Während der vampirische Wissenschaftler Cedric dringend Blues Hilfe braucht, um ein Medikament gegen das gefährliche Blutersyndrom zu entwickeln, führt Reds Weg zurück auf die Farm, auf der alles seinen Anfang nahm. Denn ein Krieg zieht zwischen alten und neuartigen Vampiren auf, und während die Welt der Vampire ins Chaos stürzt, müssen sich Red und Blue der entscheidenden Frage stellen: Ihre Liebe ist unsterblich - aber wollen sie selbst es auch sein?
Franka Rubus, Jahrgang 1983, wuchs in einer kleinen Stadt am Teutoburger Wald auf. Ihr Biologiestudium inspirierte sie zu ihrer Romanreihe über immunologisch interpretierte Vampire. Derzeit lebt, schreibt und liest Franka Rubus in Bielefeld. Mehr über die Autorin und ihre Werke findet sich auf Instagram unter @anika.beer.autorin und bei Twitter unter @haemophagus
Kapitel eins
Insomniac Mansion, Kenneth, Missouri
Im Wald auf dem Victoria Hill klaffte ein Loch. Ein ausladender, schwarz verkohlter Fleck, wo zuvor jahrhundertealte Bäume gestanden hatten. Zwischen den gesplitterten Knochen der gefallenen Riesen erhob sich ein unförmiger Haufen geschmolzenen Gesteins.
Ein Haus, dachte Gabby und nahm einen tiefen Zug von ihrer Zigarette. Die Lichter des Polizeiwagens hinter ihr warfen gespenstische Schatten auf die bis zur Unkenntlichkeit zerfallenen Ziegel. Da stand mal ein Mordsding von einem Haus. Hatte ich ganz vergessen.
Was nicht besonders schlimm war. Schließlich war es jetzt sowieso hinüber.
Gabby hatte es nicht besonders eilig, sich ihren Hunden und den Police Officers anzuschließen, die in den Ruinen nach Hinweisen auf eine mögliche Brandstiftung suchten. Seit Jahrzehnten hatte sich niemand um diesen Kasten geschert – so wenig, dass kaum jemand sich überhaupt an ihn erinnerte. Und bloß, weil er jetzt abgefackelt war, musste sie ein Aufklärungskommando überwachen.
Gabby machte sich nichts vor. Es war kein Zufall, dass diese Aufgabe gerade sie traf, und das auch noch etliche Tage nachdem der Hügel gebrannt hatte. Es war bloß Jeremiahs Art, sie von ihren Nachforschungen über diese Mordserie an Progressiven abzuhalten, die er so lästig fand. Gabby zog unwillkürlich heftiger an ihrer Zigarette, als sie daran dachte.
Es war schon immer schwer gewesen, den Chief Inspector des Kenneth Police Department davon zu überzeugen, dass den Vorfällen um die bis zur völligen Unkenntlichkeit zerfetzten Körper junger Progressiver, die Woche für Woche überall in der Stadt auftauchten, ernsthaft nachgegangen werden musste. Aber jetzt, wo es seit Monaten ruhig war, schien Jeremiah ihre Ermittlungen erst recht als Zeitverschwendung zu betrachten und teilte sie ständig zu irgendwelchen blödsinnigen Aufträgen ein. Als wäre sie eine blutjunge Streifenpolizistin und nicht seit fast drei Jahrzehnten leitende Ermittlerin im Dezernat für schwere Gewaltverbrechen. Wütend warf Gabby die Kippe zu Boden und trat sie aus. Der Frust war an Abenden wie diesen wirklich schwer auszuhalten. Schlecht geschlafen hatte sie auch, und so lange ihre Hunde nicht anschlugen, würde Gabby sich ganz bestimmt nicht vom Fleck rühren.
Der grelle Strahl einer Taschenlampe traf sie direkt in die Augen. »Detective?«
Gereizt hob Gabby die Hand vors Gesicht. »Verdammte Scheiße, nimm das Ding runter, Ray!«
»Oh.« Raymond, der Biotechniker aus Gabbys Team, senkte augenblicklich die Lampe. Jenseits der Lichtpunkte, die vor ihren Augen tanzten, konnte Gabby sein schuldbewusstes Gesicht erahnen.
»Tut mir leid.«
Gabby schnaufte. Ray mochte ein brillanter Analytiker sein. Aber er war auch mindestens ebenso trottelig. »Was gibt es denn?«
»Tja«, Raymond kratzte sich am Kopf. »Wir haben keine eindeutigen Spuren. Aber so wie die Steine aussehen, ist es schwer vorstellbar, dass die durch ein normales Feuer so zugerichtet worden sein sollen. Ist ja auch ’ne komische Jahreszeit für einen Waldbrand.« Er lachte kurz, aber das Lachen ging sofort in ein Hüsteln über, als wüsste er, dass an seinen Worten eigentlich überhaupt nichts Komisches war. »Ich würd mich gern drinnen umsehen, aber das könnte dauern. Ist ja alles eingestürzt und …«
Gabby winkte mit einer schroffen Handbewegung ab und steckte sich eine neue Zigarette an. »Schon gut. Nimm dir eine Probe von den Steinen mit und teste sie im Labor. Wenn sie wirklich so außergewöhnlich sind, sehen wir zu, dass wir die Genehmigung für …«
Ein lautes Kläffen ließ sie verstummen.
Das war Tigre!
Augenblicklich war Gabby hellwach und ihre miese Stimmung vergessen. Vielleicht würde das hier doch keine so sinnlose Fleißaufgabe werden, wie sie befürchtet und Jeremiah gehofft hatte – zumal nun auch noch Maya, Tezca, Quetzal und Coyote in das Gebell mit einfielen. Gabby kannte ihre Hunde ganz genau. So kläfften sie nicht wegen irgendeines Viechs, das ihnen vor der Nase herumwühlte. So einen Aufstand machten sie nur bei einer Leiche.
Sie ließ Raymond stehen, ohne noch einen zweiten Gedanken an ihn zu verschwenden. Dass er unmöglich mit der Geschwindigkeit einer durchtrainierten Progressiven wie Gabby mithalten konnte, war ihr in diesem Moment auch völlig egal. Er würde schon nachkommen. Innerhalb von Sekunden erreichte sie die Stelle, an der die Hunde sich unter einer uralten Eiche zusammengerottet hatten, von der nur noch ein brandschwarzer Stumpf in den nächtlichen Himmel ragte. Zwischen den Knien der knorrigen Wurzeln wühlte Tigre, bedrängt von seinen Brüdern und seiner Schwester, mit Pfoten und Nase wie wild in der von Asche bedeckten Erde. Als er Gabby bemerkte, hob er den Kopf und stieß ein triumphierendes Bellen aus.
»¡Buen chico!« Gabby kraulte ihn hinter den Ohren. Ihr Atem ging hastig und flach vor Aufregung. Ja, sie roch es jetzt auch. Das Aroma, das seit mehr als hundert Jahren das Wichtigste in ihrem Leben war: Blut. Aber nicht irgendwelches. Vampirblut.
Ohne zu zögern, ging sie neben ihren Hunden auf die Knie und scharrte nun selbst mit beiden Händen die Erde beiseite. Sie war klebrig, aber nicht zu fest, als wäre dieses Loch vor nicht allzu langer Zeit schon einmal ausgehoben worden … Ein hässliches Kratzen ertönte, als ihre Fingernägel unerwartet auf Metall trafen, und Gabby spürte, wie winzige Splitter verwitterten Lacks sich in den Spalt zwischen Nägeln und Fleisch gruben. Eine Kiste.
Mit einem Schlag fiel die Aufregung von Gabby ab, und klare, scharfe Beobachtung trat an ihre Stelle. Eine Gabe, die sie trotz ihres progressiven Bluts in der Hierarchie der Polizei von Kenneth so weit nach oben gebracht hatte: In Stresssituationen wurde sie blitzartig ruhig. Tödlich ruhig. Und in der Stille, die sich kurz darauf in ihr ausbreitete, hörte Gabby zwei Herzen unter ihren Fingern schlagen.
Behutsam hob sie die Blechkiste aus ihrem Loch und drehte sich zu Raymond um, der ein wenig kurzatmig hinter ihr aufgetaucht war, flankiert von Lucia und Henry, zwei weiteren Officers aus Gabbys Team.
»Chicos«, sagte sie, und ein düsteres Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, »ich denke, wir haben hier einen Jackpot geknackt.«
Später in der Nacht saß Gabby an ihrem Schreibtisch, das einzige Licht war ihr leicht flackernder Monitor, und starrte auf das Telefon, als könne sie es so dazu bringen, zu klingeln. Sie hatte die Herzen bei Ray im Labor gelassen, der sie gerade in diesem Augenblick untersuchte und die DNA mit den Datenbanken der Kriminalpolizei abglich. Aber Gabby hatte nur wenig Hoffnung, dass er auf diese Weise herausfinden würde, wem die Organe gehörten. Also hatte sie bei der Haus- und Grundverwaltung von Kenneth angerufen, um den Eigentümer des Hauses auf dem Victoria Hill in Erfahrung zu bringen – und, falls es nicht die gleiche Person sein sollte, wer zuletzt dort gelebt hatte.
Aber wie immer ließ die freundliche Dame von der Verwaltung sich Zeit, trank vermutlich erst einmal noch gemütlich einen kleinen Snack am Blutwärmeschrank in der Büroküche und schwatzte eine Runde mit dem netten Kollegen, ehe sie sich dazu bequemte, Gabbys Anfrage zu bearbeiten. Und auch Ray ließ sich nicht blicken. Warum musste dieses verfluchte Programm bloß immer so lange brauchen? Gabby blieb nichts anderes übrig, als mit auf der Tischplatte trommelnden Fingern zu warten und eine Zigarette nach der anderen zu rauchen, bis ihr Büro in einen Dunst gehüllt war, der dem Hochnebel in den Anden in nichts nachstand.
Endlich, als es schon auf vier Uhr zuging, und Gabby beinahe nicht mehr damit rechnete, in dieser Nacht noch eine Antwort zu erhalten, schrillte das Telefon. Gabby riss den Hörer ans Ohr, ehe das erste Klingeln vorüber war. »Kenneth Police Department, Detective Gabriela Jiménez.«
»Ah, Mrs. Jiménez, hallo. Ich rufe wegen Ihrer Anfrage …«
»Ja, was ist damit?«, drängte Gabby. Sie hatte nun wirklich lange genug gewartet.
»Ich habe die gewünschten Unterlagen hier, einen Moment bitte.« Die Verwaltungsangestellte klang nun etwas pikiert und deutlich weniger freundlich als zuvor. »Warten Sie, ich faxe sie Ihnen rüber.«
Faxen. Meine Güte, dachte Gabby, das waren ja Verhältnisse wie im Mittelalter. Wahrscheinlich war die Frau vom Amt eine ältere Dame, die sich den wiederaufstrebenden neuen Technologien standhaft verweigerte. Die Zeit des Internets mochte seit dem Krieg vorbei sein. Aber ein gesichertes Datennetzwerk der städtischen Behörden gab es durchaus. Die Freischaltung für einzelne Artikel erforderte nur wenige Klicks. Trotzdem machten nicht alle Vampire, die im öffentlichen Dienst arbeiteten, auch davon Gebrauch. Telefon? Sicher. Aber in einem Datennetzwerk Freigaben verteilen, damit es alle leichter hatten? Keine Chance. Typisch konservative Sturheit. Aber Gabby wollte mit so einem Exemplar von Vampir keine Diskussion über Speichermedien jenseits von Papierakten anfangen. Sie langte über ihre Tastatur hinweg zum Faxgerät und schaltete es ein. »Okay. Legen Sie los.«
Nur Sekunden später piepte und brummte das Gerät, ächzte ein paarmal wie ein sterbender alter Mann und spuckte schließlich zwei Bögen körnig bedrucktes Papier aus – einen Auszug aus dem Melderegister und die Urkunde, die Auskunft über den Eigentümer des Hauses gab. Das Original musste wirklich uralt sein. Vielleicht gab es sogar nicht einmal ein digitales Exemplar davon.
»Danke«, sagte Gabby ein wenig versöhnlicher in den...
Erscheint lt. Verlag | 7.9.2020 |
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Reihe/Serie | Die Blutgabe |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Bella • Blut • Edward • Experimente • Menschenjäger • Stephenie Meyer • Suzanne Collins • Tod • tribute von panem • Twilight • Vampir • Vampirjagd • Vampir-Roman |
ISBN-10 | 3-8412-2460-1 / 3841224601 |
ISBN-13 | 978-3-8412-2460-6 / 9783841224606 |
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