Einfach spielen!
Verlag Peter Ewers
978-3-928243-30-8 (ISBN)
“Einfach spielen” versucht dabei eine Lücke zu schließen zwischen den oft an simplen und wenig befriedigenden Kadenzmodellen orientierten Improvisationsschulen einerseits und sehr komplexen, meist mehrsemestrig angelegten klassischen Schulen für den Hochschulgebrauch.
Die Anstiftung nutzt dafür die fünf musikalischen Parameter Metrum und Rhythmus, Melodik, Harmonik, Klangfarbe und Dynamik, die anhand von Griffbildern näher erläutert und für die Praxis erschlossen werden.
Wie in einem Drehbuch (Storytelling) wird für die Improvisation ein präziser Plot benötigt. Anhand von Beispielen von Dupré, Fleury und Tournemire oder Registrierungen bei Cochereau, Leguay u.a. geht es um die klanglichen Konzepte für improvisatorische Ideen. Ziel dabei ist die Spannungsentwicklung offen zu halten - gegen jede Improvisationsroutine.
Zahlreiche Notenbeispiele und die Analyse und Wiedergabe von Kompositionen/Improvisationen von
Marcel Dupré, André Fleury, Charles Tournemire runden “Einfach spielen! Anstiftung zur Improvisation” ab, zusammen mit der Wiedergabe der wichtigsten gregorianischen Themen als weiterem Impuls.
Peter Ewers, geb. 1963, entwickelt nach seinem C-Examen autodidaktisch einen eigenen Improvisationsstil, ist fünf Jahre als Organist mit bis zu 480 Gottesdiensten jährlich am Paderborner Dom tätig, veröffentlicht dort 1996 seine erste Improvisations-CD, 1997 (bei Unda maris, D) eine weitere CD mit Improvisationen an der Cavaillé-Coll-Orgel der Madeleine, Paris (Kritikerpreis Coup de coeur), 2000 eine CD (Solstice, F) „Les planètes“ an der Orgel in Notre-Dame de Laeken, Brüssel (vier von fünf Stimmgabeln in „Diapason“), 2004 eine CD am Dom zu Soest „ars moriendi“ in der Kombination Orgel und Lyrik/Collage, wirkt 2007 bei einer DVD-Produktion „Orgel und Tanz“ (Contemporary Dance) in Brüssel mit und wird zu zahlreichen Improvisationskonzerten eingeladen, oft in Kombination mit Tanz, Lyrik, Film und Schlagwerk. Der Autor betreut als Psychotherapeut und Coach Musiker und Künstler mit Depressionen, burn-out-Syndrom, Auftrittsängsten etc. in eigener Praxis in Paderborn und Wiesbaden, berät Unternehmen bei Ihren Anliegen der Kommunikation und ist als Supervisor tätig.
Hans Haselböck
Prof. für Orgel und improvisation, Musikhochschule Wien
Rezension in Ars Organi, Heft 2, Juni 2012, S. 121 f.
“Will man als Improvisator so richtig erfolgreich sein, so müsste man, so meinen viele, von allem Anfang an gründlich beschlagen sein in allen Kapiteln der Harmonielehre, sich vor allem auch in den Feinheiten der kontrapunktischen Kunst (Fuge!) als Kenner erwiesen haben und, wenn es darauf ankommt, diese Kenntnisse auch immer wieder unter Beweis stellen können...'''' Dass dies keineswegs der Fall sein müde, davon möchte der Autor des vorliegenden kompendiösen Bandes seine Leser in eindringlicher Sprache und in gewinnender Art überzeugen, ja er will den Organisten/ die Organistin geradezu ‚anstiften', sich im Improvisieren auch ohne diese besonderen Kenntnisse zu versuchen. Nirgendwo ist die Rede von Ge- und Verboten in der Satzlehre, von Stimmführung und Modulationen, von schlechter Terzverdopplung oder falschen Quintschritten, sondern der Autor geht vielmehr von fünf elementaren Parametern aus, die man sich beim entschlossenen und freudvollen Losspielen bewusst machen sollte: Rhythmus, Melodik, Harmonik, Klangfarbe und Dynamik. Knappe Notenbeispiele zeigen, was man in dieser Hinsicht schon am Beginn alles anstellen kann: Einfache Motive klingen einstimmig in verschiedener Lage auf, und akkordisches Geschehen, durch Sekundklänge geschärft und auf Nebenseptstufen jeweils parallel verschoben, bringt mit einfachen Mitteln harmonische Spannung und klangliche Farbigkeit. Von allem Anfang an wird deutlich, dass es zuvorderst um das Erleben des Klanges geht, und es käme darauf an, sich immer wieder Griffbilder einzuprägen, mit deren Hilfe man bestimmte, allmählich in der eigenen Erfahrung fixierte Klänge hervorrufen könne. Nirgendwo ist die Rede von Versett oder Choralintonation, von Partiten oder Orgelmotetten, sondern Text und Beispiele verleiten begeistert und begeisternd dazu, einzutauchen in eine Art des Musizierens, die ja vor allem im Bereich der deutschen Orgelmusik ein, zwei Generationen hindurch (Neobarock!) gering geschätzt, wenn nicht überhaupt verdrängt gewesen ist: es ist die Klangwelt der nachromantischen Musik, der französischen (symphonischen) Orgeln, der Instrumente, wie sie von Aristide Cavaillé-Coll zu einem gültigen Instrumententypus geformt werden konnten und vor allem in Paris, der Stadt der farbenreichen impressionistischen Klangmalerei, Organisten zu überwältigenden Meisterleistungen spontanen musikalischen Erfindens anzuregen imstande gewesen sind. Von Widor in St. Sulpice ist die Rede, vom Spiel des Charles Tournemire werden Beispiele geboten (fleißige Schreiber haben einiges von seinen Improvisationen in Notenschrift transkribiert), Stilismen von Pierre Cochereau werden analysiert, und der Könnerschaft eines Marcel Dupré wird gleichfalls gedacht. Nichts gegen das brave Orgelspiel hierzulande an den Sonntagen des Kirchenjahres, aber hier geht es vor allem um die große Geste, um die Klangpracht, wie sie in den Kathedralen zu erleben ist, nicht um die schlichte ancilla Domini — die Magd des Herrn in ihrer liturgischen Gebundenheit, sondern die regina instrumentorum in ihrer glanzvollsten Erscheinungsform des freien musikalischen Gestaltens im großen konzertanten Improvisieren. Sonorer Klang ist oft Trumpf, und in nicht wenigen kleinen Improvisationsmodellen wird für das Pedal schon von frühem Anfang an häufig eine Registrierung mit 32' vorgeschlagen — offensichtlich eher eine Herausforderung an die klangliche Imaginationskraft des Spielers als die Annahme, diesen Klang unter den üblicherweise gegebenen Umständen des Erarbeitens einer Improvisation (man denke an die zumeist vorhandene brave Kirchenorgel oder noch eher an das oft bescheidene Übungsgerät mit Orgelpfeifen) auch wirklich realisieren zu können. Im Verlauf der durchaus immer anregend gehaltenen Darstellung kommt es schon früh zur nachdrücklichen Empfehlung, sich mit der Tonsprache Messiaens auseinanderzusetzen, und speziell die Einübung von dessen Zweitem Modus samt Transpositionen wird dringend nahegelegt und auch an Hand von eingängigen Beispielen geschult. Im Kapitel „Rhythmus" wird eine Menge aufgezeigt, mit dem man sich auseinandersetzen sollte. Fanfarenmotive der Trompeten könnten hier ebenso wie klassische Metrumsformen der Dichtkunst oder Tanzmuster aus höfischer Zeit beim Improvisieren Anregungen vermitteln. Nicht weniger Begeisterung klingt auch immer wieder im Abschnitt „Klangfarbe" durch, doch sind hier vielleicht mitunter die Grenzen der Mitteilungsmöglichkeit erreicht: Eine noch so begeisterte Schilderung eines klanglichen Erlebens von bestimmten Registermischungen kann die direkte Erfahrung mit dem erlebten Klangeindruck natürlich nicht ersetzen (und wer dürfte nicht die Schwierigkeit kennen, die vorgeblich, herausragenden Qualitäten eines bloß „erzählten Mittagessens" wirklich würdigen zu können?). Wichtig auch manche Anregungen im Fragenbereich „Dynamik": so müsse eine Steigerung nicht immer nur Zuregistrierung bedeuten — das Aufsteigen und stufenweise Höherführen von Akkorden und Klangflächen sei ebenso wie das Vermehren von Stimmen bis zum Cluster oft von sublimerer und mehr überzeugender Wirkung.
Zwei stilistische Bereiche sind es vor allem, denen die besondere Aufmerksamkeit des Improvisierenden gelten sollte: die gewöhnlich lyrisch gehaltene Meditation mit besonderem Bedacht auf poetische Registrierung und die für das Ausgangsspiel beliebte (französische, motorische) Toccata. Vielfältig ist die Zugangsweise, hier im spontanen musikalischen Erfinden erfolgreich zu sein. Förmlich „auf den Schultern der Giganten" — so der Zwischentitel eines Abschnittes — fühlt man sich, wenn man einige Vorlagen (seien sie komponiert oder improvisiert) der Großen dieses Faches studiert, was ja inzwischen auch bei Improvisationen durch Mitschnitte oder deren Transkription möglich geworden ist. Es gibt eine ganze Reihe von Notenbeispielen im Band, und unglaublich reichhaltig sind die Angaben über die im einzelnen gewählten Registrierungen. Und für das Training der motorischen Abläufe, wie sie für die Satz-und Spielweise einer französischen Toccata nun einmal kennzeichnend und typisch sind, findet man eine ganze Reihe von Vorlagen, Modellen und Anregungen — allesamt nützlich und sinnvoll und in der praktischen Arbeit gut anwendbar. Eine ausführliche Auseinandersetzung gilt auch dem Scherzo, der Königsdisziplin im Improvisieren, und eine ausführliche Analyse eines (komponierten) Scherzosatzes von André Fleury verdeutlicht die Gestaltungsgrundsätze, auf deren Beachtung es beim spontanen Erfinden eines solchen Satzes besonders ankäme. Neben all dem Training von Figurationen und der Einprägung von Griffbildern, der Einübung der Messiaenschen Modi und so mancher gefälliger impressionistischer Klangwirkung darf bei der Improvisation größerer Formen eines nicht vernachlässigt werden: Wichtig sei die (schriftliche!) Erstellung eines ‚Plots', einer Art von Ablaufplan eines ganzen Satzes. Untereinander aufgeschrieben werden sollen die Art und Gewichtung der einzelnen Satzteile, die klanglichen Ausweichungen, die Modulation in verwandte Tonarten und die jeweilige Registrierung — und manches unter den gebotenen Beispielen läuft dabei auf die bewährte Form eines klassischen Sonatensatzes mit Haupt- und Seitenthema, mit Durchführung und Reprise hinaus. Und damit man nicht immer die Mühe hat, eigene Themen erfinden zu müssen, enthält der Band auch noch etliche Seiten mit Vorlagen aus dem Schatz der Gregorianik, die ja häufig und gern besonders in der vom katholischen Kulturkreis geprägten Welt der französischen Orgeln Material und Inspirationsquelle für das Improvisieren geboten hat und noch immer bietet. Obwohl man von der Orgel (wie Schiller in seinem »Tell«) sagen könnte, dass der Starke „am mächtigsten allein" sei, wird im vorliegenden Band auch auf die Möglichkeiten hingewiesen, die der Improvisator bei den Versionen „Orgel plus..." nützen könnte und sollte: diverse klassische Instrumente, Malerei, Film, Solo- und Ensembletanz, Lyrik, Elektronik und exotische Instrumente könnten im Zusammenwirken mit dem größten der Musikinstrumente neben dem überkommenen und üblichen Aufgabenbereich der Orgel gerade beim spontanen Musizieren etliche Bereiche an zusätzlichen Interessenten erschließen, die diesem faszinierenden Klanggerät, so scheint es, gerade in der jüngeren Generation mehr und mehr abhanden zu kommen scheinen. „Einfach spielen!" — In einem umfänglichen, großzügig gestalteten Band wird hier von einem Kundigen in begeisterter und begeisternder Weise ein Weg gezeigt, den zu beschreiten alle eingeladen sind, die schon immer darauf aus gewesen sind, die geheimnisvolle Welt des Improvisierens, des spontanen Erfindens von Musik aus dem Augenblick heraus zu erkunden, zu begreifen und zu erobern. Es käme darauf an, sich zu trauen und den Mut zu haben, sich dem Unvorhergesehenen („improvisum" ) auszuliefern, Klangliches und Klingendes auszuprobieren. Die vorliegenden Muster und Modelle könnten dazu einen Erfolg versprechenden Weg erschließen.
Hans Haselböck
Erscheint lt. Verlag | 25.1.2016 |
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Verlagsort | Paderborn |
Sprache | deutsch |
Maße | 210 x 297 mm |
Einbandart | gebunden |
Themenwelt | Kunst / Musik / Theater ► Musik ► Instrumentenunterrricht |
Schlagworte | Hardcover, Softcover / Musik/Instrumentenunterricht |
ISBN-10 | 3-928243-30-6 / 3928243306 |
ISBN-13 | 978-3-928243-30-8 / 9783928243308 |
Zustand | Neuware |
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