Blutrote Flammen (eBook)
336 Seiten
Morawa Lesezirkel (Verlag)
978-3-99057-103-3 (ISBN)
Kapitel 1
7 Jahre später
Kristin trat mit der Kaffeetasse in der Hand an den Esstisch, dabei stach ihr die Schlagzeile auf der Zeitung in die Augen. „Brandstifter erneut zugeschlagen. Drei neue Opfer." Sie wollte gerade danach greifen, als es an der Tür klingelte. Sie stellte die Tasse ab, schaute durch den Spion und öffnete die Tür: „Hallo, Fabian. Du bist früh dran."
„Und du bist uns schon was voraus," sagte er und deutete lächelnd auf die Kaffeetasse in Kristins Hand. „Ja, der Film, den sich David gestern ausgesucht hat, hat bis halb drei Uhr morgens gedauert und heute wurde er schon um neun abgeholt. Ich habe also nicht besonders viel geschlafen." „Wo ist dein Sohn denn heute hingegangen?" „Carlos ist mit ihm und Oliver ins Technische Museum gegangen. Dort haben sie eine Spezialausstellung zum Thema Chemie."
Fabian lachte: „Halleluja, dann werden sie noch mehr interessante Ideen haben. Seit ihr den Kindern diese Chemiebaukästen geschenkt habt, reden sie ja nur noch über Mixturen, die explodieren können." „Ja, das war die schlimmste Idee, die mein Schwager je hatte. Andererseits ist es sein Haus, das die Jungs in die Luft sprengen," lachte Kristin.
Es war nach dem tödlichen Unfall von Kristins Mann zur Tradition geworden, dass ihre engsten Freunde sich einmal die Woche bei Kristin trafen, anfangs um ihr in der schwierigen Trauerzeit beizustehen, später um ihre Freundschaft zu pflegen und sich regelmäßig auszutauschen. Außerdem nutzte David diese Zeit, um sie mit seinem Cousin Oliver, der zu seinem besten Freund geworden war, zu verbringen. Er meinte, das seine Mutter auch mal „reine Frauenzeit" brauchte und hatte gar nicht so unrecht damit. Fabian, Kristins Nachbar und bester Freund, Kristins Schwägerin Julia und ihre engste Freundin Sina zählten zu der trauten Runde.
Fabian stellte gerade seine Tüten mit frischen Gebäck und Marmelade auf den Tisch, als es wieder klingelte und Kristin die Tür öffnete. „Hallo, Julia," begrüßte sie die Freundin und umarmte sie. „Sina kommt bald nach. Ihr Mann hat ihr erst im letzten Moment gesagt, dass er das Auto braucht und ihr Zug kommt erst in zehn Minuten an." „Verstehe. Komm rein und nimm dir einen Kaffee." Julia trat ein, stellte ihren Korb auf den Tisch und trat sogleich an die Kaffeemaschine. „Hi, Julia, wie geht es dir?" „Danke, Fabian, gut. Und dir? Alles im Lot?" „Oh ja, bestens, ich habe euch so einiges zu erzählen." „Na, dann ich bin schon neugierig. Du warst doch gestern in diesem neuen Club?" „Ja, war ich und es war toll. Gute Musik, großzügige Barkeeper und ein tolles Ambiente, wenn auch ziemlich gruselig. Schwarze Wände, rote Polstermöbel, überall die Nebelmaschinen und die Band steht in Särgen. Und die Gäste sind genau nach meinem Geschmack." „Viele hübsche Männer?" fragte Sina lächelnd. „Oh ja, in Lederhosen und sonst nichts. Wunderbar!" gab er grinsend zurück. „Es ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, wie freizügig manche Gäste dort sind, aber offenbar nimmt es mit den Anstandsregeln wirklich keiner so genau. Nun ja, nicht umsonst sind die Türsteher sehr genau bei der Kontrolle der Ausweise. " Die Frauen lachten.
Genau in diesem Moment klingelte es. „Sie hat perfektes Timing", murmelte Kristin, als sie zum dritten Mal die Wohnungstüre öffnete. Ihre Freundin Sina stand draußen, total zerzaust und durchnässt und versuchte einen verdrehten Regenschirm zu reparieren. „Es hat gerade angefangen zu schneien und zu stürmen wie verrückt. Jetzt sind wahrscheinlich meine Kekse nass geworden." „Macht doch gar nichts, komm erst mal rein und wärme dich auf. Ich nehme dir die Tasche ab," sagte Kristin. Fabian trat von hinten heran um Sina aus dem Mantel zu helfen und ihn zum Trocknen aufzuhängen. Schließlich hatten alle Platz genommen und Kristin reichte eine Kanne Kaffee herum.
Ihr Blick fiel wieder auf die Zeitung. Sie zeigte sie in die Runde. „Habt ihr schon von diesen Bränden gehört?" „Ja," sagte Julia, „in den Morgennachrichten haben sie gesagt, dass es jetzt schon drei Opfer gibt, alles Frauen in unserem Alter. Sie haben jetzt sogar einen Experten aus den Staaten eingeflogen, der einen ähnlichen Fall schon einmal bearbeitet hat." „Einen Experten?" fragte Sina, „bei drei Morden? Normalerweise machen sie so was bei Terroranschlägen oder ähnlich großen Katastrophen, aber doch nicht bei Brandstiftung." „Brandstiftung mit Mord," warf Fabian ein.
„Es sind jetzt schon drei Tote und zehn abgebrannte Häuser. Ich nehme an, dass jetzt so manche Verantwortliche ziemlich ins Schwitzen geraten." „Außerdem, so steht es hier, geht die Polizei von einem besonders brutalen Serienmörder aus. Dafür sind nur Spezialeinheiten ausgebildet, von denen es hier in unserer Gegend nicht allzu viele geben dürfte." Kristin seufzte. „Man darf gar nicht zu viel darüber nachdenken, sonst bekommt man noch Angst davor, abends das Haus zu verlassen." Sie legte die Zeitung weg. „Gib mir doch noch so einen Keks," bat Fabian Julia. „Ja, natürlich. Aber jetzt erzähl uns mal von deinem Abend gestern. Du warst im Nocturnes, stimmt's?" „Ja, und es war großartig. Da müsst ihr auch unbedingt mal hin," sagte er und grinste anzüglich in Kristins Richtung: „Da findest du bestimmt auch jemanden. Nur die Ansprüche dürfen nicht zu hoch sein." Kristin wehrte lächelnd ab, „Nein, danke. Für diese Art Gesellschaft bin ich nicht zu haben." Fabian sah sie besorgt an, meinte aber nur: „Ich mach ja bloß Spass," und wechselte dann das Thema.
Sie plauderten über dies und das. Es war Tradition an diesen Samstagen geworden, zu erzählen, was in dieser Woche Aufregendes, Schönes, Außergewöhnliches oder auch ganz Alltägliches passiert war. So hatte sich ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelt, eine enge Freundschaft, die über die vor Aurels Tod noch weit hinaus ging. Sie wollten Kristin damit sagen, dass sie nicht alleine war. Das Unglück war zwar schon eine ganze Weile her, doch sie hatte es noch nicht vollständig überwunden. Genau genommen war ihr Leben an diesem schrecklichen Tag zum Stillstand gekommen, ihre Welt hatte aufgehört sich zu drehen. Sie hatte ihren Mann geliebt, aufrichtig, inbrünstig und von ganzem Herzen und dann wurde er ihr genommen. In ihrer Brust war nur noch ein riesiger Scherbenhaufen zurückgeblieben. Ja, sie war stark geblieben, für ihren Sohn, für die Familie ihres Mannes, aber innerlich war sie immer noch gebrochen.
Auch wenn ihre Freunde immer wieder versuchten, sie aus diesem selbstauferlegten Zölibat zu holen, war sie schlichtweg noch nicht bereit dazu. Keiner der Männer, denen sie bis jetzt begegnet war, hatte auch nur ansatzweise ihr Interesse geweckt, geschweige denn sie dazu gebracht, wieder an eine Beziehung zu denken.Außerdem stand an oberster Stelle in Kristins Leben ihr Sohn. Um ihn drehten sich all ihre Gedanken.
Sie erzählte von dem Skikurs, auf den David in zwei Wochen mit seiner Klasse fahren würde. „Er hat sich ganz schön heraus gemacht," meinte Fabian, „langsam wird er erwachsen." Kristin seufzte: „Ja, er ist bald kein Kind mehr. Immer öfter habe ich das Gefühl, dass ihm ein Vater jetzt ganz besonders fehlt. Ich fürchte, er wird mit seinen Fragen und Sorgen nicht zu mir kommen." Julia drückte mitfühlend Kristins Hand: „Ihr schafft das schon. Er vertraut dir sehr und selbst wenn es Dinge geben sollte, die er nicht mit seiner Mutter besprechen mag, gibt es immer noch Oliver und Carlos." „Du hast recht. Manchmal kommt nur wieder diese Ohnmacht hoch. Aber wir werden das schon hinkriegen. Außerdem habe ich diese Woche ohnehin keine Zeit, über irgendetwas nachzudenken. In drei Wochen ist Weihnachten und ich habe noch kein einziges Geschenk gekauft."
„Haben dich deine Kleinen so auf Trab gehalten?" fragte Sina lächelnd. Kristin arbeitete während David in der Schule war, halbtags als Tagesmutter für vier kleinere Kinder, doch manchmal kamen auch ältere Schützlinge, die vor einigen Jahren bei ihr waren zum Mittagessen und Hausaufgaben machen und gerade in der Adventszeit hatte sie deshalb immer volles Haus. „Ja, aber es sind eher die Großen, die dann lang bleiben und mit David seine Computerspiele ausprobieren wollen. Ich werde die Einkäufe einfach diese Woche nachholen, denn da habe ich mir die Nachmittage freigehalten." „Gute Idee, aber vergiss nicht auf unseren Rollenspieltermin," meinte Sina. „Wie könnte ich! Schließlich haben wir noch ein Hühnchen mit einem Dämonenfürsten zu rupfen."
Am selben Abend erledigten Kristin und David noch einige Einkäufe für das Wochenende. Es war bereits dunkel und das ohnehin schlechte Wetter wurde immer mieser. Schnell schob Kristin den voll beladenen Einkaufswagen vor sich her über den Parkplatz und bat David vor zu laufen und den Kofferraum des Wagens zu öffnen. „Setz dich schon mal rein, ich pack die Sachen nur schnell ins Auto. Wir brauchen ja schließlich nicht beide zu frieren," sagte sie zu ihm und er nahm dankbar auf dem Rücksitz Platz, nachdem er noch schnell in den Einkaufswagen gegriffen und einen Schokoriegel stibitzt hatte.
„Zum Aufwärmen," sagte er grinsend, als seine Mutter scherzhaft strafend den Zeigefinger hob. Sie kicherte und warf die Einkäufe in die bereit stehenden Taschen, bevor sie den Kofferraum schloss und den leeren Wagen zurück an den Stellplatz schob. Kristin war bereits auf halbem Weg zurück zu ihrem Auto, als plötzlich drei Männer aus dem Dunkel traten und sich ihr in den Weg stellten. Sie sah auf und erschrak. Alle drei wirkten groß und kräftig, trugen schmutzige, abgetragene Lederjacken und ihre Mienen verrieten, dass sie nicht bloß nach der Uhrzeit fragen wollten. Sie kamen dicht nebeneinander auf Kristin zu.
„Wohin so eilig?" fragte der Mittlere der Drei....
Erscheint lt. Verlag | 28.6.2016 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Science Fiction | |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror | |
ISBN-10 | 3-99057-103-6 / 3990571036 |
ISBN-13 | 978-3-99057-103-3 / 9783990571033 |
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