Die Schlangenkrieg-Saga 1 (eBook)
Blanvalet Taschenbuch Verlag
978-3-641-22736-4 (ISBN)
Die Schattenkönigin sammelt eine Armee von unglaublicher Größe und Kraft um sich, um Midkemia dem Erdboden gleich zu machen. Sie hat eine Geheimwaffe: die schlangenartigen Panthatier, die überall Angst und Schrecken verbreiten. Der junge Adlige Erik von Darkmoor und sein Freund Roo geraten unfreiwillig in den Krieg mit den Reptilienwesen und befinden sich plötzlich im Herzen einer mörderischen Schlacht ...
- »Der perfekte Start für alle, die in Feists Fantasywelten eintauchen wollen.« (Locus Magazine)
- Heroische Fantasy - komplett überarbeitet und in edler Neuaustattung.
- Dieser Roman erschien bisher in zweigeteilter Ausgabe unter den Titeln »Die Blutroten Adler« und »Die Smaragdkönigin«.
Raymond Feist wurde 1945 in Los Angeles geboren und lebt in San Diego im Süden Kaliforniens. Viele Jahre lang hat er Rollenspiele und Computerspiele entwickelt. Aus dieser Tätigkeit entstand auch die fantastische Welt seiner Romane: Midkemia. Die in den 80er-Jahren begonnene Saga ist ein Klassiker des Fantasy-Genres, und Feist gilt als einer der wichtigsten Vertreter der Fantasy in der Tradition Tolkiens.
Die Herausforderung
Die Trompete erklang.
Erik wischte sich die Hände an seiner Schürze ab. Er hatte wenig zu tun, da er seine Arbeit schon am Morgen erledigt hatte, und er hielt das Feuer nur deshalb in Gang, um die Schmiede nicht kalt werden zu lassen, falls er später am Tage noch etwas zu tun bekäme. Er hielt das für unwahrscheinlich, da sich die Bewohner der Stadt auf dem Platz versammelt hatten und die Ankunft des Barons erwarteten, doch Pferde verloren ihre Hufeisen gern in den am wenigsten geeigneten Augenblicken, und manche Wagen brachen in höchst ungünstigen Momenten zusammen. Zumindest hatte er das in den fünf Jahren als Lehrjunge des Schmieds so gelernt.
Er sah zu dem schlafenden Tyndal hinüber, der verliebt einen Krug scharfen Brandys in den Armen hielt. Tyndal hatte schon nach dem Frühstück zu trinken begonnen, hatte »ein paar auf die Gesundheit des Barons« gehoben, wie er sagte. Er war eingeschlafen, während Erik seine Arbeit zu Ende geführt hatte. Glücklicherweise gab es für den Jungen wenig zu tun. Er war sehr groß für sein Alter und konnte die Unzulänglichkeit des Schmiedes ausgleichen.
Als Erik die Kohlen mit Asche bedeckt hatte, hörte er seine Mutter aus der Küche rufen. Er sollte schnell kommen, doch das beachtete er nicht; es war noch mehr als genug Zeit. Er brauchte sich nicht zu beeilen, der Baron hatte die Stadt noch nicht erreicht. Die Trompete hatte sein Nahen, nicht seine Ankunft verkündet.
Erik dachte selten über sein Äußeres nach, doch an diesem Tag würde ihn die Öffentlichkeit genau in Augenschein nehmen, und deshalb wollte er anständig aussehen. Er legte seine Schürze ab, hängte sie sorgfältig an einen Nagel und tauchte die Arme in einen Eimer mit Wasser. Er rieb sie gründlich ab, wodurch er den meisten Ruß und Schmutz entfernen konnte, dann spritzte er sich Wasser ins Gesicht. Er griff sich ein großes sauberes Tuch von einem Haufen Lumpen, die zum Polieren von Stahl benutzt wurden, trocknete sich ab und rieb dabei den Schmutz fort, den er mit Wasser alleine nicht abbekommen hatte.
Die tanzende Oberfläche des Wassers reflektierte sein Spiegelbild: tiefblaue Augen, dichte Augenbrauen, eine hohe Stirn, in die das schulterlange blonde Haar fiel. Niemand konnte anzweifeln, wessen Sohn er war. Seine Nase glich zwar eher der seiner Mutter, doch sein Kinn und sein breit lächelnder Mund machten ihn zu einem jüngeren Abbild seines Vaters. Im Gegensatz zu Erik war der allerdings ein eher schmächtiger Mann; in dieser Hinsicht war die schlanke Taille das Einzige, was Erik von ihm geerbt hatte. Ansonsten hatte er die breiten Schultern und kräftigen Arme seines Großvaters, und die waren von der Arbeit in der Schmiede seit seinem zehnten Lebensjahr noch gestählt worden. Erik konnte mit bloßen Händen Eisen biegen oder Walnüsse knacken. Auch seine Beine waren voller Kraft, weil er die Ackergäule festhalten musste, während der Schmied ihre Hufe schnitt, sie feilte und neu beschlug, und weil er oft helfen musste, Karren mit gebrochenen Rädern anzuheben.
Erik fuhr sich mit der Hand übers Kinn und fühlte die Stoppeln. So blond, wie er war, musste sich Erik nur jeden dritten Tag rasieren, da auch sein Bart hell war. Doch an diesem Tag würde seine Mutter darauf bestehen, dass er so gepflegt wie möglich aussah.
Er eilte zu seiner Pritsche hinter der Schmiede, achtete darauf, den Schmied nicht zu wecken, und holte Rasiermesser und Spiegel hervor. Eine Rasur mit kaltem Wasser war zwar kein Vergnügen, doch seine Mutter würde ihn ansonsten zurückschicken, um das Rasiermesser zu holen. Er machte sein Gesicht noch einmal nass und begann mit der Rasur. Als er fertig war, betrachtete er sich erneut im Wasser.
Keine Frau würde Erik je als gut aussehenden Mann bezeichnen, denn seine Gesichtszüge waren eher grob, doch er hatte diesen offenen, ehrlichen Blick, der Männer beruhigte und den Frauen bewunderten, hatten sie sich erst an sein fast brutales Aussehen gewöhnt. Mit fünfzehn hatte er bereits die Größe eines Mannes, und er war fast so kräftig wie der Schmied. Kein Junge besiegte ihn im Ringkampf, und nur noch wenige versuchten es überhaupt. Vielleicht wirkten seine Hände tollpatschig, wenn er im Wirtshaus Teller und Krüge aufstellte, doch wenn er in der Schmiede arbeitete, bewiesen sie ihre Geschicklichkeit.
Abermals gellte die Stimme seiner Mutter durch den ruhigen Morgen. Sie verlangte, er möge sofort kommen. Er verließ die Schmiede, ein kleines Gebäude, das gegen die Rückwand der Mietställe gebaut war, ging um die Scheune herum und warf durch die offene Stalltür einen Blick auf die Tiere, die seiner Obhut überlassen waren. Drei Reisende waren bei Milo zu Gast, und ihre Pferde fraßen ruhig ihr Heu. Das vierte Pferd lag wegen einer Verletzung auf dem Boden, und es nickte Erik wie zum Gruß zu. Er musste lächeln; in den Wochen, in denen er sich um die Stute gekümmert hatte, waren die morgendlichen Besuche zur Gewohnheit geworden.
»Ich werd später vorbeikommen und nach dir sehen, Mädchen«, rief er ihr leise zu.
Trotz seiner Jugend konnte Erik so gut mit Pferden umgehen, dass er sich in der Gegend von Düstermoor fast schon den Ruf eines Wunderwirkers erworben hatte. Die meisten Besitzer hätten der verletzten Stute schon längst den Gnadenstoß gegeben, doch für den Schwertmeister des Barons, Owen Greylock, war sie zu wertvoll. Er hatte die Stute in Eriks Obhut gegeben und gemeint, wenn er sie wieder so gesund machte, dass sie noch ein oder zwei Fohlen werfen könnte, hätten sich dessen Mühen gelohnt. Erik aber wollte, dass man sie nach seiner Pflege wieder reiten konnte.
Er entdeckte seine Mutter an der Tür, die von der Küche des Gasthauses Zur Spießente in den Hof führte. Freida war eine kleine, stahlharte, kräftige und entschlossene Frau, die einst schön gewesen war, von der die harte Arbeit und die Sorgen der Welt jedoch ihren Tribut gefordert hatten. Obwohl sie noch keine vierzig Jahre zählte, sah sie wie sechzig aus. Ihr einst braunes Haar war ergraut, und um ihre grünen Augen zogen sich tiefe Falten. »Schnell, schnell!«, verlangte sie.
»Er wird so bald noch nicht da sein«, antwortete Erik und konnte seine Gereiztheit kaum verbergen.
»Wir haben nur einen kurzen Augenblick«, erwiderte sie, »und sollten wir den verpassen, haben wir vielleicht nie wieder die Gelegenheit. Er ist krank und kommt womöglich nicht noch einmal hierher.«
Erik legte bei dieser Andeutung die Stirn in Falten, doch seine Mutter fügte nichts mehr hinzu. Der Baron ließ sich nur selten auf seinen kleineren Besitztümern blicken. Im Herbst bereiste er die Dörfer oder eine der Städte, die Düstermoor den Wohlstand bescherten, weil man dort die besten Trauben erntete und den besten Wein der Welt hervorbrachte. Doch stets besuchte der Baron immer nur das Haus eines Winzers, und das in der Stadt Ravensburg gehörte zu den weniger bedeutenden. Außerdem war Erik überzeugt davon, dass der Baron die Stadt in den letzten zehn Jahren mit Absicht gemieden hatte, und Erik kannte auch den Grund dafür.
Er erinnerte sich daran, wie ihn die Mutter vor zehn Jahren durch die Menge gezerrt hatte, die den Baron hatte begrüßen und bejubeln wollen, und sah wieder die erschreckten und erstaunten Gesichter der Amtsherren, Gildemeister, Winzer und Bauern vor sich, als sie gefordert hatte, der Baron möge Erik als Sohn anerkennen. Was ein fröhliches Fest hatte werden sollen, war für die Stadt eine peinliche Angelegenheit geworden, insbesondere für den kleinen Erik. Danach waren verschiedene hochgestellte Männer zu Freida gekommen und hatten sie darum gebeten, sich in Zukunft ruhig zu verhalten. Sie hatte ihren Reden höflich zugehört, jedoch nichts versprochen.
»Lass deine Tagträumereien und komm rein!« Freida drehte sich um, und er folgte ihr in die Küche.
Rosalyn lächelte, als Erik eintrat, und er nickte dem Schankmädchen zu. Sie waren gleich alt und seit ihrer Kindheit Freunde. Erik und die Tochter des Gastwirts waren fast so vertraut miteinander wie Geschwister. Erst kürzlich war ihm aufgefallen, wie etwas in ihr aufblühte, obwohl er nicht sicher war, was er davon halten sollte. Er liebte sie wie ein Bruder die Schwester, doch er hatte nie daran gedacht, sie zu seiner Frau zu machen.
Eine Heirat kam für ihn auch auf lange Sicht nicht infrage, und daran war Tyndal schuld, denn Erik war der einzige Junge in der Stadt, der nicht als Lehrling in die Listen der Gilde eingetragen war. Damit war seine Lehrzeit in der Schmiede nicht amtlich und er kein Mitglied der Gilde. Tyndal hatte es bisher schlichtweg versäumt, ihn bei der Gilde als Lehrjungen anzumelden. So würde er, obwohl mit der Schmiedekunst besser vertraut als jeder ältere Lehrjunge, zwei Jahre im Rückstand sein, falls Tyndal ihn im nächsten Frühjahr endlich offiziell als Lehrling annahm.
Seine Mutter, die ihm kaum bis ans Kinn reichte, sagte: »Lass dich ansehen.« Sie nahm sein Kinn in die Hand, als wäre er noch immer ein Kind und nicht fast schon ein Mann, und drehte seinen Kopf von einer Seite zur anderen. Unzufrieden schnalzte sie mit der Zunge und sagte: »Du hast immer noch überall Rußflecken.«
»Mutter, ich bin Schmied!«, wandte er ein.
»Wasch dich im Becken!«, befahl sie.
Erik schwieg. Seine Mutter hatte einen eisernen Willen und eine unbeugsame Entschlossenheit. Er hatte früh gelernt, es nicht auf einen Streit mit ihr ankommen zu lassen, und selbst dann, wenn er ungerechterweise eines Vergehens beschuldigt wurde, ließ er die Züchtigung stillschweigend über sich ergehen, denn Widerspruch hätte eine noch härtere Strafe nach sich gezogen.
Erik zog sich das...
Erscheint lt. Verlag | 21.5.2018 |
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Reihe/Serie | Die Schlangenkrieg-Saga |
Die Schlangenkrieg-Saga | DIE SCHLANGENKRIEG-SAGA |
Übersetzer | Susanne Gerold |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | Shadow of a Dark Queen |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Abenteuer • Bestseller • David Eddings • eBooks • Fantasy • Fantasy Klassiker • High Fantasy • Midkemia • Robert Jordan • Rollenspiel • terry brooks |
ISBN-10 | 3-641-22736-4 / 3641227364 |
ISBN-13 | 978-3-641-22736-4 / 9783641227364 |
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