Monteperdido - Das Dorf der verschwundenen Mädchen (eBook)

Kriminalroman
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2017 | 1. Auflage
496 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-403796-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Monteperdido - Das Dorf der verschwundenen Mädchen -  Agustín Martínez
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Ein verschworenes Dorf. Zwei verschwundene Mädchen. Und die düsteren Gipfel, die nur eines von ihnen wieder zurückbringen. »Erstklassig.« WDR 2 Lesen Hoch oben in den Pyrenäen liegt Monteperdido. Vor fünf Jahren sind die elfjährige Ana und ihre Freundin Lucía spurlos von hier verschwunden. Kaum jemand glaubt, dass sie noch am Leben sind. Da taucht völlig unerwartet die inzwischen sechzehnjährige Ana wieder auf, bewusstlos in einer Schlucht. Kommissarin Sara Campos von der Bundespolizei lässt sofort die Straßen absperren; eine verzweifelte Suche beginnt. Wo ist Lucía? Ist sie noch am Leben? Doch die Berge um Monteperdido schweigen, trügerisch rauschen die Pappelwälder, gefährlich schwillt der reißende Fluss Esera an. Unter den Bewohnern von Monteperdido greifen die Verdächtigungen um sich: War es ein Fremder oder einer von ihnen?

Wenn Agustín Martínez schreibt, entstehen starke Bilder: Seine Kriminalromane sind Bestseller, und als Drehbuchautor arbeitet er für Kino und Fernsehen. Für seine Werke wurde Agustín Martínez mehrfach ausgezeichnet; sein erster Roman »Monteperdido« wurde als TV-Serie verfilmt. Geboren 1975 in Lorca in der Region Murcia, ging er für das Studium der audiovisuellen Kommunikation nach Madrid, wo er heute mit seiner Familie lebt.

Wenn Agustín Martínez schreibt, entstehen starke Bilder: Seine Kriminalromane sind Bestseller, und als Drehbuchautor arbeitet er für Kino und Fernsehen. Für seine Werke wurde Agustín Martínez mehrfach ausgezeichnet; sein erster Roman »Monteperdido« wurde als TV-Serie verfilmt. Geboren 1975 in Lorca in der Region Murcia, ging er für das Studium der audiovisuellen Kommunikation nach Madrid, wo er heute mit seiner Familie lebt. Lisa Grüneisen, 1967 geboren, arbeitet seit ihrem Studium der Romanistik, Germanistik und Geschichte als Übersetzerin. Sie übersetzte unter anderem Bücher von Carlos Ruiz Zafón, Carlos Fuentes, Miguel Delibes, Alberto Manguel und Frida Kahlo.

Mit viel Gespür für das epische Szenario im Schatten der Pyrenäengipfel

»Verstörende Atmosphäre, überzeugende Figuren, packende Wendungen – eine Offenbarung!«

erstklassiges Krimidebüt

Sehr fein konstruiert und überzeugend geschrieben – unbedingt empfehlenswert.

Perfekter Krimi (…) Martínez beherrscht das Krimihandwerk, lenkt immer wieder den Verdacht um und hat tolle Überraschungen parat.

spannend und mit psychologischem Einfühlungsvermögen

Eine genial inszenierte Geschichte mit rauen, ungehobelten Menschen, geprägt von einer schroffen Bergwelt.

ein vielversprechender Erstling

Monteperdido


Fünf Jahre später

1/Tauwetter


Mit Beginn des Sommers schmolz der Gletscher. Die Eisplatten zersprangen mit einem leisen Krachen, und ein dünnes Wasserrinnsal floss die Hänge des Berges hinab, der dem Dorf gegenüberlag und ihm seinen Namen gab: Monteperdido, der verlorene Berg.

Wenige Kilometer talabwärts lag ein Auto auf dem Grund einer Schlucht. In eine Wolke aus Staub und Rauch gehüllt, lag es mit zersplitterter Windschutzscheibe auf dem Dach, die Vorderräder drehten sich in der Luft. Hundert Meter darüber führte der Schotterweg den Berg entlang, von dem aus es in die Tiefe gestürzt war. Bei seinem Sturz hatte es eine Schneise aus zerfetzten Bäumen und aufgewühlter Erde hinterlassen.

Der Wind wehte den Rauch davon und gab die Sicht ins Innere des Wagens frei. Ein dünnes Rinnsal quoll unter der Tür hervor und bildete eine immer größer werdende Blutlache. Das Blut kam von der Stirn des Fahrers, der kopfüber im Sicherheitsgurt hing. Der Aufprall hatte ihm den Schädel gespalten.

Nur der Wind war zu hören, dann ein leises Stöhnen. Ein Mädchen kroch durch die geborstene Heckscheibe aus dem Auto, Glassplitter gruben sich tief in ihre Oberschenkel. Ihre Arme waren von feinen Schnitten übersät, die Kleidung war zerfetzt, die Haare hingen ihr wirr ins Gesicht. Sie war nicht älter als sechzehn. Sie biss die Zähne zusammen und gelangte mit letzter Kraft ins Freie. Dann ließ sie sich erschöpft fallen. Ihr Atem ging stoßweise, und bei jedem Atemzug durchlief ein Zittern ihren Körper.

Der Abgrund, in dem das Auto zerschellt war, war praktisch unzugänglich. Eine tiefe Schlucht, umgeben von Bergen, auf deren Gipfeln noch Schnee lag.

An der Schlucht entlang schlängelte sich die Straße durchs Tal. Ein Geländewagen hatte am Straßenrand angehalten. Daneben stand ein etwa dreißigjähriger Mann und blickte in die Tiefe. Er nahm die Sonnenbrille ab, um sich zu vergewissern, dass er richtig sah. Dann nahm er sein Handy aus dem Handschuhfach und wählte eine Nummer.

 

Auf dem Platz vor der Kirche Santa María de Laude in Monteperdido fanden seit fast fünf Jahren Mahnwachen für die verschwundenen Mädchen statt. Vom ersten Tag an hatten sich hier die Familien und Dorfbewohner versammelt, aber auch Fremde und Journalisten. Vor dem Kirchenportal standen Gedenktafeln mit Blumen und Spielzeug, kleinen Botschaften … Alle wollten ihren Schmerz und ihre Wut zum Ausdruck bringen.

Víctor Gamero, der Leiter der örtlichen Polizeiwache, erinnerte sich, dass als Erstes die Journalisten weggeblieben waren. Davor hatte er, damals noch als einfacher Streifenpolizist, gegen die Belagerung der Familie vorgehen müssen, gegen die Menschenmassen, die aus anderen Dörfern herbeiströmten, um sich an der Suche zu beteiligen.

Joaquín Castán, Lucías Vater, würde enttäuscht sein. Mittlerweile kamen nur noch Einheimische zu den Mahnwachen, und auch längst nicht mehr alle. Es war zu viel Zeit vergangen, und das Dorf konnte nicht jedes Mal stillstehen, wenn Joaquín beschloss, eine Mahnwache zu organisieren, um an den Fall zu erinnern.

Auf beiden Seiten des Tisches, an dem die Eltern saßen, lächelten Lucía und Ana von großen Fotos in die Kamera. Lucía mit zusammengekniffenen Augen und einem schelmischen Lächeln, als hätte man sie beim Spielen überrascht. Anas leichtgeöffneter Mund ließ einige Zahnlücken erkennen. Ihre Haut war von der Sommersonne gebräunt, und ihr blondes Haar kontrastierte mit ihren großen dunklen Augen. Die Mädchen waren glücklich gewesen, als diese Aufnahmen gemacht wurden, und doch wirkten die Fotografien traurig an diesem Tag, an dem sich Lucías Vater darüber beschwerte, dass die Polizei so wenig in die Suche investierte.

Víctor Gamero spürte, wie sein Handy vibrierte, und ging ein wenig beiseite, um den Anruf entgegenzunehmen. Es war einer seiner Beamten, Burgos, der nur zögerlich berichtete, was geschehen war. Er wusste, dass die Sache seinem Vorgesetzten ganz und gar nicht gefallen würde.

»Warum hat mir keiner Bescheid gesagt? Wer hat das angeordnet?«, schimpfte Gamero.

Man hätte ihn informieren müssen. Er war der Leiter der örtlichen Polizeiwache, und man hatte die einzige Zufahrtsstraße zum Dorf ohne seine Erlaubnis gesperrt.

 

Kriminalkommissarin Sara Campos erklärte dem Streifenpolizisten, was er zu tun hatte. Er sollte sämtliche Autos anhalten, die nach Monteperdido wollten oder von dort kamen, und die Kofferräume und die Ladeflächen der Lkws kontrollieren. Niemand dürfe passieren, auch keine Bekannten. Burgos regte sich auf, dass die Ermittlerin diese Möglichkeit überhaupt in Betracht zog: »Wenn ich in Uniform bin, mache ich nicht mal für meine Mutter eine Ausnahme«, sagte er.

»Haben Sie Ihren Vorgesetzten schon informiert?«, fragte Sara Campos, ohne weiter auf die angeknackste Ehre des Polizisten einzugehen.

»Gerade eben. Er wartet an der Tankstelle am Ortseingang auf Sie«, antwortete Burgos, immer noch mit verärgertem Gesicht.

Sara kehrte Burgos den Rücken und ging zum Wagen, wo Santiago Baín auf sie wartete. Der Wind aus den Bergen war kalt. Sie zog den Reißverschluss ihres schwarzen Sweaters hoch und vergrub die Hände in den Taschen. Ihr braunes Haar wehte im Wind. Als ihr Vorgesetzter sie aus dem Auto heraus fragend ansah, rollte Sara genervt die Augen.

Inspektor Santiago Baín wartete mit laufendem Motor darauf, dass die örtliche Polizei die Absperrungen auf der Straße beiseiteräumte, damit sie nach Monteperdido weiterfahren konnten. Er hätte auch einfach anrufen oder die Familie ins Krankenhaus in Barbastro bestellen können, aber er wollte ihre Reaktion vor Ort sehen. Sie in ihrer vertrauten Umgebung beobachten. Er wusste, dass das, was er ihnen mitzuteilen hatte, nicht das Ende war, sondern erst der Anfang einer Geschichte, die noch längst nicht aufgeklärt war.

Sara räumte Papiere und Aktenmappen vom Beifahrersitz aufs Armaturenbrett und stieg ein.

»Mal sehen, ob er sich dran hält und die Autos kontrolliert«, sagte sie ohne große Hoffnung. »Ich denke mal, es passt ihm nicht besonders, seinen Nachbarn hinterherzuschnüffeln.«

Burgos öffnete die Absperrung und ließ den Wagen passieren. Inspektor Baín steuerte über die schmale Straße, die talaufwärts nach Monteperdido führte. Obwohl es noch nicht spät war, ging die Sonne bereits unter. Die Straße, die dem Flusslauf des Esera folgte, lag zwischen zwei gewaltigen Gebirgsmassiven. Zu beiden Seiten erhoben sich die Zentralpyrenäen und tauchten das Tal in Schatten. Die Straße schraubte sich in Serpentinen die Berge hinauf und wurde an einigen Stellen sehr steil und schmal, aber die Gipfel, die ringsum in den Himmel ragten, waren immer noch weit entfernt. Hin und wieder drangen die Strahlen der untergehenden Sonne durch den Wald und tauchten das dunkelgrüne Blattwerk in rötliches Licht. Sara Campos ließ ihren Blick über die Landschaft schweifen, die sich an diesem 12. Juli in ihrer ganzen Fülle präsentierte. Auf einem Felsvorsprung stand ein Hirsch und schien das vorüberfahrende Auto zu beobachten, um dann in einer raschen Bewegung den Kopf abzuwenden und mit einem Sprung zwischen den Bäumen zu verschwinden.

Sara lächelte und nahm die Akten zur Hand.

»Die Eltern von Lucía heißen Joaquín Castán und Montserrat Grau. Siebenundvierzig und dreiundvierzig Jahre alt. Außer Lucía haben sie noch einen Sohn, Quim. Er müsste jetzt neunzehn sein. Joaquín Castán hat damals die Stiftung ins Leben gerufen …«

»Ich hab ihn mal im Fernsehen gesehen«, sagte Santiago, ohne den Blick von der Straße zu wenden.

»Die Mutter von Ana heißt Raquel Mur. Sie ist gerade vierzig geworden.«

»Und der Vater?«

»In den Akten steht nichts über seinen derzeitigen Aufenthaltsort.« Sara suchte angestrengt nach entsprechenden Informationen. »Das hier ist eine einzige Katastrophe. Kein Wunder, dass sie die Mädchen nie gefunden haben. Erst nach zweiundsiebzig Stunden wurden Straßenkontrollen errichtet. Die Stelle, an der die Entführung stattfand, wurde viel zu spät untersucht; als die Kriminaltechnik eintraf, hatte der Regen schon alle Spuren vernichtet …«

»Sind Anas Eltern getrennt?«

»Offiziell nicht. Aber de facto schon. Der Vater, Álvaro Montrell, war der Einzige, der damals im Lauf der Ermittlungen festgenommen wurde. Aber nach ein paar Tagen haben sie ihn wieder freigelassen. Im Grunde hatten sie nichts gegen ihn in der Hand. Vermutlich ist die Ehe damals den Bach runtergegangen.«

Sara blickte auf und stellte fest, dass Santiago zum Autofahren die Brille aufgesetzt hatte.

»Die Brille steht dir richtig gut«, scherzte sie.

»Im Dunkeln sehe ich nicht mehr gut … Was soll man machen. Macht sie mich sehr alt?«

»Nicht älter, als du bist.«

»Pass auf, irgendwann wirst du auch mal alt, und dann wirst du dich nicht freuen, wenn sich so ein junges Ding über deine Sehfähigkeit lustig macht«, entgegnete Santiago Baín lächelnd.

Sara betrachtete ihren Chef. Sein Gesicht war von Falten zerfurcht, aber das lag nicht am Alter. Oder zumindest nicht nur. Die Falten waren schon da gewesen, als Sara ihn kennengelernt hatte.

 

Die Straße verschwand förmlich zwischen zwei riesigen Bergmassiven. In dieser Region der Pyrenäen gab es die meisten Dreitausender, ein Umstand, der die Ermittlungen damals sehr erschwert hatte. Als Sara von den Akten aufblickte, kam es ihr vor, als würde die asphaltierte Straße am Fuß der Berge einfach aufhören und sie das Dorf, das sich auf der anderen Seite verbarg, niemals erreichen. Der Monte Albádes und der Collado Paderna...

Erscheint lt. Verlag 23.2.2017
Übersetzer Lisa Grüneisen
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Abenteuer • Bach • Bäume • Bedrohung • Benasque • Berg • Bergdorf • Bergführer • Bergsee • Bergsteigen • Canyoning • Dorf • Eis • Eltern • Entführung • Erwachsenwerden • Familie • Fluss • Freundinnen • Gefahr • Gemeinde • Gemeinschaft • Gipfel • Guide • Helm • Hirsch • Hund • Hütte • Jagd • Kinder • Kindesentführung • Kriminalpolizei • Leidenschaft • Mädchen • Mutter • Nichte • Obsession • Onkel • paintball • pappeln • Polizistin • Pyrenäen • Rückkehr • Schlucht • Schnee • See • Sommer • Spanische Pyrenäen • spannend • Spannung • Spielen • Tanz • Tochter • Töchter • Tod • Tour • Tunnel • Überschwemmung • Vater • Verschwinden • verschwunden • Wetter • Zitterpappeln
ISBN-10 3-10-403796-5 / 3104037965
ISBN-13 978-3-10-403796-7 / 9783104037967
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