Die Lavendelfarm

(Autor)

Buch | Softcover
352 Seiten
2020 | 1. Auflage
Francke-Buch (Verlag)
978-3-96362-149-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die Lavendelfarm - Irene Hannon
17,00 inkl. MwSt
Der Arzt Logan West zieht mit seiner Nichte Molly nach Hope Harbor. In der beschaulichen Kleinstadt will er dem elternlosen Mädchen ein neues Zuhause schaffen. Doch diese Aufgabe gestaltet sich schwerer als gedacht. Zum Glück springt ihm - wenn auch eher widerwillig - seine Nachbarin Jeannette Mason zur Seite. Sie ist Besitzerin einer Lavendelfarm und betreibt einen Teesalon. Doch sie hat ihre Gründe, warum sie den Kontakt zu ihren Mitmenschen eigentlich scheut ...Als eine Familie syrischer Christen in Hope Harbor strandet, schweißt die Not dieser Geflüchteten das ganze Städtchen zusammen. Und plötzlich wagt sich auch Jeannette aus ihrem Schneckenhaus. Doch können zutiefst verletzte Herzen tatsächlich Heilung finden? Und kann Hope Harbor seinem Ruf, ein Hafen der Hoffnung zu sein, wirklich gerecht werden?

Irene Hannon studierte Psychologie und Journalistik. Sie kündigte ihren Job bei einem Weltunternehmen, um sich dem Schreiben zu widmen. In ihrer Freizeit spielt sie in Gemeindemusicals mit und unternimmt Reisen. Die Bestsellerautorin lebt mit ihrem Mann in Missouri.

Kapitel 1 Absolutes Chaos. Anders ließ sich sein neues Zuhause nicht beschreiben. Und sein neues Leben. Logan West fuhr sich mit den Fingern durch sein feuchtes Haar und atmete tief aus, während er das Durcheinander in der Küche betrachtete. Zerrissene Papierhandtücher bedeckten den Boden wie im Frühling die Blütenblätter von den Birnbäumen, die die Straßen in der Kleinstadt in Missouri gesäumt hatten, in der er aufgewachsen war. Überall waren Eierschalen verstreut. Eiweißreste klebten auf dem Kachelboden, der fleckenlos sauber gewesen war, als er vor zehn Minuten unter die Dusche gegangen war. Die Suppendosen, das Glas Erdnussbutter, das Butterbrotpapier, die Saftpackung, der offene Behälter des Essens, das er sich gestern hatte bringen lassen, und andere Lebensmittelpackungen waren unberührt und unbeschädigt. So ordentlich, als wären sie nie benutzt worden. Das hieß, dass sich Toby über den Abfalleimer hergemacht hatte. Schon wieder. Der übermütige Beagle mochte zwar süß sein, aber er stellte sein ohnehin schon chaotisches Leben noch mehr auf den Kopf. Logan wischte sich mit der Hand übers Gesicht. Was hatte er sich nur dabei gedacht, als er sich auch noch einen Hund angeschafft hatte? Vielleicht war das Problem, dass er nicht gedacht hatte. Wenigstens nicht richtig. Einen Hund zu kaufen, war seine absolut dümmste Idee gewesen. Ähnlich dumm wie damals, als er seinen jüngeren Bruder überredet hatte, vom Verandadach in einen Blätterhaufen zu springen. Leider waren die zusammengerechten Herbstblätter nicht annähernd so weich gewesen, wie er vermutet hatte. Seine Eltern hatten dafür gesorgt, dass er diese Eskapade nie vergessen hatte. Und auch nicht die anschließende Fahrt zur Not- aufnahme, wo Jons gebrochener Arm geschient worden war. Logan ging um die Schweinerei auf dem Boden herum und näherte sich der Arbeitsplatte. Eine bekannte Panik regte sich in ihm. Wie hatte sein geordnetes Leben in nur vier Monaten so aus dem Ruder laufen können? Ein Arzt, der in der Notaufnahme arbeitete, sollte doch eigentlich ein Profi im Umgang mit Prob- lemen sein. Aber in der Notaufnahme eines Krankenhauses herrschte ein geordnetes Chaos. Dort gab es für jeden Notfall ein klares Protokoll. Für sein neues Leben in dieser Kleinstadt an der Küste von Oregon gab es leider keine Bedienungsanleitung. Aber wer hätte damit gerechnet, dass er hier, so weit weg vom Lärm und von der Hektik in San Francisco und den Komplikationen des Großstadtlebens, für sein Leben eine Anleitung brauchen würde? Da hatte er sich wohl getäuscht. Nach seinen ersten 36 Stunden in Hope Harbor wusste er nur, dass sich sein Traum von einem ruhigeren, einfacheren Leben nicht erfüllen würde. Er blieb ein Fantasiegebilde ohne Bezug zur Realität. Mit einem resignierten Seufzen holte er einen Müllbeutel und begann, den Schmutz einzusammeln. Wenn die Küche sauber war, würde er sich Toby zur Brust nehmen müssen und … Eine kleine Bewegung im Türrahmen riss ihn aus seinen Gedanken. Er zwang sich, seine finstere Miene, mit der er schon unzählige Praktikanten eingeschüchtert hatte, zu unterdrücken. Er richtete sich auf und drehte sich zu Molly um. Die Fünfjährige schaute ihn mit großen Augen und ernster Miene an. Sie war barfuß, hatte zerzaustes rotblondes Haar, das dringend gebürstet werden musste, und umklammerte ihre geliebte Babydecke. »Hey.« Die klebrige Pampe aus der Eierschale in seiner Hand tropfte ihm auf die Finger. Er warf die Schale in den Müllbeutel. Wenigstens versuchte er das. Schließlich blieb ihm nichts anderes übrig, als das Eiweiß von seinen Fingern abzuschütteln. »Ich glaube, du hast deine Schuhe vergessen.« Er zwang seine Mundwinkel zu lächeln. Sie presste die Lippen aufeinander, während sie ihn schweigend beobachtete und dann einen Finger in den Mund steckte. Sein Magen zog sich zusammen. Falls es ein Geheimrezept gab, wie man einem trauernden kleinen Mädchen ein Lächeln entlocken konnte, kannte er es nicht. Er stellte die Mülltüte auf den Boden und kniete sich vor Molly. Sie hatte Tränen in den Augen. Bei diesem Anblick bildete sich ein dicker Kloß in Logans Kehle. Sie hatte wieder geweint. Heimlich. Genauso wie er und sein Bruder früher. Noch etwas, das sie gemeinsam hatten neben dem unübersehbaren Grübchen am Kinn und ihren großen blauen Augen. Er ergriff ihre kleine Hand und fragte mit ruhiger Stimme: »Hast du dir die Zähne geputzt?« Sie nickte schweigend. »Was hältst du davon, wenn du deine Schuhe anziehst, und ich binde sie dir? Dann können wir zum Strand fahren. Hast du dazu Lust?« Sie nahm langsam den Finger aus dem Mund. »Kann Toby auch mitkommen?« Wenn es nach ihm ginge, nicht. Nach ihrem gestrigen Spaziergang hatte er zehn Minuten gebraucht, um den Hund wieder an die Leine zu nehmen. Er war am Strand wie ein Irrer durch den Sand getobt. Aber wenn Mollys Bitte bedeutete, dass sie sich für ihr neues Familienmitglied erwärmte … »Natürlich. Hol doch schon mal deine Schuhe, während ich die Küche sauber mache.« Er richtete sich auf. »Ist Toby in deinem Zimmer?« Sie schüttelte den Kopf. Ein leichtes Unbehagen regte sich in Logan. Erneut runzelte er die Stirn. Wenn er so darüber nachdachte, war der verspielte Hund schon seit einer Weile ungewöhnlich leise. »Weißt du, wo er ist?« Er bemühte sich um einen ruhigen Tonfall. Ihr Blick wanderte zur Hintertür. Ohoh. »Molly, Schatz …« Er holte tief Luft. »Hast du ihn rausgelassen?« Sie senkte das Kinn und wackelte mit den Zehen. »Er wollte so gern.« Na toll! »Darüber haben wir schon gesprochen. Erinnerst du dich? Toby muss im Haus bleiben, wenn wir nicht dabei sind. Wenn er allein draußen ist, könnte ihm etwas zustoßen.« Ihr Finger wanderte wieder zu ihrem Mund. Sein Magen zog sich zusammen. Wieder. Er war einfach nicht dafür geschaffen, alleinerziehender Vater zu sein. »Weißt du was? Wenn du deine Schuhe anhast, gehen wir ihn suchen. Okay?« Es sei denn, der Hund hörte auf sein Rufen und die Suche erübrigte sich. Aber das würde eh nicht passieren! »Okay.« Das leise Wort wurde von dem Finger in ihrem Mund fast verschluckt. Sie verschwand wieder im Flur und zog die zerfranste Decke hinter sich her. Als sie fort war, trat Logan an die Hintertür und rief nach Toby. Keine Reaktion. Natürlich nicht. Das wäre ja auch zu einfach gewesen. Mit einem Kopfschütteln schloss er die Tür, machte eine Handvoll Papiertücher nass, sank auf Hände und Knie und schrubbte das hartnäckige Eiweiß von den Fliesen. Es klebte genauso wie das Mittel, mit dem er in der Notaufnahme kleinere Wunden zuklebte. Seit vier Monaten war er in einer Situation, mit der er völlig überfordert war. Aber er hatte ein Versprechen gegeben. Und das würde er halten. Koste es, was es wolle. Aha. Sie hatte den Übeltäter entdeckt. Jeannette Mason zog ihre Gartenhandschuhe aus und ließ den Hund nicht aus den Augen, der wild entschlossen war, ihre nächste Lavendelpflanze auszubuddeln. Diese Pflanzen hatte sie selbst gezogen, mit viel Liebe gepflegt und gegossen, bis sie widerstandsfähig genug gewesen waren, um in die Beete gepflanzt zu werden, die sie mit viel Arbeit vorbereitet hatte. In dem Beet, das der Hund gerade als seine Spielwiese entdeckt hatte, wuchs die Sorte Super French. Sie kniff die Lippen zusammen, warf ihre Handschuhe auf den Arbeitstisch im Schuppen und stürmte zur Tür hinaus. Es reichte! Wenn dieser Hund weiterhin ihre Pflanzen ausbuddelte, wäre ihre Lavendelfarm nach nicht einmal drei Jahren bankrott. Das würde sie nicht zulassen. Sie hatte zu viel Arbeit in diese Farm gesteckt, um irgendjemandem – oder irgendetwas – zu erlauben, sie zu sabotieren. Im Vorbeigehen schnappte sie sich einen Rechen mit langem Stiel und stürmte in den Nieselregen hinaus, der vom bleigrauen Himmel fiel. Sie hätte auch ihre Jacke mitnehmen sollen. Jetzt, da die Sonne hinter den Wolken verschwunden war, war es kühler als sonst im April. Aber das Wetter an der Küste von Oregon konnte zu jeder Jahreszeit launisch sein. Das wusste sie eigentlich. Sie fuchtelte mit ihrem Gartenwerkzeug und sprintete zwischen den symmetrisch angelegten Beeten auf den Hund mit dem gefleckten Fell zu. »Hey!« Sie schwang den Rechen durch die Luft. »Verschwinde!« Der Hund hob seine Schnauze, die von Erde bedeckt war, und wedelte mit dem Schwanz. Als er die verärgerte Frau sah, die mit einer Waffe in der Hand auf ihn zustürmte, überlegte er es sich doch anders und flüchtete zu der großen Hecke, die ihre Farm vom Nachbargrundstück trennte. Wenige Sekunden später war seine weiße Schwanzspitze verschwunden und er hatte sich durch die Zweige gezwängt. Jeannette atmete tief durch und gab die Verfolgungsjagd auf. Der Hund war fort. Vorerst. Ihre Zeit wäre besser genutzt, wenn sie die Zerstörung, die der ungebetene Besucher angerichtet hatte, wieder in Ordnung brachte. Mit einem ärgerlichen Murmeln ging sie zu dem Beet und besah sich den Schaden. Zwei Pflanzen hatte der lästige Beagle ausgegraben und mit der dritten war er nicht ganz fertig geworden. Das war genauso schlimm wie bei seinem letzten Besuch. Allerdings hatte er dieses Mal nicht eine ihrer Pflanzen mitgehen lassen. Mit knirschenden Zähnen marschierte sie zum Schuppen und holte eine Schaufel. Die Pflanzen wieder in die Erde zu setzen, war ihre oberste Priorität. Danach würde sie nach nebenan gehen und mit ihren neuen Nachbarn reden. Mit der Schaufel in der Hand kehrte sie zu dem verwüsteten Beet zurück und warf dabei einen finsteren Blick zu der Hecke, die das kleine Haus auf dem Nachbargrundstück vor ihren Augen verbarg. Sie hätte dieses Grundstück gleich mitkaufen sollen. Aber das Stück Land, das sie gekauft hatte, war ohnehin mehr, als sie für ihre Pflanzen und für ihren Teesalon benötigte. Ihr hätte auch die Hälfte der Fläche gereicht. Aber keines der anderen Grundstücke, die sie besichtigt hatte, hatte einen Zugang zu dem Weg, der zu den Dünen führte und zu dem weiten Strand mit seinem kobaltblauen Meer. Außerdem war das Mikroklima auf diesem geschützten Gelände für Lavendel perfekt. Obwohl das Grundstück eigentlich zu groß war, war die Lage so gut, dass sie es gekauft hatte. Dazu kam, dass das Nachbargrundstück auf der einen Seite nicht bebaut war, und in dem Haus auf der anderen Seite hatte früher ein älterer Mann gewohnt, der genauso für sich geblieben war wie sie. Dieser Mann hatte schon vor langer Zeit die Hecke als Sichtschutz gepflanzt. Sie grub in der Erde, die sie mit Rindenmulch und Pferdedung vermischt hatte, und warf wieder einen Blick zu der Hecke auf der Grundstücksgrenze. Sie hatte keine Ahnung gehabt, dass ihr früherer Nachbar sein Haus verkauft hatte, bis vor einer Woche der Umzugswagen vorgefahren war. Er hatte ihr auch nur einen kurzen, desinteressierten Blick zugeworfen, als sie daran vorbeigefahren war, während er die Männer von der Umzugsfirma zu seiner Veranda gewinkt hatte. Andererseits war sie auch nie auf ihn zugegangen. Leichte Selbstvorwürfe regten sich, aber sie verdrängte sie, als sie die erste Lavendelpflanze wieder in die fruchtbare Erde setzte. Für Schuldgefühle bestand kein Grund. Bei den wenigen Gelegenheiten, als sich ihre Wege gekreuzt hatten, hatte er sie kaum gegrüßt. Und nur weil sie nicht versuchte, Leute in ein Gespräch zu verwickeln, hieß das nicht, dass sie unfreundlich wäre. Zu ihren Kunden auf dem Bauernmarkt und in ihrem Teesalon war sie immer ausgesprochen höflich. Und sie lächelte und winkte, wenn sie in der Stadt bekannte Gesichter sah. Auch wenn sie selten stehen blieb, um sich zu unterhalten. Aber sie war nie zu jemandem wirklich unfreundlich. Das würde sich jedoch bald ändern. Sie setzte die zweite traumatisierte Lavendelpflanze in das Loch, das sie gegraben hatte, und goss sie gut an. Wenn alles nach Plan lief, würden sich alle ihre Pflanzen von dem Schock wieder gut erholen. Sie wischte sich die Hände an ihrer Jeans ab, kehrte zum Schuppen zurück, nahm ihre Jacke und schritt über den Schotterparkplatz vor ihrer Farm, auf dem an diesem Mittwochmorgen kein Kunde von ihr parkte. Wenigstens hatte der Hund seine heimtückischen Überfälle nicht am Wochenende gestartet, wenn sie in ihrem Teesalon ihren Nachmittagstee servierte. Schließlich zahlten ihre Kunden gutes Geld für ein paar Stunden in Frieden und gediegener Eleganz. Sie ging um die Hecke herum, die ihre Zufahrt säumte, und schritt über das Nachbargrundstück zu der Haustür des kleinen Bungalows, der einen neuen Anstrich und ein wenig Pflege gut vertragen könnte. Vielleicht war es besser, dass sie nicht gewusst hatte, dass das Haus zum Verkauf gestanden hatte. Die Verlockung, es zu kaufen – um ihre Privatsphäre zu wahren –, wäre zu groß gewesen. Um dieses Haus und den Garten wieder auf Vordermann zu bringen, wäre ihre lange To-do-Liste noch viel länger geworden. Als sie sich der Tür näherte, war aus dem Haus ein lautes Kläffen zu hören. Offenbar buddelte der Hund nicht nur begeistert in der Erde, sondern bellte auch gern. Das passte zu dem kleinen Ungeheuer. Sie ging auf die Veranda, holte tief Luft und drückte auf den Klingelknopf. Möglicherweise waren die neuen Nachbarn nett. Vielleicht entschuldigten sie sich sogar. Wenigstens hoffte sie das. Sie ging nicht gern auf Konfrontation. Aber diese Leute mussten ihren Hund unter Kontrolle bekommen. Und sie hatte die Absicht, ihnen das unmissverständlich klarzumachen. Ob das den neuen Nachbarn nun gefiel oder nicht.

Kapitel 1Absolutes Chaos.Anders ließ sich sein neues Zuhause nicht beschreiben.Und sein neues Leben.Logan West fuhr sich mit den Fingern durch sein feuchtes Haar und atmete tief aus, während er das Durcheinander in der Küche betrachtete.Zerrissene Papierhandtücher bedeckten den Boden wie im Frühling die Blütenblätter von den Birnbäumen, die die Straßen in der Kleinstadt in Missouri gesäumt hatten, in der er aufgewachsen war.Überall waren Eierschalen verstreut. Eiweißreste klebten auf dem Kachelboden, der fleckenlos sauber gewesen war, als er vor zehn Minuten unter die Dusche gegangen war.Die Suppendosen, das Glas Erdnussbutter, das Butterbrotpapier, die Saftpackung, der offene Behälter des Essens, das er sich gestern hatte bringen lassen, und andere Lebensmittelpackungen waren unberührt und unbeschädigt. So ordentlich, als wären sie nie benutzt worden.Das hieß, dass sich Toby über den Abfalleimer hergemacht hatte.Schon wieder.Der übermütige Beagle mochte zwar süß sein, aber er stellte sein ohnehin schon chaotisches Leben noch mehr auf den Kopf.Logan wischte sich mit der Hand übers Gesicht.Was hatte er sich nur dabei gedacht, als er sich auch noch einen Hund angeschafft hatte?Vielleicht war das Problem, dass er nicht gedacht hatte.Wenigstens nicht richtig.Einen Hund zu kaufen, war seine absolut dümmste Idee gewesen. Ähnlich dumm wie damals, als er seinen jüngeren Bruder überredet hatte, vom Verandadach in einen Blätterhaufen zu springen. Leider waren die zusammengerechten Herbstblätter nicht annähernd so weich gewesen, wie er vermutet hatte.Seine Eltern hatten dafür gesorgt, dass er diese Eskapade nie vergessen hatte. Und auch nicht die anschließende Fahrt zur Not-aufnahme, wo Jons gebrochener Arm geschient worden war.Logan ging um die Schweinerei auf dem Boden herum und näherte sich der Arbeitsplatte. Eine bekannte Panik regte sich in ihm.Wie hatte sein geordnetes Leben in nur vier Monaten so aus dem Ruder laufen können? Ein Arzt, der in der Notaufnahme arbeitete, sollte doch eigentlich ein Profi im Umgang mit Prob-lemen sein.Aber in der Notaufnahme eines Krankenhauses herrschte ein geordnetes Chaos. Dort gab es für jeden Notfall ein klares Protokoll. Für sein neues Leben in dieser Kleinstadt an der Küste von Oregon gab es leider keine Bedienungsanleitung.Aber wer hätte damit gerechnet, dass er hier, so weit weg vom Lärm und von der Hektik in San Francisco und den Komplikationen des Großstadtlebens, für sein Leben eine Anleitung brauchen würde?Da hatte er sich wohl getäuscht.Nach seinen ersten 36 Stunden in Hope Harbor wusste er nur, dass sich sein Traum von einem ruhigeren, einfacheren Leben nicht erfüllen würde. Er blieb ein Fantasiegebilde ohne Bezug zur Realität.Mit einem resignierten Seufzen holte er einen Müllbeutel und begann, den Schmutz einzusammeln. Wenn die Küche sauber war, würde er sich Toby zur Brust nehmen müssen und ...Eine kleine Bewegung im Türrahmen riss ihn aus seinen Gedanken.Er zwang sich, seine finstere Miene, mit der er schon unzählige Praktikanten eingeschüchtert hatte, zu unterdrücken. Er richtete sich auf und drehte sich zu Molly um.Die Fünfjährige schaute ihn mit großen Augen und ernster Miene an. Sie war barfuß, hatte zerzaustes rotblondes Haar, das dringend gebürstet werden musste, und umklammerte ihre geliebte Babydecke.»Hey.« Die klebrige Pampe aus der Eierschale in seiner Hand tropfte ihm auf die Finger. Er warf die Schale in den Müllbeutel. Wenigstens versuchte er das. Schließlich blieb ihm nichts anderes übrig, als das Eiweiß von seinen Fingern abzuschütteln. »Ich glaube, du hast deine Schuhe vergessen.« Er zwang seine Mundwinkel zu lächeln.Sie presste die Lippen aufeinander, während sie ihn schweigend beobachtete und dann einen Finger in den Mund steckte.Sein Magen zog sich zusammen.Falls es ein Geheimrezept gab, wie man einem trauernden kleinen Mädchen ein Lächeln entlocken konnte, kannte er es nicht.Er stellte die Mülltüte auf den Boden und kniete sich vor

Erscheinungsdatum
Reihe/Serie Hope Harbor
Übersetzer Silvia Lutz
Sprache deutsch
Original-Titel Driftwood Bay
Maße 135 x 205 mm
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Kinder- / Jugendbuch Bilderbücher Religiöse Bilderbücher
Schlagworte Altes Testament • Arzt • Bibel • Bibelgeschichten • Flüchtlinge • Geschenk zur Geburt • Gott • Hartpappebibel • Kinder • Kinderbibel • Kleinkinder • Kleinstadt • Lavendel • Liebe • Neuanfang • Neues Testament • Roman • Schicksalsschläge • Taufgeschenk • Tee • Trauer • Verlust
ISBN-10 3-96362-149-4 / 3963621494
ISBN-13 978-3-96362-149-9 / 9783963621499
Zustand Neuware
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