Sieben Jahre in Tibet - Mein Leben am Hofe des Dalai Lama (eBook)

Der Original-Roman zur legendären Hollywood-Verfilmung
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2016 | 2. Auflage
464 Seiten
Refinery (Verlag)
978-3-96048-028-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Sieben Jahre in Tibet - Mein Leben am Hofe des Dalai Lama -  Heinrich Harrer
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Im Frühjahr 1940 will der Forschungsreisende Heinrich Harrer nach Beendigung einer Nanga-Parbat-Expedition die Heimreise antreten. Er wird vom Ausbruch des Zweiten Weltkriegs überrascht, von den Alliierten aufgegriffen und in einem indischen Internierungslager festgehalten. 1944 glückt die Flucht, und gemeinsam mit seinem Freund Peter Aufschnaiter gelangt Harrer nach Tibet, dem geheimnisumwitterten Land auf dem Dach der Welt. Fremde sind in Tibet unerwünscht, und es bedarf einiger Bemühungen, bevor Harrer Einlaß in die »verbotene Stadt« Lhasa bekommt. Hier steigt er bald zum Lehrer und vertrauten Freund des Dalai Lama auf. Der Einmarsch der Chinesen 1950 beendet die Autonomie der Tibeter, und der Dalai Lama muß fliehen. Sieben Jahre in Tibet ist die Geschichte eines großen Abenteuers und einzigartiger Bericht eines Lebens, wie es kein anderer Europäer je erfahren hat.

Heinrich Harrer, geboren 1912 im österreichischen Hüttenberg, wurde zunächst als Skiläufer und Bergsteiger bekannt. Er war Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes und wurde mehrfach für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Er starb im Alter von 93 Jahren in Kärnten. Sein Erlebnisbericht Sieben Jahre in Tibet, 1952 veröffentlicht, verkaufte sich viele Millionen Mal.

"Heinrich Harrer wurde am 6. Juli 1912 in Hüttenberg/Kärnten geboren. 1938 gehörte er zu der Seilschaft, die als Erste die Eiger-Nordwand durchstieg, was ihm die Teilnahme an der deutsch-österreichischen Nanga-Parbat-Expedition ermöglichte. Die Mitglieder der Expedition wurden vom Ausbruch des Zweiten Weltkrieges überrascht und von den Engländern in Indien interniert. Im April 1944 gelang Harrer die Flucht nach Tibet, wo er zum Freund, Lehrer und Fluchtbegleiter des jungen Dalai Lama wurde. Sein Erlebnisbericht Sieben Jahre in Tibet (1952) wurde viermillionenmal verkauft und in 48 Sprachen übersetzt. 1952 nach Europa zurückgekehrt, brach Harrer in der Folge zu gut zwei Dutzend schwierigen Forschungsexpeditionen auf, über die er Bücher schrieb und Dokumentarfilme drehte. Sieben Jahre in Tibet wurde 1996 Vorlage für eine Hollywood-Verfilmung, in der Brad Pitt Heinrich Harrer spielte."

Internierungslager und Fluchtversuche


Ende August 1939 war unsere Erkundungsfahrt zu Ende. Wir hatten tatsächlich eine neue Anstiegsroute gefunden und warteten nun in Karatschi auf den Frachter, der uns nach Europa zurückbringen sollte. Das Schiff war längst überfällig, und die Wolken des Zweiten Weltkrieges zogen sich dichter und dichter zusammen. Da beschlossen Chicken, Lobenhoffer und ich, das Netz, das die Geheimpolizei bereits zu legen begann, zu unterlaufen und auf irgendeinem Wege zu verschwinden. Nur Aufschnaiter blieb in Karatschi zurück – gerade er, der schon am Ersten Weltkrieg teilgenommen hatte, konnte nicht an den Ausbruch eines zweiten glauben …

Wir ändern planten, uns nach Persien durchzuschlagen, um von dort aus die Heimat zu erreichen. Es gelang uns auch ohne Schwierigkeit, unsere »Beobachter« abzuschütteln und in unserem wackeligen Auto, nach Durchquerung von einigen hundert Kilometern Wüstenstrecke, Las Bella zu erreichen, einen kleinen Maharadschastaat im Nordwesten von Karatschi. Dort ereilte uns aber das Geschick: Plötzlich sahen wir uns – unter dem Vorwand, wir brauchten einen persönlichen Schutz – von acht Soldaten bewacht. Das bedeutete praktisch nichts anderes, als daß wir verhaftet waren. Obwohl Deutschland und das Britische Commonwealth sich noch keineswegs im Kriegszustand befanden.

Mit diesem sicheren Geleit waren wir sehr bald wieder in Karatschi, wo es auch mit Peter Aufschnaiter ein Wiedersehen gab. Und zwei Tage später erklärte England nun tatsächlich Deutschland den Krieg! Danach ging alles wie am Schnürchen: Kaum fünf Minuten später marschierten bereits fünfundzwanzig bis an die Zähne bewaffnete indische Soldaten in den Garten einer Gastwirtschaft ein, in dem wir gerade saßen, um uns abzuholen … Ein Polizeiwagen brachte uns in ein schon vorbereitetes, stacheldrahtumzäuntes Lager. Das war aber nur als »Transit-Camp« gedacht, denn bereits vierzehn Tage später wurden wir in das große Internierungslager Ahmednagar in der Nähe von Bombay eingeliefert.

Da saßen wir nun eng zusammengepfercht in Zelten und Baracken, mitten in dem ewig aufgeregten Meinungsstreit der übrigen Lagerinsassen … Nein, diese Welt unterschied sich allzu stark von den lichten, einsamen Höhen des Himalaja! Das war nichts für einen freiheitsliebenden Menschen! Ich fing also gleich an, freiwillig Arbeit zu suchen, um Weg und Gelegenheit für einen Fluchtversuch vorzubereiten.

Natürlich war ich nicht der einzige, der solche Pläne schmiedete. Mit Hilfe von Gleichgesinnten fanden sich bald Kompasse, Bargeld und Karten, die der Kontrolle entgangen waren. Sogar Lederhandschuhe und eine Stacheldrahtschere konnten wir »organisieren«. Das Verschwinden der Schere aus dem Magazin der Engländer hatte dann eine strenge Untersuchung zur Folge, die aber völlig ergebnislos verlief.

Da wir alle an ein baldiges Ende des Krieges glaubten, verschoben wir unsere Fluchtpläne immer wieder. Da wurden wir eines Tages plötzlich in ein anderes Lager übergeführt. Ein ganzer Lastkraftwagen-Geleitzug sollte uns nach Deolali bringen. In jedem Wagen saßen achtzehn von uns, mit einem einzigen indischen Soldaten als Bewachung, dessen Gewehr mit einer Kette an seinem Gürtel befestigt war, damit es ihm niemand entreißen konnte. Dafür fuhren an der Spitze, in der Mitte und am Ende der Kolonne Wagen, die mit Wachmannschaften voll besetzt waren.

Lobenhoffer und ich hatten noch im Lager den festen Entschluß gefaßt zu fliehen, bevor in einem neuen Camp neue Schwierigkeiten unsere Pläne wieder gefährden konnten. Wir setzten uns also auf die beiden hintersten Plätze unseres Wagens und hatten obendrein das Glück, daß die Straße sehr kurvenreich war und dicke Staubwolken uns zeitweise völlig einhüllten. Das mußte uns die Chance geben, unbemerkt abzuspringen und im nahen Dschungel zu verschwinden. Daß »unser« Wachsoldat uns erwischen könnte, war schon deshalb unwahrscheinlich, weil es offensichtlich seine Hauptaufgabe war, den vor uns fahrenden Wagen zu beobachten. Nur gelegentlich sah er sich auch einmal nach uns um.

Alles in allem schien uns also die Flucht nicht allzu schwierig, und wir riskierten es, sie auf den spätesten Zeitpunkt zu verlegen, der irgend denkbar war. Als Ziel hatten wir uns nämlich eine neutrale portugiesische Enklave ausgesucht – und die lag fast genau in der Fahrtrichtung!

Endlich war der Augenblick da. Wir sprangen ab, und ich lag bereits hinter einem zwanzig Meter von der Straße entfernten Busch in einer kleinen Vertiefung – als zu meinem Schrecken die ganze Karawane hielt! Schrilles Pfeifen, Schreien und das Hinüberrennen der Wachen auf die andere Straßenseite ließen kaum einen Zweifel daran, was geschehen war. Lobenhoffer mußte entdeckt worden sein, und da er den Rucksack mit der Ausrüstung bei sich hatte, blieb mir nichts anderes übrig, als meinen Fluchtplan ebenfalls aufzugeben. Zum Glück gelang es mir, bei dem allgemeinen Tumult wieder auf meinen Wagenplatz zu springen, ohne daß einer der Soldaten es bemerkte. Nur die Kameraden wußten, daß ich ausgerissen war, und die schwiegen natürlich.

Jetzt sah ich auch Lobenhoffer: Er stand, Hände hoch, einer Reihe von Bajonetten gegenüber! Ich war ganz gebrochen, die Enttäuschung war schrecklich. Dabei traf meinen Freund kaum eine Schuld an dem Unglück. Er hatte nur mit dem schweren Rucksack, den er beim Absprung in der Hand gehalten hatte, ein wenig Lärm gemacht. Dadurch war unser Wachtposten aufmerksam geworden, und so wurde Lobenhoffer gestellt, bevor er noch den schützenden Dschungel erreichen konnte.

Wir zogen aus dem Vorfall eine bittere, aber nützliche Lehre: Auch bei einem gemeinsamen Fluchtversuch muß ein jeder eine komplette Ausrüstung bei sich haben.

Noch im gleichen Jahr kamen wir abermals in ein anderes Camp. Eisenbahnzüge brachten uns bis an den Fuß des Himalaja, in das größte Internierungslager Indiens, wenige Kilometer außerhalb der Stadt Dehradun. Ein wenig höher als die Stadt lag Mussoorie, der Sommersitz der Engländer und reicher Inder, »Hillstation« genannt. Unser Lager bestand aus sieben großen Flügeln, von denen jeder für sich mit einem doppelten Stacheldrahtverhau umgeben war. Um das ganze Lager herum führten dann nochmals zwei solcher stacheligen Gitter – und in dem Gang zwischen ihnen patrouillierten ständig die Wachen.

Das war nun also eine ganz neue Situation. Solange unsere Camps unten in der indischen Ebene lagen, war das Ziel unserer Fluchtpläne immer, eine der neutralen portugiesischen Kolonien zu erreichen. Hier aber lag der Himalaja direkt vor uns. Wie verlockend war der Gedanke für einen Bergsteiger, über die Pässe in das dahinterliegende Tibet zu gelangen! Als endgültiges Ziel dachten wir dann an die japanischen Linien in Burma oder China.

Eine solche Flucht mußte natürlich besonders gründlich vorbereitet werden. Zu diesem Zeitpunkt waren ja auch unsere Hoffnungen auf ein baldiges Kriegsende geschwunden, und so ging ich nun systematisch daran, das neue Unternehmen zu organisieren. Ein Fluchtweg durch das dichtbevölkerte Indien kam deshalb nicht in Frage, weil dazu große Geldmittel und perfekte englische Sprachkenntnisse fast unentbehrliche Voraussetzungen waren – und beides fehlte mir. Es war also ganz selbstverständlich, daß meine Wahl auf das menschenleere Tibet fiel. Und auf den Himalaja! Selbst für den Fall, daß mein Plan nicht restlos gelingen sollte, war mir schon eine kurze Zeit der Freiheit in den Bergen das Risiko wert.

Zunächst lernte ich erst einmal ein wenig Hindostani, Tibetisch und Japanisch, um mich mit den Einheimischen verständigen zu können. Dann verschlang ich sämtliche in der Lagerbibliothek vorhandenen Reisebücher über Asien, speziell über die Gegenden, durch die mein Weg voraussichtlich führen würde, machte mir Auszüge und kopierte die wichtigsten Karten. Peter Aufschnaiter, der auch in Dehradun gelandet war, besaß noch unsere Expeditionsbücher und -karten. Er arbeitete mit unermüdlichem Fleiß weiter an ihnen und stellte mir in selbstloser Weise alle seine Skizzen zur Verfügung. Ich machte von ihnen allen zwei Kopien, eine für die Flucht, die zweite als Reserve, falls das Original in Verlust geraten sollte.

Ebenso wichtig aber war es, gerade bei diesem Fluchtweg meinen Körper in denkbar bester Kondition zu erhalten. So widmete ich täglich viele Stunden dem Sport. Gleichgültig, ob das Wetter gut oder schlecht war – ich absolvierte das Pensum, das ich mir selber vorgeschrieben hatte. So manche Nacht lag ich dann noch auf der Lauer, um die Gewohnheiten der Wachen zu studieren.

Am meisten Sorge aber machte mir eine ganz andere Schwierigkeit: Ich hatte zu wenig Geld. Obwohl ich schon alles, was ich irgend entbehren konnte, verkauft hatte, war dies für die bescheidensten Lebensbedürfnisse in Tibet völlig unzureichend, ganz abgesehen von den in Asien nun einmal notwendigen Bestechungen und Geschenken. Trotzdem arbeitete ich systematisch weiter, und einige Freunde, die selber keine Fluchtpläne schmiedeten, halfen mir dabei.

In der ersten Zeit meiner Internierung hatte ich keine sogenannte »Parole« für Beurlaubungen aus dem Lager unterzeichnet, um mich bei einer plötzlich auftauchenden Fluchtchance nicht durch mein Ehrenwort gebunden zu fühlen. Hier in Dehradun konnte und mußte ich es tun; die »Ausflüge« dienten ja auch nur der Erforschung der Lagerumgebung.

Ursprünglich hatte ich vorgehabt, allein zu fliehen, um nicht auf irgendjemand Rücksicht nehmen zu müssen, was vielleicht meine Chancen beeinträchtigen konnte. Da erzählte mir eines Tages mein Freund Rolf...

Erscheint lt. Verlag 24.3.2016
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Literatur Romane / Erzählungen
Reisen Reiseberichte Asien
Reisen Reiseführer
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ISBN-10 3-96048-028-8 / 3960480288
ISBN-13 978-3-96048-028-0 / 9783960480280
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