MUSIKALISCHE ENTDECKUNGSREISE IM ZENTRUM VON WIEN (eBook)
Buchschmiede von Dataform Media GmbH (Verlag)
978-3-99139-047-3 (ISBN)
Kapellmeister und Musikwissenchaftler aus Wien
1. FOLGE:
KÄRNTNER VIERTEL
Wien gilt in der ganzen Welt als Musikstadt. Der Fremdenverkehr brachte in den letzten Jahren Zehntausende, die in dieser Stadt zu einem wesentlichen Teil vorzugsweise auch Musikergedenkstätten aufsuchen. Die Wiener sind nach Angabe der Kustoden der Museen der Stadt Wien (Musikergedenkstätten) nur mit ca. 5 % der Besucher repräsentiert.
Die Lokalisierung der für die Musikstadt Wien bedeutenden Stätten wurde in den letzten Jahren mit zwei verdienstvollen Spezialarbeiten von Rudolf Klein (Beethoven 1970, Schubert 1973) auf den neuesten Stand der topographischen Forschung gebracht. Für die Gedenkstätten der anderen Großmeister der Musik, der kleineren Meister, der Dilettanten, der Musikmäzene, der Musiksalons, der Konzertsäle, der Gaststätten und sonstigen Vergnügungsstätten u.a.m. gibt es jedoch eine möglichst umfassende topographische Darstellung nicht.
Auf Anregung einer ausländischen Musikologin habe ich vor ca. einem halben Jahr begonnen, Daten zu sammeln und vor allem zu überprüfen. Es ist mir klar, dass die gestellte Aufgabe die Arbeitskraft einer Person – zumal neben einem Brotberuf – bei weitem übersteigt. Die Bedeutung der Angelegenheit im Sinne der Ausführungen von Robert Bach (Wien als Musikstadt in „Wien, sein Boden und seine Geschichte“, Wien 1924) bewog mich jedoch die Sache wenigstens in Angriff zu nehmen. Ich wäre den LeserInnen dieses ersten Versuches für jede Anregung und Korrektur sehr dankbar. Hinsichtlich der Auswahlprinzipien zur Bearbeitung der Fülle des vorhandenen Materials kann man subjektive Meinungen des Verfassers nicht ausschließen, ich wäre aber auch in dieser Hinsicht für Anregungen dankbar.
Bei Diskrepanzen bezüglich der Lokalisierung von für die Musik bedeutenden Stätten – und es sind nicht wenige – habe ich mich nach Beiziehung des unschätzbaren Werkes: P. Harrer, Häuserchronik der Inneren Stadt, 1951–1957 Musiksammlung Wr. Stadtbibliothek und Archiv der Stadt Wien, letztlich doch an das Werk von Robert Meßner, Wien vor dem Fall der Basteien, Wien 1957 gehalten.
Die Einteilung der Inneren Stadt habe ich nach der im Jahre 1548 üblichen Viertel-Abgrenzung übernommen (Vgl. Meßner 1928). Die Erweiterungsgebiete nach dem Fall der Basteien 1958 ff. wurden bis zum Ring aufgenommen. Vorerst wird der Bereich des sogenannten Kärntnerviertels behandelt, wobei St. Stephan wegen der Fülle des dort zu bearbeitenden und in Übereinstimmung zu bringenden Materials vorläufig ausgelassen werden musste. Das Kärntnerviertel wird begrenzt von der Achse Schulerstraße-Zedlitzgasse im Nordosten und in südlicher Richtung von der linken Häuserzeile der Kärntnerstraße.
Schließlich möge diese Arbeit die Kulturverantwortlichen der Stadt Wien und die diesbezüglichen musikalischen Vereinigungen darauf aufmerksam machen, dass etliche bedeutendere Musikergedenkstätten für die Besucher*innen und die Wienerinnen noch nicht gekennzeichnet sind. Im gegenständlichen Bereich, z.B. Albrechtsbergers Wohn- und Sterbehaus, das Wohnhaus der Schwestern Fröhlich (Schubertiaden), der alte Annenhof u. anderes mehr.
Richard A. Prilisauer
Sektor 1:
Schulerstraße, Zedlitzgasse bis Singerstraße
Schulerstraße
Früher Große Schulerstraße, nach der Bürgerschule zu St. Stephan, im heutigen Churhaus, wo seit 1237 eine Kantorei nachweisbar ist.
Nr. 8: Mozartwohnung im Camesinahaus, 1. Stock (sogenanntes Figarohaus, Gedenkstätte seit 1941, erweitert 1978, Eingang Domgasse Nr. 5). Mozart wohnte dort von 29.9.1784 bis 24.4.1787; es war seine vornehmste und einzig erhaltene Wohnung in Wien.
[Gedenktafel 1906, Wiener Männergesangsverein].
Dort entstanden die Oper Le nozze di Figaro KV 492, der Schauspieldirektor KV 486, die bedeutenden Klavierkonzerte KV 456, 459, 466, 467, 482, 488, 491, die Haydn gewidmeten Streichquartette, das Oratorium Davidde penitente KV 469, das Lied Das Veilchen KV 476. In dieser Wohnung besuchten Mozart Joseph Haydn und sein Vater aus Salzburg (11.2.–25.4.1785), und falls die Begegnung stattfand, der junge Beethoven (April 1786). Später besuchten dieses Haus viele Musiker, darunter auch Johannes Brahms.
Nr. 10: Hotel König von Ungarn. Alte Gaststätte Besucher: Schubert, A. Bruckner, T. Koschat, Wilhelm Kienzl.
Nr. 18-20: Im früheren Haus Verkaufsstelle der Klavierfabrik Seuffert und Seidler (1827).
Nr. 24 (Riemergasse 4): ehemaliges Haus Zur goldenen Ente, zeitweiliger Sitz der Wissenschaftler- und Künstlervereinigung Grüne Insel, um 1860. Mitglieder u. a. von Flotow und Franz von Suppé.
Zedlitzgasse
Nr. 6: Ehemalige Zedlitzhalle, vorher Markthalle. Ab 1902 Ausstellungshalle, Sitz d. Hagenbundes, künstlerische Aufführungen von Kammertanzgruppen z. B. Grete Wiesenthal und auch des Wiener Dalcrozekreises (Leiter Prof. Favre aus Genf und Grete Bieberbach, Verein für rhythmische und musikalische Gymnastik). Die Halle wurde 1965 demoliert.
Domgasse
Nr. 4 (Blutgasse 1): Trienterhof, Altbau mehrmals erweitert. Wohnung des Franz Rzehaczek mit Sammlung italienischer und deutscher Streichinstrumente (1823). Ende 1826 in der Wohnung des Juristen Franz Hönig eine Schubertiade. Vor 1850 Wohnung Georg Helmesbergers d. Ä. (1800–1873), Violinist der Hofkapelle und Dirigent des philharmonischen Orchesters und der Hofoper.
Grünangergasse
Nr. 10: Haus Zum Grünen Anker. Wohnung der Mozartschülerin Maria Magdalena Hofdemel, geb. Pokorny aus Brünn. Ihr Gatte, Franz Hofdemel, war Kanzlist an der obersten Hofstelle und Logenbruder Mozarts (vor 1791). In diesem Hause verbrachte Grillparzer seine Jugendjahre 1800–1812. Angebliche Wohnung Carl Maria von Webers (Feb. bis 1.3.1822). 1623 als Wohnung von Bernhard Stoß, bürgerlicher Geigen- und Lautenmacher erwähnt. In der Gaststätte Zum Grünen Anker verkehrten viele Künstler: z.B. Schubert (1826), später Brahms, Furtwängler u. a.
Kumpfgasse
Nr. 9: altes Biedermeierhaus, Becherlhof, im 4. Stock links wohnte Hugo Wolf 1884.
Nr. 11 (Riemergasse 14): Hauskonzerte beim Klavierinstrumentenmacher C. Pfaff (1823). Von 1845 bis zum Tode (an Scharlach 25.9.1849) wohnte Johann Strauß Vater bei seiner Lebensgefährtin, der Modistin Emilie Trampusch. Aus dieser Verbindung entstammen 5 Kinder. In diese Zeit fallen unter anderem die folgenden Kompositionen: Kathinkapolka op. 210, Radetzkymarsch op. 226, Sorgenbrecherwalzer op. 230. Der ehem. kleine Remhof wurde im 20. Jahrhundert durch einen Neubau ersetzt.
[Gedenktafel für J. Strauß Vater, 1949].
Riemergasse
Nr. 11: In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts waren dort Kleinbühnen etabliert z.B. Boccaccia (angeblich von Helene Odilon gegründet) und Künstlerspiele Pan.
Singerstraße
Bereits 1276 als Sünchingerstraße bekannt.
Nr. 2 (Kärntnerstraße 3): In der ehemaligen Wohnung des NÖ Reg. Rates und Schweizer Geschäftsträgers Ferdinand Müller von und zu Müllegg vor 1823 musikalische Abendunterhaltungen.
Nr. 3: Im ehemaligen Haus Zum Roten Apfel wurde am 7.10.1817 unter Antonio Salieri die Singschule der Gesellschaft der Musikfreunde eröffnet (bis 1820), Gedenktafel 1959, heute Neubau Hotel Royal.
Nr. 4: Ehemaliges Haus Zum Drachen gehörte 1679 dem Hofmusiker A. R. Schmelzer, 1913 demoliert.
Nr. 6: Ehem. Weinhaus Achatius Lenkay, auch Bierhaus Zum Reichsapfel, das von Schubert und seinen Freunden frequentiert wurde.
Nr. 7 (Stephansplatz 4, Churhausg. 1): Deutsch-Ordenshaus mit Elisabethkirche. Mozart wohnte dort mit dem Gefolge des Salzburger Erzbischofs 16.3.–2.5.1781. Am 8.6.1781 erfolgte die Entlassung Mozarts (mit Fußtritt des Grafen Arco) aus dem Dienste des Erzbischofs. 1823 Wohnung des bürgerlichen Geiger- und Lautenmachers Anton Dürr. Im Hause wohnte von 1663 bis 1665 im letzten Stock (Blick auf den Stephansturm) Johannes Brahms. In der Deutsch-Ordenskirche mechanische Schleifladenorgel zwei Reg, 18 Beleg, erbaut 1962 J. J. Martin, Wien.
Singerstraße, 1010 Wien, siehe Seite 33 Aquarell. Singerstraße, 1010 Vienna, water colour, see p. 33, 2015.
Nr. 9–11, 11a (Blutgasse 9): Großer und Kleiner Fähnrichshof, Baubestand im 16. Jh. 7 Häuser, Umbauten 1702–03, 1819, Restaurierung 1962– 65. Im Bereich des Fähnrichshofes wohnte der Komponist Wenzel Müller. Im Trakt zur Singerstraße befand sich das Café Bogner, das von Schubert und seinen Freunden besucht wurde, es wurde auch Zur lustigen Blunze genannt. Auch ein Kaffeehaus Löw wird erwähnt.
Nr. 18: Ehemalige Wohnung der Schwestern Fröhlich. Babette (1797–1879) verehelichte Bogner, Anna Maria (1843–1880), Gesangslehrerin am Konservatorium der Gesellschaft der...
Erscheint lt. Verlag | 15.11.2022 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kunst / Musik / Theater ► Malerei / Plastik |
ISBN-10 | 3-99139-047-7 / 3991390477 |
ISBN-13 | 978-3-99139-047-3 / 9783991390473 |
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