Tote Hand (eBook)
416 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-43439-0 (ISBN)
Andreas Föhr, Jahrgang 1958, gelernter Jurist, arbeitete einige Jahre bei der Rundfunkaufsicht und als Anwalt. Seit 1991 verfasst er zusammen mit Thomas Letocha erfolgreich Drehbücher für das Fernsehen, u. a. für SOKO 5113, Ein Fall für zwei und Der Bulle von Tölz. Seine preisgekrönten Kriminalromane um das Ermittlerduo Wallner & Kreuthner stehen regelmäßig monatelang unter den Top 10 der Bestsellerlisten. Zuletzt war 'Herzschuss' Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Andreas Föhr lebt zusammen mit seiner Frau und einem Kater in einem alten Bauernhaus in der Nähe von Wasserburg. Wenn er nicht gerade schreibt, geht er am liebsten zum Wandern und Skifahren in die Berge, kocht Lasagne oder genießt das Leben in Italien und dem Burgund.
Andreas Föhr, Jahrgang 1958, gelernter Jurist, arbeitete einige Jahre bei der Rundfunkaufsicht und als Anwalt. Seit 1991 verfasst er zusammen mit Thomas Letocha erfolgreich Drehbücher für das Fernsehen, u. a. für SOKO 5113, Ein Fall für zwei und Der Bulle von Tölz. Seine preisgekrönten Kriminalromane um das Ermittlerduo Wallner & Kreuthner stehen regelmäßig monatelang unter den Top 10 der Bestsellerlisten. Zuletzt war "Herzschuss" Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste. Andreas Föhr lebt zusammen mit seiner Frau und einem Kater in einem alten Bauernhaus in der Nähe von Wasserburg. Wenn er nicht gerade schreibt, geht er am liebsten zum Wandern und Skifahren in die Berge, kocht Lasagne oder genießt das Leben in Italien und dem Burgund.
3
Wallner fuhr die schmale, waldige Straße durchs Mangfalltal entlang. Es hatte aufgehört zu regnen, aber von den Bäumen tropfte immer wieder Wasser auf die Windschutzscheibe. In Anbetracht der Außentemperatur von etwa zwölf Grad hatte sich Wallner für seine Daunenjacke entschieden, denn er fror leicht.
Der Parkplatz vor dem Wirtshaus war voll mit Einsatzfahrzeugen. Irgendjemand hatte das Blaulicht auf seinem Streifenwagen angelassen. Wozu das gut sein sollte an diesem gottverlassenen Ort, war Wallner ein Rätsel. Die Mangfallmühle lag einsam im kühlen Flusstal. Das nächste Haus war einige Hundert Meter entfernt. Das nächste noch einmal so weit. Kein guter Ort für eine Gastwirtschaft, sollte man meinen, denn die ist ja auf Publikumsverkehr angewiesen. In diesem Fall war die Abgeschiedenheit freilich sehr nach dem Geschmack der Kundschaft. Allerlei Gelichter verkehrte in der Mangfallmühle, Menschen, die gern unter ihresgleichen blieben und die Blicke benachbarter Anwohner scheuten. Auch Polizeiobermeister Leonhardt Kreuthner gehörte, man musste es leider sagen, zu den regelmäßigen Gästen des Lokals. Deswegen hatte es Wallner auch nicht gewundert, dass Kreuthner ausgerechnet dort auf eine Leiche gestoßen war.
Die Kapelle lag weniger als hundert Meter vom Wirtshaus entfernt am Waldrand und war weiträumig mit rot-weißem Flatterband abgesperrt worden. Wallner vermutete, dass in den weißen Papieroveralls mit Kapuze Tina und Oliver vom K3, der Abteilung für Spurensicherung, steckten. Sie standen vor einem Loch neben der Kapelle und diskutierten anscheinend. Wallner hätte gern gewusst, was da geredet wurde. Doch außer der Spurensicherung und dem Rechtsmediziner, der noch nicht aus München eingetroffen war, hatte direkt am Tatort niemand etwas zu suchen.
In der allgemeinen Betriebsamkeit hatte noch niemand seine Ankunft bemerkt, und Wallner ließ den Blick für einen Moment schweifen. Das Wirtshaus machte einen heruntergekommenen Eindruck. Harry Lintinger ließ nur die nötigsten Reparaturen ausführen. Einen Teil des maroden Dachs hatte er statt mit Ziegeln mit rotem Blech decken lassen. Es stammte vom Schrottplatz seines Vaters Johann – dem mit der nur noch einen Hand – und war von diesem auch selbst aufgebracht worden. Jetzt glänzte es regennass zwischen den bemoosten Ziegelflächen. Unten an der Fassade waren Ausblühungen, mineralische Stoffe, die im Putz mit der Feuchtigkeit aufstiegen und schmutzige Flecken bildeten. Aber das gehörte in der Gegend bei alten Häusern dazu. Lintingers mangelnder Renovierungseifer hatte auch sein Gutes. Die Fenster waren noch alt und klein, mit Sprossen und von einer schlichten Eleganz, verglichen mit der Thermopenklobigkeit neuer Modelle. Der umlaufende Holzbalkon war schief und leicht gewellt, aber antik und komplett erhalten. Ebenso die Eingangstür, ein verwittertes Prachtstück der Schreinerkunst von vor hundertfünfzig Jahren.
»Willst es kaufen?«, fragte Mike Hanke von der Seite.
Mike war Wallners dienstältester Mitarbeiter. Sie waren etwa der gleiche Jahrgang, und sollte Wallner eines Tages die Arbeitsstelle wechseln, würde vermutlich Mike Leiter der Kripo Miesbach werden. Nur hatte Wallner keine Ambitionen, Miesbach zu verlassen. Nicht, solange Manfred lebte.
»Die Feuchtigkeit hier wär nichts für den Manfred.«
»Die Kälte hier ist nichts für dich. So schaut’s doch aus.« Mike grinste Wallner fröhlich an und klopfte ihm auf die Daunenjackenschulter. Er selbst trug nur Flanellhemd ohne Jacke. »Wir haben uns in der Wirtsstube eingerichtet.« Mike ging voraus zum Gebäude.
Im Gastraum der Mangfallmühle saßen mehrere Beamte an Tischen mit Laptops, andere telefonierten oder redeten miteinander. In einer Ecke waren Kreuthner und Sennleitner, beide in Zivil, sowie Johann Lintinger versammelt. Harry Lintinger stand hinter dem Tresen und bediente die Kaffeemaschine. Wallner grüßte beim Hereinkommen in Kreuthners Richtung, dann die anderen Kollegen.
»Was gibt’s bis jetzt?« Wallner und Mike nahmen an einem Wirtshaustisch Platz, den Mike für sich requiriert hatte, wie Wallner an dem mit lustigen Sprüchen beklebten Laptop erkannte.
»Magst an Kaffee? Ist gar net so schlecht hier.«
»Vielleicht später.«
»Na gut.« Mike kippte sich den Kaffeerest aus seiner Tasse in den Mund. »Bis jetzt sieht’s so aus: Direkt neben der Kapelle sind der Leo und seine Spezln auf eine Leiche in einem Plastiksack gestoßen.«
»Gestoßen?«, fragte Wallner mit offenem Befremden im Gesicht. »Die war doch vergraben. Wie stößt man zufällig auf eine vergrabene Leiche?«
Mike zuckte die Schultern. »Frag ihn selber. Tina und Oliver haben den Sack weitgehend freigelegt. Jetzt warten sie auf den Rechtsmediziner, damit der sich ein Bild von der Auffindesituation machen kann. Bis jetzt lässt sich nur sagen, dass es sich um eine menschliche Leiche mit deutlichen Verwesungsspuren handelt. Möglicherweise liegt sie schon einige Zeit da. Durch das Plastik ist sie relativ gut konserviert worden und war vor Tieren geschützt. Schimmelt allerdings ziemlich.«
»Von den vier Herren da«, Wallner deutete mit dem Kopf auf Kreuthner und Kumpane, »weiß keiner, wer die Leiche ist?«
Mike schüttelte den Kopf.
»Wissen wir, welcher Staatsanwalt kommt?«, fragte Wallner.
»Der Tischler.«
Wallner schien überrascht und zögerte einen Augenblick. »Ich hab gedacht, der wär in Urlaub?«
»War wohl leider ein Gerücht.«
Wallner befragte zuerst Kreuthner. Die Sache war mehr als merkwürdig. Man gräbt ja nicht zufällig eine Leiche irgendwo im Wald aus, noch dazu neben einer Kapelle. Irgendetwas war also faul, und Wallner rechnete damit, die eine oder andere Lüge aufgetischt zu bekommen. Kreuthner war der geschickteste Lügner von den vieren. Wenn er ihn nach den anderen befragte und in Widersprüche zu deren Aussagen verstrickte, würde er sich womöglich herausreden. Wenn er ihn zuerst befragte, mussten sich die anderen herausreden. Das würde es für Wallner leichter machen.
»Mir gehen also nichtsahnend a bissl im Wald spazieren, und plötzlich sagt der Sennleitner: Schau amal, da is a Fuchs neben der Kapell’n. Was macht’n der da? Und wie ich hinschau, denk ich mir, des is ja komisch. Der grabt was aus. Und in dem Moment spannt der Fuchs, dass mir hinschauen, und haut ab.« Kreuthner hob die Hände, und die Geste besagte in etwa: Was es nicht alles gibt.
»Schöne Geschichte. Und was ist wirklich passiert?«
»Ja, glaubst am Polizeikollegen vielleicht net? Jetzt wird’s aber hint höher wie vorn.«
»Dass du mit dem Sennleitner und den Lintingers bei Regen spazieren gehst, glaubst du wohl selber nicht. Ihr seid zum Saufen hergefahren. Und Füchse sind nachtaktiv. Die graben nicht mittags vor eurer Nase Leichen aus.«
»Mei … jetzt, wo’sd es sagst …« Kreuthner kraulte sich das Kinn. »Stimmt. Mir san eigentlich hier in der Wirtschaft gehockt, und da sagt der Sennleitner: Schau mal, neben der Kapell’n, da is a Hund. Ein streunender Hund war’s. Sah a bissl aus wie a Fuchs.«
Wallner sah Kreuthner genervt an. »Sag mir einfach, warum ihr da gegraben habt.«
»Das ist meine Privatsache. Oder glaubst, ich hab den Burschen aufm Gewissen?«
Eine Tasse Cappuccino wurde vor Wallner auf den Tisch gestellt. »Kaffee?«, fragte Harry Lintinger.
»Ja, gern. Danke.«
Wallner riss das Tütchen Zucker auf und schüttete den Inhalt in den Kaffee. Dann sah er Lintinger hinterher, der zurück zum Tresen ging.
»Was glaubst du, wie lang ich brauch, bis ich euer schmutziges Geheimnis aus deinem Freund Harry rausgeholt hab?« Wallner drehte sich wieder zu Kreuthner.
Der betrachtete nachdenklich sein Glas auf dem Bierdeckel und kam zu der Einsicht, dass Wallner da ein baumstarkes Argument gebracht hatte.
»Wir wollten was vergraben«, räumte er ein.
»Und was?«
»Des is doch wurscht.«
Wallner betrachtete Kreuthner, der die Arme vor der Brust verschränkte. Aus dem Augenwinkel bemerkte Wallner Mikes Tablet. Auf dem Display war die Karte der Gegend zu sehen, mit dem Wirtshaus und der Kapelle. Wallner fiel etwas auf. Er vergrößerte die Karte mit zwei Fingern, schob die Kapelle ins Zentrum und las die genaue Bezeichnung des Ortes: Kapelle zur toten Hand. Der Name rührte daher, dass der Grund, auf dem das Kirchlein stand, dem Kloster Tegernsee vor dreihundert Jahren von einem hohen Herrn mit der Auflage der Unveräußerlichkeit – oder wie es damals hieß: zur toten Hand – gestiftet worden war. Das Kloster existierte schon lange nicht mehr, aber der Name hatte sich gehalten. Der Name ließ Wallner zum Tresen blicken, hinter dem jetzt Harry Lintinger und sein Vater mit dem verbundenen Armstummel standen.
»Ihr wolltet nicht zufällig seine Hand vergraben?« Wallner deutete Richtung Tresen. Sein Blick war ungläubig bis angewidert.
»Is des verboten?«
»Keine Ahnung. Außerhalb vom Friedhof wahrscheinlich schon.«
In diesem Augenblick wurde es unruhig im Eingangsbereich. Jemand war hereingekommen: Staatsanwalt Jobst Tischler. Er begrüßte flüchtig einige Beamte, die er kannte oder, genauer gesagt, an die er sich erinnern konnte. Denn er hatte schon mit fast jedem hier im Raum zusammengearbeitet, sich aber kaum mal einen Namen gemerkt.
»Soll ich dem Tischler das mit der Hand etwa erzählen?«, fragte Kreuthner.
»So wichtig bist du nicht, als dass er mit dir reden würde«, murmelte Wallner.
»Herr Wallner!«, rief Tischler schon aus fünf Metern Entfernung.
Wallner stand auf und begrüßte Tischler per Handschlag. Die beiden...
Erscheint lt. Verlag | 15.8.2019 |
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Reihe/Serie | Ein Wallner & Kreuthner Krimi | Ein Wallner & Kreuthner Krimi |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror ► Krimi / Thriller |
Schlagworte | Amputation • Andreas Föhr • Andreas Föhr Wallner und Kreuthner Reihenfolge • Bayern-Krimi • Bestseller-Autor • Deutscher Krimi • deutsche Spannung • Dürer • Ermittlerduo • Föhr Andreas Bücher • Föhr Krimi • Föhr Wallner • Hand • humorvolle Krimis • Johann Lintinger • Kommissar Wallner • Kreuthner • Krimi Bayern • Krimi deutsche Autoren • Krimi Deutschland • Krimi Humor • Krimi humorvoll • kriminalromane bestseller • Kriminalromane Serien • Krimi regional • Krimi-Reihe • krimi reihen • Krimi-Serie • Krimis mit Humor • Kripo • Kripo Miesbach • Leiche • Lintinger • lustige Krimis • Manfred • Mangfall • Miesbach • Mord • Polizei Krimis/Thriller • Polizeiobermeister • Polizeiobermeister Kreuthner • Provinzkrimi Bayern • Regionalkrimi • Regionalkrimi Bayern • Regionalkrimi Bestseller • Schafkopf • Schliersee • schwarzer humor krimi • Selbstmord • Solo Du • Spiegelbestseller • Suizid • Tegernsee • Tegernsee-Krimi • Wallner • Wallner&Kreuthner • Wallner & Kreuthner 8 • Wallner & Kreuthner Krimi • Wallner Kreuthner • Wallner Kreuthner Krimi Reihenfolge • Wallner und Kreuthner |
ISBN-10 | 3-426-43439-3 / 3426434393 |
ISBN-13 | 978-3-426-43439-0 / 9783426434390 |
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