Die Brücke der Gezeiten 8 (eBook)
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-18115-4 (ISBN)
Das Ende der Mondflut rückt immer näher und der grausame Kaiser Constant zieht alle Kräfte zusammen, um endlich die totale Macht an sich zu reißen. Alaron und Ramita haben nur noch wenig Zeit, die Katastrophe zu verhindern. Zugleich müssen sie Ramitas Sohn, den Nachkommen des mächtigen Magiers Antonin Meiros, beschützen. Die Zeit ist gekommen, das Aszendenz-Ritual zu vollziehen, und neue Mächte machen sich bereit, Urte zu regieren. Diese können den Frieden bringen - oder ewige Verdammnis. Die Entscheidung muss fallen, bevor die Leviathanbrücke in den Fluten des Ozeans versinken wird ...
Der neuseeländische Schriftsteller David Hair wurde für seine Jugendromane bereits mehrfach ausgezeichnet. Die Brücke der Gezeiten ist seine erste Fantasy-Saga für Erwachsene. Nach Stationen in England, Indien und Neuseeland lebt er nun in Bangkok, Thailand.
Pallas, Rondelmar
Sommer 927
Ein Jahr bis zur Mondflut
Es wurde still im Raum, einen Augenblick lang wirkten alle Anwesenden nachdenklich, den Blick nach innen gerichtet. Der Plan war klar, die Karten lagen auf dem Tisch, man hatte sich mehr oder weniger geeinigt. Es war der krönende Abschluss monatelanger Vorbereitungen und geheimer Treffen unter vier Augen, begleitet von reichlich Speis und Trank. Gurvon Gyle hob seinen Kelch, stellte enttäuscht fest, dass er leer war, und setzte ihn wieder ab. Er brauchte etwas Stärkeres als verdünnten Wein.
Wenn es wirklich Götter gäbe und sie uns jetzt hören könnten, wären sie entsetzt, dachte er, während er im Stillen alles noch einmal durchging.
Ich werde Javon erobern und es dann den Dorobonen übergeben. Er gestattete sich ein kleines Lächeln. Nun ja, vielleicht. Es gab noch andere Möglichkeiten. Das Kaiserreich unterschätzt Javon. Die Rondelmarer glauben, nur weil die Dorobonen es schon einmal erobert haben, wird es auch diesmal klappen. Sie vergessen nur, dass sie Javon auch wieder verloren haben. Vielleicht kann ich daraus Nutzen ziehen. Elena hätte bestimmt etwas zu dem Thema zu sagen. Er verbot sich jeden Gedanken an Elena. Ihr Verhältnis war nicht mehr das, was es einmal gewesen war.
Sobald wir Javon haben, locken wir den Herzog von Argundy in eine Falle. Er überlegte, ob Rashid Mubar seinen Teil der Vereinbarung auch wirklich erfüllen würde. Es wäre nicht gut, wenn der Herzog nur geschwächt würde und entkam. Dass es den Keshi gelänge, ein voll ausgerüstetes rondelmarisches Heer zu vernichten, war ausgeschlossen.
Was mich wirklich beunruhigt, ist, was Naxius mit den gestohlenen Seelen anstellt. Unfassbar! Der Kerl ist gefährlich …
Und dann der letzte Akt: die Zerstörung der Leviathanbrücke. Obwohl Gurvon selbst den Plan mit Belonius Vult ausgeheckt hatte, machte ihn der Gedanke an dessen Tragweite immer noch fassungslos. Das mächtige Bauwerk des Ordo Costruo zu zerstören war das eine, aber dann noch den Meeresboden anheben und die Landbrücke wiederherstellen? Das wäre wahrhaft erstaunlich. Es würde die Welt so grundlegend verändern, dass er es kaum gedanklich fassen konnte.
Gurvon ließ seinen Blick durch den Raum wandern und überlegte, was jeder der Anwesenden zu gewinnen hatte.
Belonius Vult, sein sogenannter Freund. Bel fand sich bestens am Hof zurecht und arbeitete zweifellos bereits daran, eine wichtigere Rolle zu spielen. Schließlich brauchte der Kaiser Sondergesandte und Legaten, sobald der Kriegszug begann.
Für Tomas Betillon und Kaltus Korion bot sich eine weitere Gelegenheit, ihre bereits übervollen Schatzkammern mit noch mehr Beutegold zu füllen. Aber wird Korion sich einem jungen – und unreifen – Kaiser unterordnen?
Calan Dubrayle war schwer in die Karten zu schauen. Der Schatzmeister hatte allerdings Verbindungen zu Belonius offenbart, von denen niemand etwas geahnt hatte. Kriege kamen den Staat bekanntlich teuer zu stehen, während sich wenige bereicherten, die an den richtigen Stellen saßen. Auf wessen Seite Dubrayle letztlich stand, schien Gurvon mehr als fraglich.
Erzprälat Dominius Wurther hatte sich bedeckt gehalten. Wenn er sich einmischte, dann nur, um die Dinge unnötig zu verkomplizieren. Er spielte unbeirrt die Rolle des frommen Kirchenmanns, auch wenn er den anderen damit auf die Nerven ging. Es war verlockend, ihn als Hornochsen abzuschreiben, aber ein Narr wäre niemals in der Kirchenhierarchie so hoch aufgestiegen. Auch er verfolgt seine ganz eigenen Ziele, da bin ich sicher.
Widerstrebend wandte Gurvon sich dem Nächsten zu: Ervyn Naxius. Der greise Ordo-Costruo-Verräter nickte ständig vor sich hin wie ein seniler Trottel, aber als ihre Blicke sich begegneten, sah Gurvon die eiskalte Verschlagenheit in Naxius’ Augen. Wie viel von Bels Anteil an dem Plan stammt in Wirklichkeit von Naxius?, überlegte er, weiter freundlich lächelnd.
Schließlich konzentrierte er sich auf Kaiser Constant und dessen Mutter Lucia, und zwar auf beide zusammen. Alles andere hatte keinen Sinn: Ohne Lucias Führung konnte Constant nicht herrschen, und ohne ihren Sohn, den Kaiser, hatte Lucia keinerlei Handhabe am Hof. Wenn dieser Plan aufging, würden die beiden zu unermesslicher Macht aufsteigen und Herrscher über Yuros und Antiopia werden. Keine angenehme Vorstellung für Gurvon, im Gegensatz zu der versprochenen Belohnung: genug Gold für den Rest seines Lebens. Oh ja, Verbrechen zahlte sich aus, wenn man es richtig anstellte. Aber was ihn wirklich lockte, waren die Dinge, die er mit Geld nicht kaufen konnte, zumindest nicht offiziell: Immunität vor dem Gesetz und ein Adelstitel, der ihn endlich in die Aristokratie erhob. Mit einem Streich würde er zu den Großen im Reich gehören, ausgestattet mit so viel Autorität, dass die alteingesessenen Reinblut-Familien wenigstens so tun mussten, als respektierten sie ihn. Zwar würde Elena nicht mit ihm in das Herrenhaus am Seeufer einziehen, von dem sie immer geträumt hatten, aber … Nun, es gab auch noch andere Frauen auf der Welt.
Betillons raue Stimme durchbrach die Stille. »Ich habe eine Frage«, sagte er und sah dabei Lucia an. »Wir alle wissen, dass der Kaiser unantastbar sein wird, sobald es vollbracht ist, und wir alle sind glücklich darüber. Aber was springt für uns dabei heraus, für uns alle hier im Raum?«
Gurvon horchte auf. Betillon brüstete sich gerne damit, kein Blatt vor den Mund zu nehmen, aber das war selbst für ihn gewagt.
Lucia bedachte den Gouverneur von Hebusal mit einem amüsiert-überraschten Blick, was Gurvon sofort misstrauisch machte. Lucia war selten überrascht oder gar amüsiert.
»Ach, Tomas«, erwiderte sie seufzend. »Geldgierig und egoistisch wie immer.«
»Spart Euch die Worte, Lucia! Seht Euch doch um: Alle hier im Raum sind käuflich, jeder Einzelne von uns! Wir alle verfolgen unseren eigenen Vorteil, und wir wollen aufsteigen, genau wie Ihr es tun werdet. Deshalb sind wir hier und stellen uns in Euren Dienst! Alle wissen das, ich bin nur der Einzige, der die Eier hat, es auszusprechen!«
»Wenn es Eier braucht, um zu reden wie ein Strauchdieb, bin ich froh, dass ich keine habe«, gab Lucia zurück. »Was, glaubt Ihr, hättet Ihr denn als Dreingabe verdient, werter Tomas? Genügt Euch die versprochene Bezahlung nicht?«
»Die Aszendenz«, antwortete Betillon rundheraus, und es wurde schlagartig wieder still im Raum. Es war eine andere Stille als zuvor. Alle waren entsetzt – und mehr als nur ein wenig neugierig.
Die Aszendenz! Bei allen Hel-Huren … Gurvon merkte, dass ihm der Mund offenstand, und schloss ihn sofort. Oh ja, das wäre was.
»Unser ganzes Leben lang wurde uns die Skytale des Corineus wie eine Karotte vor die Nase gehalten«, fuhr Betillon fort. »Sei ein guter, treuer Diener, der Kaiser wird es dir vergelten, hieß es! Nun, hier stehen wir und bieten Euch die Welt auf einem Silbertablett dar. Wer hätte die Aszendenz verdient, wenn nicht wir?«
Kaltus Korion nickte, und die anderen, die es nicht wagten, sich Lucia so direkt zu offenbaren, schienen zumindest sehr interessiert.
»Mein geschätzter Tomas, nicht einmal mir wurde die Aszendenz zuteil«, erwiderte Lucia gemessen.
»Aber weshalb?« Betillon schaute sie verwirrt an, und vielleicht war er es tatsächlich. »Ihr seid eine Lebende Heilige, Mater-Imperia. Wenn jemandem diese Ehre gebührt, dann doch wohl Euch?«
Eine verdammt gute Frage, auch wenn ich sie selbst wahrscheinlich nicht stellen würde.
»Die Hüter entscheiden darüber, wer erhoben wird, nicht ich«, antwortete Lucia, die das Thema anscheinend beenden wollte. Die Hüter, jene geheimnisumwobene Gruppe noch lebender Aszendenten, unterstanden niemandem, nicht einmal dem Kaiser. Ihre einzige Funktion im Staat war, die Skytale zu bewahren und zu schützen.
»Versucht nicht, uns mit diesem Unsinn abzuspeisen«, fuhr Betillon auf. »Wenn wir ganz Urte für unseren Kaiser erobern, ist die Aszendenz das Mindeste, was wir verdienen!« Er schaute auffordernd in die Runde. Wieder war es lediglich Korion, der nickte; sein Blick wirkte allerdings, als fürchtete er schon jetzt, zu weit gegangen zu sein.
Gurvon schaute hinüber zu Belonius, der einen eigenartigen Gesichtsausdruck zur Schau trug. Als wüsste er etwas, das von großer Bedeutung hierfür war. Ich muss ihn danach fragen …
»Ich bin sicher, dass die Hüter darüber nachdenken werden, sollte der Plan gelingen«, erwiderte Lucia kühl.
»Das möchte ich aus dem Mund eines Hüters hören«, erklärte Betillon. Korion legte ihm warnend eine Hand auf den Arm.
Lucia blickte ihm fest in die Augen. »Genug, Tomas. Die Hüter stehen über allem. Die Entscheidung liegt nicht bei mir.«
Die Spannung hielt noch ein paar Momente an, dann lehnte Betillon sich mit einem leisen Murmeln zurück.
Gurvon beobachtete Lucias Augen genau. Sie verschweigt etwas … Und Betillon bekommt ein Messer in den Rücken, sobald die Umstände es zulassen.
»Mutter, wir werden bald in der Kapelle erwartet«, warf Constant ein. »Sind wir hier fertig?«
»Ja, das sind wir«, antwortete die Kaiserinmutter entschlossen, und alle atmeten auf. »Meine Herren, danke für Eure Zeit. Ich möchte vor allem Gouverneur Vult und Magister Gyle meinen Dank aussprechen. Durch ihre Bemühungen verfügen wir nun über eine Kriegslist, die uns zum Sieg führen wird. Der Dank des Kaisers ist ihnen...
Erscheint lt. Verlag | 16.7.2018 |
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Reihe/Serie | Die Brücke der Gezeiten | Die Brücke der Gezeiten |
Übersetzer | Michael Pfingstl |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Ascendant's Rite (The Moontide-Quartet 4) Part Two |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Artefakte • Das Rad der Zeit • eBooks • Epos • Fantasy • Finale • Für Leser von George R.R. Martin • Gefährten • High Fantasy • letzter Kampf |
ISBN-10 | 3-641-18115-1 / 3641181151 |
ISBN-13 | 978-3-641-18115-4 / 9783641181154 |
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