Perfect Girl - Nur du kennst die Wahrheit (eBook)

Spiegel-Bestseller
Thriller

*****

eBook Download: EPUB
2017 | 1. Auflage
464 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-44363-7 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Perfect Girl - Nur du kennst die Wahrheit -  Gilly MacMillan
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Raffinierte britische Psycho-Spannung um eine junge Pianistin mit dunkler Vergangenheit - von der Autorin des New York Times-Bestsellers 'Toter Himmel'. Niemals darf Zoes Stiefvater erfahren, was vor drei Jahren geschehen ist. Das hat ihre Mutter Maria der 18-Jährigen wieder und wieder eingetrichtert. Nichts darf die Idylle ihres perfekten neuen Lebens zerstören. Doch als die hochbegabte Pianistin Zoe gemeinsam mit ihrem Stiefbruder ein Konzert gibt, taucht im Publikum ein Mann auf, der Zoe als Mörderin beschimpft. Wenige Stunden später ist ihre Mutter tot. Und es zeigt sich, dass Zoe nicht die einzige ist, die ein dunkles Geheimnis hütet ... In nur 24 Stunden bricht eine scheinbar heile Welt zusammen: Gilly Macmillan enthüllt ein Familiendrama in perfiden, elegant verschachtelten Häppchen, die es unmöglich machen, diesen Thriller aus der Hand zu legen.

Gilly Macmillan studierte Kunst und Kunstgeschichte in Bristol und London, arbeitete für The Burlington Magazine und verschiedene Kunstgalerien sowie als Dozentin für Fotografie. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Bristol. 'Toter Himmel', ihr Debüt, hat in nicht weniger als 16 Ländern die Leser begeistert, 'Perfect Girl' und 'Bad Friends' landeten in Großbritannien, USA und Deutschland auf den Bestsellerlisten. 'Sieben Wahrheiten' ist Gilly Macmillans vierter Spannungsroman.

Gilly Macmillan studierte Kunst und Kunstgeschichte in Bristol und London, arbeitete für The Burlington Magazine und verschiedene Kunstgalerien sowie als Dozentin für Fotografie. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Bristol. "Toter Himmel", ihr Debüt, hat in nicht weniger als 16 Ländern die Leser begeistert, "Perfect Girl" und "Bad Friends" landeten in Großbritannien, USA und Deutschland auf den Bestsellerlisten. "Sieben Wahrheiten" ist Gilly Macmillans vierter Spannungsroman.

Sonntagabend


Das Konzert

Zoe

Vor dem Konzert stehe ich im Vorraum der Kirche und blicke das Mittelschiff hinunter. In den Gewölben lauern Schatten, obwohl es draußen noch nicht dämmert; die großen Holztüren hinter mir sind zugezogen.

Vor mir haben sich die letzten Konzertbesucher auf ihren Plätzen niedergelassen. Es ist beinahe voll. Die Gespräche kommen als dumpfes, halblautes Grummeln bei mir an.

Ich schaudere. In der schwülen Nachmittagshitze, verschwitzt und müde vom Proben, habe ich vergessen, dass es in der Kirche kalt sein kann, auch wenn es draußen brütend heiß ist. So habe ich ein kurzes schwarzes Kleid für den Abend gewählt, und jetzt fröstele ich ein wenig, und auf meinen Armen ist Gänsehaut.

Die Kirchentüren sind geschlossen und sperren die Hitze aus. Außerdem wollen wir nicht vom Lärm auf der Straße gestört werden. Auch wenn dieser Vorort von Bristol nicht gerade für randalierende Bewohner bekannt ist, so haben die Besucher doch gutes Geld für die Tickets bezahlt.

Aber es geht nicht nur darum. Tatsache ist: Dies ist mein erster Auftritt, seit ich aus dem Jugendarrest entlassen wurde, das erste Konzert in meinem Zweiten Leben.

Ungefähr hundert Mal hat meine Mutter es heute gesagt: »Der Auftritt muss perfekt werden.«

Ich werfe Lucas, der neben mir steht, einen Blick zu. Nicht mehr als ein oder zwei Millimeter Luft sind zwischen uns.

Er trägt eine schwarze Hose mit einer Bügelfalte, die meine Mutter heute Nachmittag hineingebügelt hat, und ein schwarzes Hemd. Er sieht gut aus. Sein dunkelbraunes Haar ist gerade so eben gezähmt, aber nicht ganz, und ich glaube, wenn er es darauf anlegen würde, könnte er die Mädchen, die doof genug sind, um immer noch Vampirromanzen zu lesen, zum Dahinschmelzen bringen.

Auch ich sehe gut aus, beziehungsweise werde gut aussehen, wenn die Gänsehaut erst einmal abgeklungen ist. Ich bin zierlich, habe eine blasse, klare Haut und lange hellblonde, aber feine Haare, wie Spinnweben im Sonnenlicht, die wunderbar mit dem schwarzen Kleid kontrastieren. Im richtigen Licht sieht mein Haar geradezu weiß aus und verleiht mir ein unschuldiges Aussehen.

»Wie ein Rehkitz, zerbrechlich und zart«, beschrieb mich die Staatsanwältin, was mir gefiel. Allerdings schmerzt mich die Erinnerung immer noch, dass sie hinzufügte: »Aber lassen Sie sich nicht täuschen.«

Ich biege meine Finger durch und verflechte sie miteinander, damit die Handschuhe extra eng anliegen, so, wie ich es am liebsten mag, und dann lasse ich die Arme herabhängen und schüttle sie, um meine Hände beweglich zu machen. Meine Finger sollen warm und weich sein. Sie sollen gut durchblutet sein.

Lucas neben mir schüttelt seine Hände auch, langsam, erst die eine, dann die andere. Pianisten stecken sich gegenseitig mit dem Händeschütteln an wie andere Leute mit dem Gähnen.

Am vorderen Ende des Mittelschiffs, auf einem niedrigen Podest vor dem Altar, steht der Konzertflügel; auf der Innenseite des aufgestellten, glänzend schwarzen Deckels spiegeln sich die Innereien aus Hämmern und Saiten. Er wartet auf uns. Lucas starrt ihn hochkonzentriert an, als sei da eine senkrechte Gletscherwand, die er mit bloßen Händen erklettern muss.

Wir beide gehen unsere Nervosität unterschiedlich an. Er wird ganz still, beginnt, durch die Nase zu atmen, ganz langsam, und reagiert auf niemanden.

Im Gegensatz zu ihm bin ich zapplig, und die Gedanken überschlagen sich, weil ich alles, was ich zu tun habe, im Kopf in der richtigen Reihenfolge durchspielen muss, bevor ich auftreten kann. Erst wenn ich die erste Note anschlage, hüllen mich die nötige Konzentration und die Musik selbst ein, rein und weiß wie ein Schleier, und alles andere verschwindet.

Bis zu diesem Augenblick aber ist mir, nicht anders als Lucas, übel vor Nervosität.

Neben dem Flügel hat eine Frau das Publikum begrüßt, und nun gibt sie uns einen Wink und entfernt sich unter Scharren und Verbeugungen von der Bühne.

Für uns ist es an der Zeit, nach vorn zu gehen.

Schnell ziehe ich die Handschuhe aus und werfe sie auf einen Tisch neben mir, wo der Kaffee und die Katechismusheftchen sind, und gemeinsam schreiten Lucas und ich den Gang entlang zum Altar, als führten wir eine Hochzeit auf. Die Köpfe des Publikums wenden sich uns zu, eine Reihe nach der anderen.

Wir gehen an meiner Tante Tessa vorbei, die zuständig ist für den Videorekorder, mit dem unser Auftritt aufgenommen werden soll. Der Zweck des Ganzen ist, unser Spiel später auf Fehler hin durchzugehen und die Stellen herauszuarbeiten, die wir noch besser hinbekommen müssen.

Tessa kneift angesichts der Kamera ein wenig nervös die Augen zusammen, als würde sie erwarten, dass das Objektiv sich zu ihr umwendet und ihr ins Gesicht springt, doch sie reckt ermutigend den Daumen hoch. Ich mag Tessa total gern, sie ist viel gechillter als meine Mum. Sie hat keine eigenen Kinder, und deshalb bin ich für sie umso wichtiger, sagt sie.

Die anderen Leute in der Kirche lächeln, als Lucas und ich zwischen ihnen hindurchgehen, und je näher wir ihnen kommen, desto eindringlicher zeigt sich der Zuspruch auf den Gesichtern. Ich bin siebzehn, aber ich kenne diesen Blick, seit ich ein kleines Kind war.

Mum nennt diese Leute unsere »Unterstützer«. Sie sagt, dass sie immer mal wieder auftauchen, um zu sehen, ob wir gut spielen, und es ihren Freunden weitererzählen. Aber ich mag die Unterstützer nicht. Ich kann es nicht leiden, wie sie nach dem Konzert auf einen zukommen und Sachen sagen wie: »Du hast eine solche Begabung«, als müssten wir nicht Tag für Tag daran arbeiten, unser Klavierspiel immer weiter zu perfektionieren.

Beinahe kann man das Wort »Genie« in Neonschrift verlockend hell in ihren Köpfen aufleuchten sehen. Hüten Sie sich vor diesem Wort, würde ich sagen, wenn Sie mich fragen würden. Nehmen Sie sich in Acht vor Ihren Wünschen, denn alles hat seinen Preis.

Die letzten Gesichter, die ich anblicke, in der vordersten Kirchenbank, gehören meiner Mum und dem Dad von Lucas. Oder, wenn man es anders ausdrücken will, meinem Stiefvater und seiner Stiefmutter, denn Lucas und ich, wir sind Stiefgeschwister. Wie üblich haben sie die übertrieben optimistische Miene von Eltern aufgesetzt, die versuchen, ihren Ehrgeiz zu verschleiern, mit dem sie ihre Kinder geradezu ersticken könnten.

Als wir am Ende des Mittelgangs angelangt sind, ist Lucas mir voraus, und er setzt sich bereits an seinen Platz, als ich auf das Podest mit dem Flügel steige.

Wir werden mit einem Duo beginnen, einem Publikumsrenner, das haben sich unsere Eltern so überlegt. Außerdem meinen sie, dass wir leichter mit der Nervosität fertig werden, wenn wir anfangs zu zweit spielen.

Sowohl Lucas als auch ich würden lieber allein spielen, aber wir geben nach, einerseits, weil wir keine Wahl haben, andererseits, weil wir aus ganzem Herzen Musiker sind, die auftreten wollen, auftreten müssen, die den Auftritt lieben.

Ein Musiker wird darauf getrimmt, aufzutreten.

Also tun wir es, und zwar so gut wir können.

Als ich mich ans Klavier setze, halte ich mich gerade und lächle für das Publikum, auch wenn meine Eingeweide sich zusammengezogen und verknotet haben wie ein Knäuel Gummibänder. Doch ich lächle nicht zu sehr. Es ist auch wichtig, dass ich bescheiden wirke und mein Konzertgesicht genau richtig hinbekomme.

Es gibt ein kleines Hin und Her, während Lucas und ich uns hinsetzen und die Klavierhocker anpassen. Wir wissen, dass sie perfekt eingestellt sind, weil wir das Klavier ausprobiert haben, bevor das Publikum eintraf, trotzdem machen wir uns daran zu schaffen, korrigieren den Abstand, passen die Höhe minimal an. Das gehört zur Vorstellung. Es hat mit der Nervosität zu tun. Vielleicht ist es auch Effekthascherei. Oder beides.

Als wir beide richtig sitzen, plaziere ich meine Hände über den Tasten. Ich bemühe mich sehr darum, meinen Atem zu kontrollieren, weil mein Herz laut hämmert, aber ich konzentriere mich voll auf die bevorstehende Musik und warte mit jeder Faser auf die ersten Töne, wie auf den Startschuss zu Beginn eines Wettlaufs.

Das Publikum ist verstummt. Nur ein Husten ist zu hören, das zwischen den Gewölben und Pfeilern widerhallt. Lucas wartet darauf, dass das Geräusch verklingt, und in der vollkommenen Stille, die darauf folgt, wischt er sich die Handflächen an seiner Hose trocken und positioniert sie dann über den Tasten.

Von nun an gibt es nichts als das geschmeidige Schwarz und Weiß, das sich unter unseren Händen erstreckt, und ich beobachte seine Hände mit der Aufmerksamkeit eines Tieres, das zum Sprung ansetzt. Ich darf seinen Einsatz nicht verpassen. Noch ein oder zwei Schläge absoluter Stille, dann wölbt er seine Handflächen, und seine Hände federn leicht: einmal, zweimal, dreimal.

Und dann legen wir los, absolut synchron.

Wir wirken stark und schillernd in diesem Augenblick – das sagen alle. Die Kraft von zwei Musikern kann elektrisieren, wenn man es richtig trifft. Es ist ein Drahtseilakt, die Intensität, den Klang und die Dynamik zu kontrollieren, denn alles muss perfekt aufeinander abgestimmt sein, und heute Nachmittag, als wir müde wurden und uns beim Proben in der Hitze übereinander geärgert haben, hat es nicht geklappt. Jetzt am Abend aber ist es großartig. Makellos und wunderschön; wir tauchen beide tief in die Musik ein, und ich muss zugeben, dass es nicht immer so ist. Meistens eher nicht.

Tatsächlich tauche ich so tief ein, dass ich anfangs das Geschrei gar nicht höre, und das Geschrei nicht zu hören bedeutet, dass ich nicht bemerke, dass in diesem Augenblick das Ende begonnen hat.

Ich wünschte, ich hätte es...

Erscheint lt. Verlag 25.1.2017
Übersetzer Maria Hochsieder
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Außenseiterin • Autounfall • Bestseller USA • Bristol • Chris Kennedy • Familiendrama • Hochbegabt • Lucas Kennedy • musikalisch begabt • musisch begabt • Pianistin • Premium Crime • Psycho-Spannung • Psycho-Thriller • Psychothriller bücher • Psychothriller England • Psychothriller Familie • Psychothriller Romane • Schuld • Schuld, Sühne • spannender Thriller • Stiefbruder • Sühne • Teenager • Thriller Autorinnen • thriller teenager • Thriller und Psychothriller • Wunderkind • Zoe • Zoe Maisey
ISBN-10 3-426-44363-5 / 3426443635
ISBN-13 978-3-426-44363-7 / 9783426443637
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