Gejagt (eBook)
576 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-401180-6 (ISBN)
P.C. Cast ist die Autorin der zwölfbändigen House of Night-Serie. Sie wuchs in Illinois und Oklahoma auf und arbeitete viele Jahre als Lehrerin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Ihre Bücher erreichten eine Gesamtauflage von über zwanzig Millionen Exemplaren und erschienen in mehr als vierzig Ländern. Die Autorin lebt mit ihrer Familie und ihren geliebten Katzen, Hunden und Pferden in Oregon.
P.C. Cast ist die Autorin der zwölfbändigen House of Night-Serie. Sie wuchs in Illinois und Oklahoma auf und arbeitete viele Jahre als Lehrerin, bevor sie sich ganz dem Schreiben widmete. Ihre Bücher erreichten eine Gesamtauflage von über zwanzig Millionen Exemplaren und erschienen in mehr als vierzig Ländern. Die Autorin lebt mit ihrer Familie und ihren geliebten Katzen, Hunden und Pferden in Oregon. Christine Blum, aufgewachsen am Kaiserstuhl, studierte Literatur- und Kulturwissenschaften und übersetzt seit über fünfzehn Jahren aus dem Englischen und Russischen.
Zwei
Okay, und wenn sich Kalona in deine Träume schleichen kann, jetzt bist du wach, also reiß dich zusammen!, befahl ich mir streng, während ich Nala streichelte und mich ihr vertrautes Schnurren allmählich beruhigte. Stevie Rae regte sich leicht im Schlaf und murmelte etwas Unverständliches. Dann lächelte sie – noch immer schlafend – und seufzte. Ich sah zu ihr hinüber, froh, dass sie mehr Glück mit ihren Träumen hatte als ich.
Sanft zog ich die Decke zurück, unter der sie sich zusammengekuschelt hatte, und stieß einen lautlosen Seufzer der Erleichterung aus, als ich sah, dass durch den Verband über der schrecklichen Wunde, wo sie von einem Pfeil durchbohrt worden war, kein Blut mehr sickerte.
Sie bewegte sich wieder. Diesmal flatterten ihre Augenlider und öffneten sich. Einen Augenblick lang sah sie verwirrt aus, dann lächelte sie mich schläfrig an.
»Wie geht’s?«, fragte ich.
»Ganz okay«, sagte sie matt. »Mach dir nich so viele Sorgen.«
Ich erwiderte das Lächeln. »Das ist gar nicht so leicht, wenn die beste Freundin andauernd stirbt.«
»Diesmal bin ich nich gestorben. Nur fast.«
»Ich soll dir von meinen Nerven ausrichten, dass für sie das Wörtchen ›fast‹ keinen großen Unterschied macht.«
»Sag deinen Nerven, sie sollen die Klappe halten und schlafen gehen.« Stevie Rae schloss die Augen und zog die Decke wieder hoch. »Ich bin okay«, wiederholte sie. »Wird schon alles wieder.« Und ihre Atemzüge wurden tiefer, und ich schwör’s – bevor ich einmal blinzeln konnte, war sie wieder eingeschlafen.
Ich verbiss mir einen tiefen Seufzer, rutschte zurück auf meine Seite des Bettes und versuchte eine bequeme Lage zu finden. Nala kuschelte sich zwischen Stevie Rae und mich und gab dieses missmutige Mi-ief-au von sich, von dem ich wusste, dass sie damit sagen wollte, ich solle mich entspannen und einschlafen.
Einschlafen? Und womöglich wieder träumen? Oh nee, bloß nicht.
Stattdessen horchte ich auf Stevie Raes Atemzüge und streichelte gedankenverloren Nala. Es war so wahnsinnig seltsam, wie normal alles wirkte, hier in der kleinen Seifenblase aus Frieden, die wir uns geschaffen hatten. Während ich die schlafende Stevie Rae betrachtete, konnte ich kaum glauben, dass noch vor ein paar Stunden ein Pfeil ihre Brust durchbohrt hatte und wir in wilder Flucht das House of Night verlassen hatten, während die Welt um uns in Chaos versank. Während ich mit dem Widerwillen kämpfte, wieder einzuschlafen, wanderten meine erschöpften Gedanken zurück, und ich durchlebte noch einmal die Ereignisse dieser Nacht. Und ich wunderte mich wieder, dass es uns allen überhaupt gelungen war, am Leben zu bleiben …
Ich erinnerte mich daran, wie Stevie Rae mich um einen Stift und Papier gebeten hatte, weil sie, absurderweise, den Augenblick nutzen wollte, um eine Liste der Sachen zu machen, die wir noch in den Tunneln brauchten, um genug Vorräte und Ausrüstung zu haben, falls wir uns hier eine Weile verstecken mussten.
Sie hatte mich mit total ruhiger Stimme darum gebeten, während sie mit dem Pfeil in der Brust vor mir saß. Ich weiß noch, wie ich sie anschaute und mir bei dem Anblick wirklich übel wurde und wie ich dann wegschaute und sagte: »Stevie Rae, ich weiß nicht, ob das der richtige Zeitpunkt ist, um Listen zu machen.«
»Autsch! Jesses, das tut ja schlimmer weh, als wenn man in ’ne Distel tritt!« Stevie Rae sog die Luft ein und kniff die Augen zusammen, schaffte es aber trotzdem, über die Schulter Darius ein Lächeln zuzuwerfen, der ihre Bluse auf der Rückseite auseinandergerissen hatte, um an den Pfeil heranzukommen, der mitten aus ihrem Rücken ragte. »Sorry, ist nich deine Schuld, dass es weh tut. Wie heißt du noch mal?«
»Mein Name ist Darius, Priesterin.«
»Er ist ein Sohn des Erebos«, hatte Aphrodite hinzugefügt und ihm ein erstaunlich sanftes Lächeln geschenkt. Ich sage deshalb ›erstaunlich sanft‹, weil Aphrodite normalerweise so egoistisch, boshaft und hochnäsig ist, dass es schon fast nicht mehr zu ertragen ist, obwohl ich langsam anfange, sie zu mögen. Sprich, sie ist alles andere als sanft, aber es wurde immer offensichtlicher, dass das mit Darius ihr wirklich ernst war, daher ihre unübliche Sanftheit.
»Also bitte. Dass er ein Krieger ist, sieht man doch sofort. Er ist gebaut wie ein Berg«, hatte Shaunee mit einem genüsslichen Blick auf Darius gesagt.
»Ein total scharfer Berg«, hatte Erin ergänzt und Darius einen Luftkuss zugeworfen.
»Er ist vergeben. Vergnügt euch miteinander, siamesischer Doppelwhopper«, zischte Aphrodite automatisch, aber mir war es vorgekommen, als sei diese Beleidigung nicht aus vollem Herzen gekommen. Jetzt, da ich wieder darüber nachdachte, fand ich, dass sie fast nett geklungen hatte.
Ach, übrigens sind Erin und Shaunee überhaupt keine Zwillinge – jedenfalls keine biologischen. Erin ist blond, blauäugig und kommt aus Oklahoma, und Shaunee ist eine karamellfarbene Jamaika-Amerikanerin aus Neuengland. Aber die Genetik ist bei ihnen außer Kraft gesetzt worden. Es ist, als seien sie bei der Geburt getrennt worden und hätten sich durch irgendeinen ganz besonderen Seelenzwillings-Radar wiedergefunden.
»Oh, yeah, danke, dass du uns daran erinnerst, dass unsere Freunde nicht hier sind«, sagte Shaunee.
»Sondern wahrscheinlich gerade von diesen abartigen Vogelmenschen gefressen werden«, fügte Erin hinzu.
»Hey, Kopf hoch. Zoeys Grandma hat nie gesagt, dass die Rabenspötter die Leute tatsächlich fressen. Sie meinte, sie würden sie nur mit ihren Megaschnäbeln packen und so lange gegen eine Wand oder sonstwas schleudern, bis sie ihnen sämtliche Knochen gebrochen haben«, sagte Aphrodite mit unbekümmertem Lächeln.
»Äh, Aphrodite, ich glaub nicht, dass uns das gerade viel hilft«, sagte ich – obwohl sie recht hatte. Ja, so grausig es klang, womöglich hatten sowohl sie als auch die Zwillinge recht. Ich wollte nicht zu lange darüber nachdenken, also wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder meiner verletzten besten Freundin zu. Sie sah absolut erschreckend aus – bleich, blutüberströmt und mit Schweißperlen auf der Stirn. »Stevie Rae, glaubst du nicht, wir sollten dich in ein …«
»Ich hab’s! Ich hab’s!« Es war Jack, der in den kleinen Seitentunnel gestürmt kam, den sich Stevie Rae als Zimmer eingerichtet hatte, dicht gefolgt von der cremefarbenen Labradorhündin, die den Jungen fast nie aus den Augen ließ. Mit hochrotem Gesicht schwenkte er etwas, was aussah wie eine weiße Brieftasche und worauf ein großes rotes Kreuz prangte. »War genau da, wo du gesagt hast, Stevie Rae, in dieser Art Küchentunnel.«
»Und sobald ich wieder bei Puste bin, erzähle ich euch, wie erfreut ich war, als ich die funktionierenden Kühlschränke und Mikrowellen gesehen hab«, sagte Damien, der schwer atmend hinter Jack hereinkam, die Hand dramatisch in die Seite gepresst. »Du musst mir unbedingt erklären, wie ihr das alles hier runterbekommen habt, inklusive des Stromanschlusses.« In diesem Moment bemerkte er Stevie Raes blutige Bluse und den Pfeil, der ihr aus dem Rücken ragte, und seine geröteten Wangen wurden käseweiß. »Ich meine, erklär’s mir, wenn du wieder ganz bist und nicht mehr en brochette.«
»Brosche was?«, fragte Shaunee.
»Brikett wo?«, fragte Erin.
»Das heißt ›am Spieß‹ auf Französisch. Haute Cuisine. Dass die Welt Mord ruft und des Krieges Vögel entfesselt wurden«, er hob die Brauen, ganz offensichtlich in der Erwartung, die Zwillinge würden sein absichtlich geändertes Shakespeare-Zitat erkennen, was ebenso offensichtlich nicht der Fall war, »ist keine Entschuldigung für einen miserablen Sprachschatz.« Dann sah er Darius an. »Oh, das hier habe ich in einem nicht sonderlich hygienischen Haufen von Werkzeugen gefunden.« Er hielt etwas hoch, was aussah wie eine Riesenschere.
»Gut. Gebt mir die Drahtschere und das Erste-Hilfe-Set«, sagte Darius sehr geschäftsmäßig.
»Was hast du mit der Drahtschere vor?«, fragte Jack.
»Ich schneide das gefiederte Ende des Pfeils ab, damit ich den Rest durch den Körper der Priesterin ziehen kann. Dann kann es anfangen zu heilen«, gab Darius schlicht zurück.
Jack keuchte auf und stolperte rückwärts gegen Damien, der den Arm um ihn legte. Duchess, die völlig auf Jack fixiert war, seit ihr früherer Besitzer, ein Jungvampyr namens James Stark, gestorben und dann entstorben war und jetzt den Pfeil durch Stevie Rae geschossen hatte, was zu einem finsteren Plan gehörte, um Kalona, einen fiesen gefallenen Engel, zu befreien (ja, im Nachhinein wird mir klar, wie kompliziert und wirr das klingt, aber das scheint bei finsteren Plänen meistens so zu sein), winselte und schmiegte sich an sein Bein.
Oh, und Jack und Damien sind zusammen. Was bedeutet, sie sind schwul. Ja, so was gibt’s. Öfter, als man denkt. Oder nein, besser gesagt: öfter, als Eltern denken.
»Damien, Jack, vielleicht könntet ihr zurück in diese Küche gehen, die ihr gefunden habt, und schauen, ob ihr was zu essen für uns findet«, sagte ich, bemüht, ihnen etwas zu tun zu geben, damit sie nicht Stevie Rae anstarren mussten. »Wahrscheinlich wäre es für uns alle gut, wenn wir was essen würden.«
»Für mich nich. Mir käm jetzt alles wieder hoch. Außer, es wär Blut«, sagte Stevie Rae und wollte entschuldigend mit den Schultern zucken, brach die Bewegung aber mit einem Keuchen ab und wurde noch weißer, als sie ohnehin schon war.
»Ja, ich bin auch nicht wirklich hungrig«, sagte Shaunee, die mit der gleichen Faszination, mit der Leute bei...
Erscheint lt. Verlag | 11.2.2011 |
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Reihe/Serie | House of Night | House of Night |
Übersetzer | Christine Blum |
Verlagsort | Frankfurt am Main |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Literatur ► Krimi / Thriller / Horror | |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | Arizona • Beste Freundin • Buffy • Fantasy • Gezeichnet • Göttin Nyx • Harry Potter • House of Night • Internat • Kristin Cast • Night-Serie • P.C. Cast • Penny Dreadful • Schule • Stevie Rae • The Strain • Töchter der Dunkelheit • Tulsa • Twilight • Vampire • Vampire Diaries • Vampyr • Zoey Redbird |
ISBN-10 | 3-10-401180-X / 310401180X |
ISBN-13 | 978-3-10-401180-6 / 9783104011806 |
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