Die Meisterin: Spiegel & Schatten (eBook)

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2020 | 1. Auflage
448 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-45786-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Meisterin: Spiegel & Schatten -  Markus Heitz
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Ein gefährliches Artefakt, ein tödliches Bündnis und eine Freundschaft auf dem Prüfstand: Teil 2 der spektakulären Fantasy-Reihe um die Scharfrichter-Dynastien Bugatti und Cornelius von Bestseller-Autor Markus Heitz Die Heilerin Geneve ist die letzte Nachfahrin der Scharfrichter-Dynastie Cornelius. Als in ihrer Wahlheimat Leipzig eine junge Frau ermordet wird, führt die Spur direkt zu Geneve. Die Ermordete war Mitglied des Londoner Wicca-Covens und extra nach Leipzig gereist, um Geneves Rat einzuholen - offenbar wollte sie die Heilerin zu einer antiken Spiegel-Scherbe befragen. Geneve kontaktiert ihren Freund, den Vatikan-Polizisten Alessandro Bugatti. Gemeinsam versuchen sie, den Mord an der jungen Wicca aufzuklären und Licht in die Hintergründe des Verbrechens zu bringen. Schnell sehen Geneve und Alessandro sich schier übermächtigen Gegnern gegenüber. Um gegen dieses tödliche Bündnis anzukommen, müssen sie einander bedingungslos vertrauen - doch ihrem Feind ist es längst gelungen, in Geneve Zweifel an Alessandros Aufrichtigkeit zu säen. Auch vor hunderten Jahren stand Geneve einst einer mörderischen Kreatur gegenüber, die bis dahin keinen Fuß auf das Festland gesetzt hatte. Hängen Gegenwart und Historie einmal mehr zusammen? »Die Meisterin - Spiegel & Schatten« ist der zweite Roman zum Hörspiel-Erfolg bei Audible - ein rasanter Mix aus düsterer Fantasy mit historischen und Thriller-Elementen. Ihr erstes actiongeladenes Abenteuer bestreiten Geneve Cornelius und Alessandro Bugatti im Dark-Fantasy-Roman »Die Meisterin - Der Beginn«

Markus Heitz, geboren 1971, studierte Germanistik und Geschichte. Er schrieb über 60 Romane und wurde etliche Male ausgezeichnet. Mit der Bestsellerserie um 'Die Zwerge' gelang dem Saarländer der nationale und internationale Durchbruch. Dazu kamen erfolgreiche Thriller um Wandelwesen, Vampire, Seelenwanderer und andere düstere Gestalten der Urban Fantasy und Phantastik. Die Ideen gehen ihm noch lange nicht aus.

Markus Heitz, geboren 1971, studierte Germanistik und Geschichte. Er schrieb über 50 Romane und wurde etliche Male ausgezeichnet. Mit der Bestsellerserie um "Die Zwerge" gelang dem Saarländer der nationale und internationale Durchbruch. Dazu kamen erfolgreiche Thriller um Wandelwesen, Vampire, Seelenwanderer und andere düstere Gestalten der Urban Fantasy und Phantastik. Die Ideen gehen ihm noch lange nicht aus.

Kapitel II


Ja, die Unsterblichkeit der Familie Cornelius.

Zumindest die relative, denn wie Sie wissen und sich vielleicht erinnern: Gegen weltliche Waffen sind und waren wir nicht gefeit. Ohne Kopf lebt es sich schlecht, und ich als einstige Scharfrichterin, die Jahrhunderte leben durfte, weiß es nun wirklich am besten.

Nur vor der Sanduhr des Gevatters blieben wir verschont.

 

Die Begebenheit, von der ich nun erzähle, trug sich zeitlich nach den Geschehnissen zu, die ich Ihnen letztes Mal schilderte. Sollten Sie zum ersten Mal davon hören, seien Sie unbesorgt. Sie werden alles verstehen und begreifen.

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Es gibt die Gestalten und Wesen, die gerne als Aberglaube und Fabeln und Märchen abgetan werden. Ich werde Ihnen davon berichten, und ich halte Sie nicht davon ab, die moderne Technik und alte Bücher zur eigenen Nachforschung zu nutzen.

Ich kann mir vorstellen, dass es Ihnen seltsam erscheint, von Verhör und Folter, Pranger, Stockhieben und verschiedensten Hinrichtungsformen samt weitergehender Strafen am Leichnam des Verurteilten zu erfahren. Es waren andere Zeiten. Aber die Todesstrafe ist so alt wie die menschliche Zivilisation, auch wenn sie mittlerweile in etwas mehr als 140 Staaten nicht mehr angewandt wird. Mehr als fünfzig haben sie noch. Wie viele Menschen heute noch in der Gegenwart des Staates gerichtet werden, ist schwer zu sagen. Manche Länder haben keine offizielle Statistik. Ich würde von einigen Tausend pro Jahr ausgehen.

Da ich vorhin von Goethe sprach: In Wilhelm Meisters theatralischer Sendung lässt er sagen:

»Wie viel Tausende werden unwiderstehlich nach einer Exekution, die sie verabscheuen, hingerissen, wie ängstet sich die Brust der Menge für den Übeltäter, und wie viele würden unbefriedigt nach Hause gehen, wenn er begnadigt würde und ihm der Kopf sitzen bliebe? Das sprudelnde Blut, das den bleichen Nacken des Schuldigen färbt, sprengt die Einbildungskraft der Zuschauer mit unauslöschlichen Flecken.«

So war es damals.

 

Später erzähle ich Ihnen noch ein bisschen mehr über die Anfänge dieses alten Berufs, den ich mit Freude und Überzeugung ausführte. Wie es das Amt verlangt.

Jetzt aber führe ich Sie in die Vergangenheit, ins frühe 17. Jahrhundert, in eine Stadt in Deutschland, deren Namen ich Ihnen nach wie vor nicht nenne. Es soll niemand wegen der Geschichten aus der Vergangenheit in Verruf geraten. In dieser Stadt gingen mein Sohn Jacob und ich dem Handwerk der Scharfrichterei nach, während Geneve sich auf die Behandlung von Wunden verlegte, welche die Befragung unter der Folter regelmäßig nach sich zog.

Und natürlich setzte meine Tochter ihre Hilfsbereitschaft nicht nur in den Kerkern ein, sondern auch für jene, die sonst ihre heilenden Hände benötigten. Sowohl Menschen, die heimlich oder offen zu ihr kamen, als auch sonstige Wesenheiten …

 

»Und wer brachte dir diese Wunde bei?« Geneve spreizte die Ränder der vierten Fleischwunde ihrer Besucherin mit einem selbst ersonnenen chirurgischen Instrument, das sie aus zwei verbogenen Forken gebaut hatte, und ließ die Arretierung mit einer Fingerbewegung einrasten. Damit war es ihr möglich, mit beiden Händen die Verletzungen an der hinteren Schulter zu sondieren und sie zu behandeln. Die weniger schlimmen Wunden am Arm und Rücken hatte sie bereits versorgt.

Die junge Frau in dem schlichten weißen Kleid, über dem sie eine Schnürung trug, jammerte leise und wandte den Blick ab. Sie hatte das Oberteil zur Behandlung herabgestreift, ihre Haut war bis auf die Wunden weiß und makellos, die Brüste klein und fest. Mehr als vierzehn, fünfzehn konnte sie nicht sein, und viel Zeit unter der Sonne verbrachte sie nicht. Sie war keine Bäuerin. »Ich sah ihn nicht.«

Vorgestellt hatte sich die Bittstellerin mit dem rötlich kastanienfarbenen Haar nicht. Aber dem orientalischen Schmuck und dem Geruch von billigem Ginster- und Nadelräucherwerk nach vermutete Geneve, jemanden aus dem Vergnügungshaus vor sich zu haben. Bezahlt hatte sie bereits. Mit einer kleinen Goldmünze. Eine weitere Ungewöhnlichkeit.

»Eine Lüge.« Geneve suchte in dem leicht verbrannten Fleisch nach den Resten des Geschosses. Es war in diesem Fall einfach, weil sie lediglich der schwarzen Spur im Gewebe zu folgen brauchte. »Also, wer attackierte dich und wusste um deine Besonderheit?« Sie hatte sich eine Schürze über ihr graues, weiß besticktes Kleid gelegt und die Ärmel in die Höhe gekrempelt. Ihre langen braunen Haare lagen geflochten unter einer Leinenhaube.

In dieser frostigen Herbstnacht saßen sie im Erdgeschoss ihres Hauses, das ganz am Rand stadtauswärts lag. Unehrenhafte und Unehrliche wie die Henkersfamilie hatten mitten unter den Bewohnern nichts verloren. Dieses Schicksal teilten mit Geneve ihr Bruder Jacob und ihre Mutter Catharina, die gemeinsam die Pflichten und Aufgaben des Scharfrichteramtes übernahmen.

Geneve hingegen war die Heilerin, die sich weder an Folter noch an Hinrichtungen beteiligte.

Sie widersetzte sich indirekt der Familientradition, indem sie mit ihrem heilkundigen Wissen Unschuldige und zu Unrecht Verhaftete pflegte, sodass sie Kraft genug fanden, kein Geständnis abzulegen. Ohne Geständnis gab es keine Verurteilung, und somit kamen sie frei.

Geneve kümmerte sich auch um jene, die grausame und weniger schlimme Taten begangen hatten. Linderung hatten alle verdient. Manchen verabreichte sie auf eigenes Bitten ein berauschendes Mittel, um ohne Angst die körperliche Strafe zu erdulden, ebenso versorgte sie die Wunden nach Auspeitschungen und Prügelstrafen.

Einen Vorteil hatte es, als Ausgestoßene abseits zu leben: Es erleichterte jenen den Besuch, die heimlich Rat und Tat bei Geneve suchten. Mit etwas Vorsicht konnte man sich beinahe zu jeder Tages- und Nachtzeit ungesehen in die Bleibe der Cornelius begeben und sein Anliegen vortragen. Vorausgesetzt, man besaß die Mittel, den verlangten Lohn aufzubringen.

Catharina tolerierte es, Jacob missfiel es. Aber solange die Mutter ihre Stimme nicht dagegen erhob, konnte er nichts tun.

»Was meinst du mit Besonderheit?« Die junge Frau stellte sich dumm.

»Silber ist’s.« Geneve baute die zwei aufgestellten Lampen mit Blendspiegeln um, sodass sie beste Sicht in die klaffende Wunde hatte. Sie stocherte mit zwei langen Nadeln geschickt im verbrannten Kanal, den das Projektil gezogen hatte, und bekam den Splitter zu fassen. Hab ich dich! »Außerdem wär’s eine ungewöhnliche Art für einen Freier, dir die Bezahlung für deine Liebesdienste mit Pfeilen unter die Haut zu stechen.«

Die Verletzte begehrte gegen die Unterstellung nicht auf.

Behutsam zog Geneve das Fragment heraus, das sich als abgebrochenes Stück eines Blasrohrpfeiles entpuppte. Das Blut daran kochte und blubberte, bis es eintrocknete und in kleinen Plättchen auf die Dielen rieselte. Der unwiderlegbare Beweis: Vor ihr saß eine Wer-Kreatur.

Die namenlose Hure atmete erleichtert auf. »Danke.«

»Es müsste nichts mehr drin sein.« Geneve legte die Spitze zu den anderen in ein Glas mit Branntwein, spülte die Wunde mit einer Kräuterlösung, welche die Wirkung des Silbers reduzierte, und tupfte sie trocken, um danach eine Tinktur hineinzutröpfeln. »Das wird deine Selbstheilungskräfte unterstützen«, erklärte sie und entfernte den Spreizer.

Schweigend vernähte Geneve die Stelle mit drei Stichen und legte ihrer Kundin einen Verband an. Erst dann strich sie die Münze ein. So hielt sie es immer. »Du bist frisch ins Hurenhaus. Stimmt’s?«

Die junge Frau nickte vorsichtig.

Sie ahnt, dass es vor mir wenig Geheimnisse gibt. »Du weißt, dass mein Bruder im Auftrag des Rates die Aufsicht dort führt? Du hättest dich bei ihm vorstellen müssen.«

Sie zog schüchtern das Kleid hoch und schloss es. »Ich hätt’s noch getan.«

Ihre Scham, sich vor der Heilerin zu entblößen, war nicht vorgespielt. Die Wandlerin konnte noch nicht lange zu den Liebesdienerinnen gehören. Vermutlich hatte Geneve eine Ausreißerin vor sich, die sich ihrem Rudel nicht unterordnen wollte und sich im Hurenhaus versteckte.

»Solche winzigen Pfeilchen nutzt man nicht, um Wandler zu töten.« Geneve nahm das Glas und ließ die Spitze im Alkohol kreisen. So etwas tut man, um sie zu ärgern. Entweder um sie in ihre Tiergestalt zu zwingen oder sie zu vertreiben. Als Warnung, sich nicht wieder blicken zu lassen.

Die Eingangstür tat sich mit Schwung auf, und Jacob trat ein. Er hatte einen dunkelbraunen Ledermantel angelegt, dessen Kragen bis zum Hinterkopf reichte. Unter dem ausladenden Hut, dessen Krempe seitlich in die Höhe gebogen war, wurde sein Gesicht im Schatten unkenntlich und gab ihm etwas von einer grimmigen Spukgestalt.

»Alle Wetter«, fluchte er. »Wieso ist’s bereits im Oktober so kalt?«

Prompt wich die junge Frau mit einem leisen Schrei vor ihm zurück.

»Erschrick unseren Gast nicht so«, mahnte Geneve. »Sie hält dich gewiss für den Gevatter.«

»Bin nur sein irdischer Bruder, der Henker.« Jacob lachte unter dem Kragen und zog zuerst den Hut, dann den Mantel aus; beides hängte er an den Haken hinter der Tür. »Wo ich bin, ist der andere nicht weit.«

»Gute Laune brachtest du von draußen. Trotz der Kälte. Wie kommt’s?«

»Den Ratsherrn Mahler traf ich, und der ließ mich wissen, dass ich Wölfe in den Wäldern jagen soll.« Jacob, gekleidet in exquisites Wildleder und mit einem bestickten...

Erscheint lt. Verlag 1.7.2020
Reihe/Serie Die Meisterin-Reihe
Die Meisterin-Reihe
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Fantasy / Science Fiction Fantasy
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ISBN-10 3-426-45786-5 / 3426457865
ISBN-13 978-3-426-45786-3 / 9783426457863
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