Die abenteuerliche Geschichte der Künstlerinnen (eBook)
92 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-0376-9 (ISBN)
Dr. Donatella Chiancone-Schneider ist promovierte Kunsthistorikerin, freie Kuratorin und populärwissenschaftliche Kunstvermittlerin. In multimedialen, oft interdisziplinären Kursen, Vorträgen, Publikationen, Ausstellungen und selbst organisierten Festivals erklärt sie breitgefächerte, auch anspruchsvollere kunsthistorische Themen zeitgemäß und unterhaltsam. Ihre Vortragstourneen der letzten Jahre haben sie bereits in unzählige Städte bundesweit sowie nach Italien, Österreich, Polen, Dänemark und in die Schweiz geführt. Seit 2020 ist sie zusätzlich mit ortsübergreifenden Webinaren u.a. Online-Formaten unterwegs. Website www.donatella.chiancone.eu Projektportal www.kunstco.de
5 • Namen und Gesichter: Vom Schatten ins Licht
So weit die Theorie. Geschichte besteht aber bekanntlich nicht nur aus kollektiven Tendenzen, die sich allgemein zusammen fassen lassen, sondern auch aus Einzelschicksalen, die oft von den Hauptströmungen abweichen und einen eigenen Weg einschlagen. Um diese besonderen Existenzen zu fokussieren, benötigt man natürlich Anhaltspunkte wie Namen, biografische Daten, Arbeiten und im besten Fall auch Bildnisse, um diesen Individuen im wahrsten Sinne des Wortes ein Gesicht zu geben. Gerade das wird für die Zeit bis zur Frührenaissance eine Herausforderung, da bis dahin nur von den wenigsten Künstlern Namen bekannt sind Werke mit Sicherheit zugeschrieben werden können.
Am Anfang war die Gleichbehandlung
Die Anonymität ist ein Umstand, den Frauen und Männer seit der Vorgeschichte teilten und der nicht nur zu einer Zeit gehört, in der keine Schrift vorhanden war, sondern auch zu einer späteren, in der die Signatur aller Arbeiten aus einer Werkstatt durch den Meister erfolgte: Was für heutige Begriffe einer Fälschung entsprechen würde, galt damals als Qualitätsabzeichen und wurde noch in der Hochrenaissance und später – besonders im druckgrafischen Bereich – ganz selbstverständlich weiter praktiziert.
Selbst von dieser Praxis abgesehen wurde das Konzept von Urheberschaft noch mindestens bis in den Barock ganz anders als in unseren Tagen verstanden. Auch das betrifft sowohl Künstlerinnen als auch Künstler, erschwert wird aber die Rekonstruktion der Kunst von Malerinnen und Bildhauerinnen dadurch, dass ihre Werke oft fälschlicherweise Kollegen zuschrieben wurden und werden, deren erklärte Autorschaft noch bis vor Kurzem glaubwürdiger und vor allem finanziell vorteilhafter erscheinen musste. Mittlerweile soll durch die Aufwertung bestimmter Meisterinnen auch zum umgekehrten Fall gekommen sein, wobei der Fund in Toulouse eines vermeintlichen Caravaggio-Bildes das alte Muster wieder zu beleben scheint.
Schwamm drüber: neues Leben, neues Glück
Selbst wenn Namen überliefert sind, lassen sich Biografie und Werk vieler Künstlerinnen nur lückenhaft rekonstruieren, da die für Frauen seit Jahrhunderten bei Eheschliessung übliche Abgabe des Mädchennamens dokumentarisch die Gabelung einer Lebensgeschichte bedeutet. Bei einem „C. Königin“ signierten Stilleben muss man z.B. zuerst wissen, dass die als Catharina Treu (1743-1811) geborene Malerin einen Herrn König geheiratet hatte, um es richtig zuzuordnen.
Männliche Geschichtsschreibung
Zum Glück haben jedoch ausgerechnet Vertreter des starken Geschlechts als allgemein berechtigte Kulturinhaber und -vermittler bereits seit der Antike dafür gesorgt, dass viele Künstlerinnen nach ihrem Tod nicht in Vergessenheit gerieten. Dank der großzügigen Überlieferung damaligen Wissens durch Plinius d.Ä. (1. Jh. n. Chr.), der seine Informationen aus verschiedenen Quellen zusammenstellte, kennen wir den Namen und sogar etwas von der Arbeit mehrerer griechischer Malerinnen. In Ermangelung von Frauen zugeschriebenen Werken aus diesem Zeitalter wissen wir dank Plinius wenigstens, dass Künstlerinnen bereits im alten Griechenland mehr als nur das Genre des Portraits praktizierten und sich durchaus auch an monumentaler Historienmalerei trauten und damit internationalen Erfolg hatten.
Selbst ist die Frau
Ab dem 10. Jahrhundert übernahmen einige Buchmalerinnen selbst den Eintrag ihres Namens in die Geschichte und signierten ihre Illustrationen (Miniaturen und Buchstabenornamente in Evangeliarien u.a. religiösen Schriften); einige deutsche Künstlerinnen fügten in ihre „Copyright“-Angabe sogar ein stilisiertes Selbstportrait ein, wobei die Bildnisse dieser Zeit noch weniger als einen orientativen Charakter über das tatsächliche Aussehen der dargestellten Personen haben. Bis auf diese einmaligen Fällen lassen sich noch im 15. Jahrhundert weibliche Namen und Kunstwerke meistens nicht mit Sicherheit miteinander verknüpfen. Und manches tradiertes Leben – wie das der waffenkundigen Onorata Rodiani (um 1410), einer Art Pendant von Jeanne d’Arc in der Malerei – hört sich eher wie eine Legende als eine glaubwürdige Biografie an.
Zuverlässiger erscheint die Datenlage ab dem 16. Jahrhundert mit weiteren Signaturen und Selbstportraits der Künstlerinnen sowie ersten Portraits und literarischen Erwähnungen – auch zu Lebzeiten – durch Kollegen (u.a. Künstlerviten von Giorgio Vasari, 1550-1568, und Joachim von Sandrart, 1675–1679), die die besprochenen Frauen in vielen Fällen nachweislich von erster Hand kannten.
Inkognito
Dass im 15. Jahrhundert der Name und das Gesicht sogar der Kupferstecherin Ida van Meckenem (über das Doppelportrait mit ihrem Mann Israel, um 1490) festgehalten wurden, muss wie eine Seltenheit betrachtet werden, da die Namen von Künstlern aus der „niederen“ Gattung der Druckgrafik noch bis zum 19. Jahrhundert für gewöhnlich nicht oder nur unvollständig überliefert wurden.
Andererseits signierten bis zum frühen 20. Jahrhundert vereinzelte Künstlerinnen nur mit Initialen oder benutzten in bestimmten Fällen einen männlichen Pseudonym (wenn sie es nicht vorzogen, ganz anonym zu bleiben), z.B. bei Bewerbungen um Studienplätze oder Kunstpreise: Beim Verschweigen ihres weiblichen Namens hatten sie tatsächlich bessere Chancen, wobei spätestens nach der Entdeckung der wahren Identität einiger dieser Frauen manche für sie günstige Entscheidungen anscheinend zurückgezogen wurden.
Immer mehr Signaturen und Portraits
Sehr erfreulich und aufschlussreich sind neben den überlieferten Namen von Künstlerinnen die ab dem 16. Jahrhundert zahlreich erhaltenen Gesichtszüge vieler von ihnen. Vor dem Hintergrund einer unendlichen Reihe von Frauenbildnissen, bei denen der Name der Dargestellten nicht bekannt ist (deren Bezeichnung lautet z.B. „Gattin des Herrn XYZ“, der seinerseits eben sowohl in Einzelportraits als auch Familienbildern namentlich genannt wird) stellen Portraits und Selbstportraits von Künstlerinnen bis zum 19. Jahrhundert eine Sensation dar. Nüchtern betrachtet sind sie der logische Pendant der Bildnisse und Selbstbildnisse ihrer Kollegen, nichtsdestoweniger beeindruckt das Gefälle zwischen dem Jahrhunderte lang anonymen Frauenmotiv und dem mit Namen versehenen (Selbst-)Portrait einer Künstlerin, das wohl aufgrund deren Berufs und Ruhms nicht verschwiegen werden soll.
Die Frau als Verkörperung der Kunst
Das Portrait einer lebenden Malerin oder Bildhauerin löste nach und nach die traditionellen Allegorien der jeweiligen bildenden Künste ab, welche seit jeher von idealisierten Frauenfiguren symbolisiert wurden. Kurioserweise wurden ab dem Barock etliche Bildnisse und sogar Selbstbildnisse von Malerinnen durchaus als figürliche Darstellung der Malerei inszeniert oder zumindest entsprechend betitelt und damit mit einem doppeltem Inhalt versehen; diese vielschichtige Art der Visualisierung erfuhr ihren Höhepunkt im Klassizismus und nahm dann aus kulturellen Gründen wieder ab. Von diesen dank...
Erscheint lt. Verlag | 6.4.2020 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Kunst / Musik / Theater ► Malerei / Plastik |
ISBN-10 | 3-7519-0376-3 / 3751903763 |
ISBN-13 | 978-3-7519-0376-9 / 9783751903769 |
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