Kinder des Judas (eBook)

Roman

(Autor)

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2009 | 1. Auflage
704 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-55488-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Kinder des Judas -  Markus Heitz
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Ich spüre nicht nur den Tod - ich bin eine seiner Göttinnen! Leipzig 2007: Sie ist die gute Seele eines Krankenhauses. Hier steht sie denen bei, die in ihren letzten Stunden nicht allein sein sollen. Jeder, der die junge Frau am Bett eines Sterbenden wachen sieht, wird sie für einen Engel halten. Denn niemand weiß, wer sie wirklich ist. Oder was. Kinder des Judas von Markus Heitz: Spannung pur im eBook!

Markus Heitz, geboren 1971, studierte Germanistik und Geschichte. Er schrieb über 60 Romane und wurde etliche Male ausgezeichnet. Mit der Bestsellerserie um 'Die Zwerge' gelang dem Saarländer der nationale und internationale Durchbruch. Dazu kamen erfolgreiche Thriller um Wandelwesen, Vampire, Seelenwanderer und andere düstere Gestalten der Urban Fantasy und Phantastik. Die Ideen gehen ihm noch lange nicht aus.

Markus Heitz, geboren 1971, studierte Germanistik und Geschichte. Er schrieb über 60 Romane und wurde etliche Male ausgezeichnet. Mit der Bestsellerserie um "Die Zwerge" gelang dem Saarländer der nationale und internationale Durchbruch. Dazu kamen erfolgreiche Thriller um Wandelwesen, Vampire, Seelenwanderer und andere düstere Gestalten der Urban Fantasy und Phantastik. Die Ideen gehen ihm noch lange nicht aus.

Prolog


20. November 2007
Deutschland, Sachsen, Leipzig, 23.59 Uhr


Ich kenne die Melodie des Lebens.

Es ist nicht das Vogelgezwitscher, nicht das Rauschen des Windes in den Bäumen oder das Lachen der Kinder. Sie ist viel weniger kitschig.

Die Melodie des Lebens ist sehr eintönig, elektronisch. Sie variiert selten, und wenn doch, dann ist es meistens nicht gut.

Ich kenne jeden einzelnen Ton und bin doch immer wieder überrascht, wie unterschiedlich die Melodie von Männern, Frauen und Kindern gespielt werden kann. In einer Minute erschallt dieser Ton zwischen fünfzig und achtzig Mal, ein einfaches Metronom hält den Takt mal mehr, mal weniger gut.

Es kommt vor, dass andere Instrumente in die Melodie mit einstimmen. Auch sie klingen nüchtern und leidenschaftslos, ewig gleich. Nur der Mensch bestimmt, in welchem Rhythmus sie spielen, in welcher Weise sie einen Chor bilden. Und doch hat er in den seltensten Fällen Einfluss darauf.

Ich höre diese Melodie sehr gerne, denn sie bedeutet Leben.

Mehrmals in der Woche gehe ich in das besondere Opernhaus, in dem die Melodie des Lebens von zahlreichen Interpreten zum Besten gegeben wird. Niemand käme auf die Idee, sie vom Spielplan zu nehmen. Ich sitze immer in der ersten Reihe, dichter als ich kommen nur wenige Menschen an das Orchester heran. Dargeboten wird die Melodie stets von einem einzelnen Menschen. Alt, jung, arm, reich, Mann, Frau, das macht keinerlei Unterschied. Jeder darf, auch wenn er es nicht immer möchte.

Ich sehe diesem einzelnen Musiker oft in die Augen, halte die Hand, wenn er zu aufgeregt ist, und rede ihm gut zu. Manche halten die Lider geschlossen, als würden sie selbst einem Lied lauschen; wieder andere träumen, wie ich an ihren Bewegungen erkennen kann.

Es gibt sehr viele Möglichkeiten, die Melodie zu spielen, und ich wage zu behaupten, dass ich sie alle kenne. Nein, sagen wir lieber: fast alle kenne.

Aber eines ist stets gleich – erst wenn der letzte Ton verklungen ist, gehe ich unter Tränen. Das bin ich dem Musiker schuldig.

Und die anschließende Stille weckt meinen Neid.

 

Heute ist der Musiker ein kleines Mädchen.

Ihr Name ist Thea. Sie ist elf Jahre alt, stammt aus Leipzig und hat sich lange geweigert, das Stück mit dem Orchester zu spielen. Gestern, vier Wochen nach ihrer Operation, ging es nicht mehr anders. Die Ärzte haben sie an die verschiedenen Monitore angehängt, um genau beobachten zu können, wie ihre Herzfrequenz ist, wie ihr Blutdruck sich verhält, was die verschiedenen Werte aussagen. Nicht, weil sie das Schlimmste befürchten, ganz im Gegenteil, sie sind voller Hoffnung. Sie haben Thea neue Medikamente gegeben, die helfen sollen. Es geht lediglich um Überwachung. Keiner sieht, was ich sehe, da helfen ihnen selbst ihre Maschinen nichts. »Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme«, haben sie den Eltern gesagt. Sie lügen nicht, sie glauben daran. Sie wissen es nicht besser – so wie ich.

Theas Gesicht ist schmal geworden, seit ich sie das erste Mal gesehen habe. Wenn man sich vorstellt, was diese arme Kreatur über sich ergehen lassen musste, ist es ein Wunder, dass sie noch immer Fleisch auf den Rippen hat. So wenig gegessen, so viel erbrochen.

Sie schläft tief und fest. Ein Zufall, dass der Krebs überhaupt festgestellt wurde, eine perverse Laune der Natur, wie schnell er gewachsen ist. Der Oberarzt sagte, dass ein so großer Tumor in einem so kleinen Köpfchen sehr selten ist. Ich bin mir nicht sicher, ob Thea und ihre Eltern einen ähnlichen Enthusiasmus beim Anblick von Befundwerten verspüren wie Professor Angerer. Er hat den Eltern nach der OP versprochen, dass alles in Ordnung kommt.

Ich sitze neben ihrem Bett, höre mit einem Ohr auf das Geräusch des elektronischen Orchesters und die Melodie des Lebens und konzentriere mich dann auf Theas Atemzüge. Sie sind ruhig und gleichmäßig. Noch.

Den Geruch nach Desinfektionsmittel und Ozon, der aus den Geräten dringt, bemerke ich schon gar nicht mehr, dafür bin ich zu oft auf solchen Stationen. Normale Besucher entwickeln schnell eine Abneigung dagegen.

Meine Hand berührt ihre zarten Züge, streichelt die bleiche Wange und schiebt die vorwitzige helle Haarlocke aus der Stirn, bevor sie auf die Nase rutscht und Thea kitzelt. Eine rot leuchtende Narbe an der Stirn ist das Andenken an den Eingriff. Sie erinnert mich unglaublich an das Gesicht eines Mädchens, das vor vielen, vielen Jahrhunderten gelebt hat und von dem ich Thea manchmal erzähle. Sie mag die Geschichten. Ich selbst bin mir da nicht so sicher.

Unter der Decke steckt rechts neben ihr Paddy, der braune Kuschelteddy, dem ich heute auch schon etwas zu essen gegeben habe. Oder jedenfalls so getan, als ob. Thea mag es, wenn ich ihr Geschichten erzähle, für sie singe und mit ihr und Paddy spiele. Danach hat sie das bisschen Brei, das sie zu sich genommen hatte, gleich wieder von sich gegeben. Waren es die Aufregung und die Freude? Habe ich sie zu sehr zum Lachen gebracht? Jetzt wird sie Nährlösung direkt ins Blut bekommen.

Als ich sie berühre, dreht sie den Kopf, klemmt dabei meine Finger fest und lächelt im Schlaf. Ich muss meine Tränen niederringen, weil ich weiß, dass ich dieses Lächeln nicht mehr oft sehen werde. Kein Mensch wird es nach dieser Nacht mehr sehen; höchstens auf einem Foto.

Es gibt dieses Märchen, in dem ein Arzt den Tod am Bett seiner Patienten stehen sieht und erkennt, ob sich der Kranke von seinem Leiden erholt oder nicht. Ich sehe den Tod zwar nicht, aber ich spüre ihn. Es ist eine Gabe, um die ich nicht gebeten habe. Vielleicht wurde sie mir verliehen, weil ich mich so oft mit dem Tod beschäftigt habe und mehr Menschen beim Sterben begleiten musste, als andere lebendigen Menschen begegnen. Bei Thea wusste ich schon am ersten Tag, dass er sie schon lange ausgesucht hatte. Es war einer jener Momente, in denen man an Gott zweifelt. Dabei ist es hochgradig unfair, ihm die Schuld zu geben. Ich meine, was würden Atheisten tun? Können sie jemanden verantwortlich machen? Wenn nicht zufällig ein Kernkraftwerk in der Nähe von Theas Wohnung liegt und es dort nachweislich ein Strahlungsleck gab, das den Tumor ausgelöst hat, dürfte es ein Atheist schwer haben, jemanden anzuklagen.

Sie sprechen von Schicksal – und meinen damit nur zu oft doch Gott. Auch wenn man an nichts glaubt, glaubt man.

In anderen Religionen heißt es sinngemäß, dass man bekommt, was man verdient. Oder die Rechnung für Dinge zahlt, die man in einem vorherigen Leben getan hat. Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass ein so liebes Kind wie Thea in einem anderen Leben eine schreckliche Tat begangen haben könnte, für die sie in ihrem heutigen büßen muss; zudem wäre es wieder unfair, weil sie sich ihrer Schuld von damals nicht bewusst ist. Ebenso unfair, wie Gott die Schuld zu geben.

Ich ziehe meine Hand behutsam unter Thea heraus, streichele sie wieder und bin froh, dass ich kein Atheist bin. Mein Glaube ist stark, er verwindet auch den Tod eines unschuldigen kleinen Mädchens, ohne mit Gott zu hadern. Es gibt Dinge, die nicht geändert werden können. Wir Menschen haben alles getan, um sie zu retten. Ich habe alles getan, um sie zu retten, und das, ohne dass es jemand bemerkte. Doch die Krankheit war stärker. Die Ärzte werden von ihrem Tod überrascht werden.

Allerdings bin ich lange nicht so abgebrüht, wie das vielleicht erscheinen mag. Ich sehe die schlafende Thea an – und möchte jemandem mitten ins Gesicht schlagen. Um mich vor meiner eigenen Trauer zu schützen, werde ich wütend, werfe mich in Aggression, in Tobsucht. Es hat langer Jahre bedurft, bis ich es kontrollieren konnte. Oder besser gesagt: bis ich ein Ventil fand.

Sie hatte bisher Glück, die kleine Thea. Keine Unfälle, nicht einmal ein Beinbruch oder eine von den klassischen Verletzungen, die man als Kind hat. Sie war Klassenbeste und sollte nächstes Jahr ins Gymnasium wechseln, eine ganze Klasse überspringen. So ein cleveres Mädchen.

Thea zuckt. Die Melodie des Lebens bekommt einen kurzen, schrillen Misston.

Ich nehme ihre kühle Hand zwischen meine Finger. »Schsch, schsch, ich bin da, Thea«, flüstere ich freundlich und warm, dabei lehne ich mich nach vorne, damit mein Schatten über sie fällt und sie meine Anwesenheit unterbewusst spürt. »Sei ruhig, Liebes. Ich bin da.«

Der Klang meiner Stimme beruhigt sie, die Herzfrequenz fällt zurück auf ihr gesundes Maß, aber ich habe die Botschaft sehr wohl verstanden. Mit einer Hand drücke ich die Wechselsprechanlage.

»Schwester Doris, benachrichtigen Sie bitte Theas Eltern«, sage ich leise. »Ihre Tochter wird bald sterben.«

»Danke, Frau Sarkowitz«, kommt die Antwort. Keine Rückfragen, kein Sind Sie sicher? oder Sind Sie verrückt? Bei den tollen Werten? Das hat einen Grund. Doris kennt mich seit sieben Jahren, und sie weiß, dass jede meiner Voraussagen stimmt. Wie oft haben sie und ich uns schon gewünscht, dass ich einmal danebenliege. Nur ein einziges Mal. Leider war es uns nicht vergönnt, diesen kleinen Triumph über den Tod einmal zu erleben.

»Sie sollen sich beeilen. Es wird nicht mehr lange dauern«, füge ich hinzu und schaue zu dem Monitor, auf dem Theas Herzschläge von der Elektronik als hüpfende Punkte mit nachglühenden Linien angezeigt werden.

Plötzlich schlägt sie die dunkelbraunen Augen auf. »Ich habe Durst«, sagt sie heiser und klammert sich an meine Hand. »Mir ist so heiß, Sia.«

»Warte, ich gebe dir etwas.« Mit der Rechten schenke ich ihr von dem roten Traubensaft-Wasser-Mix ein, den...

Erscheint lt. Verlag 2.10.2009
Reihe/Serie Pakt der Dunkelheit
Pakt der Dunkelheit
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Abenteuer • Äbtissin Gregoria • action • Alessandro Bugatti • Audible • Bestseller • Blutportale • blutportale roman markus heitz • Dämon • Dämonen • dämonen buch • Dark Fantasy • Dark Fantasy Bücher • deutsche fantasy autoren • Die Judastrilogie • die Meisterin • düstere Fantasy Bücher • Eric von Kastell • Eric von Kastell • Fantasy Bestseller • Fantasy Bücher Erwachsene • Fantasy Horror • Fantasy-Neuerscheinung 2021 • Fantasy Reihe • Fantasy Romane • fantasy romane für erwachsene • Fantasy Saga • Fantasy Serie • Fantasy Thriller • Fantasy Vampir Bücher • Fantasy Werwolf • Friedhof • Geheimbund • Geheimnis • Geneve Cornelius • Gestaltwandler • Gothic • Grusel • Heilerin • heitz markus ritus • Henkersdynastie • Henkerstochter • historische Fantasy • Horror • Hörspiel • Irland • Judas • Judassohn • Judastöchter • Ketzerei • Kinder des Judas • Konstantin Korff • Leipzig • Liga der Dunkelheit • Markus Heitz • Markus Heitz Bücher • Markus Heitz Meisterin • markus heitz neuerscheinungen • markus heitz pakt der dunkelheit • markus heitz reihenfolge • Markus Heitz Thriller • Mystery • Osmanisches • Osmanisches Reich • Pakt der Dunkelheit • Pakt der Dunkelheit 3 • Pakt der Dunkelheit Heitz • Pfahl • Reich • Ritus • Rom • sanctum • Scharfrichter • Schattenwelt • Schauer • Serbien • SIA • spannende Fantasy • Spiegel-Bestseller-Autor • Theresia Sarkowitz • Todesengel • Ungarn • Untote • Upire • Urban Fantasy • Urban Fantasy Bücher • Vampir • Vampirbücher • Vampire • Vampirin • Vampirin Sia • Vampirromane • Vatikan • Vatikan-Polizist • Verschwörung • Werwolf • Werwölfe • werwolf-jäger • Wicca • Zähne
ISBN-10 3-426-55488-7 / 3426554887
ISBN-13 978-3-426-55488-3 / 9783426554883
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