Mord in Parma (eBook)

Paolo Ritter ermittelt | Emilia-Romagna

(Autor)

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2021 | 1. Auflage
352 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-00555-6 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mord in Parma -  Dani Scarpa
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Mord und Dolce Vita in der neuen spannenden Krimiserie aus der beliebtesten Urlaubsregion Italiens, der Emilia-Romagna: Der deutsche Kommissar Paolo Ritter ist ein grüblerischer Mensch. Und der beste Ermittler des bayerischen LKA. Beides liegt an seinem episodischen Gedächtnis. Sein Nicht-Vergessen ist im Job hilfreich, privat eine Belastung. Nun soll er in München aufgefundene NS-Raubkunst nach Parma überstellen. Die Übergabe des Correggio läuft nach Plan, und Paolo kann das kleine Hotel seines vor Jahren verstorbenen Bruders in Cervia aufsuchen. Im Ristorante im Erdgeschoss kocht die temperamentvolle Lucia, die nicht weiß, dass er der Erbe ist. Bevor er entscheiden kann, was mit dem Haus werden soll, wird der Kurator der Galerie in Parma tot aufgefunden.

Dani Scarpa ist das Pseudonym eines deutschen Erfolgsautors, der früh seine Liebe zu Italien entdeckt hat. Ein Teil von Scarpas Familie lebt heute noch im Land der Zitronen, weshalb er alle Aspekte des deutsch-italienischen Zusammenlebens aus nächster Nähe kennt. «Mord in Parma» ist sein erster Kriminalroman um Paolo Ritter, den deutschen Ermittler, den es - zunächst - widerwillig in die Emilia-Romagna verschlägt.

Dani Scarpa ist das Pseudonym eines deutschen Erfolgsautors, der früh seine Liebe zu Italien entdeckt hat. Ein Teil von Scarpas Familie lebt heute noch im Land der Zitronen, weshalb er alle Aspekte des deutsch-italienischen Zusammenlebens aus nächster Nähe kennt. «Mord in Parma» ist sein erster Kriminalroman um Paolo Ritter, den deutschen Ermittler, den es - zunächst - widerwillig in die Emilia-Romagna verschlägt.

Kapitel 2


«O nein.»

Paolo Ritter war stehen geblieben. Unglücklich blickte er auf seine verdreckten wildledernen Slipper. Obwohl erst früher Vormittag war, schwitzte er bereits, er hatte Durst, und Sand scheuerte zwischen seinen Zehen. Dabei hatte er doch nur eine Abkürzung nehmen wollen.

Wie in jedem Frühjahr hatte akute Renovitis die Stadt befallen. Während andernorts die Bäume ausschlugen, schossen hier in München Dixi-Toiletten wie Pilze aus dem Boden, und man konnte sich kaum noch retten vor all den Löchern, die in den Gehsteigen klafften und so überraschend ausgehoben wurden, als bestünde ihr Daseinszweck allein darin, arglose Fußgänger zu verschlingen.

Paolo ging grundsätzlich zu Fuß zur Arbeit. Weil er keinen Führerschein hatte. Und weil öffentliche Verkehrsmittel nicht nur Tausende von Menschen, sondern auch Milliarden von Bakterien transportierten. Allerdings barg auch der Gang zu Fuß seine Risiken. Abgesehen von besagten Baustellen waren da auch noch die wilden Fahrradfahrer, die einen jederzeit über den Haufen fahren konnten. Beides war nicht ungefährlich, wenn man wie Paolo keine Umwege mochte und lieber auf direktem Weg von A nach B ging. Da konnte es schon mal vorkommen, dass man nur knapp einem Zweirad entkam oder jenseits der Absperrungen in etwas trat, das Treibsand gefährlich nahekam. Und wenn man auch nicht gleich bis zum Hals darin versank – die neuen Lederslipper waren in jedem Fall ruiniert.

«Da san S’ ja sauber neidred’n», kommentierte ein Bauarbeiter in schönstem Oberbayerisch, seinem orientalischen Äußeren zum Trotz. «Dia Schua san hie.»

«Danke für die Auskunft», erwiderte Paolo säuerlich, während er sich bückte und mit einem Papiertaschentuch zu retten versuchte, was noch zu retten war. «Von allein wär’ ich nicht darauf gekommen.»

Der Sand an den Schuhen war eine Sache – der in den Schuhen noch mal was anderes. Vor allem der zwischen den Zehen weckte lebhafte Erinnerungen. Und diese Erinnerungen waren verantwortlich dafür, dass plötzlich ein kleiner Junge neben ihm zu stehen schien, strohblond, sonnengebräunt und in einer knallroten Badehose, was angesichts der Jahreszeit und des kühlen Windes an diesem Morgen besonders unpassend erschien. Doch um Dinge wie Logik oder Vernunft hatten sich seine Erinnerungen und speziell dieser Junge noch nie gekümmert.

Paolo kannte ihn sehr gut, hatte sich an sein plötzliches Auftauchen gewöhnt, so wie andere sich an ihren Heuschnupfen gewöhnten oder an die Warteschlange morgens beim Bäcker. Es war Teil von Paolos ganz besonderer Eigenschaft, die man mit einiger Berechtigung auch seine Gabe nennen konnte. Oder, wie er selbst es gerne ausdrückte, seine ganz persönliche Superkraft.

Die «Spinne» aus den Comics seiner Kindheit mochte in der Lage gewesen sein, Netze zu schleudern und an senkrechten Wänden emporzukraxeln. Er hingegen hatte die Kraft der Erinnerung. Oder die Last, je nachdem, wie man es betrachtete. Aber das war bei Superkräften ja häufig so.

Der Junge in der roten Badehose legte den Kopf schief und schaute ihm bei seiner fruchtlosen Schuhputzaktion zu. «Du magst den Sand noch immer nicht», stellte er fest.

«Natürlich nicht», murrte Paolo. Er erhob sich missmutig und beeilte sich dann, die Baustelle zu verlassen und zurück auf den Bürgersteig zu kommen. Der Junge folgte ihm unbeirrt.

«Weißt du noch?», fragte er. «Du hast immer im Liegestuhl gesessen und gelesen, während ich mich von Kopf bis Fuß im Sand eingebuddelt habe!»

«Natürlich weiß ich das noch.» Paolo schnaubte, während er das verdreckte Taschentuch in einem städtischen Müllbehälter entsorgte. «So lange ist es nun auch wieder nicht her.»

«Achtunddreißig Jahre», rechnete der Knabe ihm vor. «Und du hast dich kaum verändert.»

«Und ob ich das habe.»

«Du hasst die Sonne immer noch.»

«Ich hasse die Sonne nicht», beeilte sich Paolo zu versichern. «Ich kann es nur nicht leiden zu schwitzen. Und ich mag keinen Sonnenbrand.»

«Meinetwegen?», fragte der Junge ihn mit großen Augen.

Paolo blieb eine Antwort schuldig. Er wechselte die Straßenseite und bog in die Maillingerstraße ein. Kurz darauf stand er vor dem nüchternen Bau des Landeskriminalamts.

«Du wolltest immer Polizist sein und die Welt retten», sagte der Junge in der Badehose. «Genau wie dein großer Held, der Fliegenmann.»

«Spinnenmann, wenn schon», verbesserte ihn Paolo, während er sich dem Eingang näherte. «Aber die Spinne war kein Polizist. Und ich bin auch keiner.»

«Was bist du dann?»

«Ein informeller Mitarbeiter, Sachgebiete Fallanalyse und Tathergangsrekonstruktion», erwiderte er in Gedanken, während er seinen Ausweis zückte, um ihn am Eingang vorzuzeigen. Der diensthabende Beamte prüfte ihn mit routiniertem Blick und händigte ihm seinen Besucherpass aus.

«Sie kennen den Weg», sagte er dazu.

Es war nicht klar, ob es eine Frage oder eine Feststellung war, aber Paolo kannte den Weg tatsächlich. Er stieg in den Fahrstuhl und drückte den Knopf zur zweiten Etage, und er war froh, dass der Junge in der Badehose ihm nicht bis hierher gefolgt war. Er hätte ihn nur abgelenkt. Das Gespräch, das vor ihm lag, erforderte seine ganze Aufmerksamkeit.

Noch im Fahrstuhl zog er das Fläschchen mit dem Desinfektionsmittel aus der Tasche seines Cordsakkos und besprühte seine Hände damit. Allein der Gedanke, wie viele Menschen täglich diesen Aufzug benutzten und die Knöpfe betätigten, ließ ihn erschauern.

Er schüttelte die Hände, um sie zu trocknen. Julia mochte es nicht, wenn er das Desinfektionsmittel benutzte. Sie nannte es, aller Vernunft zum Trotz, sogar einen Spleen. Rasch steckte er das Fläschchen wieder weg, denn heute Morgen war ihm besonders wichtig, dass sie ihn für so normal wie möglich hielt.

Paolo trat aus dem Lift, ging den Flur hinab und blieb kurz vor der nüchternen Amtstür stehen, hinter der sich laut dem Schild an der Wand das Büro von «Wagner, Julia – Kriminaloberkommissarin» befand. Dann klopfte er an, öffnete die Tür und trat ein.

Vertrauter Geruch schlug ihm entgegen, eine Mischung aus Kaffee, warmer Festplatte und einem Hauch Annick Goutal. Julia saß hinter ihrem Schreibtisch und sah umwerfend aus in ihrer schneeweißen Bluse und mit dem streng zurückgekämmten, zum Pferdeschwanz gebundenen Haar. Hätte man Paolo aufgefordert, das Wort zu nennen, das Julia am treffendsten beschrieb, so wäre es «Klasse» gewesen. Sie hatte Klasse. Und diese, zusammen mit einigen anderen Dingen, war es wohl auch gewesen, die ihn dazu bewogen hatte, seinen ganzen Mut zusammenzunehmen und das zu tun, was er vor zwei Tagen getan hatte, als er ihr die entscheidende Frage gestellt hatte …

«Guten Morgen», grüßte er.

«Guten Morgen.» Sie nickte ihm zu und lächelte. Ein zuvorkommendes Lächeln, aber unverbindlich.

«Du sagtest, es wäre dringend?»

«Allerdings», sagte sie und wies auf den Besucherstuhl auf der anderen Seite des Schreibtischs. Paolo folgte der Aufforderung, wenn auch verhalten. Ihm war inzwischen klargeworden, dass es in diesem Gespräch nicht darum gehen würde, ob sie den Rest ihrer Tage gemeinsam verbringen wollten. Und das wiederum machte ihn unruhig.

Julia zog eine Schublade auf und entnahm ihr eine Aktenmappe, die sie vor ihm auf den Schreibtisch legte.

«Ist dir der Name Correggio ein Begriff?», fragte sie.

«Der neue Italiener in Schwabing?»

Sie reagierte mit einem genervten Augenaufschlag.

«Correggio», schob er deshalb nach, «bürgerlicher Name Antonio Allegri. Berühmter Maler der italienischen Renaissance aus der Gegend um Parma, nach seinem Geburtsort Correggio benannt. Bekannte Werke sind ‹Madonna mit Kind› und ‹Noli me tangere› sowie …»

«Schon gut, das genügt.» Julia winkte ab. «Ich hatte also recht.»

«In welcher Hinsicht?»

«Dass du der geeignete Mann für diesen Auftrag bist.»

Paolo seufzte. Julia verstand es wirklich großartig, Berufliches und Privates zu trennen.

«Da du dich offenbar so gut auskennst, wirst du auch wissen, dass die Zuordnung eines Gemäldes zu Correggios Werk nicht ganz einfach ist», fuhr Julia fort. «In der Vergangenheit sind immer wieder Werke von Schülern aufgetaucht, die ihm fälschlicherweise zugerechnet wurden, was später wieder revidiert werden musste. Beispielsweise die ‹Madonna von Albinea›, von der man heute weiß, dass das tatsächliche Original verschwunden ist und nur noch Kopien davon existieren.»

Paolo kniff die Lippen zusammen. Er wollte nicht ungeduldig erscheinen. Aber er fragte sich, was diese Sache mit ihm zu tun haben sollte.

«Umso verwunderlicher ist es, dass hier in München vor acht Tagen ein Gemälde aufgetaucht ist, von dem Geschichts- und Kunstsachverständige übereinstimmend der Ansicht sind, dass es sich um einen originalen Correggio handelt», kam Julia endlich auf den eigentlichen Punkt zu sprechen.

«Hier in München? Wo?»

«Im Keller eines Hauses in Maxvorstadt. Das Gebäude wurde unlängst an einen italienischen Restaurantbesitzer verkauft, der im Zuge von Umbauarbeiten auf das Bild stieß.»

Paolo hob die Brauen. «Und der wusste sofort, worum es sich handelt?»

«Ein glücklicher Zufall. Der Käufer des Hauses stammt aus Parma, wo Correggio lange gewirkt hat. Offensichtlich rennen in Parma jede Menge verhinderte Correggio-Experten herum. Einem anderen wäre das Gemälde womöglich nicht weiter aufgefallen, aber ihm stach es sofort ins Auge. Also hat er das Bild zu einem Antiquar gebracht, der...

Erscheint lt. Verlag 1.6.2021
Reihe/Serie Ein Italien-Krimi
Ein Italien-Krimi
Zusatzinfo Mit 1 4-farb. Karte
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bozen • Buch Italien • Capri • Cervia • Commissario • Correggio • Delikatessen • Donna Leon • Emilia Romagna • Emilia-Romagna • episodisches Gedächtnis • Gardasee • Hotel • hyperthymestisches Syndrom • Italien • Italienischer Krimi • Kochen • Krimi • Krimi aus Italien • Krimi Italien • Krimi Neuerscheinungen 2021 • Krimi Roman • Kunst • Kunstfälschung • Kunsthandel • La dolce vita • LKA • Modena • München • Norditalien • Ravenna • Rimini • Spannung • Südtirol • Toskana • Wolgang Schorlau
ISBN-10 3-644-00555-9 / 3644005559
ISBN-13 978-3-644-00555-6 / 9783644005556
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