Eiskalte Hölle (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2019
432 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-23704-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Eiskalte Hölle - Ilaria Tuti
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Ein einsames Dorf in den Bergen. Ein grausamer Leichenfund im verschneiten Wald. Und eine Ermittlerin, die sich bald selbst nicht mehr trauen kann ...
Norditalien: Im Wald nahe eines kleinen Bergdorfs wird die Leiche eines Mannes gefunden. Sein Gesicht ist völlig entstellt, um ihn herum sind Tierfallen aufgebaut. Ein Ritualmord? Die Profilerin Teresa übernimmt zusammen mit ihrem neuen Kollegen Massimo die Ermittlungen. Doch der Ort scheint ein düsteres Geheimnis zu bergen, das die beiden tief in die Vergangenheit bis hin zu einem mysteriösen Waisenhaus führt. Und während der Mörder sein nächstes Opfer ins Visier nimmt, wird der Fall für Teresa immer mehr zum persönlichen Albtraum. Sie hat das Gefühl, niemandem mehr trauen zu können - vielleicht nicht einmal mehr sich selbst ...

Ilaria Tuti wollte als Kind immer Fotografin werden, studierte dann aber Wirtschaft. Sie liebt die Berge, malt gern und arbeitet unter anderem auch als Illustratorin für ein kleines italienisches Verlagshaus. Mit »Eiskalte Hölle« erfüllt sie sich den Traum vom Schreiben. Ihr spektakuläres Thrillerdebüt spielt im Nordosten Italiens, dort, wo Ilaria Tuti aufgewachsen ist. Die Autorin lebt im italienischen Friaul.

4


Massimo Marini war erneut bis zu den Knöcheln in einer Pfütze versunken, und inzwischen ließ sich auf seinem Gesicht eine Reihe von Gefühlen ablesen: Wut, Unbehagen, Ungläubigkeit. Außerdem war ihm das Ganze peinlich. Wie sah das denn bitte aus, wie er hier tief im Dreck stand und vergeblich versuchte, auch den zweiten Fuß aus dem Schlamm zu ziehen.

Alle schauten ihm entgegen: seine neuen Kollegen und wahrscheinlich auch der Mann, der sein künftiger Vorgesetzter war.

Inzwischen schneite es stärker, die Flocken setzten sich auf sein Gesicht und seine Haare, doch er spürte die Nässe kaum. Unauffällig hob er den Blick. Dieser Typ um die vierzig, der da drüben stand und ihn aus schmalen Augen musterte, das musste Commissario Battaglia sein. Etwas kleiner als er, südländischer Teint und Zigarette im Mund.

Einer der uniformierten Polizisten hatte auf seine Frage nach dem Kommissar auf ihn gezeigt, woraufhin Massimo ungeachtet der Warnrufe des Mannes einfach losgelaufen war. Er hatte die allgemeine Aufregung nicht begriffen, bis er in den Morast gesunken war, nachdem er zunächst betont lässig einige Meter zurückgelegt hatte.

Diesen Tag würde er nie vergessen.

Er war ein paar Minuten zu spät ins Büro gekommen und hatte mehr als eine halbe Stunde auf dem Flur warten müssen, bis jemand sich seiner erbarmt und ihm mitgeteilt hatte, dass die Kollegen, mit denen er in Zukunft zusammenarbeiten würde, gar nicht vor Ort waren, sondern auf dem Weg zu einem Tatort. Irgendwo in den Bergen. Auf die Idee, ihn zu informieren, schien niemand gekommen zu sein. Man hatte ihn einfach vergessen.

Gerade mal fünf Minuten war er zu spät auf der Dienststelle erschienen. Nicht viel, oder? Trotzdem war er offenbar der Einzige, der das so locker sah, wie ihm schnell bewusst wurde.

Massimo blieben zwei Möglichkeiten: sitzen zu bleiben und auf die Rückkehr der Kollegen zu warten oder zu versuchen, sie einzuholen.

Leider hatte er sich für Letzteres entschieden, was er bald darauf bitter bereuen sollte.

Dass er zwei Stunden in strömendem Regen unterwegs sein würde, der undurchdringlich wie eine Mauer vor ihm niederprasselte, dazu ohne funktionierendes Navigationsgerät, die Augen starr nach vorne gerichtet, damit hatte er nicht gerechnet. Und ebenfalls nicht damit, dass ihn in dem entlegenen Tal auch noch vereiste Straßen erwarteten. Es war der blanke Horror gewesen. Immer wieder hatten die Reifen auf den engen, spiegelglatten Kehren die Haftung verloren, und dann war der Wagen auf einem Steilstück endgültig hängen geblieben und weggerutscht.

Zum Glück war ein Traktor vorbeigekommen.

Der Fahrer, ein alter Mann, der zu dieser frühen Stunde bereits nach Wein roch und dessen Dialekt er kaum verstand, hatte gemeint, das passiere Touristen eben, die um diese Jahreszeit sorglos mit Sommerreifen einen Ausflug ins Gebirge unternähmen. Zu Massimos Erleichterung war er jedoch netterweise bereit gewesen, ihn bis nach oben zu schleppen. Baumstämme, Mist oder Autos, er transportiere alles, hatte er lachend gesagt.

Auf diese Weise also erreichte Massimo Marini das Dorf Travenì. Abgeschleppt von einem Traktor. Immerhin hatte er so wenigstens die Landschaft betrachten können, auch wenn heftige Kopfschmerzen und verspannte Muskeln das Vergnügen ein wenig trübten.

Sie war von eher schlichter Schönheit. Sie hatte es nicht nötig, sich herauszuputzen. Ihre verschneiten Gipfel, die einen jahrtausendealten Wald überragten, sprachen für sich. Sie erinnerten ihn an die Riesen aus der Mythologie, zwangen einen geradezu, den Kopf in den Nacken zu legen, und machten einen schwindelig. Irgendwo im Unterholz, zwischen Kiefern und Heidelbeerbüschen, gurgelten Gebirgsflüsse mit klarem Wasser, sprudelten lebendig um Felsen herum, zwischen Eiszapfen und duftenden Moosteppichen. Hin und wieder sah er den Schatten eines Tieres vorbeihuschen, da war sich Massimo sicher.

Diese Welt hier war so ganz anders als das, was er gewohnt war, sie erzählte von der Bedeutungslosigkeit der Menschheit und erklärte jede Mühe für vergeblich.

Der Traktor tuckerte an einem Plateau vorbei, auf dem ein paar Bagger abgestellt worden waren. Eindeutig wurde hier etwas gebaut, denn ein Stück Wald war bereits abgeholzt, und an mehreren Stellen lagerten riesige Erdhaufen. Im Augenblick aber schienen die Arbeiten zu ruhen, dachte Massimo und wandte den Blick von der hässlichen Wunde ab, die man der unberührten Landschaft geschlagen hatte. In seinen Augen war es ein Schandfleck.

Kurz nach der letzten Haarnadelkurve war Travenì in Sicht gekommen. Der Ort lag in einer Mulde und wurde flankiert von bewaldeten Bergrücken, die den hohen Bergen vorgelagert waren. Die Häuser waren teils aus Holz, teils aus Stein gebaut wie in den Alpen üblich. Im winzigen Zentrum des Ortes wandelte sich das Bild. Hier waren auch mehrstöckige, pastellfarben gestrichene Gebäude zu sehen, ausgebaute Dachböden, die eher an nordische Architektur erinnerten, Weihnachtsdekorationen aus Stechpalmen und roten Schleifen auf den Terrassen. An der Hauptstraße gab es einige Cafés, Bars und altmodische Gasthäuser, die der Moderne zu trotzen schienen, ebenso wie ein paar modernere Ladengeschäfte für die Touristen sowie eine Apotheke. Vor einem Pub stand eine Gruppe Jugendlicher mit Snowboards unter dem Arm und einem Glas Glühwein in der Hand. Offenbar befanden sich die Pisten ganz in der Nähe.

Nachdem der Traktorfahrer ihn und sein Auto auf die Piazza gebracht hatte und winkend davongefahren war, hatte Massimo sich erst einmal umgesehen.

Das Dorf hatte etwas von einer Postkartenidylle, die allerdings Risse hatte, wie ihm schnell klar wurde. In einem Kasten mit Bekanntmachungen am Rathaus las er, dass die Bürger zu einer Versammlung in der Turnhalle eingeladen wurden, um eine weitere Skipiste zu verhindern. Aha, das also war der Grund für die Baustelle und die abgeholzten Bäume. Nicht einmal hier, fern der Stadt, herrschten Eintracht und Frieden.

Die Kollegen zu finden, war nicht schwer gewesen, die Leiche war unweit des Dorfes aufgefunden worden. An der Schotterstraße, die zwischen Geröllfeldern und niedrigen Bäumen dorthin führte, war eine Polizeisperre errichtet worden, ein Kollege schrieb alle Kennzeichen auf und notierte sich zudem, was ihm an Autofahrern oder Schaulustigen auffiel.

Massimo hatte ihm seinen Ausweis gezeigt und nach dem Chef gefragt und war losgestürzt, ohne auf weitere Hinweise zu warten, um nach wenigen Metern im Morast stecken zu bleiben.

Zum Glück schien Battaglia das Interesse an ihm verloren zu haben. Im Augenblick war seine Aufmerksamkeit völlig auf eine ältere, merkwürdig aussehende Frau gerichtet, die einen langen Mantel trug, unter dem sich ein kompakter Körper mit ausladenden Hüften abzeichnete. Sie war unmöglich zu übersehen, denn sie trug eine feuerrote Pagenfrisur, die weder zu ihrem fortgeschrittenen Alter noch zu der ländlichen Umgebung passte. Sie deutete auf den Leichnam, in dessen Nähe sie standen, und der Kommissar nickte.

Die Frau musste eine Zeugin sein, überlegte Massimo, vielleicht hatte sie den Toten gefunden. Massimo machte die letzten Schritte, einer der Umstehenden reichte ihm helfend die Hand, er presste zwischen den Zähnen ein Dankeschön hervor, das eher wie ein Fluch herauskam, und stand endlich auf festem Boden.

Das erste Mal seit seiner Zeit auf der Polizeischule fühlte er sich, als müsse er vor den Augen unerbittlicher Vorgesetzter eine Prüfung ablegen. Er war kurzatmig und schweißgebadet, trotz der Kälte. Einen schlechteren Start hätte man sich nicht vorstellen können.

»Ispettore Massimo Marini«, stellte er sich dem Mann vor, den er als seinen künftigen Vorgesetzten identifiziert hatte, und reichte ihm die Hand. »Ich bin Ihrem Team zugeteilt worden. Leider hat man mich nicht zeitnah von dieser Tatortbesichtigung unterrichtet, sonst wäre ich früher gekommen.«

Es war ihm so herausgerutscht, obwohl es sogar in seinen Ohren ebenso anmaßend wie weinerlich klang. Kein Wunder, dass niemand ihm zur Begrüßung die Hand gab und auf seine ins Leere gelaufene Erklärung einging.

Das war wirklich kein guter Tag.

Der Mann schaute ihn nur an und sagte kein Wort. Ihm war, als schüttele er leise den Kopf, als wollte er ihn vor etwas warnen. Die Frau mit dem Pagenkopf hingegen antwortete ihm.

»Der Tote hatte leider nicht den Anstand, uns rechtzeitig von seinem Ableben in Kenntnis zu setzen, Ispettore. Sonst hätten wir Ihnen selbstverständlich rechtzeitig Bescheid gegeben.«

Ihre Stimme klang rau, ihr Ton war von einem ätzenden Sarkasmus, der ihre Abneigung deutlich durchklingen ließ. Volltreffer. Er hatte es gleich am ersten Tag vergeigt.

Er musterte sie eingehender. Ihre mit Pailletten besetzte Baskenmütze drückte den Pony ein Stück in die Augen, was nicht zu ihrem Alter zu passen schien, und ihr harscher Gesichtsausdruck verriet ihm, dass sie nicht zum Scherzen aufgelegt war. Ihr Blick, der ihn abschätzig taxierte, schweifte unruhig hin und her, sie biss auf dem Bügel einer Brille herum, und ihre dünnen Lippen bewegten sich ständig, als wollte sie eine Meinung äußern oder ein Urteil sprechen.

Wer um Himmels willen war diese sonderbare Alte?

Ein Polizist kam mit einem Handy und reichte es der Frau. »Commissario Battaglia, der Staatsanwalt für Sie. Er fragt, ob Sie einen Moment Zeit haben.«

Sie nickte, nahm das Handy und entfernte sich ein paar Schritte, um zu telefonieren, wobei sie immer wieder einen Blick zu ihm herüberwarf.

Massimo war wie erstarrt vor Schreck, bemerkte kaum, wie der Mann, den er für Battaglia...

Erscheint lt. Verlag 11.11.2019
Reihe/Serie Ein Fall für Teresa Battaglia
Ein Fall für Teresa Battaglia
Eiskalte Hölle
Übersetzer Ingrid Ickler
Verlagsort München
Sprache deutsch
Original-Titel Fiori sopra l'inferno
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Alzheimer • atmosphärischer Krimi • Berge • Bestseller Italien • Dario Correnti • Der Tod so kalt • eBooks • Ermittlerduo • Luca D'Andrea • Profiler • Ritualmord • Spannung • Südtirol • Thriller • Vergangenheit • Waisenhaus
ISBN-10 3-641-23704-1 / 3641237041
ISBN-13 978-3-641-23704-2 / 9783641237042
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